antira-Wochenschau: Rassismus am Frauen*streik, keine Religionsfreiheit an Schulen, Pushbacks an bosnischer Grenze

Bildunterschrift: Muslimische Frauen* wurden am Frauen*streik angepöbelt

Was ist neu?

Zürcher SVP will, dass Kinder nur noch an christlichen Feiertagen freibekommen
Da zum grossen Ärgernis von Andreas Glarner (SVP) nicht alle Menschen in der Schweiz Christ*innen sind, jedoch nur an christlichen Feiertagen offiziell schulfrei ist, können Kinder aus Familien mit anderen Glaubensrichtungen an den Feiertagen ihrer Religion dem Schulunterricht fernbleiben, ohne dafür einen sogenannten „Jokertag“ einsetzen zu müssen. Der Zürcher SVP passt das nicht. Sie schafft es mal wieder, die Tatsachen komplett zu verdrehen und in dieser Praxis eine Bevorzugung von religiösen Minderheiten zu sehen. Sie fordern deshalb, dass für religiöse Feiertage künftig zuerst die zwei Jokertage eingesetzt werden müssen. Da an christlichen Feiertagen sowieso schulfrei ist, betrifft dieser Vorschlag nur Personen mit einer anderen Religionszugehörigkeit als der christlichen. Soviel zu Bevorzugung von religiösen Minderheiten und soviel zur Religionsfreiheit in der Schweiz.
https://www.nau.ch/politik/regional/zurcher-svp-will-feiertagsregelung-an-der-schule-andern-65540076

Basel: Polizei verhaftet mehrere Neonazis, lässt sie aber auch bald wieder laufen
Die Festgenommenen gehören der Neonazi-Gruppe «White Resistance» an, Der Zirkel bildete sich wenige Tage nach dem Anschlag im neuseeländischen Christchurch. Linke Leute werden in der schweiz monatelang in Untersuchungshaft gesteckt, weil sie irgendwo ein Flugblatt rumliegen haben auf dem steht, Farbbeutel auf Gebäude zu schmeissen sei was Tolles. Wenn aber Nazis sich organisieren, um Leute zu töten, kommen sie ganz schnell wieder auf freien Fuss. Nicht direkt erstaunlich wenn wir uns die Geschichte des Vorgehens von Staatsanwaltschaften bei rassistischer Gewalt anschauen, aber doch bemerkenswert. Das Vorgehen deckt sich mit demjenigen in Deutschland, wo der NSU z.B. jahrelang von staatlichen VS-Strukturen geschützt wurde und sich rechte ziemlich ungehindert in Polizei- und Militärstrukturen organisieren können.
Auch in Frankreich ist ein solcher Zusammenhang im Juni 2018 aufgehoben worden: die aus Berufssoldaten, Polizisten und Gendarmen bestehende AFO (Action des forces opérationnelles). Die Faschisten der AFO waren zuvor bei einer legal agierenden extrem rechten Gruppierung unter dem Namen „Volontaires pour la France“ aktiv.
https://www.derbund.ch/schweiz/standard/polizei-nimmt-basler-neonazis-fest/story/28292562
https://www.antifainfoblatt.de/artikel/frankreich-rechte-%E2%80%9Egeheimarmee%E2%80%9C-aufgeflogen

Mittelmeerroute so gefährlich wie nie
Die Situation im Mittelmeer hat sich für Menschen auf der Flucht in den vergangene Monaten noch einmal zugespitzt. Proportional ist die Strecke zwischen Nordafrika und Europa eine der gefährlichsten Fluchtrouten und die Wahrscheinlichkeit, dabei ums Leben zu kommen, hat sich erheblich erhöht. Derzeit kommt jede sechste Person, die versucht, von Libyen nach Italien zu gelangen, ums Leben. Damit ist die Gefahr zu sterben, fast fünfmal größer als im vergangenen Jahr. Insgesamt sind seit Anfang 2019 519 Personen im Mittelmeer gestorben. Über die Hälfte der Todesfälle ereignete sich beim Versuch, Italien oder Malta zu erreichen.
Grund für das gestiegene Risiko ist unter anderem die Kriminalisierung der Seenotrettung, sodass Geflüchtete im Mittelmeer momentan so ziemlich auf sich alleine gestellt sind. Und die Kriminalisierung nimmt stetig zu. Jüngst hat italiens Innenminister Salvini ein Gesetz verabschiedet, das Strafen für private Schiffe vorsieht, die Migrant*innen im Mittelmeer retten: Die Schiffe sollen gebüsst werden und zwar mit 10’000 bis 50’000 Euro.
https://www.tagesschau.de/ausland/fluechtlingsroute-unhcr-101.html
https://www.infomigrants.net/en/post/17287/519-migrants-dead-in-mediterranean-since-the-start-of-2019

9 Tote vor der türkischen Küste, 22 Tote vor spanischer Küste
Bei der Überfahrt von der türkischen Küste nach Griechenland sind mindestens zwölf Migrant*innen und Geflüchtete ertrunken. In den Morgenstunden des 17.06.2019 wurden 31 Migrant*innen und Geflüchtete vor der Insel Kos aus Seenot gerettet. Da die Zahl der Menschen, die sich auf dem Boot befunden haben, unbekannt ist, ist nicht auszuschließen, dass noch mehr Menschen ums Leben gekommen sind.
Vor Spanien sind indessen 22 Menschen gestorben, während sie versuchten, Europa zu erreichen. Laut den Erzählungen von Geflüchteten und Migrant*innen, die sich mit den Verstorbenen auf dem Boot befunden haben, seien sie im Nordosten Marokkos gestartet. Die Leichen der Gestorbenen hätten sie über Bord geworfen, wobei die genauen Todesursachen noch im Unklaren liegen. Die überlebenden wurden von der spanischen Küstenwache aus Seenot beorgen. Die Einsatzkräfte sahen keine Leichen im Wasser und sprachen deshalb nur von 22 vermissten Personen, nach denen gesucht werde.
http://www.ekathimerini.com/241634/article/ekathimerini/news/nine-missing-as-migrant-boat-sinks-off-western-turkey?fbclid=IwAR1KAYY0MpZNzjLeclmE-3oQ868M3RDlhv07Oyd9dgODdeEakD4JAdigf8A
https://ffm-online.org/griechenland-tuerkei-8-tote-bei-ueberfahrt-in-der-aegaeis/
https://www.derstandard.de/story/2000105174357/sea-watch-3-muss-mit-43-geretteten-vor-lampedusa-warten

Gier nach Repression gegen Seenotrettung
Seit zehn Tagen liegt das NGO-Rettungsschiff „Sea Watch 3“ blockiert vor Lampedusa. An Bord befinden sich noch 43 Menschen, unter ihnen Kranke und Kinder.
Viele sind dehydriert und seekrank, da sich das Schiff auf hoher See stark bewegt. Eine Einfahrt in italienische Hoheitsgewässer ist ausgeschlossen, weil Italiens Regierung seit kurzem Seenotretter*innen, die ohne explizite Erlaubnis einfahren, mit hohen Geldstrafen bedroht. Zwischen 10’000 und 50’000 Euro können diese betragen. Um sicherzustellen, dass die Besatzung der Sea Watch 3 über das neue Dekret Bescheid weiß, wurde sogar ein Boot der italienischen Finanzpolizei zu den privaten Seenotretter*innen geschickt. Zynischer gehts kaum.
https://ffm-online.org/gier-nach-repression-gegen-seenotrettung/

Bericht der NKVF zur Situation in den Bundesasyllagern
In ihrem heute veröffentlichten Bericht stellt die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) ihre Erkenntnisse in den Bereichen Migration und Gesundheitsversorgung vor. Insgesamt führte die Kommission im letzten Jahr 18 Kontrollbesuche in Einrichtungen durch, in denen sich Personen im Freiheitsentzug befinden oder freiheitsbeschränkenden Massnahmen unterliegen. Dazu gehören auch die Bundesasyllager, deren Bewertung durch die NKVF im Folgenden zusammengefasst wird. Die NKVF ist nicht gerade für ihre progressiven oder radikalen Positionen bekannt. Umso schlimmer müssen die Missstände in den Bundesasyllagern sein, wenn diese sogar von der NKVF angeprangert werden. Nachfolgend einige Beobachtungen der NKVF:
– Potentielle Opfer von Folter, Betroffene von geschlechterspezifischer Gewalt sowie Opfer von Menschenhandel werden in den Asyllagern kaum identifiziert. Für das in den Asyllagern tätige Betreuungs- und Sicherheitspersonal gibt es keine klaren Vorgaben zur Identifikation von vulnerablen Personen. Externe Fachstellen wurden in den meisten Asyllagern nicht systematisch beigezogen.
– Frauen* sind in den Asyllagern häufig geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt. Das SEM klärte laut eigenen Angaben zwischen 2015 und 2018 läppische vier Fälle von Übergriffen ab. In keinem der Fälle kam es zu einer Anzeige. Als Massnahmen wurden beschuldigte Personen teilweise in andere Asyllager verlegt (als ob das Problem dadurch gelöst sei), vereinzelt wurde aber auch gar nichts gemacht und die Betroffenen verblieben zusammen mit der übergriffigen Person im gleichen Lager. Die Situation zeigt sich wohl noch um einiges schlimmer als hier von der NKVF dargestellt. Die Erzählungen von Menschen, die bspw. in Nothilfeunterkünfte leben, weisen eher darauf hin, dass in den meisten Fällen von geschlechtsspezifischer Gewalt nichts unternommen wird. Bspw. kriegen geflüchtete Frauen*, die einen Übergriff beim Sicherheitsdienst melden, zu hören, dass sie ja auch wieder gehen können, wenn es ihnen hier nicht passe.
– Mit Ausnahme des Asyllagers Juch in Zürich, ist der „Ausgang“ in allen Lagern bewilligungspflichtig. In 9 von 11 besuchten Lagern galten zum Zeitpunkt der jeweiligen Besuche die Mindestausgangszeiten (Mo. bis So. von 9 bis 17 Uhr und bei einem Wochenendausgang ab Fr. 9 Uhr bis So. 19 Uhr). Das stellt eine krasse Einschränkung der Bewegungsfreiheit dar. Da die Lager oftmals sehr abgeschottet und die Mobilitätskosten sehr hoch sind, bleibt vielen Personen nichts anderes übrig, als teilweise über mehrere Jahre 24 Stunden am Tag im Asyllager zu sein.
– Gemäss der NKVF führte das Sicherheitspersonal bei erwachsenen Personen in den meisten Asyllagern systematisch bei der Rückkehr in das Lager eine körperliche
Durchsuchung (mittels Abtasten) sowie eine Kontrolle mitgeführter Gegenstände (Taschen, Rucksäcke, etc.) durch. In mindestens einem Zentrum wurden solche Durchsuchungen auch systematisch an Kindern vorgenommen. Das Sicherheitspersonal ist zudem mit Pfefferspray ausgestattet und setzt diesen auch ein. Wenn du also das Pech hast, eine geflüchtete Person in einem Asyllager zu sein, giltst du erst mal als verdächtig und bist wahrscheinlich sehr, sehr gefährlich.
– Das SEM bestraft Asylsuchende, die sich nicht an die Anwesenheitspflicht und Ausgangszeiten halten, regelmässig mit Disziplinarmassnahmen in der Form des Taschengeldentzugs oder einem Ausgangsverbot. Regelmässig wurden auch Hausverbote (Ausschluss vom Lager) ausgesprochen. Dies hat zur Folge, dass die ausgeschlossene Person teils für mehrere Tage auf der Strasse leben muss. Eine Rückkehr in das Asyllager vor Ablauf der gesetzten Frist, wurde im Zentrum Juch als
Hausfriedensbruch eingestuft und führte zur Benachrichtigung der Polizei. Die Disziplinarmassnahmen werden in den meisten Fällen nur mündlich angeordnet. Sie sind somit weder anfechtbar, noch kontrollierbar und die Asylsuchenden sind dem Willkür und den Launen der Lager-Mitarbeitenden ziemlich ausgeliefert.
– Psychiatrische Unterstützung beschränkt sich meist auf Akutsituationen. Das SEM findet es meistens unnötig, den Personen bereits in den Bundesasyllagern psychiatrische Unerstützung zu gewähren, da sie sich da sowieso nur kurz aufhalten würden und dann den Kantonen zugewiesen würden.
https://www.nkvf.admin.ch/nkvf/de/home/publikationen/newsarchiv/2019/2019-06-18.html


Was ist aufgefallen?

Muslimas am Frauen*streik wegen Kopftüchern angepöbelt
Am Frauen*streik in Genf lief auch eine grössere Gruppe muslimischer Frauen* mit und ruften Parolen wie «Kopftuch oder nicht – meine Wahl!» oder «Befreit uns nicht, wir tun das schon selbst!» Dass sich auch Frauen* mit Kopftuch gegen das Patriarchat wehren und diesen emanzipatorischen Kampf mitführen, schien einigen sogenannten „Feministinnen“ nicht zu passen. Sie pöbelten die Muslimas an und fragten sie, ob sie sich nicht schämen würden, am Frauen*streik teilzunehmen.
Während sich viele Streikteilnehmenden schockiert über diese Äusserungen zeigten, schienen die Muslimas die Situation zu ignorieren. Sie würden sowas tagtäglich erleben, wie sie selbst sagten. Wäre schön, wenn wir vereint gegen die patriarchalen und sexistischen Strukturen kämpfen könnten und nicht Personen aufgrund ihres Äusseren oder ihrer Religionszugehörigkeit von solchen Kämpfen ausschliessen würden oder ihnen das Recht absprechen, sich gegen diese Strukturen zu wehren.
https://www.blick.ch/news/schweiz/westschweiz/unschoene-szenen-in-genf-muslimas-am-frauenstreik-wegen-kopftuechern-angepoebelt-id15374056.html

Antiziganismus: Astra sperrt Rastplatz in Wileroltigen
Seit Jahren werden den Fahrenden Sinti, Roma und Jenischen zu wenig Rastplätze zur Verfügung gestellt. Die wenigen offiziellen Plätze sind eher für schweizer Fahrende als für Fahrende ohne schweizer Pass. Wenn neue Rastplätze geplant werden, wehrt sich die lokale Bevölkerung oft so explizit dagegen, dass die Bundes- und Kantonalbehörden einknicken. Im Moment mussten die Fahrenden auf einen Rastplatz bei Wileroltigen ausweichen, der auch von Lastwagenfahrer*innen benutzt wird, um Rast zu machen, bevor sie wieder weiter müssen. In dieser künstlich geschaffenen Situation an Platzknappheit hat nun das Bundesamt für Strassen den Autobahnrastplatz gesperrt, weil er „nicht mehr mit dem üblichen Aufwand zu reinigen sei“. Damit werden sowohl die Fahrenden als auch die Lastwagenfahrer*innen getroffen. Dabei wird der ganze Vorgang so dargestellt, als seien die Fahrenden die Schuldtragenden, die mit ihren Müllansammlungen den öffentlichen Raum verschandelten (ein typisches antiziganistisches Topos). Die Lastwagenfahrer*innen werden gezielt gegen die Fahrenden aufgewiegelt und es wird verschleiert, dass die Ursache des Problems die fehlenden Rastplätze sind. Als Scheinlösung wird nun erwogen, den Rastplatz mit „Sicherheitspersonal“ bewachen zu lassen.
https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/dreck-und-unrat-bund-sperrt-rastplatz-in-wileroltigen/story/19406959

Abschieben vor Personenfreizügigkeit, sagt das Bundesgericht
Das Bundesgericht will sich nicht mehr an Regeln der Personenfreizügigkeit mit der EU orientieren. Im Fall der Ausschaffung eines wegen Drogenhandels zu einer bedingten Strafe verurteilten Spaniers erachtete das Gericht, dass das rassistische Interesse an seiner Ausschaffung höher zu gewichten sei, als sein Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit und das Abkommen über die Personenfreizügigkeit. Das Gericht setzt also die Forderungen der SVP-Ausschaffungsinitiative wortgetreu um. Das Bundesgericht begründet sein Urteil damit, dass es sich bei Personenfreizügigkeitsabkommen im Wesentlichen um ein wirtschaftsrechtliches und nicht ein grundrechtliches Abkommen handelt.
https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=87a100f8-3b5b-4fa6-b95f-8888d16d31be
https://www.derbund.ch/schweiz/standard/bundesgericht-senkt-huerde-um-straffaellige-eu-buerger-auszuschaffen/story/22399351
https://www.bger.ch/files/live/sites/bger/files/pdf/de/6B_378_2018_2019_06_18_T_d_11_21_31.pdf
https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://22-05-2019-6B_378-2018&lang=de&zoom=&type=show_document

Stadt Bern verbietet gesamtschweizerische Demonstration zum Flüchtlingstag
Das Migrant Solidarity Network wollte in der berner Innenstadt eine gesamtschweizerische Demonstration zum Flüchtlingstag durchführen. Leider haben sie keine Bewilligung erhalten. Die städtischen Behörden verhindern, dass Geflüchtete und ihre Organisationen auf Anliegen aufmerksam machen können. Im Gegensatz zu den zahlreichen Demonstrationen am Frauenstreik, zur Klimarbewegung oder zur Demonstration gegen das Formel E Rennen zeigen die Behörden den Geflüchteten die kalte Schulter und unterwandern das Demonstrationsrecht. In dieser politisch aufgeladener Zeit ist dieser diskriminierende Entscheid traurig. Das Migrant Solidarity Network kritisiert die unverhältnismässige Missachtung der Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit: „Geflüchtete haben in der Schweiz nur wenig Möglichkeiten, um sich politisch Gehör zu verschaffen“.
https://migrant-solidarity-network.ch/2019/05/20/stadt-bern-verbietet-gesamtschweizerische-demonstration-zum-fluechtlingstag/

Kroatien und Slovenien: Pushbacks an der Grenze zu Bosnien
Nachdem das sozialistische Jugoslawien anfangs der 90er-Jahre auseinanderfiel begann der grosse Abbau. die soziale Infrastruktur der jeweiligen neuen Nationalstaaten wurde auseinandergenommen und verscherbelt, privatisiert und stillgelegt. Als Folge stieg die Armut stark an und es kam in verschiedenen Ländern, u.a. auch in Kroatien zu Protesten und Streiks. Der nationalistische Block konnte sich jedoch durchsetzen und kontrolliert nach wie vor die Staatspraxis. An der bosnisch-kroatischen Grenze zeigt sich die rassistische Tendenz dieses Regimes nun einmal mehr sehr konkret: Migrant*innen haben keine Chance, einen Asylantrag zu stellen. Sie werden von der kroatischen Polizei über die Grenze zurückverfrachtet. Das ist nach EU-Recht eigentlich illegal. Da aus den Pushbacks aber keine Konsequenzen drohen sondern die EU noch froh ist, wenn die EU-Aussengrenzen dicht bleiben, schert das die kroatischen Behörden herzlich wenig. Die Pushbacks nach Bosnien-Herzegowia werden aber nicht nur von Kroatien aus durchgeführt, sondern ebenso von Slovenien.
https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/europamagazin/sendung/kroatien-fluechtlinge-grenze-bosnien-100.html
http://www.nonamekitchen.org/wp-content/uploads/2019/06/Balkan-Region-May-2019.pdf
https://ffm-online.org/push-backs-auf-dem-balkan-violece-report/


Wo gabs Widerstand?

Protest im Todeslager Zintan
Im Asylcamp in Zintan, das tief in der libyschen Wüste liegt, sind seit September bereits 20 Menschen gestorben. Geflüchtete Aktivist*innen, die darin isoliert werden, haben nun ein beeindruckendes Protestvideo veröffentlicht. Ihre Transparente wurden mit Tomatenmark geschrieben, das sie sich vom Mund abgespart haben. Zu sehen sind die Lebensumstände im Lager, die Verteilung von einem Becher Wasser pro Person aus einem Eimer, eine stotternde Stellungnahme des EU Flüchtlingskommissars Avramopoulos und eine Stellungnahme des UNHCR-Sekretärs für Menschenrechte, Rupert Colville, der auf die Frage der Moderatorin, ob er die Verantwortung für die Ertrunkenen, die Push-Backs und die Lager bei der EU-Flüchtlingspolitik sehe, antwortet: „Yes, that is absolutely right“. Ein 22 Jähriger aus Eritrea gibt dem Protest seine Stimme: „In Zintan we are dying, starving, hungry, sick. A lot of people are developed mental disorders. I can’t explain my feelings. I can’t control, because we are dying! We are detained in hell. We are praying in our sleep. At this time we are hopelessly desparate. Let me comment for all the peoples in the world to know our pain. A lot of people are dying in the detention center with untold story underaged, innocent refugees. All these people think they have been left here to die.“
https://www.channel4.com/news/starvation-disease-and-death-at-libya-migrant-detention-centre
https://ffm-online.org/protest-eritreischer-refugees-im-todeslager-zintan/

Österreich: Geflüchtete im Hungerstreik fordern die Schließung eines Abschiebezentrums
Seit Montag, 03.06.2019 befinden sich mehrere Migrant*innen und Geflüchtete im Rückkehrzentrum des Innenministeriums am Bürglkopf in Fieberbrunn (Bezirk Kitzbühel), Österreich im Hungerstreik. Mit ihrem Protest machen sie auf die inhumanen Zustände im Abschiebezentrum aufmerksam und fordern dessen Schließung. Von den 17 Personen, die den Hungerstreik Anfang des Monats begonnen hatten und teilweise auch jede Flüssigkeitsaufnahme verweigerten, befinden sich, Stand 15.06.2019, noch sechs Personen im Hungerstreik. Ihre Forderungen werden durch ein Protestcamp vor dem Tiroler Landesmuseum, eine Online-Petition, Kundgebungen und Unterschriftenlisten unterstützt.
Die Streikenden und ihre Unterstützer*innen prangern vor allem die fast völlige Isolation des Lagers an. Mit der Unterbringung der Menschen im Abschiebelager versuche man sie zur „freiwilligen“ Ausreise zu bewegen.
https://ffm-online.org/oesterreich-gefluechtete-im-hungerstreik-fordern-die-schliessung-eines-abschiebezentrums/

Demo von Segelschiffen auf dem Mittelmeer und Berichte von Betroffenen, was in libyschen Lagern abgeht
https://www.taz.de/Seenotrettung–Kladde-von-Anett-Selle/!5603861/

Was steht an?

3 Rosen gegen Grenzen
29. – 30. Juni | Dreirosenanlage, Basel
„Im Juni nehmen wir uns selbstbestimmt und offen einen umkämpften Ort in Basel und organisieren Veranstaltungen, Workshops und Diskussionen. Es wird ein Raum geschaffen für grundsätzliche Kritik an Abschottung und Ausschluss, Haft und Ausschaffungen, Kategorisierung von Menschen sowie rassistischen Strukturen. Durch Information, Begegnung und Austausch sollen widerständige Praktiken entstehen.
Um gemeinsam etwas tun zu können, ist es wichtig, sich zu begegnen. Komm vorbei, informiere dich und bring dich ein!“
https://3-rosen-gegen-grenzen.ch/

Tag der Solidarität mit Migrant*innen im Bereich der Nothilfe
26. Juni 2019 | Rue de Romont | Fribourg
https://web.facebook.com/events/655742414851897/?notif_t=plan_user_invited&notif_id=1559285749764440

Velotour d‘Horizon
14.8 – 31.8. 2019
„Schauen wir hin und setzen gemeinsam ein Zeichen gegen die Politik der Ausgrenzung und der Isolation! Ein halbes Jahr nach dem Inkrafttreten der Asylgesetzrevision besuchen wir mit dem Fahrrad verschiedene Asylregionen der Schweiz und thematisieren vor Ort die prekäre Situation der Bundeslager und Notunterkünfte. Die Tour bietet die Möglichkeit, gemeinsam aus dem Alltag auszubrechen. Wir knüpfen neue Kontakte, stärken bestehende Initiativen und dokumentieren die andauernde Missachtung der Grund­rechte von geflüchteten Menschen – eine Chance zur Horizonterweiterung für alle engagierten, betroffenen und interessierten Personen.
Schauen wir hin und setzen gemeinsam ein Zeichen gegen die Politik der Ausgrenzung und der Isolation!“
https://antira.org/velotour/


Lesens -/Hörens -/Sehenswert

Dokumentation von Pushbacks auf Balkanroute
Es gibt neu eine Karte, in der Pushbacks vor allem auf dem Balkan eingezeichnet werden
https://ffm-online.org/the-push-back-map-a-tool-to-collectively-fight-the-repressive-border-control-regime/

Medien außer Kontrolle: Wie Deutsche gegen Geflüchtete mobilisiert werden

Die “Flüchtlingskrise” sei in Wahrheit eine gewaltige Medien- und Politikkrise, so der Journalist David Goeßmann. In seinem Buch “Die Erfindung der bedrohten Republik” zeigt der Journalist auf, wie uns die Leitmedien in die Irre führten.
https://www.freie-radios.net/95902

Aus „Le Monde diplomatique“: Kein Weg mehr durch Agadez
Die Stadt in Niger lebte früher von durchreisenden Migrant*innen. Das ist nach der Verabschiedung eines Gesetztes gegen „Menschenschmuggel“ nun vorbei.
http://taz.de/Aus-Le-Monde-diplomatique/!5602720/

Atlas der Migration
Die Rosa Luxemburg Stiftung hat ihren neuen Atlas der Migration herausgegeben. Der Atas ist als Download zu beziehen oder er kann bei der RLS als Printausgabe bestellt werden.
https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/sonst_publikationen/atlasdermigration2019_web_190614.pdf
https://www.rosalux.de/publikation/id/40425/atlas-der-migration/

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