Medienspiegel 20. Juli 2018

+++BERN
«Geflohen»: Eine syrische Familie flieht in die Berner Alpen
Als eine Bombe in die Strasse schlägt, über die eben der Schulbus ihrer Kinder fuhr, beschliesst eine syrische Familie, zu fliehen. Das ist ihre Geschichte.
https://www.nau.ch/politik-wirtschaft/international/2018/07/20/geflohen-eine-syrische-familie-flieht-in-die-berner-alpen-65352871

«Geflohen» Teil II: Beleidigungen auf dem Pausenplatz
Eine syrische Familie flieht in die Schweiz. «Ihr wollt doch nur unser Geld», rufen die Schüler den Flüchtlingskindern entgegen. Beissen sie die Zähne zusammen?
https://www.nau.ch/politik-wirtschaft/international/2018/07/20/geflohen-teil-ii-beleidigungen-auf-dem-pausenplatz-65342245

+++AARGAU
Mehr Betreuung für junge Asylsuchende: Darum geht es beim Projekt «UMA plus»
Volljährig und doch nicht erwachsen – ein neues Betreuungsprojekt in Suhr soll Probleme mit jungen Asylsuchenden verhindern. Die Unterkunft in Suhr wird dazu reorganisiert.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/mehr-betreuung-fuer-junge-asylsuchende-darum-geht-es-beim-projekt-uma-plus-132827533

Pilotprojekt enttäuscht: Flüchtlinge bewerben sich kaum für Lehrstellen bei Aargauer Bauern
Aargauer Bauern würden Flüchtlinge ausbilden. 20 Lehrstellen stünden bereit – doch die Bewerber bleiben fast gänzlich aus.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/pilotprojekt-enttaeuscht-fluechtlinge-bewerben-sich-kaum-fuer-lehrstellen-bei-aargauer-bauern-132829067

+++SCHWYZ
Bundesasylzentrum Wintersried: Regierung heisst Beschwerde gut
Der Regierungsrat hebt die Baubewilligung für die Übergangslösung des Bundesasylzentrums im Wintersried auf. Allerdings wird damit nichts über das definitive Zentrum ausgesagt.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/schwyz/regierung-heisst-beschwerde-gut-ld.1039336
-> https://www.tele1.ch/artikel/151819/bundes-asylzentrum-wintersried-verzoegert-sich

+++ZÜRICH
Zürichs Linke will ID für Sans-Papiers einführen
SP, Grüne und AL fordern den Stadtrat auf, eine städtische Identitätskarte für alle Stadtbewohner auszugeben – unabhängig vom Aufenthaltsstatus.
https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/zuerichs-linke-will-id-fuer-sanspapiers-einfuehren/story/10891750
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/der-ausweis-fuer-alle-soll-jedem-zuercher-zugang-zum-recht-ermoeglichen-auch-den-sans-papiers-132820426

+++SCHWEIZ
Ein zynisches Urteil
Die Flucht vor dem Nationaldienst in Eritrea gilt in der Schweiz nicht länger als Asylgrund. Damit nimmt das Bundesverwaltungsgericht in Kauf, Asylsuchende in Folter und Zwangsarbeit zu treiben.
https://www.republik.ch/2018/07/20/ein-zynisches-urteil?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=republik%2Fnewsletter-editorial-heimatland

Die ausländerrechtliche Inhaftierung von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz
In der Schweiz können Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren aus ausländerrechtlichen Gründen in Gewahrsam genommen werden. Dies hält das Ausländergesetz fest. Sogar Jugendliche, die das 15. Lebensjahr noch nicht abgeschlossen haben, werden in einigen Kantonen inhaftiert. Dies zeigt der im Juni 2018 veröffentlichte Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N). Damit verletzen die Behörden nicht nur ihre Pflichten gemäss der UN-Kinderrechtskonvention (KRK), sondern auch geltendes nationales Recht. Die Kritik der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates hat in den Kantonen Bern und Zürich bereits zu Sofortmassnahmen geführt.
https://www.humanrights.ch/de/menschenrechte-schweiz/inneres/gruppen/kinder/administrativhaft-jugendliche-schweiz

+++FRANKREICH
Solidarité avec les 4 nouvelles personnes arrêtées à Briançon
Quatre personnes ont été mises en garde à vue mardi 17 juillet à Briançon. Quatre militant.e.s supplémentaires accusé.e.s “d’aide à l’entrée d’étrangers en situation irrégulière sur le territoire français en bande organisée” suite à la marche du 22 avril dernier !
https://renverse.co/Solidarite-avec-les-4-nouvelles-personnes-arretees-a-Briancon-1645

+++GRIECHENLAND
Griechenland: Gefangenschaft, Gewalt und Chaos traumatisieren Asylsuchende auf Lesbos
Die Lage der Männer, Frauen und Kinder im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos hat sich weiter verschlechtert. Immer wieder kommt es in dem völlig überfüllten EU-Hotspot zu Unruhen, gewaltsamen Auseinandersetzungen und sexueller Gewalt.
https://www.msf.ch/de/neueste-beitraege/artikel/griechenland-gefangenschaft-gewalt-und-chaos-traumatisieren-asylsuchende

+++ITALIEN
Flüchtlinge: Italien verroht
In Rom wird ein Baby angeschossen, in Rimini werden Strände kontrolliert: Rassismus und Gewalt bestimmen den Umgang mit Geflüchteten in Italien. Und niemand protestiert.
https://www.zeit.de/politik/2018-07/fluechtlinge-italien-matteo-salvini-mittelmeer-rom-rimini-hass-hetze-verrohung/komplettansicht

+++MITTELMEER
Flüchtlinge: EU-Rettungsmission im Mittelmeer gestoppt
Italien weigert sich, aus dem Mittelmeer gerettete Flüchtlinge aufzunehmen – auch nicht im Zuge der EU-Mission “Sophia”. Die EU ist ratlos, der Kommandeur hat nach SPIEGEL-Informationen alle Schiffe in den Hafen beordert.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/mittelmeer-kommandeur-stoppt-eu-rettungsoperation-sophia-a-1219476.html

EU-Rettungsmission: Italien droht “Sophia”-Schiffen mit Blockade
Italien schottet sich in seiner Flüchtlingspolitik weiter ab. Einem Zeitungsbericht zufolge hat das Land angekündigt, künftig auch keine Flüchtlinge von Schiffen der EU-Rettungsmission “Sophia” aufzunehmen.
http://www.tagesschau.de/ausland/italien-fluechtlinge-137.html
-> http://www.20min.ch/ausland/news/story/Italien-will-keine-Migranten-von-EU-Mission-aufnehmen-11576949
-> https://www.srf.ch/news/international/fluechtlingspolitik-in-der-eu-italien-fordert-eu-stelle-um-fluechtlinge-zu-verteilen
-> https://www.welt.de/politik/ausland/article179678102/Sophia-Italien-will-gerettete-Migranten-von-EU-Marinemission-nicht-mehr-aufnehmen.html
-> https://www.nzz.ch/international/italien-will-keine-migranten-der-eu-mission-sophia-aufnehmen-ld.1405102
-> http://taz.de/Seenotrettung-im-Mittelmeer/!5522907/
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1094875.migrationsdebatte-in-italien-und-europa-salvini-eskaliert-streit-um-fluechtlinge.html
-> http://www.spiegel.de/politik/ausland/a-1219475.html
-> http://www.tagesschau.de/italien-fluechtlinge-139.html
-> https://www.zdf.de/nachrichten/heute/italien-nimmt-keine-fluechtlinge-von-eu-marineeinsatz-mehr-auf-100.html
-> https://www.tagblatt.ch/newsticker/international/italien-bedroht-mit-anti-migrationskurs-zukunft-von-eu-mission-ld.1039553

EKD will mit Vatikan Seenotrettung betreiben
Seenotretter sind kriminell und spielen Schleppern in die Hände? Unsinn, sagt die Evangelische Kirche in Deutschland – und will die private Seenotrettung auf dem Mittelmeer reaktivieren. Dabei soll auch der Vatikan eine Rolle spielen.
http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/ekd-will-mit-vatikan-seenotrettung-betreiben

+++EUROPA
Salvini: Libyens Häfen müssen sichere Häfen werden
Die Internationale Organisation für Migration spricht von Hundertausenden “illegalen Migranten in Libyen”. Italien will – zusammen mit NGOs – die Bedingungen in den Lagern verbessern
https://www.heise.de/tp/features/Salvini-Libyens-Haefen-muessen-sichere-Haefen-werden-4117118.html
-> https://www.jungewelt.de/artikel/336398.politische-geiselnahme.html

+++LIBYEN
Flüchtlinge in Libyen: Das Problem liegt an Land
Libyens Küstenwache steht in der Kritik – dabei macht die Marine bei der Abwehr von Migranten im Mittelmeer nur, was die EU von ihr erwartet. Viel verheerender ist die Lage für die Flüchtlinge an Land.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-in-libyen-das-problem-liegt-an-land-a-1219448.html

Libyens Regierungschef lehnt EU-Flüchtlingszentren im eigenen Land ab
Der libysche Regierungschef Fayez al-Sarraj am 29. Mai 2018 im Elysée-Palast in Paris. (Bild: Etienne Laurent / Reuters)
Libyens Regierungschef Fayez al-Sarraj hat sich entschieden gegen Aufnahmezentren der EU für Flüchtlinge in seinem Land ausgesprochen. «Nein, das wird es bei uns nicht geben», sagte er der deutschen «Bild»-Zeitung vom Freitag.
https://www.nzz.ch/international/libyens-regierungschef-lehnt-eu-fluechtlingszentren-im-eigenen-land-ab-ld.1405094
-> https://www.zdf.de/nachrichten/heute/aufnahmezentren-in-libyen-regierungschef-lehnt-eu-fluechtlingszentren-ab-100.html
-> http://www.tagesschau.de/ausland/libyen-fluechtlinge-125.html

+++FLUCHT
Alleinreisende Männer bei Flüchtlingshilfe vernachlässigt
Hilfsorganisation zeigt Probleme der Migranten und Flüchtlinge auf und will Debatte anstoßen
Seit Jänner sind 58,5 Prozent erwachsene männliche Migranten über das zentrale Mittelmeer nach Europa gekommen. 24,9 Prozent der Ankünfte machten Minderjährige unter 18 Jahren aus und 16,7 Prozent Frauen, schätzt das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR). Die Hilfe in den Transit- und Aufnahmeländern konzentriert sich allerdings vor allem auf Frauen und Kinder, stellt die Hilfsorganisation Care in einem aktuellen Bericht fest.
http://derstandard.at/2000083345906/Bericht-Alleinreisende-Maenner-bei-Fluechtlingshilfe-vernachlaessigt

+++FREIRÄUME
EWB lässt Besetzer gewähren
Energie Wasser Bern (EWB) hat sich mit dem Besetzerkollektiv Anstadt, das sich auf dem Gaswerkareal niedergelassen hat, ausgesprochen. Die Besetzer richten sich für länger ein.
https://www.bernerzeitung.ch/bernerzeitung-print/ewb-laesst-besetzer-gewaehren/story/29235625

Die möblierte Stadt
Die Stadt Bern verwandelt Kreisel in Oasen der Erholung und Bänkli, Stühlen und Billardtische sollen Nachbarn ins Freie locken. Wieviel Animation soll sein? Ist es nötig, dass die Stadtverantwortlichen ihren Bürgern Plätze zum Begegnen herrichten?
https://www.srf.ch/sendungen/regional-diagonal/das-magazin-die-moeblierte-stadt

+++SEXWORK
Immer mehr Pop-up-Salons für Sex: Prostitutionsgewerbe in Zürich stabilisiert sich
Das Sex-Gewerbe hat sich in der Stadt Zürich stabilisiert. Dies zeigt ein Bericht des Stadtrates. Gesetzesanpassungen erleichtern die Arbeit von Frauen in Kleinstsalons. Die Lage an der Langstrasse hat sich verschärft.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/immer-mehr-pop-up-salons-fuer-sex-prostitutionsgewerbe-in-zuerich-stabilisiert-sich-132828736

+++AUSLÄNDER_INNEN-RECHT
Entscheid des Bundesgerichts – Im Zweifel für den gut Integrierten
Einem Argentinier wird – nach zehn Jahren in der Schweiz – das Aufenthaltsrecht gewährt. Das ist ungewöhnlich.
https://www.srf.ch/news/schweiz/entscheid-des-bundesgerichts-im-zweifel-fuer-den-gut-integrierten
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=3972af00-a80f-4e1a-b317-9c84cb2d59e1
-> https://www.nzz.ch/schweiz/bundesgericht-faellt-leiturteil-zu-aufenthaltsrecht-ld.1405196
-> Medienmitteilung Bundesgericht: https://www.bger.ch/files/live/sites/bger/files/pdf/de/2C_105_2017_2018_07_20_T_d_14_12_14.pdf
-> Bundesgerichts-Urteil: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://08-05-2018-2C_105-2017&lang=de&zoom=&type=show_document

+++MENSCHENRECHTE
In der Schweiz leben 14’000 «moderne Sklaven» – das steckt dahinter
Auch in unserem Land gibt es Menschen, die unter sklavenähnlichen Bedingungen leben und arbeiten. Das zeigt der Global Slavery Index. Der Bund hat seine Anstrengungen im Kampf gegen den Menschenhandel intensiviert.
https://www.watson.ch/schweiz/migration/838366201-in-der-schweiz-leben-14-000-moderne-sklaven-das-steckt-dahinter

+++REPRESSION DE/G-20
Gefährder-Leaks: Konstruktionen des LKA Berlin am Beispiel der Rigaer Straße
Vor einigen Wochen gab es in Berlin eine Vielzahl an Hausdurchsuchungen und Razzien. Die G20-Razzien finden zahlreicher statt und steigern ihre Absurdität. Auch das Auftauchen von szenekundigen Beamt*innen in zivil vor vermeintlichen Szenelokalitäten häuft sich.
Diese Repressionshäufungen sind unserer Meinung nach aber keine neue Entwicklung, sondern entsprechen einem Kalkül, das die (Berliner) Cops schon seit geraumer Zeit verfolgen und welches nun mal wieder seine Früchte tragen soll.
Wir sollten diese Methoden analysieren, um dringend notwendige Gegenkonzepte zu entwickeln, unsere Solidarität auszubauen und Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen.
Im Folgenden möchten wir eine neue – alte Repressionsgeschichte erzählen
https://de.indymedia.org/node/22950
-> https://gefaehrlich.noblogs.org/

+++BIG BROTHER
Schlechte Erfahrungen in Deutschland: Handy-Daten-Auswertung bringt nichts
Was die Schweiz einführen will, praktiziert Deutschland schon: Die Auswertung der Daten von Mobiltelefonen und Laptops zur Identifizierung von Asylsuchenden. Doch das Beispiel Deutschland zeigt: Der Nutzen ist extrem gering.
https://www.blick.ch/news/politik/schlechte-erfahrungen-in-deutschland-handy-daten-auswertung-bringt-nichts-id8637082.html

+++UNDERCOVER
“Einzigartiger Zugang zu Informationen”: Britische Behörden setzen Kinder als Spitzel ein
Sie sollen Informationen über Terroristen und Drogendealer beschaffen: Minderjährige spionieren in Großbritannien für Polizei und Geheimdienste. Kritiker sprechen von einem Verstoß gegen die Menschenrechte.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/grossbritannien-kinder-spione-gegen-terroristen-und-drogen-gangs-a-1219335.html

+++POLIZEI LU
Luzerner Polizei stoppt Schläger mit Taser: «Er befand sich in einem Schockzustand»
Ein Streit ist in der Stadt Luzern derart eskaliert, dass die Polizei ausrücken musste. Bei der Festnahme in einem Fast-Food-Restaurant musste sie sogar einen Taser einsetzen – was äusserst selten der Fall ist.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/polizei-stellt-schlager-mit-taser-ruhig-ld.1039445

Luzerner Polizei muss Schläger in Restaurant mit Taser ruhigstellen
Ein Streit in der Stadt Luzern ist derart eskaliert, dass die Polizei ausrücken musste. Darauf verschanzten sich ein Verdächtiger und sein Begleiter in einem Fast-Food-Lokal. Dort wehrten sie sich massiv gegen die Festnahme.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/polizei-muss-taser-in-luzerner-fast-food-lokal-einsetzen-es-ist-moebiliar-rumgeflogen-ld.1039317
-> https://newsletter.lu.ch/inxmail/html_mail.jsp?id=0&email=newsletter.lu.ch&mailref=000dzxi000eyq000000000gplsut7n4q

+++POLIZEI ZH
Rykart winkt Bodycams nicht einfach durch
Polizeivorsteherin Karin Rykart will den Einsatz von Körperkameras bei der Stadtpolizei neu beurteilen.
https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/rykart-winkt-bodycams-nicht-einfach-durch/story/15090664
-> https://www.srf.ch/news/regional/zuerich-schaffhausen/kehrtwende-bei-bodycams-koerperkameras-fuer-zuercher-polizisten-wieder-auf-dem-pruefstand
-> http://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/bodycams-fuer-zuercher-stadtpolizisten-liegen-auf-eis-0092452/
-> https://www.telezueri.ch/62-show-zuerinews#62035-segment-koerperkameras-fuer-zuercher-polizisten-wieder-auf-pruefstand

+++GEHEIM
Geheimarmee P-26 – Nöthigers letzte Ruine
Die Rehabilitierung der Geheimarmee P-26 soll das Geschichtsbild der Schweiz wieder konservativer machen. Die treibende Kraft dahinter ist der Burgenbauer Felix Nöthiger. Wer seinen Revisionismus verstehen will, muss seine Burgen besichtigen.
https://www.woz.ch/1829/geheimarmee-p-26/noethigers-letzte-ruine

tagesanzeiger.ch 20.07.2018

«Die Linke konnte mit der P 26 ablenken»

Der Historiker Titus Meier hat ein viel beachtetes Buch über die Schweizer Geheimtruppe geschrieben. Für ihn war die P 26 eine harmlose Gruppierung aufrechter Patrioten.

Mit Titus Meier sprach Res Strehle

Herr Meier, mit Ihrem Buch zur P 26 haben Sie die einstige Geheimtruppe rehabilitiert. Hat man Ihnen die Flasche Champagner schon geschickt?

Nein, es ist noch nichts gekommen.

Vaterländische Gruppierungen wie die C 717 oder Pro Castellis haben auf einen Historiker wie Sie gewartet. Viele der damals Beteiligten fühlten sich nach der Enttarnung 1990 als Verräter, jetzt machen Sie sie im Nachhinein zu aufrechten Patrioten.

Als ich vor sieben Jahren begann, mich mit der P 26 wissenschaftlich auseinanderzusetzen, wusste ich nicht, was das Ergebnis sein würde. Mich hat die angebliche Existenz einer Geheimarmee stets fasziniert. Wenn ein Staat das Projekt eines geheimen Widerstands bei einer Besetzung hat, muss man mindestens nachträglich für Transparenz sorgen. Das war die Motivation meiner Forschung. Verschiedene Seiten hatten grosse Erwartungen – ich weiss aber nicht, ob sie nun erfüllt werden.

Der patriotische Burgenverein Pro Castellis hat schon verlauten lassen, Ihre Doktorarbeit hätte seine Darstellung zur Widerstandsvorbereitung vollumfänglich bestätigt.

Im Unterschied zu den Medien kennt dieser Verein meine Arbeit noch nicht.

Wie konnte er dann zu diesem Schluss kommen?

Ich habe einzelne Referate zum Thema gehalten, darauf scheint diese Erwartung wohl zu beruhen.

Ihre These ist, dass die Medien damals die Rolle der P 26 als Geheimarmee stark überzeichnet haben. Ihr Buch macht nun das Gegenteil: Die Widerstandsorganisation wird umgedeutet zu einer harmlosen Truppe von in Friedenszeiten unbewaffneten, patriotisch gesinnten Frührentnern unter Aufsicht des ¬Generalstabs.

Die P 26 orientierte sich an der Gesamtverteidigung ab 1973. Darin wurden strategische Aufgaben definiert. Eine davon war die Organisation des Widerstands, falls die Schweiz von einer ausländischen Macht besetzt würde. Das entsprach der damaligen Bedrohungslage. Heute wäre dies ein Skandal, aber damals war diese Aufgabe eingebettet in die Sicherheitspolitik. 1990 war die Situation innenpolitisch stark aufgeheizt, nahezu täglich tauchten neue ¬Fichen auf, davon waren auch viele Journalisten betroffen. Ich kann deshalb verstehen, dass die Medien skandalisierten, war aber überrascht, dass die parlamentarische Untersuchungskommission (PUK EMD) nicht deutlicher gegen diese mediale Aufheizung Stellung bezog. Schliesslich kannte sie ja die Akten.

Sie holen das heute nach: Aus dem potenziell gefährlichen Tiger P 26 machen Sie ein harmlos schnurrendes Kätzchen.

Die P 26 war nicht der militärische, sie war der politische Widerstand im Besetzungsfall. Sie hatte keinen Kampfauftrag, sondern war mit der Nachrichtenvermittlung aus den besetzten Gebieten an den Bundesrat, der Information der Bevölkerung, Sabotage und Propaganda beauftragt. Sie bestand aus mehrheitlich älteren Männern und Frauen, die im Kriegsfall kein Armeeaufgebot hatten.

Dieser politische Widerstand war im Konfliktfall bis auf die Zähne bewaffnet: In den Depots lagerten mehr als tausend Pistolen, 420 Maschinen¬pistolen und 230 Spezialgewehre.

Diese Zahlen müssen relativiert werden. Im Verhältnis zu einem Infanteriezug mit Kampfauftrag ist diese Bewaffnung verschwindend klein. Und sie war für den Besetzungsfall ausgelegt, wenn aus der Kaderorganisation durch zusätzliche Rekrutierung die Widerstandsorganisation entstanden wäre.

Die P 26 wäre nie gegen die Opposition im eigenen Land vorgegangen, schreiben Sie. Aber war denn der innere Feind vom äusseren in dieser Sicht überhaupt trennbar? Im Zivilverteidigungsbuch aus der geistigen Landesverteidigung wird die gemeinsame Front von innerem und äusserem Feind beschrieben.

In den Positionspapieren der P 26 war klar festgehalten, dass sich diese Widerstandsorganisation nicht gegen einen demokratischen Machtwechsel in der Schweiz richten durfte. Nur bei einer militärischen Besetzung hätte sie der Bundesrat aktiviert. Es gab aber wenige Medien, die so nüchtern berichteten. Die «Schweizer Illustrierte» schrieb von Bombenlegern und Scharfschützen, das Fernsehen berichtete von einem Bruch der Verfassung.

Es fehlte eine gesetzliche Grundlage für die P 26.

Das stimmt aus heutiger Sicht, war aber nach damaliger Rechtsauffassung nicht zwingend nötig. Die Überzeugung, dass sich jede staatliche Handlung auf ein explizites Gesetz stützen muss, hat sich erst ab 1990 durchgesetzt. Zuvor wurde es gerade auch im Sicherheitsbereich als ausreichend angesehen, wenn sich der Staat innerhalb der Verfassung bewegte. Dabei spielte auch die Geheimhaltung eine Rolle. Die GPK des Parlaments hat 1981 den Aufbau einer Widerstandsorganisation ausdrücklich gestützt und gesagt, dass die Widerstandsorganisation den Anforderungen von Rechtsstaat und Demokratie entspreche. Die PUK EMD kam 1990 zu einem anderen Schluss.

Für die PUK EMD war die P 26 eine Geheimtruppe in der Grauzone.

Man kann den Widerstand im Besetzungsfall nicht transparent organisieren, wenn man eine Überlebenschance haben will. Das Mass der tolerierten Geheimhaltung hängt jedoch von den Zeitumständen ab. 1981 war es hoch, 1990 nach dem Mauerfall und der Fichenaffäre nicht mehr. Die PUK EMD brauchte am Ende, wie jede politische Kommission, einen Konsens, dafür musste man alle mit ins Boot holen. Sie hat aber den Verantwortlichen der P 26 nie eine staatsgefährdende Absicht unterstellt, die Organisation verfügte ja nicht selber über die Waffen. Damit war auch die Umsturzthese vom Tisch.

Eine Kontrolle seitens des Parlaments gab es aber nicht.

Das Parlament hat ab 1982/83 die Beaufsichtigung nicht mehr wahrgenommen. Das hat mich überrascht, weil die GPK noch 1981 eine intensivere Kontrolle der Geheimbereiche versprach und sich gegen ein besonderes Aufsichtsorgan aussprach. Dass es nur bei der Ankündigung blieb, hat wohl mit unserem Milizsystem und der alle vier Jahre wechselnden Zusammensetzung der Kommissionen zu tun. Die Frage ist nur, wem man daraus einen Vorwurf macht – der GPK oder dem Bundesrat.

Der Bundesrat war schlecht informiert.

Der Gesamtbundesrat war 1979 über den Aufbau einer Widerstandsorganisation informiert worden und auch darüber, dass der Chef ausserhalb von Armee und Verwaltung stehen würde. Die Verteidigungsminister Chevallaz und Delamuraz wussten bestens Bescheid, auch Arnold Koller wurde bei seinem Amtsantritt informiert und konnte eine unterirdische Ausbildungsanlage besichtigen. Einzig der Name dieser Organisation blieb geheim.

Sein Nachfolger Kaspar Villiger wusste nicht einmal, dass sein eigener Sprecher Mitglied der P 26 war.

Das war ein überzogenes Mass an Geheimhaltung, deshalb hat Villiger seinen Sprecher dann ja auch freigestellt.

Das Bild der P 26 sei bis heute geprägt durch die damalige rot-grüne Skandalisierung, schreiben Sie.

Darüber hat die Historikerin Dorothee Liehr geforscht: Sie sieht den Fall Kopp, die Fichenaffäre und die P 26 als Teil eines politischen Deutungskampfes. Mit dem Ende des Kalten Krieges veränderte sich die Deutungshoheit zugunsten der Linken in der Schweiz. So konnte sie vom Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus ablenken.

Die PUK EMD war keine links-grüne Kommission, sondern bürgerlich dominiert, gemäss der Zusammensetzung des Parlaments. Womöglich waren viele Bürgerliche gekränkt, weil sie über die P 26 nicht informiert worden waren?

Das spielte sicherlich mit, wie die Diskussion nach der Veröffentlichung des Berichts zeigte. Ein ehemaliger Beamte im EMD, der nichts von der P 26 gewusst hatte, sagte mir, dass es eine der grössten Leistungen gewesen sei, die Geheimhaltung auch innerhalb des Militärdepartements zu wahren.

Wie dicht haben andere Mitglieder der P 26 gehalten?

Die meisten waren dabei sehr konsequent. Ausnahmen sind der Fall eines Instruktors, der in einem Sprachkurs über seine Erfahrungen im Austausch mit dem britischen Nachrichtendienst sprach. Ein anderer hat einen Freund in einer Bar über das Projekt informiert, dummerweise sass dort zufällig ein zweites Mitglied der P 26, das die Verletzung der Geheimhaltung meldete. Der Mann wurde ausgeschlossen, musste aber für die Zeit danach eine Geheimhaltungsverpflichtung unterzeichnen.

Die damaligen Patrioten der P 26 setzen bis heute auf Intransparenz. Ihr Musée de Résistance im ehemaligen Ausbildungsbunker in Gstaad soll erst 2041 öffentlich zugänglich werden.

Die Akten sehen nun mal eine fünfzigjährige Schutzfrist vor. Den Mitgliedern wurde Geheimhaltung zugesichert, an diese Auflage musste auch ich mich halten. Im Museum sind meines Wissens einzelne Namen von Mitgliedern ersichtlich, die werden innerhalb der Schutzfrist geheim gehalten.

In Ihrer Geschichtsschreibung sind die Mitglieder der P 26 patriotische Helden. Nichts spricht dagegen, ihre Namensliste öffentlich zu machen.

Den Heldenstatus erhält man erst nach Bewährung. Die Mitglieder der P 26 mussten sich aber nie bewähren. Der Bund hat ihnen zugesichert, dass ihr Name geheim bleibt, wenn sie das ¬wollen. Ihr Anspruch auf Geheimhaltung ist legitim: Diese Menschen sind heute meist 75 Jahre und älter und fürchten den Rummel um ihre Person, wenn sie enttarnt würden. Zwei oder drei haben noch nicht einmal ihre Angehörigen orientiert. Ich habe insgesamt mit über hundert Beteiligten in unterschiedlichen Funktionen gesprochen. Die meisten von ihnen hatten nach ihrer Rekrutierung nur einen kleinen Einblick ins Projekt und sind jetzt gespannt auf das Buch.

Sie waren achtjährig, als der Kalte Krieg zu Ende ging. Warum lässt Sie diese Zeit bis heute nicht los?

Als Historiker beschäftigt man sich mit der Vergangenheit. Und das war eine bewegte Zeit. Ich habe als Kind im Radio gehört, wie die Mauer fiel, erinnere mich an einen sowjetischen Aussenminister namens Schewardnadse – ein Name mit besonderem Klang.
(https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/die-linke-konnte-mit-der-p-26-ablenken/story/15760999)