antira-Wochenschau: Nutella, Banane, Karin Keller-Sutter

Widerständiger Rückblick auf eine Woche voller Rassismus.

 

Was ist neu?

Abschiebungen: Der Bundesrat will das Regime in Eritrea salonfähig machen
Diese Woche hat der Bundesrat beschlossen das Waffenembargo sowie die Finanzsanktionen und das Reiseverbot der Schweiz gegen Eritrea aufzuheben. Der Bundesrat folgt dabmit der UNO. Diese hat wegen den „positiven Entwicklungen“ in Eritrea die Sanktionen ebenfalls aufgehoben. Die Situation in Eritrea ist aber alles anderes als positiv. Seit dem Frieden mit Äthiopien hat sich für Eritreer*innen nichts geändert. Täglich verlassen hunderte Menschen das Land aufgrund von Gewalt, der Diktatur, dem Nationaldienst sowie der aussichtlosen Situation. Doch nach diesen Fluchtursachen und der Regime-Verantwortung wird beim Lockern der Sanktionen nicht gefragt. Dem Bundesrat geht es eher darum das Regime als glaubwürdigen Partner zu präsentieren, um die von rechts geforderten Massenabschiebungen nach Eritrea durchzusetzen.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-73316.html

Kriminalisierung von Solidarität 1: Anti-Terrorismusgesetz wird gegen solidarische Personen eingesetzt
Nebst der Kriminalisierung von Geflüchteten ist auch die Kriminalisierung von Solidarität mit Geflüchteten hoch im Kurs. In Grossbritannien wurden 15 Personen verurteilt. Im März 2017 hatten sie einen Ausschaffungsflug am Flughafen von Essex verhindert. Die Angeklagten schnitten ein Loch in den Maschendrahtzaun, der den Flughafen umgibt, legten sich hinter das Flugzeug und ketteten sich zusammen. Die Blockade war erfolgreich, das Flugzeug konnte nicht abheben und die Migranti*nnen blieben vorerst im Land. Am Mittwoch wurden die 15 Aktivist*innen – nach fast dreitägiger Beratung und einem neunwöchigen Prozess – verurteilt. Ihnen wird „Gefährdung der Sicherheit des Flughafens“ vorgeworfen – ein Vergehen, das im Extremfall mit lebenslanger Haft bestraft werden kann. Die Verkündung des Strafmasses wird im Februar erwartet.
https://www.theguardian.com/uk-news/2018/dec/10/activists-convicted-of-terror-offence-for-blocking-stansted-deportation-flight?fbclid=IwAR20k_LlUJpR3OUUXrSZtjE42mHke9v2AQGrx-c4pzhnuOZqBjjRk_8RbpA
https://www.woz.ch/1850/was-weiter-geschah/wo-recht-zu-unrecht-wird

Kriminalisierung von Solidarität 2: Verurteilung der 7 von Briançon
Auch im französischen Briançon stehen Menschen wegen ihrer Solidarität mit Geflüchteten vor Gericht. Sieben Aktivist*innen sollen bei einer Aktion gegen rechte Identitäre an der französisch-italienischen Grenze geholfen haben, Migrant*innen über die Grenze zu bringen. Damals zog eine Demo mit ca. 200 Personen von Italien nach Frankreich über die Grenze. In Frankreich angekommen, wurden drei Aktivist*innen verhaftet. Sie verbrachten elf Tage in Untersuchungshaft, dann folgten 25 Tage Hausarrest mit Meldepflicht und Ausreisesperre. Anfang November wurde gegen sie und vier weitere Personen ein Verfahren wegen »bandenmäßiger Beihilfe zur Einwanderung von illegalen Ausländern« eröffnet. Am Donnerstag folgte nun die Verkündung des Strafmasses. Eleonora, Benoit, Théo, Bastien und Lisa wurden je zu 6 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Juan und Mathieu wurden zu 12 Monaten Gefängnis verurteilt, wovon 8 auf Bewährung sind.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1107682.briancon-aktivisten-auf-der-anklagebank.html
https://www.ledauphine.com/hautes-alpes/2018/12/13/7-de-briancon-une-centaine-de-personnes-en-soutien

Kriminalisierung von Solidarität 3: Verurteilung von Anni Lanz
Und schliesslich wurde auch Anni Lanz am Freitag in Brig verurteilt. Sie hatte im Februar 2018 einem Migranten über die Grenze in die Schweiz geholfen. Der Mann wurde zuvor trotz seines psychisch schlechten Zustandes unter Anwendung der Dublin-Verordnung von der Schweiz nach Italien abgeschoben. Das Zentrum für registrierte Asylsuchende in Italien nahm ihn aber nicht auf, weshalb er bei minus 10 Grad im Freien schlafen musste und Erfrierungen hatte. An der Grenze von Gondo wurde Anni Lanz jedoch angehalten. Wegen «Erleichterung der rechtswidrigen Einreise in die Schweiz» (Art. 116, Abs. 2 des Ausländergesetzes) wurde sie mit einer bedingten Geldstrafe von 1500 Franken, einer Busse von 300 Franken und 400 Franken Verfahrenskosten bestraft. Lanz legte daraufhin Rekurs ein. Am Freitag wurde Lanz nun vor dem Gericht in Brig verurteilt. Der zuständige Richter hob die bedingte Geldstrafe auf, erhöhte aber gleichzeitig die Busse auf 800 Franken. Mit dem Rekurs stiegen auch die Verfahrenskosten, die Anni Lanz auferlegt werden, auf 1400 Franken.
https://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/schweiz/dok/2018/anni-lanz-fluechtlingshelferin-in-brig-verurteilt/
https://www.nau.ch/news/schweiz/menschenrechtsaktivistin-anni-lanz-schuldig-gesprochen-65462406
https://soundcloud.com/radiorabe/stehen-menschenrechte-uber-dem-auslandergesetz-der-fall-anni-lanz

Antiziganismus: (Kein) Platz für nicht-schweizer Fahrende – In Gampelen wird für zwei Jahre ein Transitplatz eingerichtet
Der Platz befindet sich gut zwei Kilometer südlich des Dorfes Gampelen (BE) auf kantonseigenem Land. Nachdem sich die bernischen Behörden nun seit Jahren nicht um einen anständigen dauerhaften Transitplatz gekümmert haben, fällt ihnen nun nichts anderes ein als ihn direkt neben das Gefängnis Witzwil zu stellen. Nachdem die Behörden jahrzehntelang Fahrende administrativ einknasteten und ihnen die Kinder geraubt haben, erscheint der von den berner Behörden vorgesehene neue Transitplatz schlicht zynisch.
https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/platz-fuer-fahrende-in-gampelen-wird-fuer-zwei-jahre-ein-transitplatz-eingerichtet

Rassistische Kackscheisse: In der Schweiz
Daniel Wicki, der Gemeindeschreiber von Boswil machte auf Facebook wiederholt rassistische Posts und rief dazu auf, Asylsuchende zu erschiessen. Rückendeckung erhielt er dabei von Gemeindeammann Michael Weber (SVP). Inzwischen ist Wicki beurlaubt, ob er seinen Job behalten kann, ist noch unklar. Vom Erschiessungs-Post hat er sich distanziert – zu seinen anderen rassistischen Posts steht er aber weiterhin und schwafelt – wie so oft wenn Rechte auf ihre Kackscheisse angesprochen werden – von Meinungsfreiheit. Die SP Boswil will nun juristisch klären lassen, ob die Facebook-Posts einen Straftatbestand erfüllen. SP Nationalrat Cédric Wermuth, der selber in Boswil aufgewachsen ist, lancierte eine Online-Petition, in der die Entlassung des Gemeindeschreibers gefordert wird.
Boswil war nicht der einzige Schauplatz für offensichtlichen Rassismus: Diese Woche bewarf ein Zuschauer den franzöischen Fussballspieler Aldo Kalulu bei einem Spiel in Zürich mit einer Banane – eine rassistische Geste mit langer Geschichte im Fussball.
Petition: https://actionsprout.io/62BBE0?fbclid=IwAR20uknW6esETomVcVfpb_Fr9lc4hJH1MsHapr79Qvr4ZcLhd2kztjl-K4c
https://www.derbund.ch/schweiz/standard/strafanzeige-gegen-umstrittenen-gemeindeschreiber/story/30418367
https://www.nau.ch/news/schweiz/boswil-ag-beurlaubt-gemeindeschreiber-wegen-hetze-auf-facebook-65463508
https://www.watson.ch/sport/fussball/591256648-bananen-wurf-gegen-kalulu-liga-ermittelt-nach-rassismus-eklat-in-basel
https://www.tagesanzeiger.ch/sport/fussball/die-rueckkehr-der-banane-muss-uns-alle-aufruetteln/story/15374273

Migrationsregime: Frontex soll vertrauliche Sicherheitsinformationen an “libysche Küstenwache” weitergeben
Die EU-Grenzagentur hat ihre Überwachungsfähigkeiten massiv verstärkt. Die gewonnenen Daten will sie jetzt an die sogenannte “libysche Küstenwache” weitergeben. Behörden in Libyen sollen noch im Dezember an das europäische Überwachungssystem EUROSUR bzw. an die Teilüberwachungsstruktur „Seepferdchen Mittelmeer“ angeschlossen werden. Die Plattform vernetzt die Sicherheitsbehörden der EU-Mittelmeeranrainer Italien, Malta, Griechenland, Zypern, Frankreich, Spanien und Portugal. Die “Libysche Küstenwache” erhielte beispielsweise die Koordinaten von Booten mit Geflüchteten, um diese nach Libyen zurückzubringen. Das ist illegal, denn EUROSUR steht ausschließlich den Mitgliedstaaten der Europäischen Union offen. Durch die Hintertür wird jetzt Libyen angeschlossen. Dieser Rechtsbruch soll in Zukunft legal werden, indem die EUROSUR-Verordnung hinsichtlich der Weitergabe von sensiblen Informationen an Drittstaaten überarbeitet wird.
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/seepferdchen-mittelmeer-ueberwachung-grenze-libyen-europa-eurosur-eu/
https://andrej-hunko.de/presse/pressemitteilungen/4330-bevorstehender-anschluss-libyens-an-eu-ueberwachung-ist-rechtswidrig

Asylregime: Auf was wir uns bei Karin Keller-Sutter einstellen können
Sie ist eine Vorreiterin in Sachen Asylgesetzverschärfungen. Im Juni 2006 nahm die damalige St. Galler FDP-Regierungsrätin Karin Keller-Sutter an einer Pressekonferenz des Bundes teil. An der Pressekonferenz sagte sie, dass eine Beugehaft – weil die Sprache eine Waffe ist, nannte sie es «Durchsetzungshaft» – als Ergänzung zur Ausschaffungshaft nötig sei, um Illegalisierte zur Mithilfe beim Auftreiben von fehlenden Papieren zu zwingen. Die Haft sollte achtzehn Monate dauern. Achtzehn Monate unbedingt. Der Vorschlag kam durch.
Im Januar 2009 zog Keller-Sutter eine Bilanz. Sie sagte, die Bilanz falle «durchzogen» aus. Mit «durchzogen» meinte Keller-Sutter folgendes: Seit dem 1. Januar 2007 waren im Kanton St. Gallen 23 Papierlose mit negativem Asylentscheid in Beugehaft gesetzt worden. Von den 23, angesichts der Emotionalität der Debatte eine auffallend niedrige Zahl, konnten oder wollten sich jedoch nur drei dem Kooperationszwang beugen. Zwanzig hingegen wurden nach Ablauf der achtzehn Monate Haft auf freien Fuss gesetzt. Sie tauchten unter. Kosten: Rund drei Millionen Franken. Effekt: 20 von 23 abgetaucht. Dieses teure Debakel scheint Keller-Sutter nicht geschadet zu haben, jetzt wird sie wohl ähnliche rassistische Gewaltmassnahmen auch als Bundesrätin durchsetzten wollen.
https://www.woz.ch/0904/asylgesetz/edle-worte-ueble-taten

 

Was ist aufgefallen?

Abschiebungen: Sicherheitsdekret treibt abgewiesene Personen in Italien in die Obdachlosigkeit
Das kürzlich vom italienischen Parlament verabschiedete und von Präsident Matarella formell bestätigte ‚Decreto sicurezza‘ hebt den humanitären Schutz für Geflüchtete auf, die keinen Flüchtlingsstatus haben. Dies hat zur Folge, dass Dutzende von Migrant*innen die sog. ‚Willkommenszentren‘ verlassen müssen und seitdem auf der Straße leben. In Crotone, einer Provinz in der Region Südkalabrien wurden am vergangenen Freitag 24 Menschen gezwungen, ein Zentrum in der Stadt Isola Capo Rizzuto zu verlassen; unter ihnen eine Familie mit einem fünf Monate alten Baby. Bewohner*innen des Ortes unterstützen die Geflüchteten mit einem Fackelzug unter dem Motto ‚Crotone bleibt menschlich‘. Unter diesen Umständen sind Dublin-Rückschaffungen nach Italien sofort zu stoppen. Dies fordern sogar die schweizerische Flüchtlingshilfe und das danish Refugee Council in ihrem gemeinsamen Monitoring-Bericht.
https://ffm-online.org/italien-sicherheitsdekret-treibt-gefluechtete-ohne-status-in-die-obdachlosigkeit/
https://www.fluechtlingshilfe.ch/medien/medienmitteilungen/2018/die-schweiz-muss-ihre-dublin-praxis-aendern.html

Abschiebungen: Die Behörden präsentieren die neusten Zahlen
Die schweizer Behörden schoben dieses Jahr bereits 4500 Personen unter Zwang ab. Bemerkenswert ist aber, dass sich in derselben Persiode insgesamt 5015 Personen dem Asylregime entzogen, indem sie untertauchten. Gemäss der Asylstatistik sind die wichtigsten Herkunftsländer von (geflüchteten) Migrant*innen Eritrea, Afghanistan, Syrien, Türkei und Algerien. In genau diese Staaten wollen die Behörden um jeden Preis abschieben. In einer Antwort an das Parlament fasste der Bundesrat Ende November den aktuellen Stand in Sachen Ausschaffungsgewalt zusammen:
– Eritrea: Das Regime sei nicht bereit, Zwangsausschaffungen zu akzeptieren, doch es finden derzeit Verhandlungen statt. Abgewiesene Eritreer*innen sollen deshalb in der Nothilfe isoliert werden und auf ihre Abschiebung warten.
– Algerien: Sonderflüge nach Algerien finden keine statt. Zwangsausschaffungen per Linienflug (mit oder ohne Polizeibegleitung) sind hingegen möglich. So wurden 2018 bereits 53 Menschen abgeschoben. 2017 waren es 30 Personen.
– Afghanistan: Ein Rückübernahmeabkommen besteht seit 2006. Dieses Abkommen sieht Zwangsausschaffungen per Linienflug vor. Derzeit prüfen die Behörden, ob sich die Schweiz an Zwangsabschiebungen im Rahmen von europäischen Sammelflügen beteiligen kann.
– Irak: Im Juni 2017 führte das SEM den ersten Sonderflug von Genf nach Bagdad durch. Seit Mitte Juli 2018 wird über die Abschiebung von Personen mit straffälligem Hintergrund diskutiert.
Türkei: Ein Abschiebungsabkommen ist bereit um von Erdogan und Keller-Suter unterzeichnet zu werden.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-73341.html
https://www.parlament.ch/DE/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20183809

Grenzregime: Marokkanische Regierung als brutaler neuer “Pionier” im Grenzregime
Marokko, der Ort an dem das Treffen um den Migrationspakt stattfand, nimmt eine immer wichtigere Rolle im Grenzregime ein. Als einziges Land mit einer Landesgrenze zwischen der EU und Afrika (bei den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla) und einer Selbstdefinition nicht nur als «Transit-» sondern als «Zielland» wird Marokko immer mehr zum Liebling der Regierungschef*innen Europas. So hat beispielsweise Marokko seit 2006 ein Abkommen mit Spanien um gegen Geld die spanischen Grenzen zu schützen. Menschen, welche die Zäune überklettern, werden sofort nach Marokko zurückgebracht. Regierungschef Saad-Eddine el Othmanis Vision von Marokko als „Pionier“ bei Migrationsfragen nimmt aber noch andere Formen an: Marokkanisches Militär löst regelmäßig mit Razzien informelle Siedlungen von subsaharischen Migrant*innen vor Ceuta und Melilla auf, teils nimmt sie diese auch in Wohngebieten, etwa in Tanger, fest. Gängige Praxis ist es dabei, die Menschen weit in den Süden des Landes zu fahren und dann mittellos dort auszusetzen. Mehrfach ist es auch vorgekommen, dass marokkanische Sicherheitskräfte auf Migranti*nnen geschossen haben, die versuchten, nach Ceuta, Melilla oder Andalusien zu gelangen. Erst im September 2018 war dabei eine Frau getötet worden.
http://taz.de/Marokko-als-Migrationspakt-Gastgeber/!5554321/

Administrative Zwangsmassnahmen in der Schweiz: Minderjährige Geflüchtete werden wahrscheinlich weiter eingeknastet
Die Inhaftierung von unter 15-jährigen ist zwar eigentlich verboten, diesen Sommer kam jedoch heraus, dass in gewissen Kantonen auch unter 15-jährige eingeknastet werden. (siehe antira Wochenschau vom 27. Juli 2018). Das Schweizer Kinderhilfswerk Terre des hommes fordert jetzt in einem neuen Bericht, dass die Administrativhaft für alle Minderjährigen, auch die 15- bis 18-jährigen, verboten werden soll. Die Forderungen scheinen jedoch in dem von Rassist*innen geprägten Parlament keine Chance zu haben. Das Hilfswerk kritisiert zudem, dass präzise Informationen über Inhaftierung von Minderjährigen nicht zugänglich gemacht werden. Ausserdem seien die Zahlen, die das SEM angibt z.T. bis zu vier Mal höher als die Zahlen aus den Kantonen. Das verunmögliche es, die Situation überschauen zu können.
https://www.tdh.ch/sites/default/files/tdh_plaidoyer-ch_201811_de.pdf
https://www.nzz.ch/schweiz/ausschaffungshaft-fuer-kinder-kantone-passen-praxis-an-ld.1443422

 

Wo gab’s Widerstand?

Bern: 3000 Personen an der Demonstration “Ausschaffungen sind keine Lösung”
Letzten Samstag sind rund 3000 (geflüchtete) Migrant*innen und solidarische Personen aus Genf, Lausanne, Basel, Zürich und Luzern sowie aus dem Jura und dem Tessin nach Bern gereist, um zusammen die Ausschaffungspolitik der Schweiz zu kritisieren. Die Demonstration startete auf dem Bundeplatz. Dort sprachen Vertreter*innen der afghanischen Gruppe My life in Switzerland, der türkisch-kurdischen HDK (Demokratischer Kongress der Völker – Schweiz) und der Ethiopian Human Right and Democracy Task Force in Switzerland. Die Demonstration führte über den Kornhausplatz, wo der Nothilfeknast Prêles kritisiert wurde. Beim Waisenhausplatz wurde ein grosses Hochtransparent gehänkt und es fand eine Schweigeminute für alle verstorbenen Opfer des Grenz- und Asylregimnes statt. Die Demo endete auf der Schützenmatte. Dort gab es für alle, die im Alltag mit Isolation, Ohnmacht und Zwang konfrontiert sind, ein Augenblick der Solidarität mit Konzerten und einem gemeinsamen Essen.
https://migrant-solidarity-network.ch/2018/12/09/reden-videos-medien-bilder-der-demo-ausschaffungen-sind-keine-loesung/

Berlin: Mit Fake-Werbung gegen Rechts
In Berlin sind verfälschte Plakate von Coca Cola und Nutella aufgetaucht: „Lieber braun auf‘s Brot als braun im Kopf!“ und “Für eine besinnliche Zeit: Sag Nein zur Afd!”. Obwohl die Plakate schnell entfernt wurden, haben sie im Netz viele Reaktionen ausgelöst. Nachdem sich Coca Cola von der Afd distanzierte, versuchten einige AfDler*innen Coca Cola zu boykottieren und sich stattdessen mit Pepsi, Afri-Cola oder Fritz-Cola abzubilden, doch kein*e Getränkehersteller*in will die AfD. Wenn das so weitergeht, können die AfDler*innen bald keine braune Koffeinzuckerbrause mehr trinken.
https://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/mit-fakewerbung-gegen-rechts/story/19625997

 

Was steht an?

Demo “Kapitalismus heisst Krieg – Rüstungsindustrie angreifen!”
15. Dezember | 14 Uhr | beim Sternen Oerlikon, Zürich
“Im vergangenen Juni beschloss der Bundesrat auf Anregung der Rüstungsindustrie, die Restriktionen für Waffenexporte von Schweizer Unternehmen zu lockern. Damit dürften schweizer Rüstungsgüter auch legal in Länder exportiert werden, die in interne bewaffnete Konflikte verwickelt sind. Aufgrund des Widerstands, der sich gegen die Vereinfachung von Waffenexporten formierte, verzichtet der Bundesrat nun vorerst auf die geplante Lockerung. Dies ist aber nicht genug! Auch ohne diese Lockerung sorgen Schweizer Waffen auf der ganzen Welt für Verletzte und Tote. Nur die Lockerung der Kriegsmaterialexporte zu kritisieren, greift deshalb zu kurz: Auch gut kontrollierte und regulierte Waffenexporte, betrieben von profitorientierten Unternehmen, gilt es anzuprangern und zu bekämpfen. Eine humane Rüstungsindustrie kann es nicht geben. Sie existiert nur aus dem Grund, Rüstungsgüter zu verkaufen und damit Profite zu generieren. Die menschlichen Opfer, die die verkauften Rüstungsgüter fordern, sind ihr dabei egal. Innerhalb des kapitalistischen Wirtschaftssystems wird sich dies auch nie ändern, denn Profite stehen immer über Menschenleben. Waffenexporte und Profitinteressen sind daher nie vereinbar mit dem guten Leben für alle. Gehen wir deshalb auf die Strasse gegen Waffenexporte, Krieg und Kapitalismus und für eine solidarische Gesellschaft!”
http://www.revmob.ch/?p=961

Veranstaltung: Die Schweiz und Dublin: zehn Jahre nach dem Beitritt
Samstag, 15. Dezember 2018 | 13 Uhr bis 17.30 Uhr | Mappamondo, Länggasstrasse 44, Bern
“In Dezember 2018 sind es zehn Jahre, dass die Teilnahme der Schweiz an Schengen und Dublin Realität wurde. Für Solidarité sans frontières ist es Zeit, eine kritische Bilanz zu ziehen. Eine Bilanz nicht aus Sicht der Behörden, sondern aus jener der Betroffenen und der mit ihnen solidarischen Personen.”
https://www.sosf.ch/de/agenda/die-schweiz-und-dublin-zehn-jahe-nach-dem-beitritt.html?zur=41

 

Hörenswertes/ lesenswertes:

Den Toten ein Gesicht geben – RaBe-Info 11.12.2018
“Seit Anfang der 90er Jahre seien über 30’000 Menschen wegen der europäischen Migrationspolitik verstorben. Das Netzwerk United for Intercultural Action erstellt diese Liste und führt sie laufend fort. Gestern nun, am internationalen Tag der Menschenrechte, veröffentlichten die zwei Journalistinnen Kristina Milz und Anja Tuckermann das Buch Todesursache: Flucht. Eine unvollständige Liste. Es basiert auf der Liste von United for Intercultural Action, porträtiert aber auch Menschen, welche auf der Flucht vor Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung gestorben sind. Sei es in der Wüste Libyens, ertrunken im Mittelmeer oder durch Suizid in Europa aus Angst vor Abschiebung.
Mit dem Buch wollen die Autorinnen die Toten aus der Anonymität holen. Sie wollen ihre Gesichter und Geschichten bekannt machen, damit die Migrationsstatistiken nicht weiterhin abstrakt bleiben.”
https://rabe.ch/2018/12/11/den-toten-gefluechteten-ein-gesicht-geben/

Podcast: Das Geschäft mit Geflüchteten – Endstation Libyen
“Für die Menschen, die Tausende Kilometer nach Libyen gereist sind, um nach Europa überzusetzen, wird die EU-Grenzsicherung zunehmend zur Falle. Denn die Schleuser*innen in Libyen haben ihr Geschäftsmodell geändert: Nun verhindern sie die Überfahrt, kassieren dafür von der EU und verkaufen die Migrant*innen als Sklav*innen.”
https://www.deutschlandfunkkultur.de/das-geschaeft-mit-den-fluechtlingen-endstation-libyen.3720.de.html?dram:article_id=431360

Eine von Ausschaffung bedrohte Person berichtet:
“The ‘Stansted 15’ face jail for stopping my flight from taking off. They helped me see justice – and the birth of my daughter”
https://www.theguardian.com/commentisfree/2018/dec/10/stansted-15-protesters-deportation

Echo der Zeit berichtet über den kolonialen Raub von Kulturgütern
Kunstwerke aus fernen Ländern sind in Museen in vielen Städten Europas anzutreffen. Wissenschaftler*innen aus aller Welt fordern, dass diese Werke zurückgegeben werden müssten. Dies sei auch eine Chance für eine gemeinsame globale Geschichtsschreibung. Gespräch mit Bernhard C. Schär, Historiker an der ETH Zürich.
https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=04172e91-ebb5-4dee-b307-87cf3a89d411&startTime=0.961

Gratis-Downloads eines Praxisbuchs sowie einer Einführung in die theoretischen Grundlagen einer “Diskriminierungskritischen Schule”
https://adis-ev.de/blog/2018/11/27/praxisbuch-diskriminierungskritische-schule/
https://adis-ev.de/blog/2018/11/27/diskriminierungskritische-schule-einfuehrung-in-theoretische-grundlagen/

 

antira sucht:
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