Was ist neu?
Asylregime: Eröffnung des „besonderen Lagers für renitente Asylsuchende“
Das Lager für „renitente Asylsuchende“ in Les Verrières (NE) wird am kommenden Montag eröffnet.
In diesem Lager sollen nur erwachsene männliche Asylsuchende untergebracht werden, die „den ordentlichen Betrieb der herkömmlichen Bundeszentren stören oder die durch ihr Verhalten die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden“. Bis übernächstes Jahr soll das Lager für bis zu 60 Asylsuchende Platz bieten. Das SEM versucht derweil weis zu machen, das „besondere Lager“ sei kein Knast. Wir lassen uns aber nicht täuschen, faktisch sind alle Asyllager Knäste. Dazu hier ein älterer aber leider immer noch sehr aktueller Artikel von antira.org:
https://antira.org/2017/01/24/the-good-and-the-bad-asylum-seeker-renitenz-as-a-new-category-in-the-swiss-migration-regime/?fbclid=IwAR1iFSMQPC7omPVCqa-ZHvjEwuVct-vxNoSfjgQ_5U-wJiyLRc8VQVMlg3w
https://www.watson.ch/schweiz/migration/118538903-kein-gefaengnis-zentrum-fuer-renitente-asylsuchende-in-les-verri-res-oeffnet-montag
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/eroeffnung-des-bundeszentrums-fuer-renitente-asylsuchende?id=3257f96e-fec5-40a5-9236-fae4b8de444d
Zahlen: Immer mehr Menschen flüchten vor Erdogan und seinem Regime
Gemäss den Asylstatistken sind Personen aus der Türkei in diesem Jahr zur drittgrössten Gruppe Asylsuchender geworden. Obwohl sich der türkische Staat unter Erdogan als demokratisches Land ausgibt, kann davon kaum die Rede sein. Vor allem Menschen in der Opposition und Kurd*innen sind gefährdet.
https://www.limmattalerzeitung.ch/schweiz/tuerken-sind-die-neuen-fluechtlinge-4-asylsuchende-erzaehlen-133779959
https://www.saiten.ch/es-braucht-den-druck-von-unten/
EU-Grenzen: Es flüchten wieder vermehrt Menschen nach Grossbritannien
Die frühere Route, auf der Menschen auf/in LKWs versteckt versuchten, durch den Eurotunnel zu gelangen, wurde mit dem Bau einer Mauer und der Räumung einer Zeltstadt bei Calais verbarrikadiert.
Nun versuchen immer mehr Menschen mit kleinen Booten den Ärmelkanal zu überqueren. In den letzten drei Wochen haben um die 100 Geflüchtete die gefährliche Überfahrt nach Großbritannien gewagt. Der britische Innenminister Sajid Javid schlägt vor, dass Großbritannien ein Rettungsschiff aus dem Mittelmeer abziehen könnte, um die zunehmende Zahl der Migrant*innen, die versuchen, über den Kanal zu kommen, zu „retten“. Tatsächlich geht es Javid aber darum, die Geflüchteten nach Frankreich zurückzuschieben und er bedient mit dem Vorschlag die in Großbritannien wegen des Brexits vorherrschende Antimigrationsstimmung.
https://www.heise.de/tp/features/Migranten-entdecken-den-Seeweg-ueber-den-Kanal-nach-Grossbritannien-4234922.html
Was ist aufgefallen?
(Post-)Kolonialismus: Nationalistischer Fokus bei der staatlichen „Entwicklungshilfe“
Entwicklungsprogramme im Globalen Süden sollen vermehrt an den Bedürfnissen von schweizer Unternehmen sowie an den nationalistischen Interessen an der Bekämpfung von Migration ausgerichtet werden. Dies hat der Bundesrat in seinen Eckpunkten für die internationale Zusammenarbeit der Schweiz 2021–2024 festgehalten. Konkret zieht sich die Entwicklungszusammenarbeit tendenziell aus Lateinamerika und Ostasien zurück. Die Gelder werden stattdessen in Regionen umgelagert, aus denen mehr Menschen in die Schweiz migrieren oder flüchten. D.h. Nordafrika, Naher Osten, Subsahara-Afrika, Zentral- Süd- und Südostasien sowie Osteuropa.
https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/seco/nsb-news.msg-id-73201.html
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-73176.html
Abschiebungen: Keine Härtefall- und Arbeitsbewilligung allein wegen guter Integration bei rechtskräftiger Wegweisung
Die berner Polizei- und Militärdirektion kam unter Druck, weil hunderte von Leuten brieflich gegen eine Ausschaffung des Eritreers Salomon Berihu interveniert haben. Sie sah sich zu einer langen Medienmitteilung veranlasst, in welcher sie darlegt, wieso sie unbedingt alle Menschen aussschaffen muss, die einen Negativeintscheid kriegen und wieso sie diese vom Arbeiten abhalten muss. Damit ein Härtefallgesuch Chancen auf Erfolg habe, „muss sich die Person in einer persönlichen Notlage befinden. Ihre Lebens- und Daseinsbedingungen müssen gemessen am durchschnittlichen Schicksal ausländischer Staatsangehöriger, namentlich verglichen mit Landsleuten in grundsätzlich ähnlicher Ausgangslage, in gesteigertem Masse in Frage gestellt sein. Bei einem illegalen Aufenthalt oder einem Aufenthalt von unter fünf Jahren ist eine Härtefallgesuch zum Vornherein ausgeschlossen.“ Dass es auch ganz anders geht, zeigt der Kanton St. Gallen: Dieser hat Familien und Einzelpersonen, die für das Härtefallgesuch in Frage kommen, gleich selbst angeschrieben und auf ihre Möglichkeiten aufmerksam gemacht, ein Gesuch einzureichen. Migrationsbehörden haben einen Spielraum – Immer. Wenn sie ihn nicht dazu nutzen, geflüchteten Menschen zu helfen, handeln sie rassistisch und menschenverachtend.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.mm.html/portal/de/meldungen/mm/2018/11/20181128_0820_keine_haertefall-undarbeitsbewilligungalleinwegenguterintegratio
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/fassler-das-ist-eine-humanitare-aktion-ld.1074206
https://www.derbund.ch/bern/kanton/kanton-wiegelt-buergerprotest-ab/story/18505684
https://www.sg.ch/news/1/2018/11/haertefall-ueberpruefung-von-amtes-wegen.html
Aufenthaltsrechte Schweiz: Nationalrat will aufgenommene Geflüchtete nicht in ihre Heimatländer reisen lassen
Der National- und der Ständerat haben sich beim Heimatreiseverbot für Geflüchtete noch nicht geeinigt. Umstritten ist, ob es weiterhin Ausnahmen geben soll vom Verbot oder nicht. Die Mehrheit im Nationalrat ist dafür, dass Niemensch mehr ins Heimtland reisen darf, auch nicht zum Begräbnis des eigenen Kindes.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2018/20181128084520811194158159041_bsd035.aspx
Institutioneller Rassismus: 7 Geflüchtete sterben bei Brand eines maroden Hauses in Solothurn
Vier Erwachsene und drei Kinder starben beim Brand des Hauses, in dem sie der Kanton einquartiert hatte. Das Haus war heruntergekommen und systematisch überbelegt. Eine sechsköpfige Familie hauste in zwei Zimmern. Offenbar sind den zuständigen Behörden des Kanton Solothurns die Geflüchteten nicht wichtig genug, um sie in anständigen Wohnungen unterzubringen. Im Echo der Zeit wurde typischerweise nicht erwähnt, dass es sich um geflüchtete Menschen handelt, die dem Brand zum Opfer fielen. Im Gegensatz dazu, wird bei „Straftaten“ quasi durchs Band die Nationalität von vermeindlichen Täter*innen erwähnt.
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Opfer-waren-alle-Asylsuchende-17056508
Was nun?
Balkanroute: Hilfe ist nötig!
Die Balkanroute hat sich während des letzten Jahres nach Westen verschoben und immer mehr Flüchtende versuchen den Weg über Bosnien. Innerhalb dieses Jahres ist die Zahl der Personen, die durch Bosnien flüchteten, von unter tausend auf über 20’000 gestiegen. Gegenwärtig sind etwa 4’000 Flüchtende im Land, die meisten im Nordwesten bei Bihać. Etwa tausend Geflüchtete leben in einer Ruine, genannt Borići. Etwa 400 leben in einem Camp, welches von der Regierung zur Verfügung gestellt wurde. Mittlerweile sind die Geflüchteten in diesem Camp sich selbst überlassen, die Bedinungen sind desolat und die Stimmung ist schlecht.
Mit dem kommenden Winter fürchten sich viele vor einer Katastrophe. Viele der Geflüchteten wollen deshalb noch vor dem Einbruch des Winters über die Grenze und so häufen sich die Berichte von gewalttätigen Übergriffen der Grenzpolizei.
Auf Hilfe von der bosnischen Regierung oder von grossen Hilfsorganisationen können die Geflüchteten nicht zählen. Neben den Einheimischen sind es vorrangig kleine Gruppen internationaler Freiwilliger, welche die Geflüchteten mit dem Nötigsten versorgen.
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/flucht-kennen-sie-hier
Wo gab’s Widerstand?
Tessin: „Besser auf der Strasse als unter der Erde“
Das Collettivo R-Esistiamo besetzte vergangenes Wochenende die Piazza Governo in Bellinzona. Mit ihrem Protestcamp wollten die geflüchteten und nicht-geflüchtete Aktivist*innen die Schliessung des Camorino-Bunkers bewirken und das schweizer Migrationsregime kritisieren: „Zwei Nächte im Freien sind nichts im Vergleich zu den Wochen, Monaten, Jahren…. in einem Bunker“.
https://www.facebook.com/Collettivo-R-ESISTIAMO-364694404043282/?tn-str=k*F
Lagerregime: Suizid eines Geflüchteten in Buochs
Mohammad Yar, ein junger Mann aus Afghanistan, der mit F-Ausweis in der Schweiz lebte, hat sich letzte Woche in Nidwalden das Leben genommen. Am Montag Abend versammelten sich etwa 80 Personen in Buochs, um Mohammad zu Gedenken.
Einmal mehr zeigt sich, wie das schweizerische Asylregime Geflüchtete mit einer Perspektivlosigkeit zermürbt und viele davon in psychischer Not keine Hilfe finden.
https://www.facebook.com/I-am-Mohammadyar-197219634529548/
https://migrant-solidarity-network.ch/2018/11/26/suizide-von-gefluechteten-bleiben-oft-unsichtbar-heute-nicht/
https://barrikade.info/We-will-never-forget-you-will-never-forgive-1652
Lagerregime: Wachsender Widerstand gegen Rückreisezentrum Prêles
100 Quadratmeter Stoff und politische Vorstösse im Grossen Rat: Der Widerstand gegen das geplante Rückreisezentrum für abgewiesene Asylsuchende kommt von verschiedenen Seiten.
https://www.derbund.ch/bern/kanton/wachsender-widerstand-gegen-rueckreisezentrum-preles/story/30121118
https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/aufruhr-um-rueckkehrzentrum/story/20705821
Bescheuerte SVP-Leute haben Angst, dass in Prêles Wanderer*innen umgebracht und Autos geklaut werden:
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-5b743027fb014334a80b4d3033d0828e.html
Basel: Riesige Antifa-Aktion verdrängt die Mini-PNOS-Demo
Über tausend Gegendemonstrant*innen gingen am vergangenen Samstag (24.11.) in Basel gegen eine bewilligte PNOS-Kundgebung auf die Strasse. Die PNOS-Kundgebung konnte nicht wie geplant stattfinden.
Trotz des Erfolgs der Gegendemonstration eskalierte die Polizei die Situation: Sie schoss mit Gummischrot auf Kopfhöhe und aus nächster Nähe. Dabei wurden mindestens drei Menschen im Gesicht verletzt. Eine Person musste ins Spital gebracht werden.
Es erscheint fragwürdig, weshalb die basler Behörden die rechtsextreme Kundgebung bewilligen und danach die Situation von der Polizei eskalieren liessen.
https://barrikade.info/Basel-Nazifrei-Starkes-Zeichen-gegen-Rechts-1648
https://www.blick.ch/news/schweiz/basel/basler-gummischrot-opfer-frederico-r-34-will-polizei-anzeigen-ich-wusch-die-wunde-mit-tequila-aus-id15036560.html
https://anarchistisch.ch/?p=2264
Was steht an?
PNOS Parteitag: Auf die Strasse gegen Faschismus und rechte Hetze
Demo | 1.12 | 14:00 | Bunt statt braun!
Aufruftext: „In Basel haben sich zahlreiche Menschen erfolgreich gegen die PNOS gestellt. Doch nun wollen sich die Faschist*innen im Raum Bern zum Parteitag treffen. Wir lassen nicht zu, dass dies stillschweigend hingenommen wird und rufen zur bunten Demo auf.“
https://barrikade.info/Demo-1-12-14-00-Bunt-statt-braun-1658
https://barrikade.info/Kein-Platz-fur-PNOS-und-andere-Nazis-1604
Demo „Ausschaffungen sind keine Lösung“
8.12.18 | Bern | 14 Uhr | Bundesplatz
Das Migrant Solidarity Network ruft auf zu einer breiten Demo gegen Ausschaffungen, koloniale_imperialistische Ausschaffungsdeals, das Dublinabkommen, sowie Ausschaffungslager und –Gefängnisse
https://migrant-solidarity-network.ch/ausschaffungen-sind-keine-loesung/
Spaziergang zu Amanuel und anderen Gefangenen
Helvetiaplatz, Luzern | Samstag 1. Dezember 2018 | 14:00 bis 18:00
Aufruftext: „Wie viele andere Menschen ist Amanuel Bekele im Gefängnis Grosshof eingesperrt. Der Staat will Amanuel nicht auf dem Gebiet der Schweiz haben. Die Behörden verweigert sie ihm einen legalen Status und versuchen ihm das Leben so schwer wie möglich zu machen. Bis er „freiwillig“ geht. Und weil er trotzdem hier bleibt, sperren sie ihn ein und versuchen ihn zu brechen.
Ist es nicht anmassend, dass die gesetzgebende Mehrheit in der Schweiz darüber bestimmt, wer hier leben darf und wer nicht? Ist es nicht anmassend, dass Polizist*innen und Richter*innen aufgrund von Gesetzen anderen Leuten die Freiheit rauben? Dies, während die Behörden ein wohlgenährtes Leben im Herzen der Festung Europa verbringen. In ihren Herzen unzufrieden aber auf einem Wohlstand, den andere für sie in Minen und Plantagen, Waschküchen und Baustellen erarbeiten.
Wir sind im Herzen und in Gedanken mit Amanuel, der sich nicht dem Willen der Gesetze beugt. Wir sind solidarisch mit all jenen, die sich der Macht widersetzen. Denn die herrschenden Gesetze sind die Gesetze der Herrschenden.
Freiheit für Amanuel. Freiheit für Alle.“
https://barrikade.info/Spaziergang-zu-Amanuel-und-anderen-Gefangenen-1630
Solidarität mit Anni Lanz
Die ehemalige Geschätsführerin von „Solidarité sans frontières“ muss sich am 6.12. in Brig vor dem Bezirksgericht verantworten, weil sie einem Geflüchteten helfen wollte, in die Schweiz zu kommen.
Am 6.12. um 13:30 findet in Brig im Stockalperschloss eine Solidaritätskundgebung statt.
https://www.sosf.ch/de/agenda/anni-lanz-in-brig-vor-gericht.html?zur=41&fbclid=IwAR1dDC9q3MtGuB7KSXmK2y768NR4Q_A-pEKTjseopSt8zeyLhiw-ZozUqaM
Hörens-/Sehens-/Lesenswertes
Buch zu Racial Profiling
Rassistische Polizeikontrollen gehören zum Alltag in Europa. Sie machen auf drastische Weise sichtbar, wer nicht als Mit-Bürger*in gilt. Während ein Großteil der Dominanzgesellschaft diese rassistische Praxis als normal empfindet, sind immer mehr betroffene Menschen nicht mehr bereit, sie widerstandslos zu akzeptieren. Der Band versammelt wissenschaftliche, künstlerische und aktivistische Beiträge zu den gesellschaftlichen Hintergründen und Wirkungsweisen von Racial Profiling und den Möglichkeiten eines intersektionalen antirassistischen Widerstands.
https://www.transcript-verlag.de/detail/index/sArticle/4432
Ein persönlicher Bericht von Mustafa Mamay aus dem Transit des Flughafen Zürich Kloten
https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=2188899687822849&id=140183842694454&__tn__=K-R
antira sucht:
Hast du Lust bei uns mitzumachen? Wir suchen Menschen, die Lust an Webseitenbetreuung, Texte schreiben oder übersetzten zum Veröffentlichen haben, oder auch sonstiges antirassistisches Zeugs machen wollen.