+++SOLOTHURN
«Die unwürdige Nothilfe muss abgeschafft werden» – RaBe-Info 08.02.2019 (ab 04:23)
Die Menschenrechtsorganisationen Solidarité sans frontières und IGA SOS Racisme fordern, das Nothilfe-Regime des Bundes abzuschaffen. Die Lebensbedingungen von Asylsuchenden mit Nothilfe seien vielerorts unerträglich. Sie haben das Zentrum Oberbuchsiten in Solothurn unter die Lupe genommen: Der Zustand der Wohnungen ist zum Teil sehr schlecht. Asylsuchende haben nur wenig Privatsphäre, weil sie auf engstem Raum zusammen leben müssen. Die medizinische Unterstützung ist vielfach mangelhaft.
https://rabe.ch/2019/02/08/minenraeumung-mit-drohnen/
+++FRANKREICH
20-jähriger Migrant tot aufgefunden an der italienisch-französischen Grenze
Bei dem Versuch, die italienisch-französische Grenze in den Alpen zu überqueren, ist ein etwa 20-jähriger Migrant ums Leben gekommen. Laut Zeugen wurde der Junge bewusstlos am Straßenrand von einem Lastwagenfahrer gefunden und mit schweren Unterkühlungen in ein Krankenhaus nach Briançon gebracht, konnte aber nicht mehr gerettet werden. Er ist in diesem Jahr der erste Migrant, der bei der Alpenüberquerung vom Schnee begraben wurde. 2018 wurden drei Leichen von Migranten an der italienisch-französischen Grenze Val de Susa gefunden.
https://ffm-online.org/20-jaehriger-migrant-tot-aufgefunden-an-der-italienisch-franzoesischen-grenze/
+++ITALIEN
Tutoren für Flüchtlinge in Italien
Während der letzten drei Jahre sind in Italien mehr als 45.000 elternlose Minderjährige gestrandet, die meisten von ihnen sind in Heimen untergebracht. Ein Gesetz aus Zeiten der sozialdemokratischen Vorgängerregierung soll helfen, diesen Kindern einen freiwilligen Tutor zu vermitteln. Entstanden ist die Idee in Palermo, der Stadt, die Symbol eines offenen Italiens geworden ist.
https://www.arte.tv/de/videos/087774-000-A/tutoren-fuer-fluechtlinge-in-italien/
+++MITTELMEER
Italien: Geschlossene Häfen? Auch ohne Rettung kommen die Migranten – unkontrolliert
Die Politik der geschlossenen Häfen verhindert nicht, dass Migranten trotzdem nach Italien kommen. In italienischen Zeitungen werden sie ‚Geisterlandungen‘ genannt: kleine schnelle Schlauchboote mit Außenbordmotor oder Glasfaserboote mit jeweils 10-15 Personen. Innerhalb weniger Stunden erreichen sie von der Maghreb-Küste Sizilien. Die Migranten landen, steigen aus und hinterlassen die Reste des Bootes an der Küste – ohne Hilfe von NGOs. Einige werden auf dem Festland festgenommen, aber viele betreten italienischen Boden, ohne eine Spur zu hinterlassen.
https://ffm-online.org/italien-geschlossene-haefen-auch-ohne-rettung-kommen-die-migranten-unkontrolliert/
Spanien: 103 Migrant*innen gerettet, 55 davon minderjährig
Die Anlandungen von Migrant*innen an Spaniens Küste gehen weiter: mindestens 103 Boat-people, darunter 7 Frauen und 55 Minderjährige, sind in den letzten 24 Stunden in der Straße von Gibraltar von Seenotrettungsdiensten gerettet worden. Die Migrant*innen waren mit vier Booten unterwegs. Insgesamt landeten allein im Januar mindestens 4.104 Migranten an der spanischen Küste, ein Anstieg von mehr als 200% gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres.
https://ffm-online.org/spanien-103-migrantinnen-gerettet-55-davon-minderjaehrig/
I don’t Need to Be on the News, I Need to Be Rescued
Alarm Phone 6 Week Report – 24 December 2018 – 3 February 2019
+++ 207 counted fatalities in the Mediterranean this year +++ Record sea arrivals in the western region +++ Libyan abductions at high sea +++ Resistance of civil society and mayors in Italy +++ Developments in all three Mediterranean regions +++ Summaries of 39 Alarm Phone distress cases +++
https://alarmphone.org/en/2019/02/07/alarm-phone-i-dont-need-to-be-in-the-news
+++ERITREA
Armin Köhli: Hoffnung und Desillusion in Eritrea
Die Politik und die Menschenrechte in Eritrea führen immer wieder zu Diskussionen, wie schlimm die Lage dort sei. Nun keimt nach dem Frieden mit dem Nachbarn Äthiopien erstmals Hoffnung auf Veränderungen auf. Armin Köhli hat Eritrea bereist und ist Gast im «Tagesgespräch».
https://www.srf.ch/sendungen/tagesgespraech/armin-koehli-hoffnung-und-desillusion-in-eritrea
+++GASSE
Offene Fragen um mysteriöse Hundeattacke
Nach der Hundeattacke im Marzili zeigt ein Augenschein: Das Rudel der Stadtnomaden ist eingezäunt – trotzdem laufen viele Hunde auf dem Gaswerkareal frei herum.
https://www.derbund.ch/bern/stadt/offene-fragen-um-mysterioese-hundeattacke/story/11616375
(siehe auch Medienspiegel 6.2.2019 unter „Gasse“: https://antira.org/2019/02/07/medienspiegel-6-februar-2019/)
+++DEMO/AKTI0N/REPRESSION
Afrin Soliparty
Diesen Freitag (8.2) findet im Dachstock der Reitschule Bern eine Techno Soliparty statt, um Geld für die Bussen und Verfahrenskosten der gekesselten Afrin Demo vom April 2018 zu sammeln. Was damals geschah, wird im Folgenden beschrieben.
https://barrikade.info/Afrin-Soliparty-1857
+++KNAST
Arbeiten im Gefängnis zählt nicht als Arbeit
Wer im Gefängnis einer Arbeit nachgeht, muss keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung einzahlen. Entsprechend wird eine Arbeitstätigkeit in Haft später beim Anspruch auf Arbeitslosengeld auch nicht berücksichtigt. Dies hält das Bundesgericht fest.
https://www.nzz.ch/schweiz/arbeiten-im-gefaengnis-zaehlt-nicht-ld.1458306
-> Bundesgerichts-Urteil: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://22-01-2019-8C_405-2018&lang=de&zoom=&type=show_document
Wenn Strafgefangene Kunst machen
Kunsthandwerk hilft Strafgefangenen bei der Resozialisierung. Weshalb das so ist, erklärt Melanie Wegel*, Dozentin an der ZHAW Soziale Arbeit im Gespräch mit Stefan Müller.
http://www.pszeitung.ch/wenn-strafgefangene-kunst-machen/#top
+++POLICE BE
Eine Drohung und viel Kritik «zwischen den Zeilen»
Die Berner Kantonsregierung behauptet, das Verhältnis zwischen rot-grüner Bundesstadt und ihrem SP-Regierungsstatthalter sei angespannt. Stimmt das?
https://www.derbund.ch/bern/stadt/eine-drohung-und-viel-kritik-zwischen-den-zeilen/story/30126008
Wurde der Statthalter von Reitschülern bedroht?
Im Zusammenhang mit einer Verfügung zur Reitschule wurde Regierungsstatthalter Christoph Lerch offenbar bedroht. Das geht aus einer Antwort des Regierungsrates hervor.
https://www.bernerzeitung.ch/31111021
-> https://www.fdp-be.ch/aktuell/medienmitteilungen/medienmitteilungen-detail/news/drohungen-gegen-den-statthalter
-> Regierungsratsantwort: https://www.fdp-be.ch/fileadmin/user_upload/RRB-06.02.2019-de.pdf
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https://www.facebook.com/Reitschule/posts/10156658058605660
In einer Medienmitteilung veröffentlichte die FDP Kanton Bern heute den Vorwurf des Bernischen Regierungsrates, Regierungsstatthalter Christoph Lerch sei von Personen aus dem Umfeld der Reitschule bedroht worden. Diesen Behauptungen widersprechen wir vehement.
Weder vom Regierungsstatthalteramt, noch von anderer Stelle wurden solche Vorwürfe an uns herangetragen. Wir sind daher erstaunt, dass nun derartige, ungenannte Drohungen der Reitschule zugeschrieben werden.
Dass ein solcher Vorwurf gerade zum jetztigen Zeitpunkt kommt, erstaunt uns hingegen nicht. Wir sind uns gewohnt, dass vor Abstimmungen und in Wahljahren Politik mit der Reitschule gemacht wird. Auch dass die kantonale FDP sich gerne in Belange der Stadt Bern einmischt, ist nicht neu.
Wir fordern den Regierungsrat auf, konkret darzulegen, was für Drohungen angeblich gemacht wurden, und wie er darauf kommt, dass diese aus der Reitschule stammen sollen.
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Drohungen gegen den Statthalter
Die Antwort des Regierungsrates auf eine Interpellation der FDP-Grossratsfraktion betreffend Fürsorgepflicht für die Angestellten des Polizeicorps enthält Besorgniserregendes: Offenbar wurde der Berner Regierungsstatthalter nach einer Verfügung im Zusammenhang mit der Reitschule bedroht. Zwischen den Zeilen ist zudem zu lesen, dass der Gemeinderat der Stadt Bern seine Verantwortung nicht vollumfänglich wahrnimmt.
https://www.fdp-be.ch/aktuell/medienmitteilungen/medienmitteilungen-detail/news/drohungen-gegen-den-statthalter
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Sektor 46 Langnau:
NEIN ZUM POLIZEIGESETZ IM KANTON BERN!
Dieses Wochenende stimmen wir im Kanton Bern über das neue Polizeigesetz ab. Sektor 46 sagt Nein zu diesem unverhältnismässigen Polizeigesetz! Geh‘ auch Du zur Urne und hilf dabei, totale Überwachung, Beschneidung der Meinungsäusserung und höhere Kosten für Sportveranstaltungen zu verhindern!
Sicherheitsfanatiker in der Politik haben im Kanton Bern ein neues Polizeigesetz beschlossen. Dieses ermöglicht die totale Überwachung von bestimmten Personengruppen ohne dass ein zwingender Tatverdacht vorliegen muss. Ebenfalls will das Gesetz die Versammlungsfreiheit einschränken und so auch die Rechte von uns Fans beschneiden. Dagegen setzen wir uns Fans zur Wehr.
Gemeinsam mit verschiedenen Organisationen, Parteien und Fanclubs wurde das Referendum ergriffen. Auch Sektor 46 hat sich an der erfolgreichen Unterschriftensammlung beteiligt.
Es gehört schon fast einer Tradition an, dass laufend und auch über kantonale und nationale Grenzen hinweg neue Polizeigesetze ausgearbeitet werden, die in ihrem Inhalt eher an längst vergangene Überwachungsstaaten und Diktaturen erinnern als an scheinbar fortschrittliche Demokratien. Denn egal ob in Bern, Luzern oder in Deutschland: Überall werden vermeintlich notwendige Gesetzesanpassungen dazu missbraucht, demokratische Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit und das Recht auf Schutz der eigenen Privatsphäre zu beschneiden. Im Kanton Bern will man beispielsweise mit dem neuen Polizeigesetz die totale Überwachung von Personen und Personengruppen ermöglichen. Dabei braucht es nicht mehr einen zwingenden Tatverdacht. Mit dem neuen Polizeigesetz könnte also jede Person im Kanton Bern Opfer staatlicher Überwachung werden und so einen massiven Verlust der eigenen – verfassungsmässig geschützten – Privatsphäre erleiden. Besonders im Zusammenhang mit Fussball- und Eishockeyspielen könnte es in Zukunft so zu wesentlich mehr Überwachung kommen. Denn die staatliche Repressions- und Überwachungsmaschinerie ist bekannt dafür, dass in Sachen Sportveranstaltungen meist zu unverhältnismässigen Mitteln gegriffen wird. Grossräumige Rayonverbote, Überwachung von Handys etc. sind bereits jetzt keine Seltenheit. Entsprechend gross ist die Gefahr, dass in Zukunft noch mehr friedliche Besucherinnen und Besucher von Sportveranstaltungen von repressiven Massnahmen betroffen sein können.
Kostenüberwälzung auf Veranstalter
Doch nicht nur die totale – und unbegründete – Überwachung wird das neue Gesetz erlauben. Auch sollen Veranstalter (sowohl politisch als auch sportlich-kulturell) ein finanzielles Risiko mittragen. Wenn es beispielsweise anlässlich eines Fussball- oder Eishockeyspiels zu einem Polizeieinsatz kommt, müssten die Veranstalter bis zu CHF 100‘000 selber bezahlen. Die Befürworter argumentieren, dass schliesslich auch die Veranstalter dafür verantwortlich seien, dass potentiell gewaltsuchende Personen an einem Anlass erscheinen. Doch damit blenden die Befürworter aus, dass die Veranstalter und Veranstalterinnen bereits jetzt ihrer Verantwortung nachkommen und beispielsweise eigenes Sicherheitspersonal einsetzen. Bei Spielen unseres SCL ist zum Beispiel der Sicherheitsdienst der SCL Tigers im Einsatz und stellt so einen reibungslosen Ablauf der Eishockeyspiele sicher. Mit dem neuen Gesetz will die Politik die Veranstalter einem zusätzlichen Risiko aussetzen, das Vereine vor gravierende Probleme stellen könnte. Müsste beispielsweise unser SCL einen zusätzlichen Polizeiaufwand finanzieren, könnte dies dann – wie eben erwähnt – gut und gerne CHF 100‘000 kosten – pro Fall. Dies entspricht in Etwa den durchschnittlichen Personalkosten für eine Vollzeitstelle auf der Geschäftsstelle. Es bedarf keine weiteren ökonomischen Kenntnisse um zu erkennen, dass dies ein ungerechtfertigtes Risiko für Sportvereine darstellt. Ebenfalls wird von der Politik ausgeblendet, dass ein gewisses Risiko nie ganz wegfallen kann. Als Beispiel können hier die unzähligen Veranstaltungen im kantonal bernischen Nachtleben aufgeführt werden. Wochenende für Wochenende partizipieren wohl Tausende Personen an den zahlreichen Partys und sonstigen Veranstaltungen. Anlässlich eben dieser Partys kommt es nicht selten zu Polizeieinsätzen. Es käme wohl niemandem in den Sinn, die Veranstalter der Parts zu belangen, weil sich deren Gäste irgendwo ausserhalb des Veranstaltungsgeländes gesetzeswidrig verhalten.
Ein solches Prinzip darf also weder für politische- noch sportlich-kulturelle Veranstaltungen Schule machen!
Beschneidung des politisch-kulturellen Lebens
Eine Einführung des Gesetzes hätte aber auch einen direkten Einfluss auf uns Fans. Wer beispielsweise innerhalb des Kantons Bern einen Fanmarsch organisieren will, wäre sofort mit dem finanziellen Risiko aus Polizeieinsätzen konfrontiert. Einen Marsch, wie er letzte Saison beispielsweise in Kloten durchgeführt wurde, wäre angesichts der finanziellen Risiken kaum mehr durchzuführen. Dies würde das politische und kulturelle Leben von uns Fans massiv einschränken. Denn funktionierende Fankultur lebt von dieser Art des Fan-Seins. Eine neue Gesetzgebung, die diese Art des Fan-Seins einschränken will, kann also von uns Fans keinesfalls hingenommen werden.
Prävention statt Repression
Abgesehen von den direkten Auswirkungen auf uns Fans müssen wir uns zudem die Frage stellen, ob wir in einem System der totalen Überwachung leben wollen oder ob wir weiterhin unsere Freiheiten leben und dem Schutz unserer Privatsphäre ihre verdiente Rolle beimessen wollen. Denn totale Überwachung und noch mehr Repression führt nicht automatisch zu mehr Sicherheit. Wenn dies so wäre, würden bereits jetzt keine Gesetzesverstösse auf öffentlichen und überwachten Plätzen begangen werden. Vielmehr müssen wir auf präventive Massnahmen setzen um solchen Vergehen vorzugreifen. Eine Ausweitung und Förderung des politischen und kulturellen Lebens wäre ein möglicher Ansatz. Es soll und muss ein Dialog mit den Fanszenen und sonstigen Gruppierungen stattfinden um diesen den nötigen Respekt entgegenzubringen. Ebenfalls wäre die Gewährung von mehr Freiraum für Jugendliche angesichts einem immer stärker regulierten gesellschaftlichen Leben angezeigt. Dies hätte einen wesentlich grösseren (positiven) Einfluss auf die Sicherheit rund um Sportveranstaltungen als die geforderten repressiven Massnahmen.
Deshalb NEIN ZUM POLIZEIGESETZ!
https://www.facebook.com/Sektor46Langnau/posts/296793817671790
+++POLICE FRA
Gummischrot: Die «weniger tödliche» Waffe aus Berner Produktion
Die französische Polizei schiesst mit einem Schweizer Granatwerfer auf Protestierende und hinterlässt Schwerverletzte. Die ins Zwielicht der Öffentlichkeit geratene Herstellerfirma mit Sitz in Thun hat seit neustem einen prominenten Abnehmer für ihre Produkte: die Berner Polizei.
https://www.woz.ch/1906/gummischrot/die-weniger-toedliche-waffe-aus-berner-produktion
Gummigeschoss-Werfer LBD 40 – diese Waffe spaltet Frankreich
Gegen die Demonstrationen der sogenannten Gelbwesten setzt der französische Staat Waffen ein, die die Polizei in Deutschland gar nicht besitzt. Aus gutem Grund: Offiziell werden diese Waffen als nicht-tödlich eingestuft, sie verursachen aber schwerste Verletzungen und können bei unsachgemäßer Benutzung auch töten.
https://www.stern.de/digital/technik/gummigeschoss-werfer-lbd-40—diese-waffe-spaltet-frankreich-8571480.html
+++ANTIFA
Fakes im Netz Mythos Antifa
Von gefälschten Bekennerschreiben bis Legenden von einem „Demogeld“: Im Netz kursieren zahlreiche Fakes über antifaschistische Gruppen. Angeblich unterhält „die Antifa“ sogar eigene Unternehmen.
http://faktenfinder.tagesschau.de/ausland/fakes-antifa-101.html
Nazis nicht erwünscht: Nach Vorfall von 2018 prüft der Aadorfer Fasnachtsverein die Anmeldungen für den Umzug genauer
Beim letztjährigen Fasnachtsumzug sorgte eine Gruppe mit rassistischen Botschaften für einen Eklat. Der Vorfall hatte beim Veranstalter Auswirkungen auf die Vorbereitungen für den Umzug vom Sonntag.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/frauenfeld/aadorfer-fasnachtsumzug-nazis-nicht-erwuenscht-ld.1092142
+++SOZIALES
Rentner werden zu Sozialfällen
Bürgerliche Sozialpolitiker beharren auf einer Kürzung der Ergänzungsleistungen, wenn Rentner ihr Pensionskassenkapital verbrauchen. Die Gemeinden warnen vor Sozialhilfekosten in Millionenhöhe.
https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/rentner-werden-zu-sozialfaellen/story/30496358
-> https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/diese-strafe-trifft-die-falschen/story/13023241?fbclid=IwAR10NkCtG_iIUqRNVzAuFZFncu_eh4aeM_K4vdu0ZWnwQvKIWawBw4e5KVg
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tagesanzeiger.ch 07.02.2019
Wegen Schikaniererei: Betroffene verzichten auf Sozialhilfe
Eine junge Mutter und ein Familienvater erzählen, wie sie vom Sozialamt Dübendorf gegängelt werden. Auch Politiker kritisieren die Situation.
Martin Sturzenegger
In Dübendorf weht ein eisiger Wind. An diesem Tag im Januar ist in der Peripherie zwischen Dorfzentrum und Stettbach kein Mensch zu sehen. Leere Strassenzüge, gesäumt von einfachen Wohnblocks, gebaut für Menschen der unteren Einkommensschicht. Auffällig erscheint hier einzig die Zionshalle des Missionswerks Mitternachtsruf – eine Freikirche, die von ihrem Hauptsitz in Dübendorf gerne die Endzeit in die Welt hinaus verkündet.
Etwa 200 Meter weiter sitzt Sandra Walker (Name geändert) in ihrem Wohnzimmer und betet. Nicht aus religiöser Überzeugung, sondern aus Angst um ihre Existenz. «Ich bete, dass mich das Sozialamt Dübendorf endlich in Ruhe lässt.» Die 33-Jährige fühlt sich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialamts schikaniert und um Geld betrogen. Unter anderem wirft sie dem Amt vor, ihre Anmeldung absichtlich hinausgezögert zu haben. Mehrere Gesuche habe sie seit dem November 2015 gestellt, Sozialhilfe erhielt sie jedoch erst ab Oktober 2016. Es verstrichen Monate, ohne dass Walker Geld gesehen hätte. Dies, obwohl ihre Notlage schon länger anhält.
Als «ungepflegt» hingestellt
Sie rekurrierte beim Bezirksrat Uster. Dieser hiess den Rekurs im März 2018 teilweise gut und verpflichtete Dübendorf zur Nachzahlung. «Sie schulden mir noch immer Geld», sagt Walker. Lediglich die Krankenkassenprämien und einzelne Kostenbeteiligungen übernahm das Sozialamt nachträglich. Nicht aber die verpasste monatliche Sozialhilfe, obwohl der Beschluss dies verlangt.
Stattdessen verfasste das Sozialamt tendenziöse Berichte über Walker. Nach einem Hausbesuch im November 2016 wird die zweifache Mutter als «ungepflegt» und «unglaubwürdig» beschrieben. Einiges im Bericht erwies sich als Fehlinterpretation, was die Beistandsschaft Dübendorf dazu veranlasste, das Sozialamt zu korrigieren. Der Bericht sei «abschätzig und beleidigend», schreibt die damalige Beiständin und zeichnete ein anderes, deutlich positiveres Bild ihrer Klientin. Die Gemeindeverwaltung äussert sich «aus Datenschutzgründen» nicht zu einzelnen Vorwürfen.
Nähe zu Rechtsextremen
Die Leiterin der Sozialhilfe Dübendorf sorgte schon 2015 für Negativschlagzeilen, weil sie auf Facebook Inhalte der rechtsextremen Partei NPD geteilt hatte. Mehrere Sozialhilfebezüger berichteten anschliessend öffentlich, dass sie von der Leiterin Soziales und ihren Untergebenen schikaniert worden seien. Die Gemeinde reagierte: Die Sozialhilfechefin wurde für ein paar Wochen in die Ferien geschickt, es soll eine Aussprache gegeben haben. Danach durfte sie ihre Arbeit in unveränderter Position fortsetzen. Die Gemeinde schuf für die Bevölkerung eine Ombudsstelle: 61 Fälle wurden im ersten Jahr behandelt, 44 betrafen das Sozialamt – das ist fast jede Woche ein Fall. Dennoch bilanzierte der damalige Sozialvorsteher Kurt Spillmann (SVP) nach einem Jahr lapidar: «Es war viel Lärm um nichts.»
Inzwischen ist es ruhiger geworden um das Sozialamt Dübendorf. Doch lokale Politikerinnen und Betroffene wie Walker kritisieren, dass sich die Situation nicht verbessert habe. «Die Linie auf dem Sozialamt ist die gleiche geblieben», sagt André Csillaghy, Fraktionspräsident der SP Dübendorf. Ein Problem sei die ungesunde Konzentration der Macht in Dübendorf. Stadt- und Gemeindepräsidien sowie Sozialvorstand sind alle durch SVP-Politiker besetzt. Csillaghy: «Im Sozialbereich sind die Vorgänge für Aussenstehende nicht einsehbar.» Das Sozialamt weigerte sich jahrelang, die internen Richtlinien im Umgang mit Sozialhilfebezügern offenzulegen, nicht einmal der Stadtrat hatte Einsicht. Kurz vor Publikation dieses Artikels entschied die Gemeinde, das Kompetenzhandbuch der Sozialbehörde offenzulegen – jedoch nur Mitgliedern des Stadt- und Gemeinderats.
Einen Anhaltspunkt über die Arbeit des Sozialamtes könnte die Ombudsstelle liefern. Doch eine TA-Anfrage verläuft im Leeren. Der Ombudsmann verweist auf Gemeindeschreiber Martin Kunz (SVP), weil er selbst keine Auskunft geben dürfe. Dies, obwohl eine Ombudsstelle unabhängig funktionieren sollte. Gemäss Kunz lägen derzeit noch keine aktualisierten Fallzahlen vor, es seien aber «deutlich weniger» geworden. Dass es noch immer zu Rechtsverletzungen des Dübendorfer Sozialamtes kommt, ergibt die Anfrage beim Bezirksrat Uster: Jedes Jahr gibt es mehrere Rekurse von Sozialhilfebezügern aus Dübendorf, die zumindest teilweise gutgeheissen wurden. Darunter jener von Sandra Walker.
Kürzung statt Hilfe
In ihrer Wohnung in Dübendorf ist die Stimmung angespannt. «Ich stehe kurz vor dem Kollaps», sagt die zweifache Mutter. «Finanziell, körperlich und psychisch.» Ihr dreijähriger Bub springt vergnügt durch die enge Wohnung – er wirkt relativ unbelastet. Ihr 17-jähriger Sohn ist krank und hat sich im Zimmer verschanzt, er absolviert gerade ein Integrationsprogramm. Es klingelt an der Tür, Walker zuckt zusammen: «Bestimmt der Pöstler mit dem nächsten Einschreiben.» Die Beunruhigung war umsonst. Es ist eine Kollegin, die sich um ihre Gesundheit sorgt.
Um diese ist es nicht gut bestellt. In den letzten Monaten hat die ehemalige Krebspatientin viel Gewicht verloren, derzeit wiegt sie knapp über 40 Kilogramm. Dazu kommen regelmässige Ohnmachtsanfälle. Sie traut sich deswegen nicht mehr allein aus dem Haus. Vor zwei Wochen unterzog sie sich einem Langzeit-EKG – mit Verdacht auf Herzschwäche. Die Resultate stehen noch aus. Ihr Arzt bestätigt auf Anfrage die gesundheitlichen Probleme. Er hat Walker seit über einem Jahr krankgeschrieben. Termine kann Walker gemäss eigener Aussage nur beschränkt wahrnehmen, weswegen sie einige davon verpasste und geforderte Dokumente nicht immer pünktlich ablieferte. Das Sozialamt zeigte wenig Verständnis und erteilte ihr dafür die Quittung: eine vorläufige Kürzung des Grundbedarfs. Unterschrieben wurde das Dokument von der umstrittenen Sozialhilfechefin. Walkers Schulden betragen rund 100000 Franken.
Die Sozialamtchefin fordert Walker im Schreiben auf, sich um eine Arbeit zu bemühen – trotz belegter Arbeitsunfähigkeit.
«Gefangener» Dübendorfs
Andere verzichten aus Frust freiwillig auf die Hilfe des Sozialamtes in Dübendorf. Dem TA sind gleich mehrere Personen bekannt, die ihre Sozialhilfe in Dübendorf gekündigt hatten. Der arbeitslose Familienvater Alkim Bayrak (Name geändert) entschied sich im Oktober 2017 zu diesem Schritt, er verzichtet auf monatlich rund 1000 Franken Unterstützungsgeld. «Ich konnte diesen Behördenterror nicht mehr ertragen.» Als ihm Unterstützungsgeld für die Ausbildung seines Sohnes als Sozialschuld in Rechnung gestellt wurde, war für ihn das Mass voll. «Wir hätten den Lehrlingslohn meines Sohnes aus der eigenen Tasche bezahlen müssen.»
Bayraks Sohn hatte zuvor dank dem Berufslehrverbund Zürich (BVZ) eine Lehrstelle erhalten. Der BVZ teilt auf Anfrage mit, dass die Unterstützungsgelder vom Lehrbetrieb und den Gemeinden bezahlt würden – Dübendorf hatte offenbar eine andere Auffassung und schweigt heute zum Vorfall.
Bayrak überlebt heute nur dank der Unterstützung von Verwandten und Bekannten. Er ist weiter arbeitslos, hoch verschuldet und wird von der Gemeinde Dübendorf betrieben. Am liebsten würde er in eine andere Gemeinde ziehen. Aufgrund seiner Einträge im Betreibungsregister sei er auf dem Wohnungsmarkt chancenlos, sagt Bayrak. «Ich bin ein Gefangener der Gemeinde Dübendorf.»
Nur noch raus aus der Sozialhilfe möchte auch Sandra Walker. Schon Ende 2017 hatte sie ein Gesuch bei der Invalidenversicherung gestellt, es ist bis heute hängig. «Statt dass mir geholfen wird, werde ich nun seit mehr als zwei Jahren aufs Übelste schikaniert», sagt Walker. Den Begriff «Sozial» könne sich das Amt Dübendorf aus dem Namen streichen.
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/die-amtsleiterin-schikaniert-weiter/story/21617650)
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Dübendorf ist überall
Die Vorgänge auf dem Sozialamt sind symptomatisch für eine fortschreitende Unsitte: Das Sparen bei den Ärmsten.
https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/duebendorf-ist-ueberall/story/15826234
+++ANTISPEZIESISMUS
derbund.ch 08.02.2019
Militanter Protest gegen Schlachthöfe erreicht die Schweiz
Aktionen aus der Tierschützerszene haben deutlich zugenommen. Federführend ist dabei eine Gruppe junger Veganerinnen aus der Romandie.
Beat Metzler
Die Transporter kommen nachts, wenn die Zürcher Strassen leer sind und die Fenster schwarz – geladen haben sie Kälblein, Schafe, Schweine, bis zu 2000 bringen sie pro Tag. Ihr Ziel: der Schlachthof beim Letzigrundstadion.
An diesem letzten Freitag im Januar müssen die Lastwagen früher bremsen. Menschen in Leuchtwesten versperren den Weg, sie halten Kartonherzen in die Höhe und zum Victory-Zeichen geformte Finger. Es handelt sich um Aktivistinnen und Aktivisten von «The Save Movement», mehrheitlich Veganer. Gut 40 haben sich um 5 Uhr früh vor dem Schlachthof versammelt, bewaffnet mit Kaffee, Kuchen, Kameras und Mitgefühl.
Hat der Lastwagen angehalten, bittet eine Aktivistin den Fahrer, kurz stehen zu bleiben. Ihre Kolleginnen und sie würden sich gerne von den Tieren verabschieden. Die junge Frau spricht freundlich, bietet Muffins und Kaffee an. «Nicht die Fahrer sind schlecht, das System ist es», sagt Silvano Lieger, einer der Mitgründer der «Vigils» (englisch für Mahnwachen).
Lehnen die Fahrer ab, räumen die Aktivisten die Strasse. Sagt einer Ja, stellen sie Klappleitern auf. Ohne diese würden sie die Luftschlitze, die bei den Tiertransportern hoch oben liegen, gar nicht erreichen. Durch die Luken filmen die Aktivisten die Tiere, reden ihnen zu, abwechslungsweise, alle dürfen hochsteigen. «Das Schicksal dieser Tiere wird gezielt verheimlicht, wir bringen es an die Öffentlichkeit», sagt Lieger.
Alle Teilnehmer sind aufgefordert, ihre Fotos über die eigenen Social-Media-Accounts zu verbreiten. «Im schlechtesten Fall bringt das meine Freunde kurz zum Nachdenken», sagt eine Aktivistin. «Im besten Fall kommen sie das nächste Mal ebenfalls.» Einige der Teilnehmerinnen filmen sich während der Aktion selber, erzählen, was sie tun, live auf Selfie-Sendung. «Ohne Social Media gäbe es uns nicht», sagt Lieger.
An diesem Morgen bleibt mehr als die Hälfte der Fahrer stehen. «Einige finden gut, was wir tun», sagt Lieger. Andere nicht. Ungeduldig drücken sie aufs Gas. Dabei sei es schon zu brenzligen Situationen gekommen, sagt Lieger. Doch meist läuft die Prozedur ruhig ab, fast andächtig, die Aktivisten wirken routiniert, seit Anfang dieses Jahres treffen sie sich jede Woche zu den «Vigils».
Die Militanten aus der Romandie
Doch nicht immer bleiben die jungen Tierrechtler so zahm. 21. November 2018, 3 Uhr nachts, Hochnebel drückt auf Oensingen. Rund 130 Mitglieder der Gruppe «269 liberation animale» dringen in den Schlachthof der Firma Bell ein, der im Industriegebiet der solothurnischen Gemeinde liegt. Um den Betrieb lahmzulegen, versperren sie jene Gasse aus Metallgittern, durch welche die Tiere zum Bolzenschuss geführt werden. Hintereinander ketten sich die schwarz gekleideten, mehrheitlich jungen Menschen an – und zwar so, «dass sie sich nicht mehr selbstständig hätten befreien können», wie die Kantonspolizei Solothurn schreibt. Verhandlungen lehnen sie ab. Bis am späten Nachmittag brauchen die Polizisten, bis sie alle Eindringlinge gelöst und hinausgetragen haben.
Einen Tag lang läuft gar nichts im grössten Schlachthof des Landes. Der Schaden liegt laut Bell im hohen fünfstelligen Bereich. Eine solche Besetzung hat es noch nie gegeben in der Schweiz.
Während die Polizei die letzten Besetzer losschneidet, verteidigt eine junge Frau die Besetzung vor den Kameras der nationalen Medien. Die 21-Jährige mit der dunklen Hornbrille und den kurzen Haaren heisst Elisa Keller. Für ihren Einsatz zahlt sie einen hohen Preis.
Gerade erhält Keller viel Post vom Staat; Verzeigungen, Strafbefehle, Vorladungen. Ende Dezember hat ein Gericht in Nyon sie zu einer Strafe von 3600 Franken verurteilt. Es ist längst nicht ihre erste Busse, weitere werden dazukommen. Nein, sagt sie an einem Treffen in Lausanne und lacht kurz auf, Anwältin werden könne sie nicht mehr. Dafür braucht es ein sauberes Vorstrafenregister. Egal. Elisa Keller hat ihr Jusstudium sowieso geschmissen. Sie folgt einer höheren Berufung.
Vor rund zwei Jahren gründete Keller den Schweizer Ableger von 269 libération animale. Die militante Gruppe, im französischen Lyon entstanden, will die Fleischindustrie abschaffen. Dafür blockieren die «militants» Schlachthöfe und befreien Tiere. Als Rechtfertigung berufen sie sich auf den Antispeziesismus. Gemäss dieser Philosophie haben alle empfindungsfähigen Wesen dasselbe Recht auf ein schmerzfreies Leben, Tiere ebenso wie Menschen.
Romandie stärker betroffen
Bisher haben Schweizer Tierrechtler die Fleischbranche selten physisch attackiert. Der Schweizer Nachrichtendienst NBD hat in den letzten fünf Jahren «nur eine sehr begrenzte Anzahl von gewalttätigen Aktionen festgestellt, die mit dem Schutz von Tieren begründet wurden». Doch das ändert sich gerade. Seit Anfang 2018 verzeichnet der NBD eine Zunahme von Gewalttaten aus der Tierschutzszene. Betroffen, heisst es bei Fleischverbänden, ist vor allem die Romandie. Als hauptverantwortlich gelten Antispeziesistinnen wie Elisa Keller.
Letzten März drangen Aktivistinnen vor dem Morgengrauen in einen Schlachthof von Rolle VD ein. Dort fotografierten sie die aus ihrer Sicht unwürdigen Zustände und befreiten (oder stahlen, je nach Perspektive) 18 Ziegen. Diese führen heute laut Keller ein glückliches Leben an sicheren Orten. Als Schadenersatz für die Ziegen setzte das Gericht in Nyon 11’000 Franken an, zahlen müssen den Betrag Keller und eine Kollegin. In den letzten eineinhalb Jahren blockierten Mitglieder von 269 auch einen Schlachthof in Vich VD, sperrten eine Strasse in Aubonne VD und verschmierten eine McDonald’s-Filiale mit Kunstblut. Überall dabei: Elisa Keller.
Dazu kommen weitere Vorfälle, zu denen sich niemand bekennt. In Genf und Nyon wurden letztes Jahr bei mehreren Metzgereien die Schaufenster zertrümmert und Mauern versprayt. In der Nacht vor der Schlachthofbesetzung in Oensingen gingen die Fenster von zwei Metzgereien in der Stadt Bern zu Bruch.
Neu ist nicht nur die Heftigkeit. Neu ist auch, dass sich nicht alle Militanten vermummen. Ihre Aktionen fotografieren und filmen die 269-Mitglieder. Die professionell gemachten Beiträge verbreiten sie in den sozialen Medien, oft unter eigenem Namen. Es gilt: Je mehr Klicks, desto besser. Aufmerksamkeit bringen auch Gerichtsverhandlungen. Das Urteil von Nyon wird Elisa Keller weiterziehen. Weil sie den Schuldspruch für ungerecht hält. Aber auch weil Medien über ihren Prozess berichten und sie vor Gericht ihre Sache verteidigen kann.
Keller ist das Gesicht der militanten Veganerinnen, letztes Jahr erschienen in der Romandie mehrere Berichte über sie. Die Lausannerin erzählt offen aus ihrem Leben. Ihre Eltern würden sich Sorgen machen, dass sie sich verrenne. Das Aktivistin-Sein sei derzeit ihr Beruf, ein unbezahlter allerdings. 269 erhalte nicht sehr viele Spenden. Ihren Alltag finanziert sie mit Gelegenheitsjobs. Die Bussen und Verfahrenskosten bezahlt sie, wenn immer möglich, nicht.
Keller sieht aus, wie junge, subkulturell beeinflusste Menschen gerade aussehen: Kleider im 90er-Schnitt, kleine Tattoos über Hände und Unterarme verteilt. Wenn sie mit Journalisten spricht, wirkt sie freundlich, ein wenig schüchtern, frei von Verbissenheit. An der Radikalität ihrer Aussagen ändert das nichts: «Ich werde weitermachen. Wenn nötig, gehe ich ins Gefängnis.»
Verunsicherte Metzger
Das ist nicht einfach Pathos: In Genf sitzt ein Antispeziesist seit Dezember in Untersuchungshaft, eine Kollegin wurde nach 27 Tagen Gefängnis freigelassen. Den beiden werden Sachbeschädigungen an Metzgereien, Schlachthöfen und Restaurants vorgeworfen.
In kurzer Zeit haben sich die Antispeziesistinnen viele Gegner gemacht. Zum Beispiel Ruedi Hadorn. Seit neun Jahren ist der 54-Jährige Direktor des Schweizer Fleisch-Fachverbandes (SFF). Er nennt sich einen «Fleischtiger», Fleisch liebe er in allen Facetten. Gegen Vegetarier oder Veganer habe er nichts, solange diese die Fleischesser nicht zu bevormunden versuchten. Auch zu Tierschützern, die sich an die Regeln halten, pflege sein Verband enge Kontakte. Die Antispeziesisten hingegen griffen die Fleischbranche frontal an, einzelne Metzger fühlten sich persönlich bedroht. Die Gruppe gehe mit einer neuen Art von missionarischer Militanz vor: «Sie treten die Rechtsstaatlichkeit mit Füssen. Das muss aufhören.»
Der SFF ist bereits letzten Frühling an die Kantone Waadt und Genf herangetreten. Man habe die Behörden aufgefordert, hart durchzugreifen und die Militanten mit allen Konsequenzen des Gesetzes zu bestrafen. Es dürfe nicht das Gefühl aufkommen, dass das Einschlagen von Metzgereischeiben ohne Folgen bleibe, sagt Hadorn. «Nun scheinen die Behörden die Problematik erkannt zu haben.»
In Frankreich haben die Metzger letzten Juni Polizeischutz gegen militante Veganer gefordert, weil diese immer wieder Metzgereien beschädigten. Ende September zündeten Antispeziesisten einen Schlachthof in Haut Valromey an, rund 30 Kilometer von Genf entfernt. Ganz so schlimm sei es in der Schweiz nicht und werde es hoffentlich nie werden, sagt Ruedi Hadorn. Bell hat nach der Oensinger Besetzung «verschiedene Sicherheitsmassnahmen» umgesetzt. Wichtig sei, sagt Hadorn, bei Provokationen ruhig zu bleiben.
Aus seiner Sicht schaden die Aktionen von 269 nicht nur den Metzgern, das Anliegen leide ebenfalls darunter. Das findet auch Heinz Lienhard, Präsident des Schweizer Tierschutzes (STS): «Mit illegalen Mitteln oder solchen, welche die Gesellschaft nicht akzeptiert, erreicht man nichts. Im Gegenteil, solche Aktionen schwächen das Ansehen des Tierschutzes.» Er gebe zu, sagt Lienhard, dass der politische Weg mehr als steinig sei. Und doch gebe es keine andere Methode. Nur dank politischer Hartnäckigkeit habe die Schweiz heute im weltweiten Vergleich ein «Tierschutzgesetz von höchstem Niveau». Friedliche Aktionen hingegen begrüsst Lienhard, sie erhöhten den Druck für die Sache der Tiere.
Vorbild sind die Suffragetten
Einwände gegen ihren Militantismus kontert Elisa Keller routiniert. Nein, durch politische Mitwirkung habe sich kaum etwas verbessert. Zu starke Interessen unterstützten den Fleischkonsum. Den Antispeziesistinnen genügt es auch nicht, das Leben in den Ställen angenehmer zu machen. Dass in der Schweiz jedes Jahr über 60 Millionen Tiere ihr Leben verlieren, halten sie für Massenmord. Ihn wollen sie stoppen. Jobs wie jenen von Ruedi Hadorn dürfte es nach ihnen gar nicht geben.
Ein solch radikaler Wandel funktioniere nur dank zivilem Ungehorsam und Militanz, sagt Keller. Dabei verweist sie auf die Suffragetten, Frauenrechtlerinnen aus England, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts Schaufenster zertrümmerten oder Landsitze anzündeten. Auch Keller hält das Einschlagen von Metzgereischeiben für legitim. «In den Auslagen liegen tote, empfindungsfähige Wesen. Kaputtes Glas ist nichts dagegen.» Eine Grenze gebe es allerdings: Menschen würden die Antispeziesisten niemals verletzen, sagt sie. An der Verhandlung in Nyon bestätigte dies der Richter: Keller und ihre Kollegin hätten die körperliche Integrität anderer nicht angetastet.
Der Schweizer Ableger von 269 libération animale hat über 4500 Likes auf Facebook, Tendenz steigend. Wenn es allerdings darum geht, sich in einem Schlachthof anzuketten, schrumpft die Zahl der Unterstützer. Viele fürchteten sich vor den Bussen und Verzeigungen, sagt Keller, wollen ihre Zukunft nicht gefährden. Nicht, wie sie es tut.
Die Militanten von 269 libération animale operieren als internationale Truppe. Bei der Besetzung in Oensingen machten gemäss Kantonspolizei Solothurn nur 15 Schweizerinnen mit. Von den übrigen 116 registrierten Besetzern sei der Grossteil aus Frankreich, Belgien und Italien angereist. Elisa Keller ihrerseits fährt für Aktionen ins benachbarte Ausland, Ende Januar half sie bei einer Besetzung in Turin mit.
Verständnis vom Schlachthof
Keller sagt, dass sie Konfrontationen zu vermeiden suchten. Ruppig werden kann es mitunter trotzdem. In Oensingen habe die Polizei hart durchgegriffen, sagt Keller, habe Pfefferspray auf Gefesselte gesprüht. Bei der Kantonspolizei Solothurn heisst es, dass sie das eigene Handeln nach dem Handeln der Protestierenden richtete. Der Einsatz sei nie eskaliert. Einige Protestteilnehmer hätten sich «oberflächlich verletzt», drei habe die Sanität vor Ort verarztet.
Die Polizei hat 131 Besetzerinnen und Besetzer verzeigt, wegen Hausfriedensbruchs, Nötigung, Hinderung einer Amtshandlung. Dazu wird Bell zivilrechtliche Forderungen einklagen. Der finanzielle Schaden sei durch den Unterbruch des Betriebs entstanden, heisst es bei Bell. «Substanzielle Sachschäden» hätten die Aktivisten keine angerichtet.
Auch Elisa Keller wird büssen und für die Aktion in Oensingen noch mehr Post vom Staat bekommen. Gelohnt habe es sich trotzdem, sagt sie. «Im Bell-Schlachthof ist am 21. November 2018 kein einziges Tier gestorben.» Kritiker halten das für einen Scheinsieg. Alle Tiere seien entweder an einem anderen Ort oder einen Tag später geschlachtet worden.
Job für Tierschutz gekündigt
Die militanten Antispeziesisten aus der Romandie und die friedlichen aus der Deutschschweiz stehen miteinander in Kontakt. Man findet gut, was die anderen tun, teilt die gleiche Philosophie. «Doch wir gehen mitfühlend vor, love-based», sagt Silvano Lieger.
Der 28-Jährige arbeitete früher als Werber. Wie Elisa Keller hat er den Job gekündigt, um sich ganz der Tierbefreiung zu widmen. Nur Probleme mit den Behörden hat er keine.
Im Gegenteil. In Zürich arbeiten die Aktivisten mit dem Schlachthof zusammen, sie dürfen den vorderen Teil des Areals betreten. Er habe das Gespräch gesucht mit den Betreibern, sagt Lieger, ihnen klargemacht, «dass sie uns so schnell nicht mehr loswerden». Als Gegenleistung haben sich die Tierschützerinnen verpflichtet, auf ihren Bildern und Filmen weder Firmenlogos zu zeigen noch die Gesichter der Fahrer. Eine konstruktive Lösung, findet Lieger.
Mahnwachen vor Schlachthöfen
Das sieht auch Hans Rudolf Hofer so, Chef des Schlachthofs. Man komme «gut zugang» miteinander, die Aktivisten würden sich anständig verhalten. Früher hätten einige seine Mitarbeiter fotografiert, das habe aufgehört. «Wir respektieren uns, obwohl wir eine andere Meinung haben.» Auch dem Geschäft schadeten die Aktionen nicht.
Bald würden auch vor anderen Schlachthöfen Mahnwachen stattfinden, sagt Lieger. «The Save Movement», 2011 in Toronto gegründet, wachse rasant, weltweit. Die Zürcher «Vigils» würde Lieger gerne zu «öffentlichen Events» ausbauen. «Alle Menschen sollten einmal ein Kälblein vor der Schlachtung sehen, verängstigt, durchfroren nach stundenlanger Fahrt.» Die meisten hätten Mühe, dessen Tötung zu rechtfertigen, glaubt Lieger. Da die Ernährung heute problemlos ohne Fleisch funktioniere, lasse sich nur ein einziger Grund für das Schlachten anführen: Weil ich es gern habe. «Doch das reicht einfach nicht.»
In diesem Fall schon. Der Chauffeur schaut ungeduldig aus dem Fenster, sagt, jetzt sei genug fotografiert, und fährt los Richtung Viehannahme.
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17 Prozent gegen Schlachthöfe
Die veganen Schlachthofgegner stehen nicht allein da: 17 Prozent der Schweizer Bevölkerung möchte die Schlachthäuser schliessen. Das ergibt eine repräsentative Umfrage, welche die Tierrechtsorganisation Tier im Fokus (TIF) kürzlich in Auftrag gegeben hat. Die meisten Schlachthofgegner gibt es unter den Romands (35 Prozent), den 18- bis 39-Jährigen (24 Prozent) und den Frauen (21 Prozent). Schweizerinnen assen 2017 im Schnitt etwa 50 Kilo Fleisch pro Kopf. In den letzten 30 Jahren ist der Verbrauch um fast 20 Prozent gesunken. Der Anteil jener, die sich vegan oder vegetarisch ernähren, nimmt hingegen zu, je nach Studie liegt er zwischen 5 Prozent und 8,4 Prozent. Unter jüngeren Menschen sind es deutlich mehr. (bat)
(https://www.derbund.ch/schweiz/standard/militanter-protest-gegen-metzger-erreicht-die-schweiz/story/22595715)