Medienspiegel 17. Januar 2019

+++BERN
bernerzeitung.ch 17.01.2019

Asylwesen: Spannungen zwischen Stadt und Kanton

Die Stadt Bern muss sich dem Verdrängungskampf im Berner Asylwesen stellen. So will es der Kanton.

Cedric Fröhlich

Im Berner Asylwesen herrscht Nervosität. Der Kanton hat der Branche eine Reorganisation verordnet. Unterbringung, Integrationshilfe, Sprachkurse: All diese Aufgaben will er künftig an fünf Partner delegieren. Bislang arbeitete er mit dreizehn zusammen. Das Resultat ist also ein Verdrängungskampf, der im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung ausgefochten wird. Und in diesen Kampf ist auch die Stadt Bern verwickelt.

Die Stadt führt seit Jahren ein eigenes Kompetenzzentrum, welches Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene unterstützt. So führt sie im Auftrag des Kantons unter anderem Arbeitsintegrationsprogramme durch und übernimmt fremdenpolizeiliche Aufgaben. Die Verantwortlichen der Stadt Bern gingen deshalb hinter den Kulissen ungewohnt forsch in die Offensive. Wie der «Bund» berichtete, hatte sich die Stadt beim Kanton für eine Direktvergabe der entsprechenden Asylregion eingesetzt (siehe Kasten). Diese Zeitung hat Einsicht in den Schriftwechsel zwischen Stadt und Kanton verlangt. Das Gesuch wurde bewilligt und vier Briefe ausgehändigt.

Der Briefwechsel

Es fing an mit einem Brief aus dem Erlacherhof, unterzeichnet vom Stadtpräsidenten Alec von Graffenried. Das war am 1. Februar 2018. Im Schreiben beantragte der Gemeinderat der Stadt Bern dem Regierungsrat, auf eine «Ausschreibung der Aufgaben für die Region Bern zu verzichten und die Stadt Bern als regionale Partnerin im Asyl- und Flüchtlingsbereich … zu bestimmen.»

Der Kanton antwortete drei Monate später. Er äusserte Verständnis, bedankte sich für das Engagement der Stadt und machte ein Angebot: «Wir sind gerne bereit, Ihnen den Prozess vorzustellen.» Woraufhin wiederum der Gemeinderat schrieb, man schätze das Angebot, könne aber versichern, dass kein Bedürfnis bestehe, über Prozessabläufe zu sprechen. Vielmehr betonte er «ernsthaft», die Sache «substanziell zu erörtern».

Das Treffen fand schliesslich statt. Am 5. September. Die Ausschreibung war damals bereits offiziell angekündigt – mit der Stadt Bern als Asylregion. Das Treffen verlief für die Delegation des Gemeinderates ernüchternd. Stadtpräsident Alec von Graffenried erzählt auf Anfrage zwar von einem konstruktiven Gespräch. «Aber es gab keine Zusicherung.» Er betont weiter, dass der Gemeinderat es als sinnvoll erachtet, wenn er seine jetzigen Aufgaben weiterführen könnte. «Wir haben das bis jetzt gemacht, und wir können es auch weiterhin machen.»

Kein Entgegenkommen

Die gescheiterte Intervention offenbart zweierlei: Erstens wollte die Stadt eine Sonderbehandlung, und zweitens verliess sie sich dabei offenbar auf eine alte Abmachung. In den Briefen ist mehrfach von einem «Entgegenkommen» zu lesen, das der Kanton einst zugesichert hatte.

Die Stadt hatte dem Kanton einst aus der Patsche geholfen. 2017, als die Polizei- und Militärdirektion (POM) unter dem damaligen Regierungsrat Hans-Jürg Käser (FDP) keinen geeigneten Standort für ein zweites Bundesasylzentrum fand und der Bund Druck machte. Damals stellte der Berner Gemeinderat relativ kurzfristig das ehemalige Zieglerspital als Übergangslösung zur Verfügung.

Er bestätigte seine Bereitschaft zur Aufnahme von Asylsuchenden später von neuem: In einer gemeinsamen Absichtserklärung mit Bund und Kanton betreffend die Suche eines Standorts für ein dauerhaftes Bundeszentrum. Und tatsächlich schrieb die POM damals in einer Medienmitteilung: «Im Gegenzug sichert der Kanton der Stadt ein Entgegenkommen für ihre besonderen Aufgaben im Asylbereich zu.» Die zuständige Berner Gemeinderätin Franziska Teuscher (Grüne) sagt dazu: «Das zugesicherte Entgegenkommen ist bis jetzt nicht erfüllt.» Gleichzeitig hält sie fest: In der Absichtserklärung sei die Art und Weise dieses Entgegenkommens nicht konkretisiert worden. «Es stand dem Kanton frei, die Ausschreibung in seinem Sinne zu gestalten.»

Was wurde der Stadt versprochen? Diese Frage liess der Kanton am Mittwoch unbeantwortet. Seit der Reorganisation ist nicht länger die POM für die Aslybelange des Kantons zuständig, sondern die Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF). Die GEF teilt mit: Man könne keine Angaben machen, das «initiale Gespräch» habe mit Vertretern der POM stattgefunden. Eine Selektion auf bestimmte Gemeinden sei aus Gründen der Gleichbehandlung nicht möglich.

Der Verdrängungskampf

Unterbringung, Integrationsförderung, Sozialhilfe – aktuell lagert der Kanton diese Aufgaben an dreizehn Partner aus. Mitte 2020 werden es nicht einmal mehr halb so viele sein. So sieht es die «Neustrukturierung des Asyl- und Flüchtlingsbereichs im Kanton Bern» (Nabe) vor. Geplant sind fünf Asylregionen mit fünf regionalen Partnern. Morgen läuft die Bewerbungsfrist der öffentlichen Ausschreibung ab. Nur vereinzelt machten Bewerber ihre Ambitionen publik: Das Schwergewicht der privaten Asylanbieter, die ORS AG, will die Reorganisation nutzen und nach Bern zurückkehren (wir berichteten). Wer das Rennen macht, entscheidet sich im ersten Quartal des neuen Jahres.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/asylwesen-spannungen-zwischen-stadt-und-kanton/story/23838058)

Information zur beruflichen Integration in Wolhusen
Die Gemeinde- und Gewerbevertreter von Malters, Schwarzenberg, Werthenstein und Wolhusen und das Schweizerische Arbeiterhilfswerk SAH kamen gestern zu einem Informations-Anlass zusammen. Es wurde aufgezeigt, wie die Anstellung von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Personen gelingen kann. Zudem wird eine aktive Zusammenarbeit zwischen den Arbeitgebenden und der Stellenvermittlung des SAH Zentralschweiz angestrebt.
https://www.neo1.ch/news/news/newsansicht/datum/2019/01/17/information-zur-beruflichen-integration-in-wolhusen.html

+++SCHWEIZ
Äthiopien: Fragwürdiger Deal bietet keine Garantien
Trotz unzureichender Sicherheit droht 300 Äthiopiern und Äthiopierinnen wegen des soeben unterzeichneten Rückübernahmeabkommens mit Äthiopien die Zwangsausschaffung. Als besonders skandalös beurteilt die SFH, dass der repressive äthiopische Geheimdienst (Niss) auf Einladung der Schweiz Zugang zur äthiopischen Diaspora erhält.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/news/archiv/2019/athiopien-fragwuerdiger-deal-bietet-keine-garantien.html
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/athiopien-nimmt-burger-ohne-schweizer-aufenthaltsrecht-zuruck-65472577?fbclid=IwAR2Xzmp6fi8Tn9OX3Z5oZWbQi-A2NLxzFdKATP02I6uGz-8UpVSEbg_svog
-> https://www.nzz.ch/schweiz/ausschaffungen-nach-aethiopien-sollen-einfacher-werden-ld.1452139
-> https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-73698.html?fbclid=IwAR0S5M5BkHV2dq1IpsEaU53ZCv9ji3Gd4iIPrdwGNl2DE1ETPRaVDbSKwG8

nccr – on the move – Der Zugang zu Arbeitsmarkt und Bildung für Asylsuchende sowie die Administrativhaft variiert von Kanton zu Kanton
Die Öffnung des Arbeitsmarktes und der Zugang zu Bildung für Asylsuchende, aber auch deren Administrativhaft unterscheiden sich deutlich von Kanton zu Kanton. Dies zeigen drei Studien des Nationalen Forschungsschwerpunktes zu Migration und Mobilität «nccr – on the move», der von der Universität Neuenburg koordiniert wird. Die Ergebnisse sind in drei Publikationen für die Öffentlichkeit zusammengefasst.
https://www.presseportal.ch/de/pm/100061183/100824013
-> https://nccr-onthemove.ch/knowledge-transfer/policy-briefs-kurz-und-bundig/
-> https://nccr-onthemove.ch/

Deutlicher Rückgang der illegalen Migration im letzten Jahr
Im Jahr 2018 ist die illegale Migration deutlich zurückgegangen. Am meisten Personen mit rechtswidrigerem Aufenthalt wurden im Süden der Schweiz festgestellt.
https://www.nau.ch/news/schweiz/deutlicher-ruckgang-der-illegalen-migration-im-letzten-jahr-65472753

+++ITALIEN
Bei Überquerung der Alpen riskieren Migranten ihr Leben
Im Jahr 2018 überquerten etwa fünftausend Migrant*innen die italienisch-französische Grenze auf dem Weg von Bardonecchia zum Colle della Scala. Mindestens drei Menschen starben auf dem Weg dorthin an Unterkühlung oder weil sie sich verirrten. Obwohl es weniger Schnee gibt als im Vorjahr, wird diese Route seit einigen Monaten weniger frequentiert. Stattdessen werden nun fast jede Nacht zehn bis fünfzehn Migrant*innen auf der Passage angetroffen, die Claviere in Italien mit dem Col de Montgenèvre verbindet.
https://ffm-online.org/bei-ueberquerung-der-alpen-riskieren-migranten-ihr-leben/

Die Angst vor «Geisterbooten» und Terroristen aus Tunesien wächst
In Italien kommen kaum noch Rettungsboote mit Migranten aus Libyen an. Dafür blüht das Geschäft kleiner tunesischer Schlepper- und Schmuggelringe. Mit ihnen kommen auch islamistische Extremisten ins Land.
https://www.nzz.ch/international/die-angst-vor-geisterbooten-und-terroristen-aus-tunesien-waechst-ld.1452002

+++SPANIEN
Spanien winkt Migranten durch – „Klarer Verstoß gegen EU-Recht“
Die Zahl der irregulären Einreisen aus Marokko steigt weiter. Recherchen zeigten, dass Spanien die Weiterreise von Migranten fördert. Die FDP sieht einen klaren Verstoß gegen EU-Recht. Das Innenministerium reagiert zurückhaltend.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article187196728/Irregulaere-Einreise-Spanien-winkt-Migranten-durch-Klarer-Verstoss-gegen-EU-Recht.html

+++MITTELMEER
Dieser Kapitänin droht Gefängnis – sie rettete Flüchtenden das Leben
Pia Klemp ist überzeugt, dass die italienische Justiz es ernst meint. Noch im Januar gebe es eine Anhörung, sagt die 35-Jährige zu watson. Dann werde entschieden, ob Ermittler Klemps beschlagnahmtes Smartphone auslesen dürfen. Andere Daten aus ihrer Arbeit als Seenotretterin hätten Beamte längst durchforstet.
https://www.watson.ch/international/migration/997675502-dieser-kapitaenin-droht-gefaengnis-sie-rettete-fluechtenden-das-leben

+++ALGERIEN
Algerien, Oran 2018: 1.100 Harragas abgefangen und verhaftet
Im vergangenen Jahr hat die paramilitärische Gendarmerie der westalgerischen Stadt Oran 1.100 Harragas direkt vor ihrer Abfahrt oder auf dem Meer abgefangen und verhaftet. Die Gendarmerie führt das auf ihre veränderten Einsatzpläne zurück.
https://ffm-online.org/algerien-oran-2018-1-100-harragas-abgefangen-und-verhaftet/

+++FLUCHT
Ist Migration eine Lösung? – Sie ist noch viel mehr als das
Ein hartnäckiges Problem im Diskurs über Flucht und Migration ist, dass internationale Mobilität als blosses Mittel zum Zweck dargestellt wird. Für Flüchtlinge ist das besonders fatal.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/fakten-statt-mythen/beitraege-2019/ist-migration-eine-loesung-sie-ist-noch-viel-mehr-als-das.html

+++GASSE
Bönigen setzt auf Drogen-Infos
Der Böniger Gemeinderat hat Aufsehen erregt, weil er die Dorfjugend von Drogen gefährdet sieht.
https://www.bernerzeitung.ch/region/oberland/boenigen-setzt-auf-drogen-infos/story/21361341

+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Wer kümmert sich um die Kleinen, Kranken und Alten?
Die 19. Tour de Lorraine in und ums Lorrainequartier startet am Donnerstagabend mit dem Thema «Who cares?».
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/wer-kuemmert-sich-um-die-kleinen-kranken-und-alten/story/11584720
-> http://www.journal-b.ch/de/082013/politik/3236/%C2%ABWir-alle-sind-auf-Care-Arbeit-angewiesen%C2%BB.htm

Luxuswohnungen aus Protest verschmiert
Vandalen haben nachts ein Gebäude auf dem Serini-Areal im Berner Lorraine-Quartier mit Farbbeuteln beworfen – dies nicht zum ersten Mal.
https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Gebaeude-in-Berner-Lorraine-verschmiert-13988251
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/farbanschlag-in-der-lorraine/story/12561180
-> https://barrikade.info/Gegen-eine-Stadt-der-Reichen-1798

G20-Krawalle: Ermittlungen gegen Aargauer ziehen sich hin – konkrete Beteiligung nicht nachweisbar
Auch nach anderthalb Jahren ist offen, was mit dem Mann passiert, der im Kulturzentrum Bremgarten verkehrt und an den Krawallen im Sommer 2017 in Hamburg dabei gewesen sein soll.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/g20-krawalle-ermittlungen-gegen-aargauer-ziehen-sich-hin-konkrete-beteiligung-nicht-nachweisbar-133972468

++SPORTREPRESSION
Nur noch fünf FCZ-Hooligans in Haft
Von den zehn wegen Körperverletzung verhafteten Fussballfans ist die Hälfte entlassen worden. Der Grund: Sie geben zu, am Tatort gewesen zu sein.
https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/verbrechen-und-unfaelle/nur-noch-fuenf-fczhooligans-in-haft/story/27955494

Fussballgewalt: Wieder deutlich mehr Rayon- und Stadionverbote im Joggeli
Die Basler Kantonspolizei musste 2018 insgesamt 24 Rayonverbote anordnen, der FC Basel sogar 29 Stadionverbote. Im Vorjahr waren es 20 Rayonverbote und nur acht Stadionverbote.
https://www.basellandschaftlichezeitung.ch/basel/basel-stadt/fussballgewalt-wieder-deutlich-mehr-rayon-und-stadionverbote-im-joggeli-133971605
-> http://www.onlinereports.ch/News.117+M5d3a6cd5140.0.html
-> https://bazonline.ch/basel/stadt/mehr-rayon-und-stadionverbote-gegen-fussballfans/story/14350626
-> https://telebasel.ch/2019/01/17/mehr-stadionverbote-gegen-fussballfans-in-basel/?utm_source=lead&utm_medium=carousel&utm_campaign=pos%202
-> https://primenews.ch/news/2019/01/fussballgewalt-mehr-rayon-und-stadionverbote-im-2018
-> http://www.polizei.bs.ch/nm/2019-24-rayon–und-29-stadionverbote-im-kalenderjahr-2018-verhaengt-jsd.html

+++JUSTIZ
Revision Strafgesetzbuch: SVP will auf Knast statt Geldstrafen setzen
Für falsche Anschuldigungen, grosse Sachbeschädigung und illegale Pornografie sollen Täter zwingend hinter Gitter.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/revision-strafgesetzbuch-svp-will-auf-knast-statt-geldstrafen-setzen-133973757
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/svp-fordert-verschaerftes-strafrecht-133972797
-> https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/revision-strafgesetzbuch-svp-fordert-freiheitsstrafen-von-bis-zu-60-jahren-ld.1086020

+++BIG BROTHER
Solothurnerin im Recht: Unbewilligte Videoüberwachung durch Polizei ist als Beweis nicht zulässig
Eine polizeiliche Videoüberwachung in Geschäftsräumen, die der Aufklärung einer Straftat dient, muss von der Staatsanwaltschaft angeordnet und von einem Zwangsmassnahmengericht bewilligt werden. Dies hat das Bundesgericht entschieden.
https://www.solothurnerzeitung.ch/schweiz/solothurnerin-im-recht-unbewilligte-videoueberwachung-durch-polizei-ist-als-beweis-nicht-zulaessig-133971651
-> https://www.srf.ch/news/regional/aargau-solothurn/rueffel-vom-bundesgericht-solothurner-polizei-machte-geheime-filmaufnahmen-zu-unrecht
-> https://www.nzz.ch/schweiz/bundesgericht-polizeiliche-ueberwachung-in-geschaeftsraeumen-benoetigt-bewilligung-ld.1452235
-> https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Polizei-liess-Mitarbeiter-zu-Unrecht-ueberwachen-14476072
-> Medienmitteilung Bundesgericht: https://www.bger.ch/files/live/sites/bger/files/pdf/de/6B_181_2018_2019_01_17_T_d_10_44_20.pdf
-> Urteil Bundesgericht: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://20-12-2018-6B_181-2018&lang=de&zoom=&type=show_document

+++ANTIRA
Wegen ihm warten Eingebürgerte seit Jahren auf ihren Pass: Hetzer von Boswil vertrödelte Einbürgerungen
Verantwortlich dafür – und für mindestens fünf weitere Fälle – ist ausgerechnet Daniel Wicki, der Gemeindeschreiber, der im Internet gegen Ausländer hetzte.
https://www.blick.ch/news/schweiz/wegen-ihm-warten-eingebuergerte-seit-jahren-auf-ihren-pass-hetzer-von-boswil-vertroedelte-einbuergerungen-id15123015.html

Tierschutzaktivist Kessler darf nicht als «Antisemit» bezeichnet werden
Ein Freidenker wird verurteilt, weil er auf Facebook einen umstrittenen Artikel über Erwin Kessler verbreitete.
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/tierschutzaktivist-kessler-darf-nicht-als-antisemit-bezeichnet-werden/story/14862414

Basel: «Das sind doch genau die, die sonst Steine werfen»
Die Juso fordert den Rücktritt des verurteilten Basler Polizisten Adrian Spahr. Das sei scheinheilig, kontert jetzt die SVP.
https://telebasel.ch/2019/01/17/verurteiltem-basler-polizisten-droht-kuendigung/?channel=105100

Rot-grüner Geheimplan gegen Erich Hess
Die rot-grüne Mehrheit im Berner Stadtrat erteilt SVP-Politiker Erich Hess eine Abfuhr. Sie wählte nicht ihn, sondern den gemässigten SVPler Kurt Rüegsegger zum zweiten Vizepräsidenten.
https://www.derbund.ch/bern/kanton/affront-gegen-erich-hess/story/17318271
-> https://www.derbund.ch/bern/stadt/der-schuss-koennte-auch-nach-hinten-losgehen/story/10570957
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/stadtrat-verweigert-erich-hess-die-wahl/story/25640758
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/gerechte-quittung-fuer-die-svp/story/14696427
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/svp-amstutz-hoert-auf-133973739
-> https://www.nau.ch/politik/regional/berner-stadtrat-zeigt-erich-hess-die-kalte-schulter-65472867
-> https://www.watson.ch/bern/gesellschaft%20&%20politik/847608084-ohrfeige-fuer-erich-hess-svp-nationalrat-darf-nicht-hoechster-stadtberner-werden

«Rechte wollen ungestraft gegen Schwule hetzen»
Politiker von EDU und SVP ergreifen das Referendum gegen die Ausweitung der Rassismus-Strafnorm. Dieses sei homophob, sagen Schwule.
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/-Rechte-wollen-ungestraft-gegen-Schwule-hetzen–30841234

derbund.ch 17.01.2019

Ausländer fordern Haus der Begegnung

Seit über zwei Jahren kennt die Stadt Bern ein politisches Instrument, um Migranten Mitsprache zu ermöglichen. Nun wird es erstmals genutzt – von der SP.

Frank Geister

Jetzt könnte sie doch noch zustande kommen: die erste Ausländermotion in der Stadt Bern. Die im September 2017 neu gegründete SP-Sektion «MigrantInnen Kanton Bern» sammelt Unterschriften für eine Partizipationsmotion mit dem Ziel, einen Treffpunkt für Migrantinnen und Migranten in der Stadt Bern zu schaffen. Neben Sprachkursen und Tagungsräumen sollen auch ein Hütedienst und Quartierrundgänge mit der Stadtberner Bevölkerung angeboten werden. Ziel ist es, «die Eigenständigkeit der ausländischen Bevölkerung und ihre Arbeitsintegration zu fördern», wie aus der Begründung zur Partizipationsmotion «Haus der transkulturellen Begegnung» hervorgeht. Ein Treffpunkt für Migranten also, ähnlich wie das Haus der Religionen, aber an zentraler Lage.

Seit über zwei Jahren gibt es – nach dem Vorbild von Burgdorf – in der Stadt Bern die sogenannte Partizipationsmotion für Ausländer. Diese können damit ein konkretes Anliegen an den Stadtrat richten. Bloss: Bisher wurde noch nie eine solche Motion eingereicht. Die Hemmschwelle für Einzelpersonen scheint ganz offensichtlich zu hoch zu sein und das Vorgehen ohne die Erfahrung einer Partei möglicherweise auch zu schwierig.

200 Unterschriften reichen

Lanciert hat die SP-Sektion die Partizipationsmotion bereits Ende November. Nötig sind 200 Unterschriften, unterzeichnen dürfen in der Stadt Bern wohnhafte volljährige Ausländerinnen und Ausländer. Eine zeitliche Frist gibt es nicht.

Franco Castrovillari, Vorstandsmitglied der SP-Sektion, sagt, dass man sich aber selber eine Frist bis Ende März gesetzt habe, um die nötigen Unterschriften zu sammeln. Er ist optimistisch. «Vier Monate sollten genügen», sagt er, und es seien bereits 80 bis 100 Unterschriften beisammen, gesammelt von ungefähr 20 Italienern, Portugiesen, Albanern und Türken – darunter auch Doppelbürger. Er selbst sammle in Bibliotheken oder an Festen der Casa d’Italia. Doppelbürger dürfen zwar Unterschriften sammeln, aber sie dürfen selbst nicht unterschreiben. Kommt die Motion zustande, muss der Gemeinderat diese beantworten, und falls sie vom Stadtrat angenommen wird, muss sie der Gemeinderat innert zwei Jahren umsetzen.

Sehr aufwendig

Aber warum kommt kaum eine Ausländermotion zustande? Und müsste sie nicht direkt von Ausländern oder von ausländischen Vereinen kommen anstatt von einer etablierten Partei? «Das Kompetenzzentrum Integration der Stadt Bern hat uns schon mehrmals darauf angesprochen, dass wir eine Motion bringen sollen», sagt der italienisch-schweizerische Doppelbürger Castrovillari. «Aber es ist eine sehr aufwendige Arbeit.» Der Vorteil der Zusammenarbeit mit der SP bestehe darin, dass die SP-Migranten auch unter Nicht-Eingebürgerten gut vernetzt seien. Zudem helfe der Kontakt zur Partei, weil sich noch nicht alle mit dem Funktionieren der hiesigen Politik auskennen würden. «Es ist für viele nicht so einfach, wie es aussieht.» Eine Herausforderung bestehe auch darin, dass man die Vorstösse begründen müsse. Er habe nun die Anliegen verschiedener ausländischer Vereine in dieser Motion zusammengefasst.

Burgdorf wartet seit 2008

Burgdorf kennt bereits seit 2008 einen Ausländerantrag. Bis jetzt wurde jedoch davon noch nie Gebrauch gemacht. Stadtschreiber Roman Schenk vermutet ein fehlendes konkretes Bedürfnis. Es gebe für Ausländer wohl zu wenig wichtige Veränderungen, die auf lokaler Ebene realisiert werden müssten. Ausserdem gebe es eine relativ hohe Hemmschwelle, einen Ausländerantrag zu stellen und sich dadurch zu exponieren. Aber auch Schweizer nutzen die politischen Instrumente nur selten. Seit dem Inkrafttreten der Gemeindeordnung im Jahr 2000 wurden gemäss Schenk nur zwei Initiativen lanciert und ein einziger Jugendantrag gestellt.

Ein Viertel der Stadtberner Bevölkerung hat keinen Schweizer Pass und dadurch keine politischen Rechte. Die Ausländermotion soll Abhilfe schaffen. Fast 60 Prozent der Stadtberner Stimmenden hatten 2015 der Einführung einer Ausländermotion zugestimmt.
(https://www.derbund.ch/bern/stadt/auslaender-fordern-haus-der-begegnung/story/22025826)

+++POLIZEI BS
«Man nimmt Tote und Schwerverletzte in Kauf»: Basler Linke kämpft gegen Gummischrot-Einsätze
Die Basler Linken haben sich zusammengeschlossen, weil sie den polizeilichen Einsatz von Gummigeschossen als gefährlich einstufen. 2016 verlor ein Fussballfan sein Augenlicht
https://www.basellandschaftlichezeitung.ch/basel/basel-stadt/man-nimmt-tote-und-schwerverletzte-in-kauf-basler-linke-kaempft-gegen-gummischrot-einsaetze-133973290

+++BLEIERNE JAHRE ITALIEN
Im Tessin löst mutmasslicher Ex-Rotbrigadist eine neue Polemik aus
Der Auslieferung des früheren Linksterroristen Cesare Battisti an Italien hat im Tessin eine Polemik um den Ex-Rotbrigadisten Alvaro Baragiola ausgelöst. Dieser hatte sich vor 30 Jahren erfolgreich gegen eine Auslieferung an Italien gewehrt.
https://www.luzernerzeitung.ch/newsticker/schweiz/im-tessin-lost-mutmasslicher-ex-rotbrigadist-eine-neue-polemik-aus-ld.1086064

+++KNAST
bernerzeitung.ch 17.01.2019

Gefangene müssen bald zügeln

Burgdorf – Die Aussenwohngruppe der Justizvollzugsanstalt Hindelbank dürfte im nächsten Jahr aus der Villa Schnell beim Bahnhof Burgdorf Steinhof ausziehen.

Urs Egli

Geplant war alles ganz anders. Nach dem Umzug des Frauengefängnisses Hindelbank in einen Neubau auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt (JVA) Witzwil wäre auch die Aussenwohngruppe im Berner Seeland heimisch geworden. Doch dann, im Oktober 2013, beerdigte der Regierungsrat die Umzugspläne wegen kaum zu erfüllender Umweltvorgaben.

Für die JVA Hindelbank bedeutete dieser Entscheid eine Stärkung des bestehenden Standortes im Emmental. Trotzdem kommt es zu einer Änderung der Organisationsstruktur. Konkret: Die Aussenwohngruppe, die seit 20 Jahren in der Villa Schnell beim Bahnhof Steinhof untergebracht ist und zwölf Plätze umfasst, dürfte im kommenden Jahr von Burgdorf nach Hindelbank umziehen.

Auf einer Parzelle zwischen Bernstrasse/Wylerweg/Innerhofweg plant der Kanton Bern den Bau eines Gebäudes mit vier Wohnungen. In diesen werden jene Frauen leben, die relativ kurz vor der Haftentlassung stehen. Der Umzug von Burgdorf nach Hindelbank mache Sinn, weil der Betrieb so effizienter geführt werden könne, erklärte Lorenzo Lolli, Abteilungsleiter beim Amt für Grundstücke und Gebäude der bernischen Baudirektion. Wie der Kanton Bern die 1867 erbaute Villa Schnell nach dem Auszug der Aussenwohngruppe nutzen wird, steht noch nicht fest.

Baubeginn steht bevor

Gegen das im letzten Sommer publizierte Baugesuch gab es eine Einsprache. Diese ist nun vom Regierungsstatthalteramt Emmental behandelt worden. «Jetzt liegt der Bauentscheid vor», sagte Hindelbanks Gemeinderatspräsident Daniel Wenger auf Anfrage. Allerdings müsse noch die Einsprachefrist abgewartet werden.

Falls diese ungenutzt bleibt, dürften im Frühling die Baumaschinen auffahren. «Wir gehen davon aus, dass die Aussenwohngruppe im Jahr 2020 wird einziehen können», hofft Lolli.

Der neue Standort befindet sich nicht auf dem Areal der Anstalten Hindelbank, sondern am Wylerweg, der nach etwa einem Kilometer beim Schloss endet. Die Wohngruppe ist bewusst extern. Der Grund: Sie dient vor allem eingewiesenen Frauen mit längeren Strafen als Brücke zwischen dem Vollzug im Gefängnis und der Wiedereingliederung.

Der Alltag in der offenen Aussenwohngruppe komme dem Alltag in der Freiheit näher, als dies im Hauptbetrieb der Anstalten der Fall sei, heisst es in einem Vollzugskonzept des Frauengefängnisses. Unter realitätsnahen Bedingungen und mit immer grösser werdenden Freiräumen zur Bewährung «bereiten sich die Eingewiesenen in der Aussenwohngruppe gezielt auf die gesellschaftliche Wiedereingliederung vor». Die Frauen teilen sich Wohnungen und gemeinsame Räume. Einzelne Frauen gehen bereits auswärts einer Arbeit nach. Die Aufenthaltsdauer beträgt 3 bis 18 Monate.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/emmental/gefangene-muessen-bald-zuegeln/story/30125621)

Häuser neben Gefängnis sollen weichen
Zwei Wohnhäuser stehen sehr nah am Zaun des Frauengefängnisses Hindelbank. Nun sollen sie abgebrochen werden.
https://www.bernerzeitung.ch/region/emmental/haeuser-neben-gefaengnis-sollen-weichen/story/22005056

bernerzeitung.ch 17.01.2019

Thorberg will Antennen für Handyabwehr installieren

Im Zeitalter der Smartphones kann es für Gefängnisse gravierende Folgen haben, wenn Insassen ein Mobiltelefon in die Finger bekommen. Deshalb setzen die Anstalten immer stärker auf Detektionsgeräte.

Philippe Müller

Mischa Nacimiento bewegt sich langsam durch den Gang. Er will möglichst kein Geräusch verursachen. Wenn man ihn hört, scheitert seine Aktion im gleichen Moment. Er hat den Blick auf ein Gerät in seiner Hand gerichtet, das so gross ist wie ein Funkgerät. Es ist ein Handydetektor.

Nacimiento gehört zum Sicherheitspersonal der Justizvollzugsanstalt (JVA) Witzwil und will an diesem Abend herausfinden, ob einer der Gefangenen in seiner Zelle verbotenerweise ein Mobiltelefon in seinem Besitz hat. Dazu bleibt er vor jeder Zellentür kurz stehen und überprüft, ob der optische Balken auf dem Display des Detektors ausschlägt. Ein Handy sendet Signale aus, wenn es eingeschaltet ist.

Kontrollgänge wie diese führen er und seine Arbeitskollegen in der JVA Witzwil regelmässig durch. Denn es ist den Insassen jedes Regionalgefängnisses und jeder Justizvollzugsanstalt streng verboten, ein Mobiltelefon zu besitzen.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Mit einem Handy – erst recht im Zeitalter der immer smarter werdenden Smartphones – lässt sich im Extremfall eine Flucht planen. Ein verurteilter Pädophiler könnte in seiner Zelle kinderpornografisches Material konsumieren. Ein anderer Gefangener könnte versuchen, Kontakt zu einem früheren Opfer aufzunehmen.

Dass ein Insasse im besten Fall das Gerät nur benutzt, um Kontakt zu seiner Familie zu halten, die im Ausland lebt, macht für Hans-Rudolf Schwarz keinen Unterschied: «Der Besitz eines Mobiltelefons ist ein schwerer Verstoss gegen die Hausordnung und wird mit mehreren Tagen Arrestzelle sanktioniert», sagt der Direktor der JVA Witzwil. Das bedeutet, dass der Gefangene 23 Stunden pro Tag eingeschlossen, von den anderen Mitinsassen separiert ist und vorerst nicht zur Arbeit gehen darf.

Lockerere Haftbedingungen

In Witzwil findet das Sicherheitspersonal pro Monat durchschnittlich 4 Mobiltelefone. Letztes Jahr waren es gesamthaft sogar 57. Dies bei 166 Gefangenen. Um diese auf den ersten Blick recht hohe Zahl zu relativieren, muss man die besondere Situation der JVA Witzwil kennen: Die grosse Mehrheit der Gefangenen – rund 150 an der Zahl – befindet sich im offenen Strafvollzug.

Diese Männer stehen in der Regel kurz vor der Entlassung in die Freiheit und müssen in der Anstalt resozialisiert und auf die Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorbereitet werden. Das bedeutet, dass die Haftbedingungen deutlich lockerer sind als in einer herkömmlichen JVA. Die Gefangenen arbeiten tagsüber auf den Feldern der JVA Witzwil, die ihres Zeichens mit 700 Hektaren Fläche und mehr als 1500 Tieren der grösste Bauernbetrieb der Schweiz ist, und sind nachts in ihrer Zelle eingeschlossen.

Bei der Rückkehr vom Feld oder aus dem Stall müssen die Gefangenen keinen Metalldetektor passieren. Es ist für sie ein Leichtes, sich von einem Angehörigen in einer bestimmten Ackerfurche ein Smartphone deponieren zu lassen. Einen Fluchtversuch werden sie damit aber mit ziemlicher Sicherheit nicht planen. «Wer in Witzwil flüchten will, braucht kein Mobiltelefon», macht Schwarz lächelnd deutlich.

Ein kecker Abgang durch die Felder bei der täglichen Arbeit wäre da naheliegender. «Unser Auftrag ist es vielmehr, zu verhindern, dass ein Gefangener im Strafvollzug seine kriminelle Karriere fortsetzt», sagt Schwarz. Deswegen brauche es auch in Witzwil Handykontrollen.

Dieses Widerspruchs von offenem Vollzug auf der einen und den strengen Kontrollen in den Zellen auf der anderen Seite ist sich Schwarz bewusst. «Es ist und bleibt aber so, dass Mobiltelefone ein Sicherheitsrisiko darstellen und deshalb verboten bleiben.» Der offene Vollzug müsse andere Lösungen finden, die Gefangenen mit der Digitalisierung vertraut zu machen.

Denn digitale Kompetenz sei eine der Grundvoraussetzungen, um später draussen eine Arbeitsstelle zu finden. Ohne ins Detail zu gehen, kündigt Schwarz an, dass die JVA Witzwil demnächst das Projekt «Smart Prison» starten werde, das genau diesen Themenbereich zum Inhalt haben wird.

Thorberg: Handys im Körper

Deutlich problematischer als in Witzwil sind hereingeschmuggelte Smartphones in der JVA Thorberg ob Krauchthal. Denn dort sitzen mitunter die gefährlichsten Straftäter der Schweiz. Ein Smartphone in den falschen Händen könnte hier schwerwiegende Folgen haben. Deswegen setzt auch der Thorberg regelmässig und unangekündigt auf Kontrollen mit dem mobilen Detektor.

In den Jahren 2017 und 2018 hat das Thorberg-Personal jeweils 17 Mobiltelefone gefunden. Dass jeweils gleich viele Geräte aufgespürt wurden, hält Direktor Thomas Egger für Zufall. «Die Funde zeigen uns, dass wir ein Problem haben mit hereingeschmuggelten Smartphones. Das nehmen wir sehr ernst.» Aus dem illegalen Handybesitz hinter Gittern habe bisher nie ein Fluchtversuch resultiert. «Dennoch haben wir Handlungsbedarf.»

Reagieren kann der Thorberg auf zwei Arten: bei der Eingangskontrolle der Besucher und bei der Überwachung der Funksignale. Die Kontrollen sind schon heute streng und vergleichbar mit jenen am Flughafen. «Bei der physischen Durchsuchung der Besuchenden sind uns jedoch Grenzen gesetzt.»

Egger spricht dabei etwa die Möglichkeit an, dass Besucher ein kleines Smartphone auf dem Körper versteckt oder gar in einer Körperöffnung in die Anstalt schmuggeln. «In einem solchen Fall können wir nicht viel machen.»

Eine Möglichkeit sei es, vor einem verdächtigen Besuch die Kantonspolizei zu informieren, die dann die entsprechende Person durch medizinisches Personal intensiv untersuchen lasse. «Dafür brauchen wir aber vorab entsprechende Hinweise und Vorlaufzeit», so Egger.

Abwehr kostet halbe Million

Die andere Variante ist es, von den mobilen Suchgeräten wegzukommen und auf eine fest installierte Handyabwehranlage zu setzen. Damit macht etwa die JVA Lenzburg gute Erfahrungen, wie das Bundesamt für Justiz in seinem aktuellen Informationsmagazin schreibt. Eine gleich moderne Anlage wie in Lenzburg mit Sensoren in den Innenräumen kommt auf dem Thorberg allerdings nicht infrage.

Die Verlegung der Leitungen wäre in den denkmalgeschützten und alten Gebäuden zu kompliziert und zu teuer. Dennoch will der Thorberg im Vergleich zu heute einen Schritt nach vorn machen: Ein externes Büro hat den Auftrag bekommen, verschiedene Systeme auf ihre Eignung zu prüfen.

Favorit ist derzeit ein Modell, das mit mehreren Antennen auf den Gebäuden funktioniert. Die Antennen wären auf jedes bekannte Mobilfunksignal programmiert. Sie würden jeden Aufbau einer Mobilfunkverbindung aus dem Innern der Anstalt aufnehmen und haargenau lokalisieren. Dem Thorberg-Personal in der Zentrale würde auf einem Bildschirm auf dem Grundriss ein blinkender Punkt angezeigt, wo sich das Smartphone befindet.

«Diese permanente und automatische Art der Überwachung wäre genauer und zuverlässiger als die heutige manuelle Methode», sagt Egger. Allerdings würde ein solches System Beschaffungs- und Installationskosten von rund einer halben Million Franken bedeuten. «Wir werden das Projekt noch dieses Jahr mit der kantonalen Verwaltung und dem Bundesamt für Justiz besprechen.» Eine allfällige Inbetriebnahme hält Egger frühstens für das Jahr 2021 für realistisch.

In flagranti erwischt

In Witzwil ist eine fixe Handyabwehranlage kein Thema. «Das würde dem Grundsatz des offenen Strafvollzugs diametral widersprechen», sagt Direktor Schwarz. «Der offene Vollzug braucht Übungsfelder. Die Einhaltung des Handyverbots sagt etwas aus über die Fähigkeit und den Willen, Regeln zu befolgen.» Die Kontrollen brauche es, sie müssten aber verhältnismässig und dem jeweiligen Haftregime angepasst sein. Dass die Ausgangslage auf dem Thorberg eine ganz andere ist und es dort schärfere Massnahmen braucht, anerkennt Schwarz.

Mischa Nacimiento bleibt vor einer Zellentür in einer der Wohngruppen stehen. Der Balken auf seinem Handydetektor schlägt stark aus. Er gibt seinem Kollegen René Frieden ein Handzeichen. Dieser zückt den Schlüsselbund und schliesst die Tür auf. «Guten Abend», sagt Nacimiento, als er die Zelle betritt.

Es folgt ein kurzer, unaufgeregter Dialog, der beidseits mit einem freundlichen «Gute Nacht» endet, bevor die beiden Sicherheitsleute wieder aus der Zelle kommen. In der Hand hält Nacimiento ein kleines schwarzes Mobiltelefon der älteren Generation.

«Der Gefangene hat es ohne Widerstand herausgerückt.» Das sei nicht immer der Fall, weshalb sie auch stets zu zweit die Zelle betreten würden. Zurück im Kommandoraum füllt René Frieden den Disziplinarrapport aus. Der Insasse wird die nächsten Tage in derArrestzelle verbringen müssen. Allein. Und ohne Telefon.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/thorberg-will-antennen-fuer-handyabwehr-installieren/story/17510856)

-> https://www.blick.ch/news/schweiz/mittelland/sicherheitsrisiko-im-knast-thorberg-will-handy-abwehr-anlage-installieren-id15121502.html

Alltag im Knast – ein Besuch im Massnahmenzentrum Bitzi in Mosnang
Die Gefängnislandschaft im Kanton St. Gallen ist im Umbruch, Bazenheid wird bis 2024 geschlossen. Einziges verbleibendes Gefängnis der Region ist das Massnahmenzentrum Bitzi in Mosnang. Höchste Zeit, einmal einen Blick hinter die Gefängnismauern zu werfen.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/wil/alltag-im-knast-ld.1085802