Drei Fragen zum Rahmenabkommen mit der EU

Antworten von Alessandro Pelizzari, Regionalsekretär Unia Genf. 

Was steht auf dem Spiel?

Nicht weniger als der Lohnschutz der zugewanderten und ansässigen Lohnabhängigen und damit die Weiterführung der Personenfreizügigkeit. Die EU-Kommission knüpft den europäischen Marktzugang für schweizer Firmen an einen massiven Abbau der flankierenden Massnahmen, damit in- und ausländische Arbeitgeber*innen künftig die in der Schweiz aktiven Arbeitnehmenden zu Dumpinglöhnen ausbeuten können. Die Gewerkschaften sind logischerweise auf Frontalopposition zum Rahmenabkommen gegangen.

Wie ist das Abkommen aus antirassistischer Sicht zu kritisieren?

Wer den Lohnschutz derart attackiert, prekarisiert in erster Linie die Arbeitsbedingungen der rund 240‘000 Kurzaufenthalter*innen in der Schweiz, aber auch aller anderen Arbeitnehmenden, die in besonders gefährdeten Branchen einer verschärften Arbeitsmarktkonkurrenz ausgesetzt sind. Für jede Dezimalstelle, um die die Löhne wegen des Rahmenabkommens sinken werden, gewinnt die SVP einen Prozentpunkt mehr bei der anstehenden Initiative gegen die Personenfreizügigkeit. Denn wie immer wird sie nicht die Arbeitgeber*innen, sondern die Migrant*innen zu den Sündenböcken für den Lohndruck machen.

Wie können Antirassist*innen auf diese Probleme reagieren?

Indem sie sich einerseits in der Debatte um die Personenfreizügigkeit klar gegenüber der sozialchauvinistischen Vereinnahmung durch die Rechten abgrenzen, die sich im Namen des „Inländervorrangs“ ebenfalls gegen das Rahmenabkommen stellen. Und andererseits, indem sie auch deutlich dem Druck gegenhalten, der fordert, im Namen „Europas“ das Rahmenabkommen anzunehmen und damit die Rechte der Arbeitnehmenden zugunsten des Marktzugangs schweizer Firmen und Banken zu opfern. Und natürlich indem nicht vergessen geht, dass Migrationspolitik immer auch Klassenpolitik ist, bei der es in erster Linie darum geht, Gruppen auf dem Arbeitsmarkt gegeneinander auszuspielen, um die Lohnkosten zu senken. Die Antwort darauf kann nur die gemeinsame Organisierung der Lohnabhängigen über die Grenzen hinweg sein, so wie wir das in unseren gewerkschaftlichen Aktionen und Streiks immer wieder versuchen.