Medienspiegel 21. Juli 2018

+++BERN
Berner Flüchtling könnte bald freikommen
Einem kurdischen Flüchtling aus Bern drohte nach der Verhaftung in Kroatien die Auslieferung in die Türkei. Bald könnte er in die Schweiz zurückkehren.
https://www.derbund.ch/bern/kanton/berner-fluechtling-koennte-bald-freikommen/story/30015777

«Geflohen» Teil III: Syrische Flüchtlingsfamilie auf Wohnungssuche
«Habt ihr keine Schweizer gefunden?» Im Berner Oberland hat man nicht auf eine syrische Flüchtlingsfamilie gewartet. Im Gegenteil.
https://www.nau.ch/politik-wirtschaft/international/2018/07/21/geflohen-teil-iii-syrische-fluchtlingsfamilie-auf-wohnungssuche-65338268

+++OBWALDEN
An der Sarner Gemeindegrenze ist Schluss
Da er weder in sein Land zurückkehrt noch mit den Behörden kooperiert, darf ein abgewiesener Asylsuchender als Druckmittel die Gemeinde Sarnen nicht mehr verlassen. Das hat das Bundesgericht entschieden.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/obwalden/imaginares-stoppschild-fur-asylbewerber-ld.1039440
-> Bundesgerichtsurteil: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://14-06-2018-2C_828-2017&lang=de&zoom=&type=show_document

+++TESSIN
B-Ausweis: Asylsuchende im Tessin benachteiligt
Nur vier vorläufig aufgenommene Personen erhielten 2017 im Tessin eine B-Bewilligung. So restriktiv ist kein anderer Kanton.
https://www.infosperber.ch/Artikel/FreiheitRecht/Nur-vier-B-Bewilligungen-fur-Asylsuchende-im-Tessin

+++WALLIS
Ferienlager für Flüchtlingskinder – Tagesschau
Vierzig Flüchtlingskinder verbringen eine Woche in einem Lager des Roten Kreuzes in Fiesch im Oberwallis. Dieses Ferienlager dient nicht der Therapie für die Kinder. Ausgebildetes Personal lehrt die Kinder, ihre Ressourcen zu nutzen und sich besser zu integrieren.
https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=6daab012-2220-410c-a0b7-992f3110c29d

+++ZÜRICH
Zürichsee-Zeitung 21.07.2018

Sans-Papiers: Linke fordern einen «Ausweis für alle»

Nebst der Politik wird auch ein Verein aktiv und sammelt Unterschriften für eine City Card. Die SVP wehrt sich dagegen.

Lina Giuso

Die Züri City Card soll ein Ausweis für alle sein. Mit der städtischen Identitätskarte erhalten alle Bewohner von Zürich – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus – Zugang zu medizinischer Versorgung sowie dem sozialen wie auch kulturellen Leben in der Stadt. So lautet die Idee der Fraktionen SP, AL und Grüne, die letzte Woche im Zürcher Gemeinderat eine entsprechende Motion eingereicht haben.Gleichzeitig hat der Verein Züri City Card eine Petition auf dem weltweiten Kampagnen-Netzwerk «Avazz – Die Welt in Aktion» lanciert, die innerhalb einer Woche über 1200 Unterstützer fand. Im Vorstand des Vereins sitzen die beiden Stadtparlamentarier Ezgi Akyol (AL) und Marco Geissbühler (SP). Neben Politikern finden sich auch Vertreter der Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich SPAZ, der Autonomen Schule und der Freiplatzaktion Zürich im Vorstand des 2015 gegründeten Vereins.

14 000 Sans-Papiers in Zürich

Als Vorbild für die Zürcher ID dient New York, wo 2015 die ID NYC eingeführt wurden. Den Ausweis können alle Personen ab 14 Jahren beantragen, die ihren Wohnsitz in der Stadt nachweisen können. Die New Yorker Verwaltung will mit dem Stadtausweis den Kontakt zwischen den Behörden und der Bevölkerung vereinfachen. So akzeptiert die Polizei wie die Verwaltung den Ausweis, ohne nach dem Aufenthaltsstatus der Person zu fragen. Zudem profitieren Besitzer des Ausweises von Vergünstigungen und von kulturellen Angeboten.

Mit dem Vorstoss im Zürcher Stadtparlament wollen die Politiker neues Bewusstsein schaffen: «Alle, die hier wohnen, sind ein Teil der Gesellschaft», sagt Akyol. Der Stadtrat rechnet mit rund 14 000 Sans-Papiers in Zürich. Das sind Menschen, die ohne geregelten Aufenthaltsstatus mehr als einen Monat hier leben und sich für nicht absehbare Zeit in der Schweiz aufhalten.

Laut Schätzungen des Staatssekretariats für Migration aus dem Jahr 2016 kommen 40 Prozent der in der Schweiz wohnhaften Sans-Papiers aus Zentral- und Südamerika. Rund ein Viertel sind Europäerinnen und Europäer aus Nicht-EU-Ländern, der Rest stammt aus Afrika und Asien.

Dass auch der Zürcher Stadtrat Handlungsbedarf bei papierlosen Menschen sieht, wurde 2016 in einer Antwort auf eine gemeindrätliche Anfrage ersichtlich: «Sans-Papiers verzichten etwa aus Furcht vor aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen auf Anzeigen, wenn sie Opfer von Übergriffen oder gar Verbrechen werden», hiess es damals. Und: «Auch bei arbeitsrechtlichen Konflikten vermeiden sie in den meisten Fällen, ihre Rechte gegenüber Arbeitgebern einzufordern.» Es gehe um «das Recht auf Rechte»: Rechte, die erst durch einen Behördenkontakt wahrgenommen werden könnten

Der Stadtrat verweist in seiner Antwort auf die internationalen Konventionen und die in der Bundesverfassung verankerten Menschen- und Grundrechte. Dies würden für alle Menschen, die sich in der Schweiz aufhalten, gelten, auch wenn sie über keinen legalen Aufenthaltsstatus verfügten. Dazu, dass sich beim Sans-Papiers-Thema alle staatlichen Ebenen schwer tun würden, schrieb der Stadtrat: «Im Gegensatz zum Bund können die grossen Städte ihre Augen vor dieser Realität nicht verschliessen.»

«Durch Hintertür legalisiert»

Die SVP lehnt eine City Card ab. Mit dem Ausweis würde die Anwesenheit von Menschen, die nach geltendem Recht nicht hier leben und arbeiten dürften, durch die Hintertür legalisiert, schreibt die Partei in einer Mitteilung. Sie kritisiert zudem, dass dann Sans Papiers, die schliesslich keine Steuern zahlen, mit der City Card auch noch städtische Dienstleistungen günstiger beziehen könnten. Gemäss SVP-Mitteilung sollen Menschen mit illegalem Aufenthaltsstatus «nicht belohnt, sondern konsequent rückgeführt werden».
(https://www.zsz.ch/ueberregional/linke-fordern-einen-ausweis-fuer-alle/story/17923942)

+++DEUTSCHLAND
Sind Marokko, Algerien und Tunesien sichere Herkunftsländer?
Die Bundesregierung plant erneut, Tunesien, Algerien und Marokko in die Liste der sicheren Herkunftsländer aufzunehmen. Der Plan könnte scheitern
https://www.heise.de/tp/features/Sind-Marokko-Algerien-und-Tunesien-sichere-Herkunftslaender-4117576.html

Afghanistan: Unbescholten, aber abgeschoben
Der Druck auf Afghanen in Deutschland wächst. In ihrer Heimat aber verschlechtert sich die Sicherheitslage, die Zahl ziviler Opfer bei Attentaten ist auf einem Rekordhoch.
http://www.fr.de/politik/flucht-zuwanderung/afghanistan-unbescholten-aber-abgeschoben-a-1548336?GEPC=s3

+++SPANIEN
Barcelona: Ein imaginärer Planet
Die katalanische Hauptstadt macht viel Geld locker, um Flüchtlingen zu helfen. Die Bevölkerung steht dahinter
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/ein-imaginaerer-planet

+++ITALIEN
Ethiopian migrant brings the Italian hills alive with the sound of goats
VALLE DEI MOCHENI, Italy (Reuters) – Agitu Idea Gudeta has built up a thriving business in her adopted Italy making goat’s cheese and beauty products in just a few years since fleeing her native Ethiopia in 2010 over a land dispute.
https://www.reuters.com/article/us-europe-migrants-italy-goats/ethiopian-migrant-brings-the-italian-hills-alive-with-the-sound-of-goats-idUSKBN1KA12I

+++MITTELMEER
Mittelmeer: Retter zeigen libysche Küstenwache an
Ein Boot mit einer Überlebenden und zwei im Mittelmeer Gestorbenen ist auf Mallorca angekommen. Sie sollen von der libyschen Küstenwache zurückgelassen worden sein.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-07/mittelmeer-open-arms-josefa-anzeige

Klage gegen Libysche Küstenwache: Erst Bootversenken, dann „Retten“ oder Sterbenlassen
Die heutige Klage der gesamten Besatzung von zwei Schiffen der katalanischen Rettungs-NGO Proactiva Open Arms gegen die sogenannte libyschen Küstenwache und gegen den Kapitän des Frachtes Triades wegen unterlassener Hilfeleistung und fahrlässige Tötung im Fall einer Frau, eines ca. 4-jährigen Kindes – beide tot – und der Überlebenden Josefa aus Kamerun vor dem Gericht von Palma de Mallorca erfährt durch einen Bericht der angesehenen italienischen Tageszeitung „Il Fatto Quotidiano“ eine wachsende Bedeutung. Der Bericht beruft sich auf anonyme Aussagen von Militärs: Wenn sich die Schiffe der sogenannten libyschen Küstenwache nähern, geben die Bootsflüchtlinge in der Regel deutlich zu verstehen, dass sie auf keinen Fall nach Libyen zurückgebracht werden wollen. Daraufhin versenken die Libyer oftmals die Boote, um die untergehenden Bootsflüchtlinge zum „rettenden“ Umsteigen auf die libyschen Schiffe zu zwingen.Die heutige Klage von Open Arms bezieht sich anscheinend auf solch einen Fall. Der Oberst der sogenannten libyschen Küstenwache Tofag Scare hat der Journalistin der italienischen Tageszeitung La Stampa Francesca Paci gegenüber erklärt, dass die Libyer am 16.07.2018 tatsächlich bei dem Vorfall 80 Seemeilen vor der libyschen Küste Bootsflüchtlinge zurückgelassen hätten – allerdings seien sie schon tot gewesen. Die von Open Arms gerette Josefa, die heute mit den beiden NGO-Rettungsschiffen nach Palma gebracht wurde, liegt inzwischen dort im Krankenhaus. Sie hatte wegen ihrer Verletzungen durch Benzin, Salzwasser und wegen Unterkühlung nach 48 Stunden im Wasser ums Überleben zu kämpfen und steht noch immer unter Schock. Die beiden nach Palma gebrachten toten Bootsflüchtlinge wurde den dortigen Behörden übergeben.Open Arms hat erklärt, dass die NGO versuchen wird, die eingereichte Klage zu erweitern, auch gegen Italien und Malta. Die NGO machte auch die EU für das Massensterben vor der libyschen Küste verantwortlich, in einer Zeit, in der EU-Staaten die Rettungs-NGOs kriminalisieren. In Kürze wird Open Arms wieder in die Todeszone des zentralen Mittelmeers fahren.
http://ffm-online.org/2018/07/21/klage-gegen-libysche-kuestenwache-erst-bootversenken-dann-retten/

Spanien löst Italien als Hauptziel für Flüchtlinge ab: Mit dem Leben dieser Frau wird Politik gemacht
Die Situation auf dem Mittelmeer wird immer dramatischer. Noch nie sollen so viele Flüchtlinge gestorben sein wie im Juli. Hauptgrund dafür ist die Weigerung Italiens, private Seenotretter ankern zu lassen. Nun wird Spanien zur letzten Hoffnung für Schiffbrüchige.
https://www.blick.ch/news/ausland/spanien-loest-italien-als-hauptziel-fuer-fluechtlinge-ab-mit-dem-leben-dieser-frau-wird-politik-gemacht-id8642509.html

Italien will 57 gerettete Tunesier umgehend zurückführen
Innenminister Salvini: „Auf Worte folgen Taten.“
Rom – Das italienische Innenministerium will umgehend die Zurückschiebung von bis zu 57 Tunesiern vollziehen, die in der Nacht auf Freitag im Mittelmeer gerettet worden sind. Bereits am Montag sollen einige der volljährigen Männer mit einem Charterflug nach Tunis zurückgebracht gebracht werden, wie die Deutsche Presse-Agentur am Samstag aus Kreisen des Innenministeriums erfuhr.
http://derstandard.at/2000083903704/Italien-will-57-gerettete-Tunesier-umgehend-zurueckfuehren

Deutsche Politiker fordern Verteilung von Bootsflüchtlingen
Deutsche Politiker fordern, dass man sich schneller auf eine Verteilung der geretteten Migranten einigt. Die EU-Mission «Sophia» soll dabei erweitert werden.
https://www.nau.ch/politik-wirtschaft/international/2018/07/21/deutsche-politiker-fordern-verteilung-von-bootsfluchtlingen-65375227

Europas Tote
Die europäischen Regierungen orchestrieren das grosse Sterben im Mittelmeer. Auch die Schweiz trägt Verantwortung.
https://www.republik.ch/2018/07/21/europas-tote?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=republik%2Fnewsletter-editorial-21-07-18

Zukunft von EU-Mission offen – Neue Strategie verzweifelt gesucht
Es geht um die Frage, ob künftig noch Menschen im Mittelmeer gerettet werden. Italiens Nein zu neuen Flüchtlingen, stellt den gesamten EU-Militäreinsatz vor Libyen infrage.
https://www.zdf.de/nachrichten/heute/zukunft-von-eu-mission-offen-politiker-fuer-verteilung-von-migranten-100.html

Italien will Häfen schließen – Rettungsmission „Sophia“: Abbruch im August?
„Sophia“, die EU-Rettungsmission im Mittelmeer, steht vor dem Aus. Das fürchtet Ex-Grünen-Chef Trittin. Grund: Italien weigert sich, weitere Flüchtlinge von Schiffen aufzunehmen.
https://www.zdf.de/nachrichten/heute/eu-rettungsmission-sophia-geht-vorerst-weiter-ende-im-august-moeglich-100.html
-> https://www.zdf.de/nachrichten/heute-19-uhr/italien-keine-hilfe-fuer-fluechtlinge-100.html

„Open Arms“ Rettungsschiff erreicht Mallorca
Ein Rettungsschiff mit einer überlebenden Migrantin und zwei Toten an Bord ist auf Mallorca eingetroffen. Einen italienischen Hafen wollte die Organisation nicht ansteuern – sie traue der Regierung nicht.
http://www.tagesschau.de/ausland/fluechtlinge-schiff-mallorca-101.html
-> http://taz.de/Seenotrettung-von-Gefluechteten/!5523038/
-> http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/fluechtlinge-vor-libyens-kueste-ueberlebende-kamerunerin-erreicht-mallorca-a-1219564.html#ref=rss

+++AUSTRALIEN
Tausende Australier gegen Flüchtlingspolitik der Regierung
Tausende Australier haben am Samstag gegen die Politik ihrer Regierung demonstriert, Flüchtlinge in Lagern im Ausland zu internieren.
https://www.nau.ch/nachrichten/ausland/2018/07/21/tausende-australier-gegen-fluchtlingspolitik-der-regierung-65375413

Australische Flüchtlingspolitik: Bootsflüchtlinge ohne Perspektiven
Vor fünf Jahren hat Australien einen generellen Aufnahmestopp für Bootsflüchtlinge verhängt. Seither wurden mehr als 3100 Menschen in Internierungslager auf weit entfernte Inseln verfrachtet. Die Entscheidung war umstritten, doch ihre wichtigsten Ziele hat die Regierung erreicht.
https://www.deutschlandfunk.de/australische-fluechtlingspolitik-bootsfluechtlinge-ohne.799.de.html?dram:article_id=423461

+++FREIRÄUME
Versprayte Hauswände schrecken noch lange keine Investoren ab
Sprayer wollen Trendquartiere gezielt abwerten, indem sie Fassaden verschandeln. Die Interessensvertreter der Immobilienbranche zeigen sich wenig beeindruckt.
https://tageswoche.ch/stadtleben/versprayte-hauswaende-schrecken-noch-lange-keine-investoren-ab/

+++GASSE
Der rechte Platz
Porträt: Stephan Karrenbauer kümmert sich um Notunterkünfte für Obdachlose, hält Trauerreden und feiert jetzt mit dem Hamburger Straßenmagazin „Hinz und Kunzt“ Jubiläum
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-rechte-platz

+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Aktionsrückblick: Aktionen gegen Grenzen, für pol. Gefangene und Gedenken an Suruc Gefallene
Wir nutzten diese Woche das Sommerloch um auf einige Anliegen aufmerksam zu machen.
https://barrikade.info/Aktionsruckblick-Aktionen-gegen-Grenzen-fur-pol-Gefangene-und-Gedenken-an-Suruc-1286

iPhone: Kaum von der Polizei beschlagnahmt, schon aus der Ferne gelöscht
Wer sein iPhone unfreiwillig der Polizei oder Staatsanwaltschaft aushändigen muss, kann auf die Idee kommen, sein Gerät mittels iCloud und «Mein iPhone suchen» löschen zu lassen. Wenn das iPhone gerade online ist oder das nächste Mal online geht, werden alle Daten vom Smartphone gelöscht. Es handelt sich um eine wichtige Funktion bei Diebstahl und Verlust.
Wer sein iPhone nach einer Beschlagnahme auf diesem Weg löschen lässt, geht das Risiko ein, sich strafbar zu machen, wie ein aktueller Fall in der «linken Zürcher Aktivistenszene» zeigt:
https://steigerlegal.ch/2018/07/19/iphone-polizei-geloescht/

+++ANTIFA
AfD geht offenbar gegen SVP-Werber vor
Die Schweizer Goal AG darf laut einem «Spiegel»-Bericht nicht mehr für die Partei werben. Grund sei eine Untersuchung wegen illegaler Parteifinanzierung.
https://www.derbund.ch/ausland/afd-geht-offenbar-gegen-svpwerber-vor/story/14904000
-> http://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/andelfinger-pr-agentur-geraet-offenbar-ins-visier-der-deutschen-justiz-0092538/
-> http://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-geht-gegen-eigene-unterstuetzer-vor-a-1219408.html
-> https://www.woz.ch/1728/afd-wahlwerbung/50-000-euro-aus-dem-nichts

+++ANTIRA
antira-Wochenschau: Libyen, Fonds für innere Sicherheit, Antziganismus, Nothilfe
https://antira.org/2018/07/21/antira-wochenschau-libyen-fonds-fuer-innere-sicherheit-antziganismus-nothilfe/

+++GEHEIM
Dieser Widerstandskämpfer weibelt für den Ruf der Geheimtruppe P-26
Felix Werner Nöthiger weibelt seit 2005 für die Rehabilitierung der Geheimtruppe P-26. Jetzt sieht er sich am Ziel.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/dieser-widerstandskaempfer-weibelt-fuer-den-ruf-der-geheimtruppe-p-26-132832626?utm_source=dlvr.it&utm_medium=twitter
-> https://www.woz.ch/1829/geheimarmee-p-26/noethigers-letzte-ruine

+++SEXWORK
Der Streit um die Sexarbeit erreicht die Schweiz
Das Thema Prostitution polarisiert selbst unter Fachleuten. Alle wollen aber dasselbe: Mehr Schutz für die Frauen.
https://www.derbund.ch/bern/kanton/der-streit-um-die-sexarbeit-erreicht-die-schweiz/story/30518700

derbund.ch 21.07.2018

Mit Sexarbeit das Medizinstudium finanziert

Kein Zwang, sondern Emanzipation? Leonie L. bezeichnet sich als «selbstständige Sexarbeiterin». So etwas gibt es nicht, findet eine Aussteigerin.

Céline Rüttimann

Sex mit fremden Männern gegen Bezahlung. Was für viele Frauen unvorstellbar scheint, ist für Leonie L. (Name von der Redaktion geändert) zum Alltag geworden. Seit einigen Jahren ist sie als selbstständige Sexarbeiterin im Kanton Bern tätig. Da Sexarbeit mit Menschenhandel, Drogenkonsum und Gewalt konnotiert wird, stellt sie gleich klar: «Mein Beruf macht mir Spass – ich werde von niemandem zu etwas gezwungen.» Weshalb wählt man diesen Beruf? «Sexarbeit ist nicht nur ein Rein-raus-Spiel», sagt sie. Ihre Arbeit beschränke sich überhaupt nicht nur auf den Geschlechtsverkehr. Denn manchmal komme es gar nicht zu sexuellem Kontakt mit den Kunden. «Manche wollen einfach nur eine Zuhörerin.» Mit Stammkunden entwickle sie sogar Freundschaften. «Es ist weit weg vom Klischee.»

Leonie L. wählte diese Arbeit aber nicht nur aus Spass, sondern auch aus ökonomischen Gründen. Mit dem Verdienst als Sexarbeiterin konnte sich Leonie L. das Medizinstudium finanzieren. Denn vom Staat erhielt sie kein Stipendium. Auch ihre Familie hatte nicht das Geld, um sie finanziell zu unterstützen. Für Leonie L. war immer klar, dass sie nach dem Studium als Ärztin arbeiten wollte. Lange hielt sie es im Arztberuf aber nicht aus. Das Hierarchiedenken in den Spitälern sei für sie unerträglich gewesen, der Druck der Oberärzte enorm. Sie habe als Assistenzärztin Tag und Nacht gearbeitet, durfte deswegen auch nicht bei ihrem Vater sein, als er im Sterben lag. «In diesem Beruf ging es mir körperlich und seelisch nicht gut.» Deshalb sei sie zur Sexarbeit zurückgekehrt. Mit den Frauen des Studios, wo sie zurzeit arbeitet, verbinde sie viel mehr Respekt als mit den Mitarbeitenden im Spital. «Vielleicht liegt es daran, dass wir uns nackt besser kennen als angezogen.»

Toleranz erfuhr sie aber nur von den anderen Sexarbeiterinnen. Denn lange führte Leonie L. wegen des Stigmas ein Doppelleben. «Ich empfand es als sehr belastend», sagt sie. Mittlerweile wisse ihr soziales Umfeld Bescheid. «Sie sehen, dass mich diese Arbeit nicht quält, sondern bestärkt.» Seit fast fünf Jahren lebt Leonie L. in einer Beziehung. Ist ihre Arbeit ein Konfliktfaktor? «Mein Freund hat überhaupt kein Problem mit meiner Arbeit», sagt sie. Eifersucht sei kein Thema. Leuten, mit denen sie nicht privat zu tun habe, eröffne sie ihren Beruf aber nicht. Sie wolle diesen Menschen gar keine Angriffsfläche für Verurteilungen bieten. Das sei auch der Grund, warum sie anonym bleiben möchte.

Service zu Dumpingpreisen

In Internetforen ist ersichtlich, dass Freier Sex ohne Kondom verlangen. Sie setzen sich selbst und die Prostituierte der Gefahr durch Geschlechtskrankheiten aus. Käme das für Leonie L. infrage? «Nein, absolut nicht», sagt sie. Auch Oralsex praktiziere sie nur mit Kondom. Das schütze zwar ihre Gesundheit, bringe jedoch auch negative Konsequenzen mit sich: Weil andere Frauen solchen Service zu Dumpingpreisen anbieten, sei ihre Kundschaft enorm geschrumpft. Aber sie bleibe bei ihren Preisen. «Wenn man das Privileg hat, als selbstständige Sexarbeiterin zu arbeiten, kann man sich die Kundschaft aufbauen, die zu einem passt.» So seien ihre Freier vorwiegend ältere, gebildete und respektvolle Männer, die alle Wert auf Schutz und Hygiene legten. Eine Aussage, die unter Prostituierten höchst umstritten ist, wie andere Beispiele zeigen (siehe Interview).

Auch habe sie noch nie körperliche Gewalt durch Freier erfahren. Allerdings habe sie zu Beginn ihrer Karriere negative Erfahrungen mit jungen Kunden gemacht: Einer habe einfach das Kondom ausgezogen und in ihr ejakuliert. «Ich fühlte mich danach wie vergewaltigt.» Ein anderer sei abgehauen, ohne zu zahlen. Sie konnte den jungen Mann aber ausfindig machen und seine Eltern zum Bezahlen bewegen. «In jedem Beruf passieren anfänglich Fehler», sagt sie. Heute könne ihr so etwas nicht mehr passieren. «Ich habe gelernt, mich zu schützen.» Ihren Erfahrungen nach sind Freier und Privatleute viel leichtsinniger in Sachen Safer Sex. «Prostituierte sind da viel aufgeklärter.»

Ein massiver Rückschritt

In Schweden, Frankreich und anderen europäischen Ländern gibt es mittlerweile ein Prostitutionsverbot, in der Schweiz nicht. Die Frauenzentrale Zürich hat kürzlich auch ein Verbot für die Schweiz gefordert (siehe Text unten). «Ich fände ein Verbot eine Katastrophe», sagt Leonie L. Es wäre ein massiver Rückschritt in Sachen Emanzipation und Gleichstellung. Für «Weltverbesserer» höre sich das schwedische Modell, bei dem der Freier bestraft wird und nicht die Prostituierte, zuerst sinnvoll an. «Aber das ist völliger Schwachsinn.» Wenn Prostitution verboten werde, verschwinde sie nicht einfach, sondern rutsche in die Illegalität ab, wo niemand mehr Kontrolle darüber habe. Auch wenn die Freier bestraft würden, würde ein Verbot mehr Risiken für die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter bedeuten, weil sie weniger Zeit hätten, die Kunden einzuschätzen. Kein Verständnis hat Leonie L. auch für Behauptungen von Frauenrechtsorganisationen, wonach der grösste Teil der Prostituierten aussteigen will oder dass Sexarbeiterinnen jung sterben. «Zahlen zur Sexarbeit sind nur Schätzungen.» Verlässliche Statistiken seien nicht möglich.

Nicht immer nur Menschenhandel

Was wäre denn statt eines Verbotes die Lösung? Der Weg sei die Entkriminalisierung, so Leonie L. Selbstständige Sexarbeitende ohne legalen Status oder eine Bewilligung liefen ständig Gefahr, kriminalisiert zu werden. Prostitution sei eine Arbeit wie jede andere und sollte auch dementsprechende Rechte zugesprochen bekommen. «Ich will das Recht haben, darüber zu entscheiden, was ich mit meinem Körper mache.» Trotzdem gibt es Migrantinnen in der Schweiz, die zur Sexarbeit gezwungen werden. Was ist mit ihnen? Eine solche Ausbeutung sei sehr schlimm, aber ein Verbot würde nicht helfen. «Dass Menschenhandel immer mit käuflichem Sex in Verbindung gebracht wird, macht mich wütend.» Denn auch bei der Saisonarbeit in der Landwirtschaft oder im Gastgewerbe wird die wirtschaftliche Notlage der Menschen ausgenutzt. Ihre Kolleginnen aus Rumänien seien aus eigener Entscheidung in die Schweiz gekommen, weil sie nicht in Armut leben wollten. «An der Armut ist das Sozialsystem schuld, nicht die Prostitution.»

Für die Zukunft wünscht sich Leonie L. mehr Offenheit gegenüber ihrer Arbeit. Die Leute sollten sich über Sexarbeit und ihre Facetten informieren, bevor sie urteilen. «Wir Prostituierten sind kein Abschaum.» Inzwischen berät Leonie privat Frauen, die Probleme in ihrem Sexualleben haben. Sexuelles Wissen sollte vor allem für Frauen gefördert werden, findet sie. «Denn wie viele Frauen haben keinen Zugang zu ihrer eigenen Sexualität oder hatten noch nie einen Orgasmus?» Vor allem Frauen sollten den Mut haben, sich besser kennen zu lernen, um mehr Spass am Sex zu haben. «Dann würde es vermutlich auch weniger Freier geben.»

«Prostitution ist ein Akt des Missbrauchs»

Frau Mau, Sie haben selbst jahrelang in Deutschland als Prostituierte gearbeitet. Warum sind Sie ausgestiegen?
Auf Ämtern oder Beratungsstellen heisst es oft, Prostitution sei ein ganz normaler Beruf. Aber das ist nicht so einfach. Ich habe mehrere Jahre gebraucht, um aussteigen zu können; und was ich in der Prostitution erlebt habe, werde ich nie vergessen. Prostitution ist ein Akt des Missbrauchs. Um Frauen eine Anlaufstelle zu bieten, habe ich das Netzwerk Ella gegründet, wo sich Frauen melden und dafür einsetzen können, dass Prostitution als sexuelle Gewalt anerkannt wird.

Weshalb haben Sie als Prostituierte gearbeitet?

Ich bin in die Prostitution geraten, weil ich als Kind daheim Gewalt und Missbrauch erfahren habe. Für mich war Gewalt etwas Normales, und ich hatte ein patriarchalisches Frauenbild. Als Jugendliche bin ich schliesslich von zu Hause weggelaufen. Um mich über ­Wasser zu halten, habe ich mich prostituiert. Ich habe es als die einzige Alternative gesehen, um zu überleben. Mein erster Zuhälter hat mir beigebracht, wie ich Inserate aufschalte und wie das mit dem «Anschaffen» funktioniert. Gewalterfahrungen, ökonomische Probleme und eine Person, die beim Einstieg hilft – das sind die begünstigenden Faktoren, die Frauen dazu bringen, sich für Sex zu verkaufen.

Eine Frau hatte sich bei Ihrem Netzwerk Ella gemeldet, weil sie mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit wollte. Nun ist sie nicht mehr erreichbar. Wenn wir davon ausgehen, dass sie nicht im Urlaub ist – warum könnte sie die Courage verloren haben?

Bei vielen Prostituierten ist das Bedürfnis da, anonym zu bleiben. Als Prostituierte ist man wegen des Stigmas fast immer zum Doppelleben verurteilt. Erzählt man seiner Friseurin, dass man sich für Sex verkauft, wird man beschämt. Schreibt man es in den Lebenslauf, findet man keinen anderen Job. Aussteigerinnen wollen oft einfach vergessen und verdrängen, deshalb wollen sie auch nicht mehr darüber reden oder sich der Bewertung der Öffentlichkeit stellen.

Gibt es Ihrer Meinung nach überhaupt freiwillige, selbstbestimmte Prostituierte?

Ich mag diese Trennung von freiwillig und unfreiwillig nicht. Denn auch Frauen, die freiwillig in die Prostitution gehen, haben eine eigene Geschichte, warum sie das tun. Eine Prostituierte ist meines Erachtens nie selbstbestimmt, denn der Freier und der Markt bestimmen, was läuft.

Aber die selbstständigen Prostituierten können ihre Freier doch selber auswählen.

Das schon. Aber sie stehen ja auch unter ökonomischem Druck. Die Frauen haben zwar ihre eigenen Vorgaben, zum Beispiel, dass sie den Freier nicht küssen oder dass sie keinen Sex ohne Kondom anbieten. Viele Freier wollen aber ungeschützten Sex. Die Frauen machen da also mit oder haben weniger Kunden. Sie sind abhängig von den Marktregeln, die nicht sie selbst bestimmen können – das tun die Freier.

Ist Prostitution menschenunwürdig?

Auf jeden Fall. Niemand bleibt körperlich und seelisch unversehrt, der sich prostituiert. Käuflicher Sex ist eine Gewalttat, denn die Priorität gilt ja dem Geld, nicht dem Sex. Oder denken Sie, die Frauen würden die Freier auch ohne Gegenleistung befriedigen? Wohl eher nicht.

Haben Sie Gewalt durch Freier erlebt?

Ja, jede Menge. Die Freier waren teilweise sadistisch, ich wurde angespuckt und beschimpft. Die Freier versuchten auch oft, meine Grenzen, die ich gesetzt hatte, zu umgehen. Das ist respektlos. Ich habe einem Freier gesagt, dass ich nicht mit Analverkehr einverstanden bin – er hat es trotzdem versucht. Und wenn ich sagte: «Hör auf», machten viele der Männer einfach weiter. Das war eine Vergewaltigung.

In Schweden ist die Prostitution verboten – in der Schweiz nicht. Die Frauenzentrale Zürich hat zu diesem Thema den Kurzfilm «Stopp Prostitution – Für eine Schweiz ohne Freier» lanciert. Sollte in der Schweiz ebenfalls ein Verbot herrschen?

Ich fand das Video sehr gut. Aber bitte nicht falsch verstehen: Ich bin nicht für ein Verbot der Prostitution. Das schwedische Modell ist auch kein solches: Es verbietet den Sexkauf. Das Modell steht für Freierbestrafung, Entkriminalisierung der Prostituierten, Ausstiegsmöglichkeiten und Aufklärung. Die Gesellschaft soll aufgeklärt werden, was Prostitution ist und was sie bedeutet. Es muss darüber geredet werden. In Schweden lernen schon kleine Kinder, dass es nicht in Ordnung ist, Menschen zu kaufen.

Geht es beim Verbot in Schweden eher um die Haltung einer Gesellschaft?

Ja, in etwa. Die Gesellschaft sollte gleichberechtigt sein, aber bei käuflichem Sex herrscht keine Gleichberechtigung. Nur die Freier leben ihre Sexualität aus.

Rechtliche Situation

Seit 1942 ist Sexarbeit in der Schweiz legal und steht unter der verfassungsmässigen Wirtschaftsfreiheit. Prostitution darf von allen ausgeübt werden, die eine Arbeitsbewilligung oder eine Meldebestätigung in der Schweiz haben. Sexuelle Dienstleistungen zu verkaufen, ist aber erst ab 18 Jahren erlaubt.

Seit dem Prostitutionsgesetz von 2013 ist im Kanton Bern Prostitution nicht mehr sittenwidrig. Verträge im Sexgewerbe sind daher rechtsgültig. Kernstück des neuen Prostitutionsgesetzes ist die Bewilligungspflicht zum Führen von Betrieben im Prostitutionsgewerbe wie Salons oder Escort-Services. Die Polizei kann in jedem bewilligten Betrieb Kontrollen machen. Zuständig für Bewilligungen sind die Regierungsstatthalter.
(https://www.derbund.ch/bern/kanton/mit-sexarbeit-das-medizinstudium-finanziert/story/19888300)

«Die Frau ist nicht für Dauer-Sex geschaffen»
Ist Prostitution und Gleichberechtigung vereinbar? Die Anwältin Andrea Gisler, Präsidentin der Frauenzentrale Zürich, fordert dazu auf, die Legalität der Prostitution in der Schweiz zu überdenken.
https://tsri.ch/zh/die-frau-ist-nicht-fur-dauer-sex-geschaffen/