Medienspiegel 17. Oktober 2018

+++BERN
Die Welt zu Gast im CAFÉ MONDIAL – SIBA XXIV
Ein lokaler Treffpunkt, ein Begegnungsort für Menschen unterschiedlicher Herkunft und mit verschiedenen Geschichten. Das ist die Idee des CAFÉ MONDIAL, für das sich Susanna Haller engagiert.
http://www.journal-b.ch/de/082013/alltag/3168/Die-Welt-zu-Gast-im-CAF%C3%89-MONDIAL—SIBA-XXIV.htm

+++AARGAU
Bundesasylzentrum wohl im Baselbiet – Standort der Grossunterkunft noch ungewiss
Der Kanton sucht immer noch einen Standort für eine Grossunterkunft. Der Zug für ein Bundesasylzentrum im Aargau dürfte hingegen abgefahren sein.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/bundesasylzentrum-wohl-im-baselbiet-standort-der-grossunterkunft-noch-ungewiss-133590358

Der Aargau betreibt ein Drittel weniger Asylzentren als noch vor zwei Jahren – das sind die Gründe
Die Anzahl der Asylgesuche ist rückläufig. Das heisst, es braucht auch weniger Plätze für Flüchtlinge. Vor zwei Jahren gab es noch 77 kantonale Unterkünfte, heute sind es 52. Die Unterschiede sind aber nach wie vor gross.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/der-aargau-betreibt-ein-drittel-weniger-asylzentren-als-noch-vor-zwei-jahren-das-sind-die-gruende-133590288

+++GENF
Rassemblement contre la détention et le renvoi d’Ayop
Ayop Aziz, l’une des victimes de l’incendie meurtrier des Tattes de 2014 a été arrêté dimanche 7 octobre et condamné dans la foulée à 6 mois de détention administrative dans l’attente de son renvoi au Nigeria. Les autorités genevoises sont donc prêtes à éliminer les derniers témoins de cette tragédie dont ils portent la responsabilité, et cela alors même que l’enquête traîne depuis 5 ans et que les victimes n’ont jamais reçu la moindre reconnaissance ni indemnisation.
https://renverse.co/Rassemblement-contre-la-detention-et-le-renvoi-d-Ayop-1752

+++ZUG
65 Millionen Flüchtlingen erhalten ein Gesicht
Eine Organisation präsentiert in Zug mit «Die Stimme meiner Verletzungen» die schwierige Reise zweier Flüchtlinge. Die Ausstellung in der Metalli will der Bevölkerung das Schicksal von Menschen auf der Flucht näherbringen.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/zug/65-millionen-fluchtlingen-ein-gesicht-geben-ld.1062044

+++SCHWEIZ
SEM vergibt Mandate für Beratung und Rechtsvertretung in den Bundesasylzentren
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat die Mandate für die Beratung und Rechtsvertretung von Asylsuchenden in den Bundesasylzentren ab März 2019 vergeben. In zwei Asylregionen übernimmt dies die Bietergemeinschaft Berner Rechtsberatungsstelle für Menschen in Not / Schweizerisches Arbeiterhilfswerk, in ebenfalls zwei Regionen das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz und in je einer Asylregion sind es Caritas Schweiz und die Bietergemeinschaft Caritas Schweiz / SOS Ticino.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-72541.html
-> https://www.fluechtlingshilfe.ch/medien/medienmitteilungen/2018/einheitliche-umsetzung-ist-zentral.html
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/schweiz/asylzentren-bund-vergibt-mandate-fuer-rechtsvertretung-so-viel-betraegt-die-entschaedigung-133594137
-> https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/sem-vergibt-mandate-fuer-rechtsvertretung-in-den-bundesasylzentren-0097818/

+++DEUTSCHLAND
Unzumutbare Anforderungen verhindern Familiennachzug zu Flüchtlingen aus Eritrea
Anerkannte Flüchtlinge genießen Schutz vor dem sie verfolgenden Staat. Das bedeutet auch, dass Kontakt zur Regierung des Herkunftslandes für sie nicht zumutbar ist. Anerkannte Flüchtlinge aus Eritrea werden im Rahmen des Familiennachzugs jedoch dazu gedrängt, die eritreische Botschaft aufzusuchen.
https://www.proasyl.de/hintergrund/unzumutbare-anforderungen-verhindern-familiennachzug-zu-fluechtlingen-aus-eritrea/

Trennung von Kindern und Partnern belastet Geflüchtete
Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und der Herti School of Governance
Die Obergrenze für den Familiennachzug liegt bei 1.000 Familien pro Monat. Doch bislang werden nur wenige Visa dafür ausgestellt. Laut einer Studie sind Geflüchtete, die von Partnern und Kindern getrennt leben müssen, deutlich unzufriedener.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1103672.familiennachzug-trennung-von-kindern-und-partnern-belastet-gefluechtete.html

Grüne kritisieren Polizeigewalt
Bei Abschiebungen soll es zu Misshandlungen gekommen sein
Die Senatsinnenverwaltung bestreitet in der Antwort auf eine Schriftliche Anfrage Gewaltanwendung bei Abschiebungen, bestätigt aber Ausübung »unmittelbaren Zwangs«.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1103703.abschiebungen-gruene-kritisieren-polizeigewalt.html

+++ITALIEN
Italien: Hausarrest für Ex-Bürgermeister von Riace aufgehoben
Domenico Lucano galt als Vorreiter für Integration, dann wurde er festgenommen wegen “Begünstigung illegaler Einwanderung”. Sein Hausarrest wird nun ausgesetzt – aber das Dorf, in dem er gewirkt hat, muss er verlassen.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/italien-hausarrest-fuer-ex-buergermeister-von-riace-aufgehoben-a-1233652.html

Migrantenkinder dürfen nicht in die Schulmensa – Echo der Zeit
Die Flüchtlings- und Migrationspolitik ist weiterhin das dominierende Thema der italienischen Politik. Auch Gemeinden positionieren sich in dieser Frage. Im Städtchen Lodi in der Lombardei wird ausländischen Schülern der Zugang zu den Kantinen erschwert.
https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=b24338b5-7789-4069-9a2c-5561c06ae87f

+++MITTELMEER
Seenotrettung – Safe Haven Libya? (Reloaded)
Von den Anfängen der Externalisierung der Europäischen Asylpolitik bis heute. Ein Vergleich anhand eines Textes, den ich 2005 für den FREITAG schrieb
https://www.freitag.de/autoren/jochen-schwarz/safe-haven-libya-reloaded

+++EUROPA
“Europa muss die Rückkehr von Kindern nach Afghanistan stoppen”
Heranwachsende sind in Afghanistan erheblich gefährdet. Das zeigt eine Studie von Save The Children. Die Hilfsorganisation wirft Staaten, die Kinder ausweisen, “innenpolitisches Kalkül” vor.
https://www.sueddeutsche.de/politik/afghanistan-kinder-abschiebung-1.4171741

Abschiebungen nach Afghanistan: So geht es aus Europa zurückgekehrten Kindern
Keine Dokumente, kein Schulplatz, kein Kontakt zu Angehörigen: Kinder und Jugendliche, die aus Europa nach Afghanistan zurückkehren, haben es dort schwer. Und die Sicherheitslage in dem Land bleibt prekär.
http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/afghanistan-wie-geht-es-aus-europa-zurueckgekehrten-kindern-a-1233497.html

Flüchtlinge in Europa: Was an Europas Brennpunkten der Migration passiert
Sie wollen nach Europa. Doch oft erfüllen sich die Hoffnungen der Migranten nicht. Unsere Reporter berichten aus Italien, Griechenland und Bosnien.
https://www.tagesspiegel.de/politik/fluechtlinge-in-europa-was-an-europas-brennpunkten-der-migration-passiert/23161768.html

+++FREIRÄUME
Die «Elsi» ist schon wieder Geschichte: Am frühen Mittwochmorgen wurde geräumt
Das Ende war absehbar: Am Mittwochmorgen um 6 Uhr traf die Polizei ein und räumte die besetzten Häuser an der Basler Elsässerstrasse 128-132.
https://www.basellandschaftlichezeitung.ch/basel/basel-stadt/die-elsi-ist-schon-wieder-geschichte-am-fruehen-mittwochmorgen-wurde-geraeumt-133593591
-> https://elsilebt.blackblogs.org/?fbclid=IwAR1boKrQE9A5QH3o56WWv05oGr1mFejABsIZBS-O-9P4I0Q3uNOyKE86RqY
-> https://barrikade.info/Elsi-3-0-geraumt-1499
-> https://www.20min.ch/schweiz/basel/story/Grossaufgebot-der-Polizei-vor-leeren-Haeusern-ndash–10694976
-> https://bazonline.ch/basel/polizei-durchsucht-besetzte-haeuser/story/10326195
-> https://telebasel.ch/2018/10/17/basler-polizei-durchsucht-besetzte-haeuser/?utm_source=lead&utm_medium=carousel&utm_campaign=pos%205
-> http://www.onlinereports.ch/News.117+M515594b28eb.0.html
-> http://www.polizei.bs.ch/nm/2018-kantonspolizei-kontrolliert-besetzte-liegenschaft–keine-personen-angetroffen-jsd.html

Junge Zürcher mit einer alten Idee
Die Juso verlangen ein Jugendzentrum im Globus-Provisorium – 50 Jahre nach den Krawallen, die durch diese Forderung ausgelöst wurden. Die Aktion sei aber ernst gemeint.
https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/das-gab-es-doch-schon-einmal/story/13794010
-> https://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/Juso-wollen-Jugendclub-im-Ex-Globus-Provisorium-26866280
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/jugendzentrum-gefordert-zuercher-juso-klettern-auf-coop-provisorium-133593985
-> https://www.facebook.com/jugendzentrumzuerich

+++GASSE
Neue Leiterin der Luzerner Gassenarbeit will Partygänger in den Fokus rücken
Mit Franziska Reist leitet erstmals eine Frau die kirchliche Luzerner Gassenarbeit. Sie mag «spezielle» Menschen, hasst Ungerechtigkeiten – und will die soziale Institution teilweise neu ausrichten.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/neue-leiterin-der-luzerner-gassenarbeit-will-partygaenger-in-den-fokus-ruecken-ld.1062200

+++KNAST
Exit in Haft: Todesstrafe selbstgemacht
Peter Vogt will mit Exit sterben. Die «Rundschau» des Schweizer Fernsehens hat letzte Woche exklusiv darüber berichtet. Die Story knallt: Vogt ist ein Serienvergewaltiger, gilt jetzt noch als gefährlich und ist deshalb verwahrt. Der Mann wird nie mehr rauskommen. Weil Vogt das weiss und es ihm körperlich schlecht geht, will er eben mit Exit Suizid begehen.
https://www.woz.ch/1842/exit-in-haft/todesstrafe-selbstgemacht

+++PRIVATE SECURITY
Luzerner Ladendetektive spielten Polizist – Globus-Detektive wegen Entführung vor Gericht
Zwei Ladendetektive folgen einem mutmasslichen Dieb aus dem Globus und legen ihm Handschellen an – 250 Meter vom Tatort entfernt. Nun mussten sie sich vor dem Gericht wegen Freiheitsberaubung und Entführung verantworten. Einem 32-jährigen Luzerner droht gar eine Freiheitsstrafe.
https://www.zentralplus.ch/de/news/gesellschaft/5579440/Globus-Detektive-wegen-Entf%C3%BChrung-vor-Gericht.htm
-> https://www.securnews.ch/globus-ladendetektive-detektiv-luzern-polizei-handschellen/

+++POLICE BE
«Die Polizei nahm uns sogar Fingerabdrücke ab»
Bei einer Grosskontrolle durchsuchte die Kapo Bern am Wochenende mehrere Fernreisebusse. Das Vorgehen wird von verschiedenen Seiten kritisiert.
https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Polizeikontrolle-13651852
-> https://www.derbund.ch/bern/region/berner-polizei-stoppt-reisecars/story/29397227
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/polizei-kontrolliert-ueber-240-auslaendische-carreisende/story/25839682
-> https://www.police.be.ch/police/de/index/medien/medien.meldungNeu.html/police/de/meldungen/police/news/2018/10/20181015_1434_ostermundigen_kontrolledesgrenzueberschreitendenpersonenverkehrs
-> https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Drogenspuerhunde-kontrollieren-Busse-in-Bern-13653011

+++POLIZEI AUT
Menschenrechtler über Racial Profiling: „Fälle scheinen mehr zu werden“
Der Wiener Rapper T-Ser erhebt Rassismus-Vorwürfe gegen die Polizei. Dieter Schindlauer von der Beratungsstelle „ZARA“ will den Fall nun klären.
http://taz.de/Menschenrechtler-ueber-Racial-Profiling/!5543865/
-> https://www.bento.de/politik/wien-video-zeigt-wie-polizei-schwarze-rapper-aus-park-wirft-a-971af996-e030-4fe9-bd30-cfe5520a7cd1#refsponi#ref=rss

+++ANTIFA
Nazi-Beitrag hat bei der Jungen SVP keine Konsequenzen
Ein Vorstandsmitglied der JSVP Kanton Bern teilte auf Facebook ein Hitler-Zitat. Die Parteileitung nimmt die Person in Schutz.
https://www.derbund.ch/bern/kanton/verwirrung-ueber-nazibeitrag-der-jsvp/story/31166457

1968 von rechts. Das vergessene Jubiläum
Gegenwärtig ist viel vom linken Aufbruch im Zeichen von 1968 die Rede. Dabei geht oft vergessen, dass 1968 auch den Beginn der Neuen Rechten markiert.
https://geschichtedergegenwart.ch/1968-von-rechts-das-vergessene-jubilaeum/

+++ANTIFA
«Gefällt mir»-Fall kommt wohl vor Bundesgericht
Im Ehrverletzungsfall wegen Likes auf Facebook ist mit einem Entscheid von höchster Instanz zu rechnen.
https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/gefaellt-mirfall-kommt-wohl-vors-bundesgericht/story/27388061

+++SEXWORK
bernerzeitung.ch 17.10.2018

«Ich muss für die Männer meine Hand ins Feuer legen können»

Sexualität bei Menschen mit Behinderung ist ein Tabu. Isabelle Kölbl will dem entgegenwirken. Seit 14 Jahren vermittelt sie sexuelle Dienstleistungen für sie. Laszlo und Vroni haben sich auf diesem Weg kennen gelernt.

Stephanie Jungo

Laszlo und Vroni schauen sich an. «Erzähl doch mal», ermuntert er sie. Vroni fasst Mut und erzählt. Sie spricht über gescheiterte Beziehungen, enttäuschende Erfahrungen auf Kontaktbörsen und die Angst, Männern nicht gerecht zu werden.

Seit ihrer Geburt leidet Vroni an einer Krankheit, die vor 21 Jahren eine Rückenoperation nötig machte. Seither sitzt sie im Rollstuhl. Kennen gelernt hat sie Laszlo schliesslich durch Sexcare – einen Dienst, der Menschen mit körperlicher oder seelischer Behinderung in Kontakt mit Sexualbegleitern bringt. Ihren vollen Namen möchten die beiden nicht in der Zeitung lesen.

Gegründet hat Sexcare die ausgebildete Sexualbegleiterin Isabelle Kölbl aus Grosshöchstetten. Sie bildet zudem Sexualbegleiterinnen aus.Seit diesem Jahr auch Männer. «Frauen ist es bisher kaum möglich, sexuelle Erfahrungen im geschützten Rahmen zu erleben», sagt sie. An Bewerbungen von Männern mangle es nicht – ausgebildet hat Kölbl aber erst zwei. «Ich muss für die Männer meine Hand ins Feuer legen können.» Beim leisesten Zweifel über deren Beweggründe bilde sie diese nicht aus.

Die negativen Erfahrungen

Laszlo ist einer der beiden Männer, die Isabelle Kölbl ausgebildet hat. Er arbeitete früher als Betreuer in Österreich. «In vielen Gesprächen mit Menschen mit Behinderung habe ich gemerkt, wie gross das Bedürfnis nach Sexualität ist.» Mit der Arbeit als Sexualbegleiter will er auch etwas Gutes tun.

Und darum geht es auch Isabelle Kölbl. «Viele Menschen mit Behinderung können ihre sexuellen Bedürfnisse nicht in einer Beziehung ausleben.» Sie seien auf Dienstleistungen angewiesen.

Vroni hatte bereits Beziehungen – und dabei schmerzliche Erfahrungen gemacht. «Der Sex mit dir fühlt sich an wie mit einer Gummipuppe», sagte ein Freund zu ihr. Nach über vier Jahren Beziehung. Die Schuld suchte sie bei sich selbst: «Werde ich einem Mann überhaupt gerecht?», fragte sie sich.

Auch auf Kontaktbörsen hat sie ihr Glück versucht. «Doch die Männer, die ich dort kennen lernte, hatten überhaupt kein Einfühlungsvermögen.» Vielen von ihnen ging es wohl lediglich darum, so vermutet Vroni, Sex mit einer Frau im Rollstuhl zu haben. «Ich fühlte mich ausgenutzt.»

Sorgen machten sich auch ihre Schwester und ihre Freundinnen. «Sie befürchteten, dass ich an die falschen Männer gerate.»

Der neue Mut

Die negativen Erfahrungen belasten Vroni. Die Begegnung mit Laszlo hat ihr neuen Mut gemacht. Solche Situationen beobachtet Isabelle Kölbl häufig. «Ein Treffen mit einem Sexualbegleiter gibt Betroffenen neues Selbstbewusstsein. Manchmal blühen sie regelrecht auf.»

Doch wie läuft ein solches Treffen überhaupt ab? Der erste Kontakt erfolge meist schriftlich, erklärt Laszlo. «Per E-Mail lernt man sich ein bisschen besser kennen.» Bis zum ersten Treffen könnten dann Monate vergehen. Ist es so weit, verabrede man sich an einem neutralen Ort wie etwa in einem Café.

Was anschliessend passiere, so betonen Laszlo und Isabelle Kölbl, bestimmen die Betroffenen. «Es geht ausschliesslich um ihre Bedürfnisse, und sie sagen, ob es zu Geschlechtsverkehr kommt oder ob es bei einem Gespräch bleibt.»

Die richtige Abgrenzung

Vroni kann ihre Bedürfnisse äussern. Bei Menschen mit geistiger Behinderung ist das aber nicht immer der Fall. In solchen Situationen gehe es darum, das Verhalten zu deuten, erklärt Isabelle Kölbl. «Oft zeigen Betroffene ein aggressives Verhalten.» Zudem suchten sie übertrieben die Nähe zu anderen Menschen.

Komme es zu einem Treffen mit einem Sexualbegleiter, müsse dieser von Moment zu Moment entscheiden, was angebracht sei und was nicht. «Wir investieren viel Zeit und Gefühl, denn Einfühlungsvermögen ist das A und O», sagt Isabelle Kölbl.

Das berge auch Gefahren. «Man muss sich danach auch wieder distanzieren können.» Das gelte für beide Seiten. «Doch gerade wenn jemand zum ersten Mal Sex hat, entstehen gewaltige Gefühle», so Kölbl.

Eine Hilfe bei der Abgrenzung sei der finanzielle Aspekt. Es entstehe eine Anspruchshaltung, erklärt Vroni. «Ich bezahle eine Dienstleistung und will etwas für mein Geld bekommen.» Ähnlich sieht es Laszlo: «Das Geld führt mir nochmals vor Augen, dass es sich lediglich um eine Dienstleitung handelt.»

Die positiven Reaktionen

Jeder Sexualbegleiter bestimmt den Preis individuell. Der zeitliche Rahmen, der Ort der Begegnung spielen dabei immer eine Rolle. Konkretere Angaben zum Preis machen die drei nicht.

Der finanzielle Aspekt führt auch dazu, dass Sexualbegleitung in dieselbe Schublade wie Prostitution gesteckt wird. Diesen Vorwurf lässt Isabelle Kölbl aber nicht gelten. «Wir investieren so viel Zeit in die Treffen, von Prostitution kann daher nicht die Rede sein.» Sie beobachte zudem die Tendenz, dass sich viele Menschen langsam für das Thema öffnen.

Vroni hat ihrer Schwester und ihren besten Freundinnen von Laszlo erzählt. Die Reaktionen seien positiv gewesen. «Sie waren froh, dass ich mich nicht mehr auf Männer von Kontaktbörsen einlasse.» Mittlerweile hat sie ihnen Laszlo vorgestellt.

Sexualität von Behinderten ist noch immer ein Tabu

Massagen, Berührungen oder Geschlechtsverkehr: Sexualbegleitung hat unterschiedliche Ausprägungen. Besonders seit der Jahrtausendwende sind zahlreiche Initiativen entstanden, die sich mit dem Thema Sexualität bei Menschen mit Behinderung beschäftigen. Der Tenor: Menschen mit Behinderung sollen ihre Sexualität selbstbestimmt und verantwortungsbewusst ausleben können.

Doch nach wie vor sei das Thema Sexualität bei Menschen mit Behinderung und insbesondere die Inanspruchnahme von Dienstleistungen eher ein Tabu, schreibt die Elternorganisation Iniseme. Dem will sie entgegenwirken. «Auch Menschen mit einer Behinderung sollen selber entscheiden können, welche Rolle und welchen Stellenwert Sinnlichkeit und Sexualität in ihrem Leben haben soll.»

Dennoch birgt das Thema Schwierigkeiten: Angehörige und Fachpersonen befänden sich im Spannungsfeld zwischen der Sicherstellung des Schutzes und des Gewährens der Selbstbestimmung. Mit der Fachstelle Lebensräume bietet Insieme Beratungen an für schwierige Situationen. Beratungsanfragen hinsichtlich Sexualität erhält die Fachstelle mehrmals pro Jahr.

Meist von Fachpersonen, aber auch von Menschen mit Behinderung oder deren Angehörigen. Das Angebot umfasst Beratungen und Auskünfte, aktive Sexualassistenz oder eine Ausbildung bietet Insieme nicht an.

Auch die grösste Organisation für Menschen mit Behinderung, Pro Infirmis, bietet keine Sexualbegleitung an. Sie arbeitet auch nicht mit entsprechenden Anbietern zusammen. Vor 15 Jahren wollte die kantonale Geschäftsstelle in Zürich zwar ein Pilotprojekt lancieren mit dem Ziel einer Ausbildung für sexuelle Assistenz für Menschen mit Behinderung. Das Projekt konnte jedoch aufgrund eines Spendenrückgangs letztlich nicht realisiert werden.

Pro Infirmis biete eine breite Palette an Sozial- und Rechtsberatungen an. Mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln kann sie nicht jeden Bereich abdecken. (js)
(https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/ich-muss-fuer-die-maenner-meine-hand-ins-feuer-legen-koennen/story/16261515)
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Sie-befriedigt-Beduerfnisse-behinderter-Maenner/story/24123775
-> https://www.bernerzeitung.ch/leben/gesellschaft/Sexualbegleiter-im-Liebeseinsatz/story/14747452
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Sexangebot-fuer-Behinderte-wirft-Fragen-auf/story/26247575