Was ist neu?
Grenzregime: Bundesrat ist für das neue Schengen-Informationssystem
Ab 2021 wird europaweit ein Informationssystem eingeführt (Entry/Exit-System, EES), das an den Schengen-Aussengrenzen die Reisedaten von nicht-europäische Menschen erfasst, die für einen Kurzaufenthalt in den Schengen-Raum ein- resp. aus diesen ausreisen. Zudem wird das System allfällige Einreiseverweigerungen enthalten. Das EES wird an den Schengen-Aussengrenzen betrieben, in der Schweiz also an den Flughäfen. Gleichzeitig sind auch automatisierte Grenzkontrollen durch den Einsatz moderner Technologien vorgesehen. Die Neuerungen tragen dazu bei, die Kontrolle an den Aussengrenzen weiter zu verstärken. Der Bundesrat findet das gut, als nächstes werden die Parlamentarier*innen auch noch was dazu sagen.
https://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/aktuell/news/2018/2018-11-21.html
https://antira.org/2018/09/20/schengen-fahndungen-werden-ausgeweitet/
Abschiebungen: Behörden und Politiker*innen in Deutschland wollen Geflüchtete nach Syrien und in die Maghreb-Staaten ausschaffen
Die deutschen Innenminister entscheiden kommende Woche über den generellen Abschiebestopp für Syrien und die Frage, ob „Straftäter“ oder „Gefährder“ in das Bürgerkriegsland zwangsausgeschafft werden sollen.
Gleichzeitig wollen Union, SPD, FDP und AfD die drei Staaten Algerien, Marokko und Tunesien als „sichere Herkunftsstaaten“ einstufen. Dies obwohl in Algerien und Tunesien Homosexualität strafbar ist und in Marokko politische Überzeugungen nicht frei geäussert werden können. Auch die Grünen und ‚die Linke‘ sind bereit, darüber zu verhandeln.
https://www.queer.de/detail.php?article_id=32387
https://www.proasyl.de/pressemitteilung/ramelow-fuer-einstufung-der-maghreb-staaten-als-sicher/
Asylregime: Nach gescheiterten Ausschaffung treten die Behörden auf Osman Erdals Asylgesuch ein
Osman Erdal floh aus der Türkei über den Irak und Südafrika in die Schweiz. Nach Wochen der Isolation in der Flughafen-Transitzone wurde der kurdische Politiker letzte Woche nach Südafrika abgeschoben. Südafrika verweigerte Osman Erdal die Einreise und schickten ihn zurück in die Schweiz. Hier angekommen, drohten ihm die schweizer Behörden, ihn in den Irak auzusschaffen. Diese Drohung konnten sie aber nicht durchsetzen. Nun befindet sich Erdal im Bundesverfahrenslager Kreuzlingen. Auf sein Asylgesuch sind die Behörden nach wochenlanger Hinhaltetaktik, Isolation und Gewalt eingetreten.
https://www.woz.ch/1847/ausschaffung/osman-erdals-odyssee
https://migrant-solidarity-network.ch/en/2018/11/19/nach-der-gescheiterten-abschiebung-nach-suedafrika-droht-osman-erdal-heute-eine-abschiebung-in-den-irak/
Ausschaffungen: Schweizer Behörden schaffen Tamil*innen aus
Letzten Mittwoch hat das SEM eine Person nach Sri Lanka abgeschoben, obwohl sich das Land gerade in einer tiefen politischen Krise befindet. Präsident Sirisena hat den amtierenden Regierungschef Ende letzter Woche abgesetzt und ernannte stattdessen den autoritären Ex-Staatschef Mahinda Rajapaksa zum neuen Ministerpräsidenten. Rajapaksa regierte das Land bereits von 2005 bis 2015 und bekämpfte mit brutaler Härte die Tamil Tigers (LTTE). Ihm werden Kriegsverbrechen, Korruption und die Ermordung politischer Gegner*innen vorgeworfen.
Wird Rajapaksa Mitte November als Ministerpräsident bestätigt, wird sich die Situation in Sri Lanka vermutlich weiter verschärfen. Bereits heute sind Folter und Misshandlungen von Häftlingen weit verbreitet. Militär und Sicherheitskräfte überwachen und verhaften ständig Personen mit mutmasslicher Verbindung zu den ehemaligen Tamil Tigers, Berichte von Entführungen und Folter reissen nicht ab.
Bereits 2013 schob das SEM zwei Personen nach Sri Lanka ab, welche daraufhin gefoltert und mehrere Jahre inhaftiert wurden. Anschliessend setzte das SEM Abschiebungen nach Sri Lanka kurzfristig aus. Doch seit August 2018 besteht eine Migrationspartnerschaft zwischen Sri Lanka und der Schweiz. Seitdem schiebt das SEM wieder regelmässig nach Sri Lanka ab.
https://nzzas.nzz.ch/schweiz/schweiz-schafft-tamilen-aus-trotz-krise-in-sri-lanka-ld.1437467
https://www.fluechtlingshilfe.ch/news/archiv/2018/tiefe-politische-krise-in-sri-lanka.html
Was ist aufgefallen?
Migrationspakt: Rechte sind gegen (neo-)liberales Migrationsabkommen
Der UN-Migrationspakt stand diese Woche mehrfach unter Beschuss. Der Migrationspakt ist eine rechtlich nicht verbindliche Absichtserklärung der UNO-Generalversammlung. Diese hat den Pakt 2018 verhandelt und bittet die UNO-Mitgliedstaaten dem Pakt zuzustimmen. Im Oktober beschloss der Bundesrat die Zustimmung. Im Parlament leistet die SVP jedoch Frontalopposition gegen den Pakt. Auch die restliche Rechte äussert sich ablehnend. Die Auns reicht eine Petition mit 15’000 Unterschriften ein
und die faschistische PNOS mobilisiert diesen Samstag in Basel zu einer Demo gegen den Pakt. Am Mittwoch krebste der Bundesrat dann zurück und kündigte an, er wolle neu den Ausgang der parlamentarischen Debatte abwarten, bevor er sich abschliessend zum Migrationspakt äussert.
Hinter dem Migrationspakt stecken (neo-)liberale Vorstellungen von Migration als Mittel für die Wirtschaft. Ziel des Pakts ist eine intensivere Zusammenarbeit der Staaten, um Migration grenzübergreifend zu managen und die „irreguläre Migration“ zu verhindern. Zu den Massnahmen, um dieses Ziel zu erreichen, zählen u.a. die Stärkung der Hilfe in Heimatländer, der Integration in Zielländer, der Menschenrechte und der Bekämpfung von Menschenhandel und –schmuggel. Aber auch die repressive Sicherung der Grenzen und die Ausschaffungen sind im Pakt prominent geregelt.
Der Rechten ist dieser Pakt zu wenig nationalistisch. Zudem wird kritisiert, dass die Nationen nicht mehr frei über ihre Abschottung und Repressionsmassnahmen gegen Migrant*innen, wie die Inhaftierung von Jugendlichen, bestimmen könnten. Der Pakt ist kein Orientierungspunkt für antirassistische Politik.
https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/auns-reicht-petition-gegen-migrationspakt-ein/story/27305615
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-73038.html
https://www.humanrights.ch/de/menschenrechte-schweiz/inneres/auslaender/politik/seilziehen-migrationspakt
Wo gab’s Widerstand?
EU-Grenzen: Libysches Spezialkommando stürmt Migrant*innen-Boot
Libysche Sicherheitskräfte stürmten mit Tränengas und Gummischrot ein Containerschiff. Die 92 Geflüchteten an Bord weigerten sich von Bord zu gehen und bewaffenten sich mit Stangen zur Selbstverteidigung. Lieber würden sie sterben als zurück in die libyschen „Lager“ zugehen: »In libyschen Gefängnissen ist Folter und Missbrauch an der Tagesordnung. Unsere Verwandten mussten 1000 Dollar für unsere Freilassung nach Libyen schicken. Ich gehe um keinen Preis in der Welt zurück nach Libyen.«
Die Küstenwache behandelte die Flüchtenden als Entführ*innen und Pirat*innen. Dies führte dazu, dass die Zuständigkeit an Spezialkräfte überging, die das Feuer eröffneten.
https://www.heise.de/tp/features/Libyen-Spezialkommando-schiesst-auf-Migranten-4229645.html
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1106151.seenotrettung-libyer-stuermen-containerschiff.html
Algier: Strassenblockade wegen ertrunkener Harragas
Die 10 algerischen Harragas, die vor der Küste Sardiniens ertrunken sind, stammen wie die drei Geretteten aus dem Viertel Raïs Hamidou in Algier. Angehörige und Anwohner*innen blockierten die Überlandstraße Nr. 11, um auf das Schicksal der Harragas und das fehlende Engagement des algerischen Staats bei der Aufklärung der Schiffskatastrophe aufmerksam zu machen. Der Bürgermeister versuchte, die Proteste vor Ort zu beschwichtigen. Die algerische Küstenwache hat 2018 zu Wasser und an Land in 33 Operationen im westlichen Algerien – von der Hafenstadt Oran bis zur algerisch-marokkanischen Grenze – fast 1.900 Boat-people abgefangen.
https://ffm-online.org/algier-strassenblockade-wegen-ertrunkener-harragas/
https://ffm-online.org/west-algerien-1-900-boat-people-in-2018-abgefangen/)
Grenzregime: Iranische Migrant*innen fahren in geborgtem Schiff über den Ärmelkanal
Nachdem der „Jungle“ in Calais 2016 gewaltsam geräumt wurde, verteilten sich die Geflüchteten entlang der Küste. Nun haben 17 Migrant*innen in Boulonge-sur-Mer einen Fischkutter geborgt und sind damit über den Ärmelkanal gefahren, wo sie bei der Ankunft festgenommen wurden. Die englischen Behörden machen sich nun in die Hosen, da die englischen Häfen viel zu wenig Personal hätten, alle festzunehmen, wenn mehr Leute diese Art der Überquerung des Ärmelkanals wählen würden. Bis jetzt sind nur Überquerungsversuche in selbstgebastelten Booten bekannt.
https://www.telegraph.co.uk/news/2018/11/13/uk-border-force-arrest-12-migrants-stole-french-fishing-trawler/
Was steht an?
Kein (Messe)Platz für Nazis!
Samstag 24. November 2018 | 13:00 | Messeplatz | Basel
Aufruf: „Die rechtsextreme PNOS (Partei national orientierter Schweizer) mobilisiert für den 24. November nach Basel. Auf dem Messeplatz wollen sie eine Kundgebung „gegen den UNO-Migrationspakt“ abhalten. Die Bewilligung von der Polizei haben sie bereits. Die Gegenkundgebung aber wurde verboten bzw. an den weit entfernten Petersplatz verwiesen.
Das nehmen wir nicht hin. Wir wollen nicht, dass Basel zur Bühne für die Menschenfeinde der PNOS wird. Deshalb rufen wir alle dazu auf an besagtem Samstag 24. November auf den Messeplatz zu kommen! Verhindern wir diesen Neonazi-Event! Wir besammeln uns um 13:00 (also eine Stunde vor dem Beginn der PNOS-Kundgebung) auf dem Platz, um als Stadt ein Zeichen gegen rechte Hetze zu setzen.“
https://barrikade.info/Update-zum-Aufmarsch-der-PNOS-am-24-11-in-Basel-1640
Gegen den PNOS-Parteitag im Kanton Bern
Samstag, 1. Dezember | Grossraum Bern
Nebst der PNOS-Demo am 24. November in Basel gilt es auch den PNOS-Parteitag am 1. Dezember antifaschistisch zu thematisieren und zu bekämpfen. Dieser findet unter dem Namen «Europa Nostra II» im Grossraum Bern mit internationalen Gästen statt. Abgesehen von der Notwendigkeit, ein Erstarken der Partei und ihrer Basis zu verhindern, ist in diesem Fall die internationale Vernetzung mit anderen rechtsextremen und faschistischen Parteien sowie Bewegungen ein weiteres Unterfangen der PNOS, welches es vehement zu bekämpfen gilt. Die diesjährige Gästeliste unterstreicht den rassistischen und menschenverachtenden Charakter des Parteitags und gibt Anlass, näher auf diese einzugehen.
Beispielsweise wurde der Führer der US-amerikanischen Alt-Right-Bewegung, Richard B. Spencer, als Gast am Parteitag angekündigt. Spencer und die Alt-Right-Bewegung stehen für eine «arisch» geprägte Bevölkerungspolitik und sind ausgesprochen antisemitisch. 2016 wurde Spencer weltweit bekannt, als er anlässlich des Wahlsiegs von Trump „Heil Trump! Heil unserem Volk! Sieg Heil!» schrie, und einige Anwesende den Hitlergruss zeigten. Ob Spencer allerdings tatsächlich vor Ort sein oder nur per Videobotschaft zugeschaltet wird, steht noch in den Sternen, denn gegen den 40-jährigen Neonazi besteht anscheinend im Schengen-Raum – und damit auch in der Schweiz – ein Einreiseverbot.
https://barrikade.info/Kein-Platz-fur-PNOS-und-andere-Nazis-1604
https://rabe.ch/2018/11/21/polyphon-spezial-was-will-die-pnos-in-basel-und-im-kanton-bern/
Bern: Filmtage Open Borders Caravan Bern
Aufruf: „Ende November zeigen wir diverse Filme zum Thema Flucht und Migration in allgemeinen. Wir laden alle interessierten herzlich dazu ein, einen oder gleich alle Filmabende zu besuchen. Alle Veranstaltungen beginnen um ca. 19:00.“
https://barrikade.info/Flimtage-Open-Borders-Caravan-Bern-1624
Luzern: Spaziergang zu Amanuel und anderen Gefangenen | 1. Dez. 14 Uhr | Helvetiapärkli
Aufruf: „Wir wollen uns und die Welt daran erinnern, dass wir mit dem Wegsperren von Leuten nicht einverstanden sind. Nachdenken, darüber reden, uns bestärken und uns dabei die Strasse nehmen.“
https://barrikade.info/Spaziergang-zu-Amanuel-und-anderen-Gefangenen-1630
Hörens-/Sehens-/Lesenswertes
Antifaschismus: 80 Jahre nach der Reichspogromnacht – polyphon
https://soundcloud.com/radiorabe/antifaschismus-80-jahre-nach-der-reichspogromnacht
Der Kanton Zürich vergibt für den Betrieb seiner Asyllager Aufträge an Dritte – zum grössten Teil an die private ORS. Diese Aufträge werden per 1. März 2019 wieder neu ausgeschrieben. Das neue Pflichtenheft für die künftigen Betreiber*innen der Lager gewährt Einblick hinter die Kulissen der Privatisierung. Der Text geht den Fragen nach, was dies für die Betroffenen bedeutet, wer hauptsächlich von der zunehmenden Auslagerung profitiert und wie die Mechanismen dahinter funktionieren.
https://daslamm.ch/der-kanton-zuerich-will-im-asylbereich-kuenftig-noch-mehr-verantwortung-auslagern-dem-lamm-liegt-das-neue-pflichtenheft-fuer-den-betrieb-seiner-unterkuenfte-vor/
Erlebt der Faschismus in Spanien ein Revival? – Echo der Zeit
Am Wochenende marschierten hunderte spanische Faschisten durch Madrid – kurz vor dem 43. Todestag des Diktators Franco. Franco und seine Diktatur sind in Spanien wieder stärker ein Thema in der Öffentlichkeit. Gespräch mit dem Franco-Experten Manuel Ortiz.
https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=62422d9a-3ea2-4882-baa1-d2522420ff60
antira sucht:
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