Medienspiegel 14. Februar 2019

+++BERN
Neustrukturierung des Asyl- und Flüchtlingsbereichs im Kanton Bern : Vorlage zum neuen Gesetz über die Sozialhilfe im Asyl- und Flüchtlingsbereich geht an den Grossen Rat
Der Regierungsrat hat zwei Gesetze zur Neustrukturierung des Asyl- und Flüchtlingsbereichs im Kanton Bern zuhanden des Grossen Rates verabschiedet. Damit wechselt die Zuständigkeit für den Asylsozialhilfebereich von der Polizei- und Militärdirektion (POM) zur Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF). Die beiden Gesetze sollen in der Sommersession 2019 in erster Lesung beraten werden.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.html/portal/de/meldungen/mm/2019/02/20190214_1111_vorlage_zum_neuengesetzueberdiesozialhilfeimasyl-undfluechtlings?cq_ck=1550139754247
-> https://www.derbund.ch/bern/kanton/Schnegg-soll-fuer-alle-Belange-der-Asyl-und-Sozialhilfe-zustaendig-sein/story/11828413
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/asyl-und-fluechtlingsszoialhilfe-beim-kuenftig-in-einer-hand/story/11566659

+++AARGAU
Endlich nicht mehr warten: Diese Tibeterin darf nach langem Kampf in der Schweiz bleiben
Härtefall – Choeying Dekyitsang hat die Aufenthaltsbewilligung erhalten. Zum ersten Mal seit über fünf Jahren in der Schweiz kann die Tibeterin Zukunftspläne schmieden.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/endlich-nicht-mehr-warten-diese-tibeterin-darf-nach-langem-kampf-in-der-schweiz-bleiben-134084085

+++ZUG
Schule wegen Integrationsmassnahme in der Kritik – Polemik gegen Kulturvermittler in Baar
Informationen in acht Sprachen bieten die Baarer Schulen an einer Orientierungsveranstaltung für Eltern an, darunter auch Tigrinisch und Arabisch. Das ärgert den Baarer SVP-Kantonsrat Beni Riedi. Dies sei kontraproduktiv für die Integration, findet er. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht.
https://www.zentralplus.ch/de/news/politik/5587527/Polemik-gegen-Kulturvermittler-in-Baar.htm

+++GRIECHENLAND
Auf Lesbos leben über 5.000 Flüchtende unter menschenunwürdigen Bedingungen – und die EU schaut weg
Moria: ein EU-Hotspot, der Menschen leiden lässt
https://www.editionf.com/Lesbos-Moria-Griechenland-Hotspot-Fluechtlinge-Aerzte-ohne-Grenzen-Luise-Amtsberg-

+++ITALIEN
Italien: Schutz aus humanitären Gründen so gut wie abgeschafft
Nur vier Monate nach Inkrafttreten des ‚Salvini-Dekrets‘ ist der Schutz aus humanitären Gründen, durch den die meisten Migrant*innen in Italien bisher eine Aufenthaltsbewilligung erhalten haben, so gut wie abgeschafft. Dies belegt eine Untersuchung des ISPI. Im Januar 2019 haben nur noch 2% der Antragstellenden humanitären Schutz erhalten, ein Jahr zuvor waren es noch 25%. Dadurch ist die Zahl der illegalisierten Einwanderer auf italienischem Territorium in die Höhe geschnellt. Bis 2020 könnte deren Anzahl um 140.000 steigen und die Rekordmarke von 750.000 erreichen.
https://ffm-online.org/italien-schutz-aus-humanitaeren-gruenden-so-gut-wie-abgeschafft/

+++MITTELMEER
Sea-Watch 3 ist kein schwimmendes Hotel
Niederländische Behörden nutzen die Sicherheit Geflüchteter als Argument, um sie ertrinken zu lassen
Um eines der letzten verbliebenen Rettungsschiffe im Mittelmeer auszuschalten, wenden die europäischen Regierungen zweierlei Maßstäbe an. Die niederländischen Behörden führen heute eine Inspektion der Eignung der Sea-Watch 3 durch, gerettete Menschen für längere Zeiträume aufzunehmen, obwohl ihre eigenen Rettungsschiffe diese unangemessene Forderung aus gutem Grund nicht erfüllen: Das Seerecht besagt eindeutig, dass gerettete Menschen so schnell wie möglich an einen sicheren Ort gebracht werden müssen. Es sind die europäischen Regierungen selbst, die immer wieder unannehmbar lange Wartezeiten für das Ausschiffen geretteter Menschen herbeigeführt haben. Es ist mehr als zynisch, die Sicherheit geretteter Personen als Argument zu benutzen, um ihre Rettung zu behindern.
https://sea-watch.org/sea-watch-3-ist-kein-schwimmendes-hotel/

+++FREIRÄUME
derbund.ch 14.02.2019

Neuer Ärger wegen Lärm

Gegen die Zwischennutzung auf der Schützenmatte in der Stadt Bern sind drei Einsprachen von achtzehn Parteien eingereicht worden.

Bernhard Ott

Der Fondue-Countdown in einem der Zelte auf der Schützenmatte läuft noch bis zum 23. Februar. Aber der Countdown für Einsprachen gegen die Zwischennutzung war einigen Anwohnerinnen und Anwohnern wichtiger: Laut Statthalter Christoph Lerch (SP) haben achtzehn Parteien drei Einsprachen gegen die Belebung des Platzes eingereicht. Dabei geht es laut Lerch «vor allem um Lärm, zudem Zonenkonformität, Ortsbild, Verkehrsproblematik usw.».

Die Zwischennutzung auf der Schützenmatte ist politisch gewollt: Im letzten Herbst hatte der Berner Stadtrat einen Kredit von insgesamt 450’000 Franken für einen dreijährigen Ganzjahresbetrieb bis Ende 2021 genehmigt.

Lob vom Leist

Beim Betreiberverein Platzkultur hatte man gestern noch keine Kenntnis von den Einsprachen. Christoph Ris und Kevin Liechti hielten auf Anfrage fest, dass sie seit letztem Oktober «zahlreiche Veranstaltungen» im Zelt durchgeführt hätten. Dabei seien sie stets darauf bedacht gewesen, «diese einerseits für die Anwohnerschaft verträglich zu gestalten und andererseits dem breit abgestützten Wunsch nach Belebung der Schützenmatte gerecht zu werden». Ris und Liechti hoffen, dass die Einsprachen bereinigt werden können.

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen ist zu vermuten, dass die Einsprechenden aus dem Altenberg stammen. Schliesslich haben jüngst über siebzig Anwohner des Quartiers den geplanten Jugendtreff an der Nägeligasse mit Lärmklagen blockiert. Bei der Zwischennutzung auf der Schützenmatte gehört der Altenberg-Rabbental-Leist allerdings nicht zu den Einsprechern.

Präsident Hans-Jürg Klopfstein hat auf Anfrage sogar lobende Worte übrig. «Die aktuellen Aktivitäten auf der Schützenmatte haben die Gesamtsituation eher beruhigt.» Die Anzahl der lärmträchtigen Konzerte auf dem Vorplatz der Reitschule sei jedenfalls zurückgegangen, sagt Klopfstein.

Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) hält auf Anfrage fest, dass es im Vorfeld der Zwischennutzung keine Absprachen mit potenziellen Einsprechenden gegeben habe, da deren Kreis «schwer zu bestimmen ist». Hingegen würden seit der Betriebsaufnahme regelmässig Gespräche mit «interessierten Anwohnerinnen und Anwohnern» geführt.

Mittagsruhe einhalten

Ein Tweet des jungfreisinnigen Stadtrats Tom Berger offenbarte gestern einen Einblick in die Auflagen der Betriebsbewilligung. Diese zeugen von einer gewissen Strenge. So wird Rücksichtnahme auf die Nachbarn «insbesondere während der Mittagsruhe von 12 bis 13.30 Uhr» verlangt.

Zudem erwähnt Berger auf Anfrage eine weitere Bestimmung, wonach Konzerte mit einer Lautstärke von über 75 Dezibel bloss einmal pro Monat möglich sind – und zwar wochentags bis 22 Uhr und an Wochenenden bis 23 Uhr.

Laut Berger basieren diese Bestimmungen auf einer städtischen Verordnung aus dem Jahre 1961, zu deren Abschaffung ein interfraktioneller Vorstoss hängig ist. «Sogar ein Kinderchor ist lauter als 75 Dezibel – wenn er nicht vom ohnehin lauten Verkehr auf der Schützenmatte übertönt wird.»
(https://www.derbund.ch/bern/stadt/neuer-aerger-wegen-laerm/story/31294175)

+++JUSTIZ
Gambischer Ex-Minister Sonko blitzt mit Foltervorwürfen gegen Schweizer Behörden ab
Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen den ehemaligen gambischen Innenminister Ousman Sonko wegen Verdachts auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Nun wird bekannt: Sonko drehte den Spiess um und warf den ermittelnden Behörden Folter und Amtsmissbrauch vor – ohne Erfolg.
https://www.nzz.ch/schweiz/ousman-sonko-blitzt-mit-foltervorwuerfen-gegen-die-schweiz-ab-ld.1459583
-> https://www.derbund.ch/schweiz/standard/sonko-erhebt-foltervorwuerfe-gegenueber-der-schweiz/story/23404733
-> https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Sonko-klagte-Schweizer-Behoerden-wegen-Folter-an-26887016
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/ousman-sonko-erhebt-foltervorwurfe-gegenuber-schweizer-behorden-65483934
-> https://www.strafprozess.ch/folterverdacht-in-gambia-nicht-aber-in-der-schweiz/
-> Bundesgerichts-Beschluss: https://bstger.weblaw.ch/cache/pub/cache.faces?file=20190115_BB_2018_171.htm&ul=de

+++SICHERHEIT
Mord mit einer Armeepistole – Armee hat Waffe nicht eingezogen – das hat Konsequenzen
Getötet mit einer Waffe, die die hätte eingezogen werden sollen: Wer bezahlt nun die Renten der Angehörigen?
https://www.srf.ch/news/schweiz/mord-mit-einer-armeepistole-armee-hat-waffe-nicht-eingezogen-das-hat-konsequenzen
-> https://www.derbund.ch/schweiz/standard/dienstpistole-als-mordwaffe-armee-verschlampte-einziehung/story/13030413
-> https://www.bernerzeitung.ch/schweiz/standard/dienstpistole-als-mordwaffe-armee-verschlampte-einziehung/story/13030413
-> https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Armee-verschlampte-Dienstwaffen-Einzug-13409235
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=443521f3-6b0d-4a2b-be3c-e0b7383ed2c5
-> https://www.nzz.ch/schweiz/dienstwaffe-wird-mordwaffe-armee-haette-pistole-einziehen-muessen-ld.1459836
-> 10vor10: https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=2dbb019f-37f3-4c5e-891b-7fa845cae8a8
-> Medienmitteilung Bundesverwaltungsgericht: https://www.bvger.ch/bvger/de/home/medien/medienmitteilungen-2019/armee-haette-dienstwaffe-einziehen-muessen.html

Kredit für Sicherheit im Rathaus
Für den Sicherheitsdienst im Rathaus Bern hat der Regierungsrat für die Jahre 2019 bis 2023 ein jährliches Kostendach von 145‘000 Franken bewilligt. Während der Sessionen des Grossen Rates sowie während der übrigen Veranstaltungen wird jeweils Sicherheitspersonal eingesetzt. Die Kosten für die Sessionen übernimmt die Staatskanzlei, für die übrigen Anlässe werden sie den Veranstalterinnen und Veranstaltern verrechnet.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.mm.html/portal/de/meldungen/mm/2019/02/20190213_1352_kurzinformation_ausdemregierungsrat#portalnavrrcsubeleme_680738473

+++KNAST
«Insassen nehmen täglich Drogen»
In der offenen Strafanstalt Witzwil soll im grossen Stil mit Drogen gehandelt werden. Auch sonst hätten die Häftlinge sehr viele Freiheiten. Die Verantwortlichen widersprechen vehement.
https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Ex-Haeftling-kritisiert-Zustaende-in-JVA-28586293

Eine Thurgauerin wacht über
das Frauengefängnis Hindelbank
Sie war Lehrerin, Pfarrerin und Sozialarbeiterin – seit 2011 ist Annette Keller Direktorin der einzigen Justizvollzugsanstalt für Frauen in der deutschsprachigen Schweiz, im bernischen Hindelbank. Die 58-jährige Thurgauer Gefängnis-Chefin im Interview.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/eine-thurgauerin-wacht-ueber-das-frauengefaengnis-hindelbank-ld.1093302

+++POLIZEI BS
GPK-Bericht – Tesla-Beschaffung der Basler Polizei verstiess gegen alle Regeln
Die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats erhebe schwere Vorwürfe. Das Basler Polizeidepartement habe Vorschriften für die Beschaffung einfach in den Wind geschlagen, nur um Tesla-Polizeifahrzeuge anschaffen zu können.
https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/gpk-bericht-tesla-beschaffung-der-basler-polizei-verstiess-gegen-alle-regeln
-> https://www.basellandschaftlichezeitung.ch/basel/basel-stadt/begeisterung-reichte-bis-zum-sicherheitsdirektor-polizei-beschaffte-die-teslas-unrechtmaessig-134086616
-> https://bazonline.ch/basel/stadt/beschaffung-der-polizeiteslas-war-willkuerlich/story/22445447
-> https://bazonline.ch/basel/stadt/wegen-sieben-elektroautos-trete-ich-nicht-zurueck/story/16010811
-> https://bazonline.ch/basel/stadt/vorgehen-mehr-als-verwirrend/story/31143497
-> https://telebasel.ch/2019/02/14/duerr-schlampte-bewusst-bei-tesla-beschaffung/?utm_source=lead&utm_medium=carousel&utm_campaign=pos%200
-> https://telebasel.ch/2019/02/14/die-ganze-dokumentation-des-prozesses-ist-ungenuegend/?utm_source=lead&utm_medium=grid&utm_campaign=pos%200
-> http://www.onlinereports.ch/News.117+M553c1a5331f.0.html
-> https://www.20min.ch/schweiz/basel/story/Polizei-Tesla-Beschaffung-war-widerrechtlich-28650111
-> https://www.nzz.ch/schweiz/tesla-beschaffung-der-basler-polizei-gpk-macht-schwere-vorwuerfe-ld.1459787
-> https://primenews.ch/articles/2019/02/polizei-teslas-vernichtende-kritik-baschi-duerr
-> https://www.watson.ch/schweiz/basel/382137628-basler-polizei-beschaffte-die-teslas-unrechtmaessig
-> https://www.derbund.ch/schweiz/standard/beschaffung-der-polizeiteslas-war-willkuerlich/story/22445447
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/basler-polizei-bekommt-ruffel-fur-tesla-beschaffung-65483931
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/basel/unrechtmaessigen-kaufentscheid-basler-gpk-rueffelt-departement-fuer-polizei-tesla-beschaffung-id15168818.html
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=7a6fb489-f8c1-4e37-84e3-504bc25031d6&startTime=1320.981
-> https://www.bs.ch/nm/2019-gpk-rechtliche-vorgaben-bei-der-beschaffung-von-alarmpikett-fahrzeugen-tesla-nicht-eingehalten-gr.html
-> GPK-Bericht: http://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/100389/000000389176.pdf?t=155013840620190214110006

+++POLIZEI SG
Gewalt gegen Polizei: Reality-Trainings mit Schauspielern
Untersuchungen zeigen, dass Polizistinnen und Polizisten zunehmend verbaler aber auch physischer Gewalt ausgesetzt sind. In einem Vorstoss aus dem St.Galler Kantonsrat wird nach Massnahmen gefragt. Die Regierung erklärt, wie in der Ausbildung darauf reagiert wird.
https://www.toponline.ch/news/stgallen/detail/news/gewalt-gegen-polizei-reality-trainings-mit-schauspielern-00105472/
-> https://www.ratsinfo.sg.ch/content/ris/home/mitglieder/mitglieder-nach-alphabet.geschaeftdetail.html?geschaeftid=B01C03FF-BBF6-4C9C-8DD7-2240CD057537&ziel=1

+++POLIZEI DE
Rechtsextreme bei der Polizei? Dein Feind und Helfer
Die Frankfurter Polizei hat kürzlich mehrere Beamte vom Dienst suspendiert, weil sie in einer Chatgruppe rassistische Bilder und Texte ausgetauscht haben sollen. Experten diskutieren darüber, wie Kollegen, Politiker und Ausbilder mit rechten Tendenzen in der Polizei umgehen sollen.
https://www.deutschlandfunk.de/rechtsextreme-bei-der-polizei-dein-feind-und-helfer.862.de.html?dram:article_id=440930

+++POLICE FRA
Prügelnde Polizisten
Viele Gelbwesten demonstrieren erstmals. Polizeiliche und juristische Repressionen gegen sie folgen einer Strategie der Einschüchterung.
http://taz.de/Aus-Le-Monde-diplomatique/!5573112/

+++ANTIFA
(Ein PNOS-Freund…)
Rechtsextremer Kampfsportler: Der Neonazi-Krieger
Denis Nikitin ist eine Führungsfigur der rechtsextremen Kampfsportszene. SPIEGEL-Recherchen zeigen: Der Hooligan strickt seine eigene Legende – und ist offenbar in kriminelle Geschäfte in Osteuropa verwickelt.
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/rechtsextremer-kampfsportler-der-neonazi-krieger-aus-moskau-a-1253163.html

bernerzeitung.ch 14.02.2019

Hakenkreuze auf dem Land

Köniz – In Niederscherli und Mittelhäusern wurden Hakenkreuze gesprayt. Gemeinde und Schule setzen auf Rassismusprävention.

Jürg Steiner

Sprayereien radikalen politischen Inhalts sind entlang der ­S-Bahn-Strecke zwischen Köniz und Schwarzenburg seit Jahren gang und gäbe. Häufig sind es heftige Parolen gegen Staat und Polizei, die das ländliche Gebiet als sonst eher in urbanen Zonen geläufige linksautonome Kampfzone markieren. Das Ortsschild von Schwarzenburg etwa ist seit einiger Zeit mit der Bezeichnung «Fascho-Land» übermalt. Eine unmissverständliche Ansage.

Vor wenigen Wochen erfuhr der politische Kampf per Spraydose eine Zuspitzung. Im Dorf Mittelhäusern, das noch zur Gemeinde Köniz gehört, prangte am Bauernhof der Familie von Hans Moser eines Morgens ein rotgespraytes Hakenkreuz, das Kampfsymbol der Nationalsozialisten, das für Hitlers faschistisches Regime und den Massenmord an den Juden steht.

Gleich daneben am Mittelhäuserner Bauernhof fand sich ein eingekreistes A, das Anarchiezeichen der extremen Linken. Der Bauernhof liegt abseits der Strasse ennet den S-Bahn-Geleisen – schwer vorstellbar, dass er nicht bewusst als Ziel der Sprayerei ausgesucht wurde.

Belastende Ungewissheit

Hans Moser, Vizepräsident der SVP Köniz und Präsident des Ortsvereins Mittelhäusern, zeigt sich auf Anfrage «traurig darüber, dass man so völlig ohne Anstand miteinander umgeht». Abgesehen davon, dass die Verwendung dieses Symbols inakzeptabel sei, beschäftige seine Familie vor allem die Ungewissheit, warum sie Ziel einer solchen Attacke geworden sei.

Selbstverständlich aber stelle er sich dem Thema: «Wir sind als Familie offen und bereit, über alles zu reden», sagt Moser, «ich würde mir wünschen, mich mit den Urhebern der Sprayerei zu treffen und die Sache bei einer Arbeit auf unserem Hof auszudiskutieren.»

In der Zwischenzeit wurde in Mittelhäusern auch noch ein Auto mit einem Hakenkreuz besprayt. Der Halter wie auch Moser haben Anzeige erstattet.

Das Zeigen eines Hakenkreuzes ist in der Schweiz grundsätzlich nicht strafbar, solange es ein privates Bekenntnis ist. Unter der Anti-Rassismus-Norm strafbar wäre es, wenn damit öffentlich Werbung für die diskriminierende Ideologie gemacht würde.

Was mit einer Hakenkreuzsprayerei passiert, ist nicht von vornherein klar – sofern die Urheber überhaupt gefunden werden. Trotzdem hält Dominic Pugatsch, Geschäftsführer der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) in Zürich, die seit 1992 eine Chronologie rassistischer und antisemitischer Übergriffe in der Schweiz führt, den Vorfall in Mittelhäusern für bemerkenswert.

Rassismus im Alltag

Dass gleich neben dem Hakenkreuz ein Anarcho-A erscheint, könne darauf hindeuten, dass es gesprayt wurde, um jemanden anzuschwärzen, sagt Pugatsch. Das wäre eine Art neue Eskalationsstufe. Pugatsch warnt aber auch davor, weitreichende Rückschlüsse zu ziehen, ohne die Hintergründe genau zu kennen.

Wichtiger scheint ihm, das Hakenkreuz von Mittelhäusern als weiteren Beleg für «eine fortschreitende Banalisierung einer harten, rassistischen Zeichensprache» zu sehen. Man greife heute wieder leichtfertiger zurück auf diskriminierende Ausdrucksweisen, um aufzufallen und sich möglichst extrem zu positionieren. Der historische Zusammenhang werde dabei «nicht hergestellt oder schlicht ausgeblendet», sagt Pugatsch.

Er diagnostiziert auch eine «klare Zunahme des Alltagsrassismus», an Schulen zum Beispiel, wo rassistische Neckereien plötzlich salonfähig würden, Dunkelhäutige auf einmal offen rassistisch angesprochen würden und man angepflaumt werde, wenn man in der Pause mit ausländischen Mitschülern unterwegs sei.

In Niederscherli, dem Nachbardorf von Mittelhäusern, haben sich kürzlich Eltern in einem Brief besorgt «über offenen Rassismus, Nazisymbolik und rassistische Sprache» unter Schülerinnen und Schülern an die Schulleitung der Oberstufe gewandt und präventive Massnahmen gefordert.

Hakenkreuz im Schnee

In den letzten Jahren war das Schulhaus Niederscherli oft Ziel antifaschistischer Sprayereien. Jetzt tauchen andere Symbole auf. Einer der von den Eltern aufgelisteten Vorfälle: Vor Weihnachten sei ein grosses Hakenkreuz auf dem Sportplatz in den Schnee gestampft worden, daneben die Zahl 88 für «Heil Hitler».

Für Sam Meyer, Co-Leiter der Schule Sternenberg, zu der auch die Standorte Mittelhäusern und Niederscherli zählen, ist mit der Verwendung des Hakenkreuzes «die Toleranzgrenze ganz klar überschritten», wie er festhält. Die Schule müsse sich des Themas aktiv annehmen.

Zum einen gehe es darum, im Unterricht den historischen Hintergrund von Symbolen wie dem Hakenkreuz unmissverständlich zu vermitteln. Zum anderen halte er es für wichtig, in der Schule geschützte Kanäle zu schaffen, in denen Ansichten, auch wenn sie extrem seien, diskutiert und reflektiert werden könnten. Meyer sieht im wieder häufigeren Auftauchen von Nazisymbolen auch eine Reaktion auf die Ausweitung der Toleranzgrenze. Provokationen gingen oft so weit, so Meyer, bis eine Reaktion komme.

Zivilcourage gefragt

Eine Reaktion kommt auch aus der Politik. «Hakenkreuze, egal, ob sie aus Unwissenheit oder aus bestimmten Motiven gesprayt wurden, sind ein absolutes No-go», sagt Hans-Peter Kohler (FDP), für Bildung und Soziales zuständiger Könizer Gemeinderat. Dass Schulleiter Meyer nun dem Thema Rassismus Priorität einräumt, hält Kohler für «richtig und wichtig».

Das Thema müsse sorgfältig, überlegt und unvoreingenommen angegangen werden. Noch diese Woche finde eine Koordinationssitzung statt, an der neben Schulleitung und Schulsozialarbeit auch die Fachstelle Prävention der Gemeinde Köniz teilnehme. Unabhängig von den jüngsten Vorfällen, sagt Kohler, überprüfe Köniz ihr Präventionskonzept. Klar sei für ihn, dass Rassismus und Diskriminierung hier auch dazugehörten.

Zunehmende Nazi-Symbolik

An der Koordinationssitzung in Köniz dabei ist Giorgio Andreoli, Projektleiter der Informations- und Beratungsstelle Gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus, die von den Gemeinden im Raum Bern und Burgdorf getragen wird. Andreoli hält auf Anfrage fest, dass in den letzten Jahren die Verwendung von Nazi-Symbolik nicht sprunghaft, aber spürbar zunehme.

Es sei deshalb sicher richtig, dass die Gemeinde nun eine Auslegeordnung vornehme. Danach müsse man aber auch handeln und bereit sein, Auseinandersetzungen zu führen. Die Erfahrung zeige, dass die Stärkung der Zivilcourage ein wichtiges Instrument im Umgang mit Rassismusproblemen sei.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/hakenkreuze-auf-dem-land/story/12171605)

+++PATRIARCHAT
«Frauen werden als Fussballfans oftmals nicht wahrgenommen»
Sie gelten als Exotinnen in der Fussballwelt: die weiblichen Fans. Dabei wollten sie vor allem als selbstverständlich wahrgenommen werden, sagt Antje Grabenhorst.
https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/bellevue/frauen-werden-als-fussballfans-oftmals-nicht-wahrgenommen/story/30175029

+++HISTORY
Die vergessenen Schweizer Holocaust-Opfer – Echo der Zeit
Während der Zeit des Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg waren auch Schweizerinnen und Schweizer in KZ gefangen. Walter Furgler hat in Dachau das Grauen gesehen.
Seine Geschichte und das Gespräch mit Historiker Jacques Picard, der eine Aufarbeitung der Geschehen und Anerkennung der Schweizer Opfer fordert.
https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=4d5a6d42-b87d-4a21-8679-7a04bdb53bfc