Medienspiegel 23. Juli 2019

+++AARGAU
Der Tag, an dem Ahmad (17) bei Frau Strub einzog
Ein afghanischer Flüchtlingsbub, der sich jahrelang alleine durchschlägt, lebt plötzlich in einer Schweizer Familie mit Regeln und Struktur. Kann das gut gehen?
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Der-Tag–an-dem-Ahmad-bei-Frau-Strub-einzog-10007013

+++LUZERN
Schwere Vorwürfe an den Kanton: Luzern prüft eine Verschärfung der Nothilfe
Das Asylnetz kritisiert «unmenschliche Verschärfungen» des Kantons Luzern in der Nothilfe. Diese steht Ausländern zu, welche die Schweiz verlassen müssen. Luzern sei sogar grosszügiger als andere Kantone, kontert das Departement von Guido Graf.
https://www.zentralplus.ch/luzern-prueft-eine-verschaerfung-der-nothilfe-1571997/

+++SCHWEIZ
Asylgesuche von LGBTQI-Personen müssen nach besonderen Grundsätzen geprüft werden
Menschen mit einer sexuellen Orientierung oder einer Geschlechtsidentität, die nicht den gesellschaftlichen Vorstellungen entspricht, werden in vielen Ländern diskriminiert, in einigen sogar verfolgt. Die schweizerische Praxis gegenüber asylsuchenden LGBTQI-Personen ist, angesichts deren Verletzlichkeit, ungenügend. Um die Rechte von LGBTQI-Asylsuchenden besser zu wahren, hat die SFH einen Leitfaden für die Rechtsvertretung und –beratung entwickelt. Der Leitfaden empfiehlt bei der Behandlung des Asylgesuches, sowie beim Empfang und der Unterkunft besondere Grundsätze zu beachten.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/medien/medienmitteilungen/2019/asylgesuche-von-lgbtqi-personen-muessen-nach-besonderen-grundsaetzen-geprueft-werden.html

Ausländerstatistik 1. Halbjahr 2019
Die Zuwanderung in die Schweiz war im ersten Halbjahr 2019 im Vergleich zur Vorjahresperiode erneut rückläufig. Der Rückgang betrifft sowohl EU/EFTA-Staatsangehörige (-1,3 %) als auch Drittstaatsangehörige (-2,8 %). Der Wanderungssaldo hat im Vorjahresvergleich um 0,8 Prozent abgenommen und liegt bei 24 672 Personen.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-75876.html

+++FRANKREICH
Frankreich: NGO legt Arbeit in Abschiebegefängnissen wegen „unhaltbarer Zustände“ nieder
Die französische NGO La Cimade hat aus Protest gegen die „unhaltbare Situation“ im Abschiebegefängnis Mesnil-Amelot in Paris ihre Arbeit niedergelegt. Nach mehreren Tagen extremer Gewalt im centre de rétention administrative (CRA) hat die NGO am Donnerstag, 11. Juli 2019 auf ihrer Internetseite veröffentlicht, sich für vorerst drei Tage aus dem Abschiebegefängnis zurückzuziehen und ihre Arbeit, die juristische Unterstützung von Abschiebehäftlingen, die Dokumentation der Haftbedingungen und den Besuch der Menschen, auszusetzen.
https://ffm-online.org/frankreich-ngo-legt-arbeit-in-abschiebegefaengnissen-wegen-unhaltbarer-zustaende-nieder/

+++BALKANROUTE
Kroatien schickt Migranten weiter nach Bosnien zurück – 10vor10
Vor einigen Wochen hat die «Rundschau» aufgedeckt, wie Kroatien widerrechtlich und teils mit Gewalt Migranten ohne Verfahren über die EU-Grenze zurück nach Bosnien schickt. Diese sogenannte «Pushback»-Praxis wird von den EU-Ländern stillschweigend toleriert. Auch die Schweiz hat bisher dazu geschwiegen.
https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=22fc4996-579d-4b22-b79f-4754e51a8599&startTime=68.185

+++MITTELMEER
„Seenotrettung und die Farce der geschlossenen Häfen“
Einen guten Überblick über aktuelle Entwicklungen in Italien sowie über die europäische Abschottungspolitik bietet die neueste Ausgabe „Streiflicht Italien“ des Vereins borderline-europe.
https://ffm-online.org/seenotrettung-und-die-farce-der-geschlossenen-haefen/

Italien in Alarmbereitschaft
Schiffstagebuch Tag 14 (15. Juli): Zwischenstopp in Lampedusa. Besatzungswechsel, Einkäufe und Wein
https://www.jungewelt.de/artikel/359331.schiffstagebuch-italien-in-alarmbereitschaft.html

Max-Dortu-Preis für Lebensretter vom Mittelmeer
Mannschaft des Rettungsschiffes »Iuventa« hat rund 14.000 Flüchtlinge aus der Seenot befreit
Die Stadt Potsdam, seit einem Jahr an der Gemeinschaftsaktion »Sichere Häfen« beteiligt, ehrte die Crew des Seenotrettungsschiffs »Iuventa« mit einem Preis für Zivilcourage und gelebte Demokratie.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1123255.juventa-max-dortu-preis-fuer-lebensretter-vom-mittelmeer.html

»Die EU strebt eine Verschärfung des Asylrechts an«
Der Migrationsforscher Bernd Kasparek analysiert die europäische Diskussion um eine Verteilung der Geflüchteten
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1123259.seenotrettung-die-eu-strebt-eine-verschaerfung-des-asylrechts-an.html

Seenotrettung im Mittelmeer: Handeln ohne Profit
Warum werden die Seenotretter kriminalisiert? Sie rufen Europa ein humanistisches Denken in Erinnerung, das die Festung Europa für überflüssig erklärt.
https://taz.de/Seenotrettung-im-Mittelmeer/!5607959/

Mittelmeer-Migranten: Wie weit reicht der Konsens?
14 EU-Länder sind prinzipiell für einen „Solidaritätsmechanismus“. Die Bewährungsprobe dürfte bald folgen. Italien will eine andere Lösung
https://www.heise.de/tp/features/Mittelmeer-Migranten-Wie-weit-reicht-der-Konsens-4477283.html?wt_mc=rss.tp.beitrag.atom

Flüchtlingsverteilung: Matteo Salvini hält Verhandlungen zur Seenotrettung für einen Flop
Italiens Innenminister Matteo Salvini hat den Versuch einer europäischen Flüchtlingsverteilung kritisiert. Den französichen Premier Macron greift er persönlich an.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-07/fluechtlingsverteilung-eu-seenotrettung-verhandlungen-italien
-> https://taz.de/Fluechtlingspolitik-der-EU/!5613026/

Gerettete Flüchtlinge 14 EU-Staaten für Umverteilungsplan
Bewegung in der europäischen Flüchtlingspolitik: Wie Frankreichs Präsident Macron verkündete, unterstützen 14 EU-Staaten das „Prinzip“ eines deutsch-französischen Kompromiss-Vorschlags zur Umverteilung von Migranten.
https://www.tagesschau.de/ausland/eu-fluechtlinge-umverteilung-101.html
-> https://www.blick.ch/news/eu-fluechtlinge-14-eu-staaten-einig-bei-verteilung-von-fluechtlingen-id15432604.html

Hier erleidet Europa Schiffbruch
Der sizilianische Autor Davide Enia spricht mit Bewohnern der Insel Lampedusa über die Flüchtlingstragödie.
https://www.derbund.ch/kultur/buecher/hier-erleidet-europa-schiffbruch/story/29464792

EU untätig: Weitere Schiffe sollen Menschenleben im Mittelmeer retten
Das zentrale Mittelmeer ist zur tödlichsten Fluchtroute der Welt geworden. Hilfsorganisationen wollen nicht untätig bleiben und kündigen den Einsatz weiterer Schiffe an, um Menschenleben zu retten.
http://www.migazin.de/2019/07/22/eu-weitere-schiffe-menschenleben-mittelmeer/

+++TÜRKEI
Türkei steigt aus dem EU-Türkei-Deal aus
Nach Angaben türkischer Medienberichte will sich die Türkei aus dem sogenannten EU-Türkei-Deal zurückziehen. Grund dafür sei die Nicht-Einhaltung bestimmter im Deal vereinbarter Gegenleistungenseitens der EU, so türkische Regierungsbeamte. Darunter falle unter anderem die im Zuge des Deals zugesicherte Visa-Freiheit für türkische Bürger*innen. Besagte Visafreiheit sorgte schon in der Vergangenheit für Spannungen zwischen der EU und der Türkei. So drohte die Türkei bereits im November 2016 mit der Aufkündigung des Deals.
Der EU-Türkei-Deal ist eine im März 2016 verabschiedete Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei. Der Deal: finanzielle Entschädigungen und Visafreiheiten für türkische Bürger*innen gegen Grenzsicherung und Flüchtlingsabwehr.
https://ffm-online.org/tuerkei-steigt-aus-dem-eu-tuerkei-deal-aus/

+++GASSE
Bern/Zeugenaufruf: Zwei Raubfälle mit Einsatz von Pfefferspray
In den letzten Tagen ist es im Raum Schützenmatte in Bern zweimal zu einem Raub gekommen. In beiden Fällen hat die unbekannte Täterschaft gemäss jetzigem Kenntnisstand Pfefferspray eingesetzt. Entwendet wurden jeweils Wertsachen. Die Kantonspolizei Bern ermittelt und sucht Zeugen.
https://www.police.be.ch/police/de/index/medien/medien.meldungNeu.html/police/de/meldungen/police/news/2019/07/20190723_1333_bern_zeugenaufrufzweiraubfaellemiteinsatzvonpfefferspray
-> https://www.derbund.ch/bern/zwei-raubueberfaelle-im-bermudadreieck/story/30057504
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/raubueberfaelle-mit-pfefferspray/story/30340266
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/zwei-raububerfalle-mit-pfefferspray-in-bern-65558343

Braucht es ein Alkoholverbot am Bahnhof Wil?
Der Bahnhof Wil hat einen schlechten Ruf. Umso mehr seit der Massenschlägerei anfangs Juni. Letzte Woche wurde deshalb ein Frauentaxi und ein näherer Taxistandort gefordert, damit sich Frauen sicherer fühlen können. Jetzt fordert ein Stadtparlamentarier ein Alkoholverbot.
https://www.toponline.ch/news/stgallen/detail/news/braucht-es-ein-alkoholverbot-am-bahnhof-wil-00116222/

+++BIG BROTHER
Und wann wird die Kamera dich erkennen?
Gesichtserkennung ist eine umstrittene Technologie. Auf der einen Seite steht Sicherheit, auf der anderen Kontrolle. Wie sieht es in der Schweiz aus?
https://www.20min.ch/digital/news/story/Und-wann-wird-die-Kamera-dich-erkennen–24314437

China überwacht mit Spionage-App auch Touristen – 10vor10
China überwacht in keinem anderen Landesteil seine Bürger so rigoros wie in der Provinz Xinjiang. Davon sind offenbar auch Touristen betroffen, die über diese Region nach China einreisen. Beim Grenzübertritt wird ihr Handy ausgeforscht und eine Spionage-App installiert, wie deutsche Recherchen zeigen.

https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=22fc4996-579d-4b22-b79f-4754e51a8599&startTime=619.542

+++POLICE GE
Répression violente devant l’Usine suite à un contrôle raciste
Répression violente devant l’Usine : deuxième arrestation brutale par la police de personnes solidaires avec celleux qui subissent le profilage racial et arrestations violentes, quotidiennement autour de l’Usine. Cinq personnes toujours en garde à vue.
https://renverse.co/repression-violente-devant-l-Usine-5-personnes-en-garde-a-vue-2143

+++ANTIFA
Kein Platz für rechtsextreme Schattenarmee!
Der deutsche Verein Uniter will sich in der Schweiz niederlassen.
Diese Gruppierung, welche vom deutschen Generalbundesanwalt beobachtet wird, gibt sich nach Aussen als demokratischer Verein ehemaliger Militär-, Polizei- und Sicherheitsleute um Kontakte zu pflegen und den Berufseinstieg zu erleichtern.In Wirklichkeit bestehen enge Verbindungen zu Neonazis und anderen Rechtsextremen.
https://resolut.noblogs.org/post/2019/07/23/kein-platz-fuer-rechtsextreme-schattenarmee/

Geschlechterpolitiken, Antifeminismus und Homosexualität im Denken der „Identitären Bewegung“
Um die Ideologie der sogenannten „Identitären Bewegung“ zu bestimmen, kann das anhand der Analyse von Feindbildern der Identitären passieren, so die These der Politikwissenschaftlerin Judith Goetz. Als die drei zentralen Feindbilder würden sich der politische Liberalismus ausmachen lassen, also die Freiheit und Gleichheit aller Individuuen, der Multikulturalismus und die sogenannte Geschlechtergleichmacherei.
https://www.freie-radios.net/96454

+++COLLECTIVE CLIMATE CHANGE
Klimanotstand am Finanzplatz – Zürich und Basel gehen hart gegen Aktivist*innen vor
Am Montag, 8. Juli blockierten Klimaaktivist*innen die Eingänge von Filialen der Grossbanken UBS und CS. Es folgten polizeiliche Übergriffe, hohe Strafen und mediale Spaltungsversuche. Einschüchtern lässt sich die Bewegung davon aber nicht.
https://www.ajour-mag.ch/bankenblockade/

«Ich musste mich ohne Begründung ausziehen»
Einige Klimaaktivisten, die an der Blockade der Credit Suisse teilnahmen, erheben schwere Vorwürfe gegen die Zürcher Polizei. Sie sagen, sie seien grob angefasst und beleidigt worden.
https://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/-Ich-musste-mich-ohne-Begruendung-ausziehen–15615095
-> https://www.watson.ch/schweiz/klima/485950249-du-hast-hier-keine-rechte-klimaaktivsten-kritisieren-polizei-scharf
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/schwere-vorwuerfe-von-klimaaktivisten-gegen-zuercher-polizei-00116190/

tagesanzeiger.ch 23.07.2019

Junge Klimaaktivistin: «Ich habe nur noch geweint»

Schwere Vorwürfe gegen die Polizei nach Credit-Suisse-Blockade: Junge Verhaftete erzählen, wie sie die zwei Nächte im Gefängnis erlebten.

Rafaela Roth

Gestern Montag verstrich die Frist: 10 Tage hatten die in Zürich verhafteten Klimaaktivisten Zeit, um sich zu entscheiden, ob sie den gegen sie ausgestellten Strafbefehl akzeptieren oder Einspruch erheben wollen. In Zürich fechten einige Aktivistinnen und Aktivisten das Urteil an. Die genaue Zahl ist noch unbekannt.

Der Straftatbestand lautet bei den meisten Verhafteten Nötigung, indem sie den Haupteingang der Credit Suisse am Paradeplatz blockierten und die Leute am Reingehen hinderten. Bei einigen kommt Landfriedensbruch hinzu.

Die Mehrheit kassierte eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 30 Franken – 1800 Franken. Eine Person befindet sich bis heute im Gefängnis, da ihre Identität nicht festgestellt werden konnte. Sie wurde in ­U-Haft übergeführt. Anzeige erstattet hatte die Credit Suisse. Da es sich bei Nötigung aber um ein Offizialdelikt handelt, muss die Polizei ohnehin ermitteln.

«Du hast hier keine Rechte»

Die Blockade wurde frühmorgens aufgelöst, 64 Personen inhaftiert, zwei Nächte sollten sie im Gefängnis verbringen. Den jungen Erwachsenen steckt der Schreck teilweise noch in den Knochen. Natascha Erni (20)*, Sabina Schellenberg (25)* und Tara Bianchi (26)* sind nicht vorbestraft, sprechen sich gegen Gewalt an Menschen und Lebewesen aus, aber für radikalere Aktionen, um Massnahmen gegen die Klimaerwärmung durchzusetzen. Sie sind überzeugt: «Wir sollten abgeschreckt werden.»

«Ich musste mich ohne richtige Begründung zur Körperkontrolle ausziehen. Mehrmals wurde ich mit Schmerzgriffen zu Boden oder gegen die Wand gedrückt», sagt etwa Sabina Schellenberg im Gespräch mit dem TA. «Weil ich darauf beharrte, zu wissen, was mit mir passiert oder warum ich etwas tun sollte, wurde ich als schwierig eingestuft und entsprechend grob behandelt.» Sie habe erst nach mehrmaligem Insistieren einen Anruf tätigen dürfen, und nach der DNA-Entnahme beim Messen ihrer Körpergrösse sei das Metallteil auf ihren Kopf fallen gelassen worden.

«‹Du hast hier keine Rechte›, sagten sie, und immer wieder wurde mir erklärt, wie dumm ich sei und dass ich wohl als Kind auf den Kopf gefallen sei.» Sie sei festgehalten worden, indem man auf sie draufstand. «Ich habe nur noch geweint», sagt Schellenberg.

Auch Natascha Erni war von Montag- bis Mittwochmorgen im Gefängnis. «Das Schlimmste war, dass wir überhaupt keine Informationen erhielten», sagt sie. «Juristisch gab es keinen Grund, uns so lange dazubehalten.» Ein Telefonanruf sei ihr verwehrt worden, obwohl sie wusste, dass sie das Recht dazu hatte. Eine Polizistin soll sie «Mannsweib» genannt haben.

Auch Tara Bianchi erlebte den Informationsmangel als nagend: «Man kriegte sie nur, wenn man ausdrücklich darauf beharrte», sagt sie, «und auch dann manchmal nicht.» Es sei chaotisch gewesen.

Bianchi hat Einsprache gegen ihren Strafbefehl erhoben: «Mir geht es ums Symbol. Warum erhält niemand eine Strafe, wenn das Pariser Klimaabkommen nicht eingehalten wird, aber ich, wenn ich dafür protestiere, schon?», fragt sie. Die harsche Reaktion habe sie wachgerüttelt. Mehrere Verhaftete würden den Strafbefehl ebenfalls anfechten.

Über 16 Punkte kritisiert die Organisation Climate Strike in einem am Freitag an die Medien verschickten Katalog. Die Organisation hatte die Blockaden in Zürich und Basel organisiert. Aufgelistet sind auch Beleidigungen wie «Fotze», abfällige Bemerkungen während der Körperkontrolle und das Verweigern von Hygieneprodukten. Einige Aktivistinnen und Aktivisten sollen bis zu dreimal einer Leibesvisitation unterzogen worden sein. 30 weitere Vorwürfe richtet sie an die Polizei in Basel.

«Nicht nachvollziehbar»

In Zürich war die Stadtpolizei für die Verhaftungen, die Kantonspolizei für die Betreuung in Haft und DNA-Entnahme zuständig. Die Stadtpolizei weist alle Vorwürfe entschieden zurück. Auf die einzelnen Vorwürfe wie die Beleidigungen, Herabsetzung, Gewaltanwendung, Verweigerung von Telefonaten oder Abschreckungsmassnahmen will sie nicht eingehen.

Die Räumung sei erst nach Ablauf von mehreren Abmahnungen und verhältnismässig erfolgt, sagt Sprecherin Judith Hödl. «Die Aktivistinnen und Aktivisten leisteten teilweise passiven Widerstand und mussten weggetragen werden. Falls sich Personen nicht korrekt behandelt fühlen, können sie sich auf dem offiziellen Weg beschweren», sagt sie.

Die Kantonspolizei betont, dass im Polizeigefängnis alle Insassen gleichbehandelt werden, unabhängig von der ihnen angelasteten Straftat. Den Gefangenen seien weder Hygieneartikel noch ärztliche Hilfe verweigert worden, sagt Sprecher Ralph Hirt. Der Vorwurf der übermässigen Gewaltanwendung bei der DNA-Entnahme sei für die Polizei nicht nachvollziehbar. Zu den Leibesvisitationen sagt Hirt: «Verhaftete werden vor dem Eintritt im Polizeigefängnis durchsucht. Im Rahmen des Aufenthalts bei uns wurde keine der verhafteten Personen nochmals durchsucht.»

Die DNA-Entnahme, die gemäss «SonntagsBlick» selbst bei Minderjährigen durchgeführt wurde, will keine Behörde kommentieren. Der Sprecher der Oberstaatsanwaltschaft, Erich Wenzinger, sagt: «Es handelt sich dabei um ein Standardprozedere, das die Polizei gestützt auf die Strafprozessordnung in eigener Kompetenz vornimmt.»

Milderes Musterurteil

Für Rechtsanwältin Manuela Schiller von den Demokratischen Juristinnen und Juristen Zürich sind die bundesgerichtlichen Vorgaben für eine DNA-Analyse wohl in den meisten Fällen verletzt. «Die Mehrzahl der Aktivisten ist jung und nicht vorbestraft», sagt sie. Es dürfe nicht einfach angenommen werden, dass sie in Zukunft gegen das Gesetz verstiessen. Die Aufnahme ihrer DNA in die Datenbank sei als Einschüchterung zu werten.

Dennoch stellt sie klar: «Dass es eine Nötigung ist, ist nicht bestreitbar.» Falls die Bankangestellten aber einen Nebeneingang benutzen konnten, sich nicht stark genötigt fühlten und kein Interesse an einer Strafverfolgung bekundeten, gebe es für die Staatsanwaltschaft einen Spielraum, das Verfahren einzustellen. Interessant sei, dass in den Strafbefehlen die Credit Suisse als Geschädigte aufgeführt werde. Und sonst gelte: «Strafe muss sein – aber verhältnismässig.»

1982 sprach das Bundesgericht ein Musterurteil in einem ähnlichen Fall: Aktivisten hinderten mittels eines Menschenteppichs die Besucher der Waffenausstellung in Winterthur beim Raus- und Reingehen. Für die Nötigung wurde einem Aktivisten eine Busse von 100 Franken aufgebrummt. Das Bundesgericht bestätigte das Urteil. 60 Tage für eine Nötigung ist ­bedeutend mehr als eine Busse von 100 Franken.

* Name und Alter geändert
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/Junge-Klimaaktivistin-Ich-habe-nur-noch-geweint/story/19050054)

Le débat – Désobéissance civile: légitime en Suisse?
Débat entre Virginia Markus, activiste et figure de l’antispécisme, Robin Chappatte, activiste pro-climat, Roger Golay, députés MCG genevois, Jean Romain, député PLR genevois, et Clémence Demay, doctorante à la Faculté de droit de l’Université de Lausanne.
https://www.rts.ch/play/tv/forum/video/le-debat-desobeissance-civile-legitime-en-suisse?id=10581089&fbclid=IwAR1NPCKVOkCponP3pn14R0qC3hUdL_f8qevs_7PUm_1GWUi6DKAmoA1-_2A


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