Medienspiegel 2. November 2018

+++BERN
Worb – Gemeinde bestätigt Schliessung der Asylzentren
Ende Jahr schliesst das Übergangswohnheim in der Filzfabrik Fissco in Enggistein. Nun ist auch die Schliessung der Kollektivunterkunft im Gutshof Enggistein beschlossene Sache. Dies wirkt sich auch auf die Schule Enggistein aus. Der Schulstandort sei jedoch im Moment nicht gefährdet, sagt Gemeinderat Christoph Moser.
https://www.bern-ost.ch/Worb—Gemeinde-bestaetigt-Schliessung-der-Asylzentren-591895
-> https://www.neo1.ch/news/news/newsansicht/datum/2018/11/01/enggistein-schliesst-kollektivunterkunft-und-uebergangswohnheim.html
-> http://www.worb.ch/de/aktuellesprojekte/aktuelles/pressemitteilungen/?action=showinfo&info_id=599765

Volksabstimmung vom 25. November: Unbegleitete minderjährige Asylsuchende angemessen und kostenbewusst betreuen
Der Regierungsrat empfiehlt den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern ein Ja zum Kredit für die Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden. Das neue verfassungskonforme Konzept dient den jungen Leuten auf ihrem Weg in ein rechtschaffenes und selbständiges Leben. Es senkt kurzfristig die Unterbringungskosten und vermeidet langfristig hohe Sozialhilfekosten. Bei einem Nein würde weiterhin die bisherige höhere Tagespauschale gelten.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.mm.html/portal/de/meldungen/mm/2018/11/20181101_1452_unbegleitete_minderjaehrigeasylsuchendeangemessenundkostenbewuss
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/regierungsrat-will-uma-angemessen-betreuen/story/20551242
-> https://www.derbund.ch/bern/kanton/weniger-geld-fuer-minderjaehrige-fluechtlinge/story/13851657
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/regierungsrat-will-uma-angemessen-betreuen/story/20551242

+++ZÜRICH
Sand im Getriebe der Unrechtsjustiz
Der kantonalen Sicherheitsdirektion sind alle Mittel recht, um Weggewiesene zu einer «freiwilligen» Ausreise zu bewegen. Die Grund- und Menschenrechte werden dabei mit Füssen getreten, der Rechtsschutz versagt weitgehend. Die Arbeitsgruppe Recht des Bündnisses Wo Unrecht zu Recht wird… hält dagegen.
http://www.papierlosezeitung.ch/artikel/sand-im-getriebe-der-unrechtsjustiz

+++DEUTSCHLAND
In permanenter Angst
Bei Abschiebungen gehen Behörden immer brutaler vor. Initiativen rufen zu Solidarität mit Betroffenen auf
https://www.jungewelt.de/artikel/342847.asylpolitik-in-permanenter-angst.html

+++GRIECHENLAND
Wärmebilder an Brennpunkten
Richard Mosse: «The Castle»
Wärmekameras werden meistens verwendet zur Feinderkennung. Ein irischer Fotograf jedoch nutzt sie, um die Lebensverhältnisse von Flüchtlingen auszuleuchten.
https://www.republik.ch/2018/11/02/waermebilder-an-brennpunkten?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=republik%2Fnewsletter-editorial-02-11-2018

+++MAROKKO
Marokko: Menschenrechtssituation drastisch verschlechtert – AMDH
Die marokkanische Menschenrechtsvereinigung Association Marocaine des droits de l’homme (AMDH) stellt im Jahresbericht 2017 eine drastische Verschlechterung der Menschenrechtssituation in Marokko fest. „Der Staat hat nie mit den repressiven Methoden, mit der politischen Haft, mit der Vorfabrikation von Anklagen, mit der Blockierung der politischen Betätigung durch Verbote und mit der Einkassierung der Freiheiten gebrochen“, heißt es in dem Bericht. Im Mittelpunkt des Berichts stehen die Massenverhaftungen und zahlreichen drakonischen Haftstrafen für Demonstrant*innen und Aktivist*innen der nordmarokkanischen Rif-Region.
https://www.amdh.ma/img/upload/contents/fichiers/aba55622537f9ef475595f062ba73eef.pdf
https://ffm-online.org/marokko-menschenrechtssituation-drastisch-verschlechtert-amdh/

+++FLUCHT
Verschwundene Geflüchtete weltweit: Tote, die nicht Mal eine Statistik sind
Sie sterben im Meer oder in der Wüste, ohne dass ihre Leichen gefunden werden: Zehntausende Geflüchtete weltweit tauchen in keiner Statistik auf.
http://taz.de/Verschwundene-Gefluechtete-weltweit/!5547746/
-> Tagesschau 01.11.2018: https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=4007d5d1-f59b-46ef-8877-7e255ffb806c

+++GASSE
Roma demonstrieren gegen Bettelverbot – Schweiz Aktuell
Seit dem 1. November gilt im ganzen Kanton Waadt ein Bettelverbot – dies dank einer SVP-Initiative, welcher das Waadtländer Parlament vor zwei Jahren zugestimmt hatte. Gestern protestierten dagegen auf den Strassen von Lausanne etwa 250 Menschen, darunter Mitglieder der Roma Gemeinschaft und ihre Sympathisanten.
https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=e5f59cb6-8d43-4e79-91f0-1c42c4e0cfbc

+++DROGENPOLITIK
Das Kokain-Streckmittel Levamisol ist wohl noch schädlicher als bislang bekannt
Viele Kokain-Konsumierenden haben das Entwurmungsmittel wohl bereits unwissentlich mitgezogen. Eine Forschungsgruppe hat jetzt untersucht, was es mit dem Gehirn macht.
https://www.vice.com/de_at/article/8xjw35/das-kokain-streckmittel-levamisol-ist-wohl-noch-schadlicher-als-bislang-bekannt

+++KNAST
St. Galler Gefängnisse: Neues Regionalgefängnis für 60 Millionen
Der Kanton St. Gallen will das Regionalgefängnis Altstätten neu bauen. Weitere Umstrukturierungen sollen folgen.
https://www.srf.ch/news/regional/ostschweiz/st-galler-gefaengnisse-neues-regionalgefaengnis-fuer-60-millionen

+++BIG BROTHER
Gesichtserkennung in der Kritik: Diskriminiernde Algorithmen
KI-Programme erobern immer mehr Bereiche unseres Lebens. In der Regel wissen wir nicht, nach welchen Kriterien sie Entscheidungen treffen.
http://taz.de/Gesichtserkennung-in-der-Kritik/!5547535/

IV-Stelle: Zwei Polizisten für Observationen zuständig
Die Polizei ist laut dem Direktor der Berner IV-Stelle gar nicht in der Lage, herauszufinden, ob jemand Anrecht auf eine IV-Rente habe oder nicht.
https://www.securnews.ch/observationen-polizei-detektiv-ueberwachung-versicherte-atsg/

Eidgenössische Volksabstimmung vom 25. November 2018: Berner Regierung unterstützt gesetzliche Grundlage für Überwachung durch Sozialversicherungen
Der Regierungsrat des Kantons Bern unterstützt die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für verdeckte Beobachtungen durch die Sozialversicherungen. Die neuen Bestimmungen regeln, wann und wie solche Überwachungen zulässig sind. Sie sollen dazu beitragen, das Vertrauen der Bevölkerung in die Sozialversicherungen zu erhalten.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.mm.html/portal/de/meldungen/mm/2018/11/20181101_1121_berner_regierungunterstuetztgesetzlichegrundlagefuerueberwachung

+++PRIVATE SICHERHEITSFIRMEN
Bedingte Freiheitsstrafe und hohe Kosten: Ladendetektiv verurteilt, weil er Sheriff spielte
LUZERN LU – Ladendetektiv Roman F.* (32) legte einen Dieb in Handschellen und führte ihn ab. Der Staatsanwalt wollte ihn wegen Freiheitsberaubung und Entführung hinter Gittern sehen. Das Gericht spricht dagegen eine bedingte Strafe aus.
https://www.blick.ch/news/schweiz/zentralschweiz/bedingte-freiheitsstrafe-und-hohe-kosten-ladendetektiv-verurteilt-weil-er-sheriff-spielte-id9060531.html
-> https://www.tele1.ch/sendungen/1/Nachrichten#460946_3

+++POLIZEI BS
Darum will die Polizei neue Maschinenpistolen
Kontroverse um Polizeiwaffen: Die Basler Polizei will unter anderem 380 neue Maschinenpistolen anschaffen – und darum soll das nötig sein.
https://telebasel.ch/2018/11/02/darum-will-die-polizei-neue-maschinenpistolen/?channel=105100

+++POLIZEI ZH
Winterthurer Stadtrat gegen Bodycams bei der Stadtpolizei
Anders als die Zürcher Stadtregierung sieht der Winterthurer Stadtrat keinen Bedarf nach Bodycams bei der Stadtpolizei. Das schreibt er in seiner Antwort auf eine Anfrage aus dem Gemeinderat.
https://www.toponline.ch/news/winterthur/detail/news/winterthurer-stadtrat-gegen-bodycams-bei-der-stadtpolizei-0098864/

+++POLIZEI CH
Diese Webseite warnt vor der Polizei – dahinter steckt ein deutsches Kollektiv
Jetzt gibt es eine Karte, die zeigt, wo die Polizei Kontrollen durchführt und patrouilliert. Was das bringen soll, erfährst du hier.
https://www.watson.ch/schweiz/gesellschaft%20&%20politik/198635733-diese-webseite-zeigt-wo-die-polizei-gerade-ausrueckt
-> https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Diese-Karte-zeigt–wo-sich-die-Polizei-aufhaelt-16037554

+++ANTIRA
Faschismus in Brasilien, Anti-Semitismus in der USA, Ausschaffungsknast in Prêles
https://antira.org/2018/11/02/faschismus-in-brasilien-anti-semitismus-in-der-usa-ausschaffungsknast-in-preles/

+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
derbund.ch 02.11.2018

Sozialhilfebezügerin soll Schweizer Pass erhalten

Das Berner Verwaltungsgericht rüffelt die Behörden für eine zu strikte Einbürgerungspraxis. Gesuche müssen künftig besser geprüft werden.

Simon Preisig

Bisher konnte Grossrat Erich Hess (SVP) zufrieden sein: Die Behörden legten seine Initiative gegen die Einbürgerung von Sozialhilfeempfängern strikt aus: Wer einmal Sozialhilfe bezogen hat und diese nicht zurückzahlen kann, der wird nur im krassen Ausnahmefall eingebürgert. Der entsprechenden Initiative hatten die Stimmberechtigen des Kantons Bern im November 2013 zugestimmt.

Doch nun zeigt sich: Es könnte mehr Ausnahmefälle geben, als man ursprünglich gedacht hatte. Um diese zu finden, ist die Polizei- und Militärdirektion (POM) angehalten, genauer hinzuschauen. So beim Dossier einer 57-jährigen Iranerin, die 1995 in die Schweiz kam, die aber trotz ihrer Sozialhilfeabhängigkeit Chancen auf eine Einbürgerung haben soll. Dies hat das Verwaltungsgericht in einem kürzlich publizierten Urteil entschieden. Der Grund: Wer das Bürgerrecht beantragt, darf nicht wegen eines «nicht aufgebbaren Merkmals» gegenüber gesunden Bewerbern benachteiligt werden. Sprich: Wenn jemand dauerhaft krank oder behindert und aus diesem Grund in die Sozialhilfe abgerutscht ist, dann steht einer Einbürgerung nichts im Weg.

Die bezogenen Sozialhilfebeiträge müssen nicht zurückgezahlt werden, ja es ist sogar möglich, dass die Person aktuell Sozialhilfe bezieht. Entscheidend ist, ob die Person die ihr «verbleibende Arbeitskraft noch wirtschaftlich nutzen könnte».

Trauma und Suizidversuch

Im Fall der Iranerin bezweifelt das Gericht, dass die Frau überhaupt arbeiten könnte: Sie leidet an einer psychischen Störung, die durch traumatische Erlebnisse in der Kindheit und Kriegserlebnisse im Iran ausgelöst wurden. Sie wird deswegen im Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer des Schweizerischen Roten Kreuzes behandelt. Zwar hatte die IV-Stelle eine Rente 2009 noch abgelehnt, doch seien seit damals derart gewichtige Dinge vorgefallen, dass die Einschätzung der Invalidenversicherung nicht mehr korrekt sein müsse.

So war die Frau in der Universitätsklinik Waldau in stationärer Behandlung. Dies, weil die Heimeinweisung ihres Sohnes sie in eine schwere Krise stürzte. Zudem hat sie versucht, sich das Leben zu nehmen. In den Augen des Gerichts ist es auch nicht entscheidend, ob die Frau behindert ist oder an einer dauerhaften, schweren Krankheit leidet.

Gericht rüffelt Behörde

Das Verwaltungsgericht stösst somit einen Entscheid der kantonalen Polizei- und Militärdirektion um, die sich auf die ablehnende IV-Einschätzung von 2009 stützen wollte und die Einbürgerung darum abgelehnt hatte. Das Gericht fällt zwar noch keinen Entscheid, ob die Iranerin nun definitiv eingebürgert wird. Dafür seien zuerst vertiefte Abklärungen über den Gesundheitszustand nötig. Bereits jetzt wird aber klar: Das Gericht anerkennt die vermutete psychische Krankheit der Frau als Grund, unverschuldet Sozialhilfe zu beziehen und somit trotzdem eingebürgert zu werden.

Klausel für Menschenrechte

Der grüne Grossrat Hasim Sancar begrüsst den Entscheid des Gerichts: «Genau für solche Fälle wurde die Ausnahmebestimmung ins Gesetz aufgenommen», sagt Sancar, der damals auch bei der Umsetzung der Initiative im Grossen Rat mitgearbeitet hatte. Nicht verstehen kann Sancar, dass die Polizei- und Militärdirektion im konkreten Fall eine derart strikte Haltung vertrete. Gerade die POM habe sich damals auch für diese Ausnahmebestimmung eingesetzt.

Es gehe schlicht darum, dass Behinderte und kranke Menschen nicht diskriminiert würden, ein Menschenrecht. Sancar übt auch Kritik am negativen IV-Entscheid von 2009: «Wenn ein Gutachter sagt, ein Kriegstrauma sei definitiv überwunden, dann ist dies problematisch.» Entweder verstehe die Person sehr wenig von der Thematik oder sie wurde dahingehend beeinflusst, einen negativen Entscheid zu fällen, so Sancar.

Der bisher zufriedene Erich Hess hingegen ist mit dem neusten Entscheid des Gerichts unzufrieden. Grundsätzlich befürwortet er die Ausnahmeregel zwar, er ist aber der Meinung, dass sie nur für schwer behinderte Menschen gelten soll. «Ich meine damit etwa eine geistige Behinderung, keine psychische Krankheit», sagt er. Er hofft nun, dass die Polizei- und Militärdirektion trotz der Rückweisung an ihrem Standpunkt festhält. «Wenn diese Einbürgerung so durchkommt, öffnen wir die Büchse der Pandora», sagt Hess. Dann sei es vielen Menschen möglich, «unter dem Deckmäntelchen einer psychischen Krankheit einen Schweizer Pass zu bekommen».

Gib es weitere Fälle?

Auch Sancar ist der Meinung, dass es im Kanton Bern weitere Menschen gibt, die schwer krank sind und darum nun trotz Sozialhilfe Anrecht auf einen Schweizer Pass hätten. Er sieht die Problematik aber diametral anders: «Wie viele ähnliche Fälle gibt es, die die Behörden unverhältnismässig abgewiesen haben?», fragt er sich. Ihm seien andere Entscheide bekannt, in denen die Polizei- und Militärdirektion auch sehr restriktiv entschieden habe. «Nun müssen die Behörden ihre Praxis umgehend ändern», sagt Sancar.

POM weist Kritik zurück

Die Polizei- und Militärdirektion lässt die Kritik von Grossrat Sancar jedoch nur teilweise gelten. «Das Urteil weist uns darauf hin, dass in unklaren Fällen die Art und der Umfang einer Behinderung sowie deren Auswirkungen mittels eines neutralen, ärztlichen Gutachtens erfolgen soll», wie das Amt für Migration und Personenstand auf Anfrage schreibt. Heisst konkret: Die Praxis wird dahingehend angepasst, dass bei umstrittenen Entscheiden neuerdings vertiefte Abklärungen getroffen werden.

Ansonsten sind die Behörden überzeugt, die Initiative bereits heute im Sinne der Gerichte auszulegen. So seien auch schon Personen, die dauerhaft behindert oder dauerhaft krank seien, von bestimmten Einbürgerungsvoraussetzungen befreit worden. Solche Einbürgerungen seien jedoch sehr selten.
(https://www.derbund.ch/bern/kanton/sozialhilfebezuegerin-soll-schweizer-pass-erhalten/story/19680399)

Je strenger die Regel, desto wichtiger die Ausnahme
Um übertriebene Härtefälle zu verhindern, sind die Behörden auf Spielraum angewiesen.
https://www.derbund.ch/bern/kanton/je-haerter-die-regel-desto-wichtiger-die-ausnahme/story/26832914