antira-Wochenschau: NPD-Werbung auf ARD, rassistische Teenagerin auf Youtube, ORS AG auf Vormarsch

Polizeieinheit aus Österreich an der Grenze zu Italien.

Was ist neu?

Der Bundesrat weitet den Personenkreis aus, den er in die Integrationsvorlehre schicken will.
Der Trend zu einem zunehmend ungleichen Berufsbildungssystem für Schweizer*innen und Nicht-Schweizer*innen nimmt zu. Neu sollen nicht nur anerkannte oder vorläufig aufgenommene Geflüchtete gezielt in eine spezifische Berufslehre kanalisiert werden. Der Bundesrat hat entschieden, die sogenannte Integrationsanlehre auf Jugendliche und junge Erwachsene ausserhalb des Asylbereichs auszuweiten. Im Fokus stehen vor allem Personen, die aus EU/EFTA- sowie aus Drittstaaten zugewandert sind. Mit dieser Massnahme steuert der Staat die Berufsfelder in denen (geflüchtete) Migrant*innen arbeiten oder eben nicht arbeiten sollen.
Junge Migrant*innen, die keine Landessprache sprechen, werden zunehmend in Berufsausbildungen gedrängt, die bis vor kurzem für weniger leistungsstarke Personen gedacht waren. So ist auch der Anteil Migrant*innen in der Attestlehre (EBA) viel höher als er es bei den Anlehren noch war. Gleichzeitig sind die sprachlichen Anforderungen für den Abschluss einer Berufslehre mit Fähigkeitszeugnis (EFZ) stark gestiegen. Durch diese neuen Berufslehrgänge und Berufsdiplome wird Tür und Tor geöffnet, um die Hierarchien und rassistischen Lohnunterschiede auf dem Arbeitsmarkt zu zementieren und zu nähren.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-75052.html

Rechtsextreme NPD darf hetzerischen Spot ausstrahlen
Der deutsche Fernsehsender ARD muss einen Werbe-Spot der rechtsextremen Partei NPD ausstrahlen. Die ARD hatte sich geweigert, den Werbespot der NPD zur Europawahl auszustrahlen, weil sie den Inhalt des Spots als Volksverhetzung wertete. Nun zwingt das Bundesverfassungsgericht den Sender, den hetzerischen Spot auszustrahlen.
https://www.spiegel.de/kultur/tv/ard-muss-npd-werbung-nach-urteil-verfassungsgericht-urteil-zeigen-a-1267652.html

Die profitorientierte ORS AG verwaltet neu auch Sozialhilfebezieher*innen
Wenn im Asylbereich mit der ORS AG gespart werden kann, soll das auch im gesamten Sozialbereich möglich sein. Das dachte sich die Gemeinde Egnach im Kanton Thurgau und beauftragte die ORS AG mit der Betreuung von Sozialhilfebezieher*innen. Die Firma mit Sitz in Zürich wurde 1992 gegründet und beschäftigt schweizweit bereits 800 Mitarbeiter*innen. Da sie profitorientiert arbeitet, hat Geld im Zweifelsfall immer eine höhere Bedeutung als die Bedürfnisse der betreuten Personen oder die Arbeits- und Lohnbedingungen des Personals. Die Vermutung, dass die Herrschenden im Asylbereich an Rassismusmarginalisierten neue Formen der Menschenverwaltung testen, um sie dann auf andere Gruppen auszuweiten, scheint zuzutreffen.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kreuzlingen/egnach-geht-bei-der-integration-neue-wege-und-macht-mit-sozialhilfebezuegern-eine-harte-aber-faire-schule-ld.1117739

Geschehnisse der letzten Woche im Mittelmeer
Vor der Küste Tunesiens ertranken letzten Freitag mindestens 65 Menschen beim Versuch, nach Europa zu gelangen. Die wenigen Überlebenden mussten 8 Stunden im kalten Wasser ausharren, bevor Hilfe eintraf. Auf der zentralen Mittelmeerroute starb dieses Jahr jede*r Vierte, der*die diese Reise auf sich nahm. Trotz sinkender Migration war die Flucht noch sie so gefährlich wie jetzt. Unter anderem lässt sich diese traurige Entwicklung auf die verminderten Rettungsbemühungen der EU-Staaten, sowie der verstärkten Kriminalisierung der privaten Seenotrettung zurückführen.
Auf der westlichen Mittelmeeroute verstärkt die EU weiter die Zusammenarbeit mit dem marokkanischen Staat. Die Quasi-Verlegung des europäischen Grenzschutzes nach Nordafrika hin zeigt Früchte: Der marokkanische Grenzschutz stoppte in den letzten Tagen drei Boote mit Flüchtenden und nahm weitere 40 Personen fest, die versuchten, den Grenzzaun zur spanischen Enklave Melilla zu überqueren. Der Preis dafür ist die unmenschliche Behandlung der Flüchtenden von Seiten des marokkanischen Sicherheitsapparates aus: Menschen werden geschlagen, systematisch schikaniert und in die Wüste deportiert, ohne irgendein ordentliches Verfahren zu erhalten.
Ein Lichtblick im Ganzen ist die Rettung von 65 Menschen vor der Küste Libyens. Die Sea-Watch 3 konnte alle Personen sicher an Bord bringen.
https://www.unhcr.org/news/press/2019/5/5cd5a74c4/unhcr-65-reported-drowned-shipwreck-coast-tunisia.html
https://www.nytimes.com/aponline/2019/05/13/world/africa/ap-europe-migrants.html?utm_source=ECRE+Newsletters&utm_campaign=bd39a4f990-EMAIL_CAMPAIGN_2019_05_14_11_24&utm_medium=email&utm_term=0_3ec9497afd-bd39a4f990-422328393
https://www.maltatoday.com.mt/news/national/95019/seawatch_3_rescue_65_migrants_off_libyan_coast?utm_source=ECRE+Newsletters&utm_campaign=5f5ad5f847-EMAIL_CAMPAIGN_2019_05_16_11_39&utm_medium=email&utm_term=0_3ec9497afd-5f5ad5f847-422328393#.XN01BVIzZpg

Fussball-Neonazis bei GC
Am letzten Wochenende haben Hooligans aus dem GC einen Abbruch des Spiels gegen den FC Luzern erzwungen. Sie stürmten auf das Feld und nötigten GC-Spieler, ihre Trikots auszuziehen. Darunter Stefan Nufer, ein bekannter Nazi-Hooligan. Er selbst distanziert sich von der rechten Szene, seine Aktivitäten lassen aber anderes vermuten: In Luzern etwa machte er ein Handzeichen, das erst durch eine Trollkampagnie im 4chan enstand, dann aber von Rechtsextremen angeeignet wurde und beispielsweise vom Attentäter von Christchurch nach seiner Verhaftung gemacht wurde.
Rechtsextreme Tendenzen in der GC-Kurve sind seit längerem auszumachen. Bereits im März dieses Jahres sorgte ein Banner in der GC-Kurve für Schlagzeilen. «Ruhe in Frieden lieber Thomas» stand auf einem Transparent in der Fankurve beim Spiel gegen YB. Gemeint war der kurz zuvor verstorbene Thomas Haller. Haller war ein einschlägig bekannter rechtsextremer Aktivist, der Ende der 90er-Jahre das Netzwerk HooNaRa gründete – der Name ist eine Abkürzung für Hooligans-Nazis-Rassisten. Laut einem Insider würden sich wegen diesen rechten Kräften linke Fans abwenden. Rechte Gruppierungen hingegen scheinen Nachwuchs zu rekrutieren, beispielsweise aus Kampfsportkreisen. Mittlerweile seien sie bereits die grösste und stärkste Gruppe innerhalb der GC Kurve. Durch den Zuschauer*innenschwund der vergangenen Monate werde ihre Anwesenheit auch toleriert, so der Insider weiter.
https://www.nau.ch/news/schweiz/was-macht-der-gc-nazi-fur-ein-zeichen-65523078
https://www.blick.ch/sport/fussball/superleague/stefan-n-fuehrt-chaoten-an-dieser-neonazi-erpresst-die-gc-leibchen-id15318675.html
https://twitter.com/search?q=antifa_bern

Was ist aufgefallen?

Eine rassistische und sexistische Teenagerin wird in den USA zum Youtube-Star
Fast eine Million Personen haben den Youtube-Kanal von Soph abonniert. Die 14-jährige hält rassistische, sexistische und islamfeindliche Hassmonologe, in denen sie Muslim*innen verspottet, Frauen mit Manipulatorinnen gleichsetzt oder darauf hofft, “einen Hitler für Muslime” zu sehen.
https://www.youtube.com/channel/UCT7BLBDnD-wEXeqZSg24aJw
https://derstandard.at/2000103161690/Der-neue-Kinderstar-der-Rechtsextremen-Eine-14-jaehrige-Youtuberin

10 Gebote für Asylsuchende in Niederösterreich
«Du sollst Österreich gegenüber Dankbarkeit leben» lautet eines der 10 Gebote, welche Asylsuchende in Niederösterreich künftig unterschreiben sollen. Die Idee der 10 Gebote in Anlehnung an die Bibel stammt aus der Feder des notorischen Asyl-Hardliners Gottfried Waldhäusel, zuständig für Asylfragen im Bundesland Niederösterreich und Parteimitglied der rechtsextremen FPÖ. Er geriet bereits Ende letztes Jahr in die Schlagzeilen, als er umzäunte, bewachte Lager für minderjährige Asylsuchende einrichten liess, die nach heftiger Kritik unter anderem seitens der Kinder- und Jugendanwaltschaft Niederösterreich wieder geschlossen wurden.
Im Interview mit RaBe interpretiert Anny Knapp von der Asylkoordination Österreich Waldhäusels Vorstoss als weiterer Schritt im Rahmen des langjährigen Überfremdungsdiskurses, in dem ein Asylnotstand heraufbeschworen und alles Fremde als Bedrohung und Sicherheitsrisiko dargestellt werde.
Die vorgeschlagenen zehn Gebote lauten:
1. Die deutsche Sprache lernen
2. Die deutschen Gesetze befolgen
3. Die hier gelebte Gleichberechtigung von Frau und Mann anerkennen
4. Dich und die Erziehung deiner Kinder an österreichischen Werten orientieren
5. Konflikte gewaltfrei lösen
6. Die hier geltende Religionsfreiheit achten
7. Für die Dauer deines Aufenthaltes Eigenverantwortung tragen
8. Neben deinen Rechten auch die Pflichten wahrnehmen
9. Tiere vor unnötigem Leid schützen
10. Du sollst Österreich gegenüber dankbar sein
https://rabe.ch/2019/05/16/wochenendarbeit-auf-berner-baustellen/
https://www.derbund.ch/ausland/europa/asylsuchende-in-niederoesterreich-sollen-dankbar-sein/story/13405062

Kriminalisierung von Solidarität mit geflüchteten Menschen wird immer stärker
Ein Londoner Think Tank hat recherchiert, wie oft Personen in der EU inzwischen vor Gericht landen, weil sie Geflüchteten helfen. Seit 2017 sind nicht mehr nur Personen, die anderen dabei helfen, nach Europa zu gelangen, von Repression betroffen, sondern auch NGO‘s, die Menschen aus Seenot retten. Und auch an Land wird fleissig kriminalisiert. Es wird zunehmend gegen Personen vorgegangen, die Migrant*innen, Geflüchteten oder Menschen ohne die richtigen Papiere helfen – sei es mit einer Unterkunft oder Hinweisen auf sichere Wege.
Der Bericht zeigt, dass die Repression zunimmt. Zusätzlich zur zunehmenden Zahl von Anklagen oder Verurteilungen sind auch neue Straftatbestände geschaffen worden, wie die Gefährdung der Sicherheit von Seefahrt und Flughäfen, Spionage, Bildung einer kriminellen Vereinigung, Mitgliedschaft in der Organisierten Kriminalität. Oder es werden Gesetze, die gegen Terror und die Mafia gerichtet sind, auf Organisationen und Einzelpersonen angewendet, die Geflüchteten und Migrant*innen helfen. Nachfolgend einige Beispiele für die Kriminalisierung von Solidarität:
– Derzeit bereiten sich zehn Crew-Mitglieder der “Iuventa” auf ihren Prozess in Italien vor. Das Schiff wurde im Sommer 2017 beschlagnahmt, der Besatzung drohen 20 Jahre Haft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen illegalen Waffenbesitz, Zusammenarbeit mit dem organisierten Verbrechen und Beihilfe zur illegalen Einwanderung vor. (Interview mit zwei Angeklagten der Iuventa-Crew: https://www.youtube.com/watch?v=hHzswD9PSMw&feature=youtu.be)
– Am Dienstag fiel auf Malta das Urteil gegen den Kapitän der Lifeline, Claus-Peter Reisch. Das zivile Rettungsschiff hat letztes Jahr Menschen vor der libyschen Küste aus Seenot gerettet, und muss nun 10’000 Euro Geldstrafe zahlen. Angeblich weil das Schiff „nicht ordnungsgemäss registriert war.“
– Sechs tunesische Fischer wurden wegen Menschenschmuggel angeklagt, weil sie im September 2018 14 Migrant*innen in Italien abgesetzt hatten. Die Fischer, die seit Jahren immer wieder auf Schiffbrüchige getroffen waren und geholfen hatten, erklärten, sie hätten die 14 aus Seenot gerettet und deren Boot auch erst nach Absprache mit der italienischen Küstenwache in italienische Gewässer abgeschleppt.
– Helena Maleno Garzón, die im marokkanischen Tanger lebt, hatte über mehrere Jahre die Küste beobachtet und die spanische Seenotrettung oder die marokkanische Küstenwache alarmiert, wenn sie zwischen Marokko und Spanien von Booten in Seenot erfuhr. Die spanische und marokkanische Justiz ermittelten sechs Jahre wegen “Förderung illegaler Migration” gegen sie.
– In Frankreich wurde Benoît Ducos wegen Menschenschmuggels verhört. Er hatte in den Bergen an der italienisch-französischen Grenze einer nigerianischen Familie geholfen und wollte die hochschwangere Mutter ins Krankenhaus im nahen Briancon bringen, als er von der Grenzpolizei gestoppt wurde.
– In Kroatien wurde Dragan Umicevic eine Taschenlampe zum Verhängnis. Er wurde im September 2018 verurteilt, nachdem er die Polizei auf eine Gruppe Geflüchtete aufmerksam gemacht hatte und bei ihnen blieb, um sicherzustellen, dass die auf der Polizeiwache auch wirklich ihren Asylantrag stellen konnten. Dass er die Beamt*innen mit einer Taschenlampe zur der Gruppe geführt hatte, legte ihm das Gericht als Zeichen aus, dass er ihr zum Grenzübertritt verholfen hatte.
– Das zivile Rettungsschiff „Mare Jonio“ mit 30 geretteten Menschen an Bord, wurde letzten Freitag von den Behörden in Lampedusa beschlagnahmt. Der Crew wird Beihilfe der Schlepperei vorgeworfen.
Als wäre das alles nicht genug, plant nun italiens Innenminister Salvini auch noch ein neues Dekret, mithilfe dessen es in Zukunft möglich sein soll, die Betreibenden von zivilen Rettungsschiffen mit bis zu 5‘500 Euro Busse pro geretteter Person, die nach Italien gebracht wird, zu bestrafen.
http://www.taz.de/Seenotrettung-im-Mittelmeer/!5592719/
https://www.tagesspiegel.de/politik/nicht-nur-malta-ganz-europa-kriminalisiert-die-hilfe-fuer-fluechtlinge/24320520.html
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1118669.claus-peter-reisch-das-urteil-gegen-lifeline-kapitaen-ist-eine-ausgemachte-sauerei.html
https://www.theguardian.com/world/2019/may/13/italy-fine-ngo-boats-migrants-salvini

Update: Juristische Aufarbeitung des Fasnachts-Rassismus?
Die Basler Fasnacht ist immer wieder wegen den unter ihrem Deckmantel ausgeführten rassistischen Praktiken in der Kritik. Dieses Jahr haben vor allen zwei Fälle (die leider aber nicht die einzigen waren) in den Medien Schlagzeilen gemacht: Der «Harus-Waagis Zeedel» und die «Alte Garde der Alten Stainlemer». Beim Strafverfahren gegen die Verfasser*innen des rassistischen Zeedel (gereimtes Flugblatt) konnte die basler Staatsanwaltschaft bis heute keine Hinweise auf eine Täter*innenschaft ermitteln, trotz Spuren in die rechtsextreme Szene und möglichen Verbindungen zur PNOS (‘Haurus’ ist ein Gruss der rechtsextremen Frontenbewegung aus den 30er-Jahren und ebenfalls der Name der PNOS-Zeitschrift). Auf jeden Fall ungeschoren kommt der Altmänner-Verein ‘Alte Garde der Alten Stainlemer’ davon. Diese hatten mithilfe von rassistischer und anti-muslimischer Bildsprache vor einer «Überfremdung» von Kleinbasel gewarnt. Die Staatsanwaltschaft hatte hier aber keinen Straftatbestand erkannt.
Gegen die 12 jungen Männern, die im Rahmen der Fasnacht in Schwyz als Ku-Klux-Klan-Gruppe aufmarschierten, wird eine Strafuntersuchung wegen Rassendiskriminierung durchgeführt. Momentan prüft die Staatsanwaltschaft die Beweise. Erst dann wird entschieden, welche Personen erneut befragt werden. Wann das Urteil verkündet wird, ist noch nicht bekannt.
https://www.20min.ch/schweiz/zentralschweiz/story/Jetzt-muss-die-KKK-Truppe-vor-Staatsanwaeltin-27452627
https://www.basellandschaftlichezeitung.ch/basel/basel-stadt/rassismus-an-basler-fasnacht-ermittler-tappen-noch-im-dunkeln-134453351

Neonazistische Terror-Zelle in Basel
Letzte Woche berichteten wir über die Gewalt von Rechtsextremen (Casa Pound) in Italien und wiesen darauf hin, dass der schweizerische Nachrichtendienst die Gewalt von Rechtsextremen systematisch herunterspielt und leugnet. Dasselbe bestätigt nun eine Recherche des Sonntagsblicks: bewaffnete Rechtsextreme bereiten Gewalt gegen PoC, Muslim*innen und Jüd*innen vor. Die Gruppe formierte sich innerhalb von 72 Stunden nach dem Attentat von Christchurch, wo ein rechtsextremer zwei Moscheen angriff und 50 Menschen ermordete. Die schweizer Sicherheitsbehörden halten sich jedoch mit Repressionsmassnahmen gegen gewaltbereite Neonazis zurück. Ihr Fokus ist auf Islamist*innen gerichtet und das Gesetz verbietet dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) elektronische Überwachungsmassnahmen gegen militante Rechtsextreme anzuordnen. Im letzten Sicherheitsbericht des NDB, der letzte Woche erschien, hielt der NDB die rechtsextreme Szene sogar für harmlos. Dies obwohl schweizerische Rechtsextreme oft bewaffnet sind und gut vernetzt sind mit anderen rechtsextremen Gruppierungen in Europa. Die Rechtsextreme Gruppe “Resistance Hélvétique” zum Beispiel hält gute Kontakte zu “Bastion Social” einer Gruppe aus Frankreich, die Macron soeben verbieten liess, sowie auch zu Casa Pound, der rechtsextremen Bewegung in Italien, deren Aktivist*innen immer wieder mit äusserst brutaler Gewalt, inkl. Mord aufgefallen sind. Weil die schweizerischen Behörden nur selten eingreifen, finden Rechtsextreme und Faschist*innen in der Schweiz ideale Rahmenbedingungen und können ihre Treffen meist ungestört abhalten. Dass der lasche Umgang des NDB mit Rechtsextremen tödlich enden kann, zeigte der Anschlag von Christchurch. Der Täter hetzte jahrelang auf Facebook – und schlüpfte trotzdem unter dem Radar der Behörden durch.
https://www.infosperber.ch/Artikel/FreiheitRecht/Die-Schweiz-bleibt-ein-Paradies-fur-Rechtsradikalismus
https://www.blick.ch/news/schweiz/mir-rotten-alles-us-schweizer-neonazi-gruppe-plant-gewalt-gegen-auslaender-id15317405.html
https://barrikade.info/article/2265

Pushbacks in Kroatien und Slovenien. EU unterstützt diese Grenzsicherung finanziell
Wie in Ungarn werden auch in Kroatien und Slovenien systematisch illegale Pushbacks von Geflüchteten durchgeführt. Leute werden beispielsweise in Flüsse gestossen, mitten im Wald ohne Schuhe ausgesetzt, beschimpft, bedroht, bestohlen, ausgelacht, verprügelt, stundenlang in extrem heruntergekühlten oder überhitzten Fahrzeugen herumgefahren oder gezwungen, sich für ein «Verhör» mitten in einer Stadt bäuchlings auf das Trottoir zu legen. Es gibt auch Berichte über sexuelle Übergriffe. Der EU ist das egal. Haupsache, die südliche Balkanroute ist möglichst dicht, die Wahl der Methoden ist zweitrangig, das Geld fliesst trotzdem. Das führt dazu, dass tausende von Geflüchteten in Bosnien-Herzegowina stranden, wo es praktisch keine institutionellen Unterstützungsangebote gibt. In Bosnien wurden 2017 weniger als 1’000 Geflüchtete gezählt, 2018 waren es über 20’000. Bosnien und Herzegowina war nach der Finanzkrise 2008 in einer Rezession und viele Menschen leben in Armut.
https://www.derbund.ch/ausland/europa/sie-behandeln-uns-wie-tiere/story/31596055

Wo gabs Widerstand?

Weltwoche angegriffen
Mitteilung zur Aktion: “Wir haben vom 8.5.19 auf den 9.5.19 das Büro der Weltwoche mit Farbe verschönert. Die Weltwoche schürt ein reaktionäres Klima. Sie sind offen frauenverachtend und fremdenfeindlich. Sie unterstützen einen ideologischen Angriff von oben, um die Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse, dieser kapitalistischen Gesellschaft aufrecht zu erhalten. Darum hat ein Vertreter dieses Hetzblattes nichts am 1. Mai, dem internationalen Kampftag der ArbeiterInnenklasse zu suchen. Alex Bauer, ein Weltwoche Journalist, erdreistete sich seit Jahren an das 1. Mai Fest zu kommen. Dieses Jahr wurde ihm klar gezeigt, dass Fratzen wie seine, nicht willkommen sind.
Frauen schlagen zurück gegen rechte Hetzer! Nach dem 1. Mai, ist vor dem 14. Juni. Frauenkampf im Klassenkampf, machen wir den Bonzen Dampf.”
https://barrikade.info/article/2257

Was war gut?

Mare Liberum siegt vor Gericht
Nachdem schon die Mare Jonio und auch die Sea-Watch mit Erfolg gegen die Blockade der Rettungsboote durch staatliche Behörden geklagt haben, hat nun auch die Mare Liberum vor dem Verwaltungsgericht in Hamburg Recht bekommen, so dass das Boot mit sofortiger Wirkung wieder auslaufen darf, um die Situation in der Ägäis zu dokumentieren. Das Bundesverkehrsministerium hatte versucht, die Beobachtungsmission der Mare Liberum im östlichen Mittelmeer mit Formalien zu sabotieren. Einen Teilerfolg hat auch die spanische NGO Pro Activa errungen: die Staatsanwaltschaft in Catania hat die Ermittlungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zwecks illegaler Einwanderung eingestellt. Die Sea-Watch 3, die gestern 65 Boat-people in der SaR-Zone retten konnte, ist noch auf der Suche nach einem Hafen, wo die Menschen an Land gehen können. Wie so oft in den letzten Monaten, weigern sich Italien und andere europäische Länder, die Migrant*innen aufzunehmen.
https://ffm-online.org/mare-liberum-siegt-vor-gericht/

Was nun?

Orell Füssli und Ex Libris entfernen Nazi-Bücher aus ihrem Sortiment, lasst uns die Augen offen behalten
Orell Füssli verkaufte bis vor kurzem das Hetz-Machwerk «Der Untermensch». Der Autor des Buches verfasste den Text während des Holocaust und war im SS-Hauptamt. Im Buch werden der Antisemitismus und die NS-Rassenlehre legitimiert. Auch die Migros Tochter Ex Libris führte bis vor kurzem Nazi-Bücher im Sortiment. Im Fall von Ex Libris wurde das Buch als «wissenschaftlicher Quelltext» verkauft. Also unkommentiert. Mit der Kennzeichnung als «Quelltext» wollte der rechtsextreme Verlag eine Legitimation erreichen, auf die Ex Libris hereingefallen sit.
Beide Buchhandlungen versprachen, ihre internen Kontrollmechanismen zu überprüfen: „So dass wir solche ernste Vorkommnisse künftig ausschliessen können“. Helft mit und meldet es uns oder den Bücherläden, falls diese rassistische Bücher verkaufen. Es ist nicht immer so, dass die Bücherläden die Bücher direkt aus dem Vertrieb ziehen. In Zürich bspw. reichte der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) eine Anzeige wegen Verstosses gegen die Rassismusstrafnorm gegen eine renitente Buchhandlung ein. Die Behörden stellten das Verfahren allerdings ein, weil momentan die gesetzlichen Grundlagen offenbar nicht ausreichen, um die Verbreitung solcher Schriften und Ideologien zu verhindern.
https://www.nau.ch/news/schweiz/orell-fussli-fuhrte-ss-buch-im-sortiment-65520534
https://www.nau.ch/news/schweiz/migros-tochter-ex-libris-entschuldigt-sich-fur-nazi-buch-im-shop-65518869
https://www.nau.ch/news/schweiz/schweizer-israelitischer-gemeindebund-das-ist-besorgniserregend-65519552

Was steht an?

Petition gegen die Ausschaffung der Familie Fetahi
https://www.petitio.ch/petitions/1b3t3?fbclid=IwAR2T5f4xF-x6pM7_rF_4RcGMKlJ00t5eBINmHNRcvhR4BR8vs_MzesAg740

Umgang mit weissen christlichen Privilegien
Samstag, 25 Mai 2019 | 14.00 – 18.00 | Sp!t, Erlenstrasse 44, 4058 Basel
https://barrikade.info/article/2248

Umgang mit weissen Privilegien
Sonntag, 26. Mai 2019 | 18:00 | Lagerweg 10, Lorraine, Bern
https://barrikade.info/event/982

Buchvorstellung Racial Profiling
Mittwoch, 29. Mai 2019 | 19:30 | Neubrückstrasse 8, Bern
https://barrikade.info/event/944

Lesens -/Hörens -/Sehenswert

Antifeminismus macht rechte Positionen gesellschaftsfähig
Antifeminismus und Anti-Gender-Rhetorik spielen bei der „Einmittung“ rechter Weltanschauungen eine zentrale Rolle. Sie machen rechte Denkweisen in der gesellschaftlichen Mitte salonfähig und ermöglichen es Teilen der Gesellschaft, nach rechts zu rücken, ohne dass es rechts aussieht.
http://www.gwi-boell.de/de/2019/05/03/antifeminismus-macht-rechte-positionen-gesellschaftsfaehig

Grenzüberwachung: Roboterforscher warnt vor EU-Drohnenprojekt Roborder
Noel Sharkey von der Kampagne gegen Killer-Roboter kritisiert das EU-Forschungsprojekt Roborder, mit dem Drohnenschwärme Grenzen sichern sollen.
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Grenzueberwachung-Roboterforscher-warnt-vor-EU-Drohnenprojekt-Roborder-4421224.html

Weisse Privilegien sichern Macht
Kontext, SRF
https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=e7a92b6f-e1b7-49e3-89fd-231dc296bc3c

Nothilfe – für ein Leben auf dem Abstellgleis
Echo der Zeit, SRF
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/nothilfe-fuer-ein-leben-auf-dem-abstellgleis?id=ee516fec-5be4-4cc3-8379-7d704acf39fb

Bericht zur Situation in den Lagern Libyens
“Der Stellvertreterkrieg in Libyen: in erster Linie ein Krieg der EU gegen Flüchtlinge und Zivilgesellschaft”
http://www.izindaba.info/39.0.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=329&cHash=530c48c97af19aab4657d6e5b4cf56de

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