antira-Wochenschau: Einfachere Ausschaffungen nach Eritrea, Schiffsblockade, Frontex, City Card

Was ist neu?

Urteil gegen Geflüchtete aus Eritrea
Am Montag unterzeichneten der Staatschef Eritreas und der Ministerpräsident Äthiopiens einen Friedens- und Freundschaftsvertrag. Er soll die jahrzehntelange Feindschaft zwischen den beiden Staaten beenden. Anstelle auf eine Verbesserung der Lebensgrundlage in den beiden Ländern zu hoffen, titelt der TagesAnzeiger zynisch: „Eine historische Chance. Wir müssen Äthiopien und Eritrea beim Frieden helfen – schon aus Eigennutz.“ Nebst dem Tagi-Journi handeln auch die Herrschenden der Schweiz einmal mehr aus Eigennutz. Anstelle dass sie den Menschen aus dem autoritären Staat Asyl bieten, verschärfen sie schon wieder die Praxis gegenüber eritreischen Asylsuchenden: St. Galler Richter*innen haben in einem Grundsatzentscheid festgehalten, dass die Wegweisung von abgewiesenen Asylsuchenden nach Eritrea nicht generell unzumutbar sei – selbst wenn ihnen dort die Einberufung in den Nationaldienst droht. Zur Erinnerung: Bereits 2016 beschloss das SEM, dass Menschen aus Eritrea, die das Land illegal verlassen, in der Schweiz nicht automatisch als Geflüchtete aufgenommen werden. Bleibt nur noch zu hoffen, dass die Schweiz den Friedensvertrag zwischen Äthiopien und Eritrea nicht zum Anlass nimmt, weitere Verschärfungen gegenüber eritreischen Staatsangehörigen vorzunehmen. Denn der Frieden zwischen den beiden Staaten ändert nichts an der miserablen Menschenrechtslage in Eritrea.
Welche grausamen Auswirkungen eine Abschiebung von Menschen in ihre Herkunftsländer haben kann, zeigte sich letzte Woche einmal mehr: Nachdem 69 Personen im Auftrag von Deutschlands Innenminister Horst Seehofer nach Afghanistan ausgeschafft wurden, nahm sich einer davon das Leben.


Noch mehr Schiffsblockaden in Italien
Salvini will nach der Hafensperrung für private Rettungsboote nun auch (italienischen) Küstenwachschiffen das Anliegen verbieten, wenn diese Flüchtende an Bord haben. Das führte diese Woche erneut dazu, dass ein Schiff mit 67 Migrant*innen tagelang auf See blockiert wurde. Salvini verlangte, dass die Menschen das Schiff erst verlassen dürfen, wenn alle Personalien festgestellt sind. Dies ging selbst dem Präsidenten Mattarella zu weit, der die Blockade am Donnerstag auflöste. Salvini droht den Flüchtenden weiterhin mit rechtsradikaler Rhetorik.

Was ist aufgefallen?

Frontex
Im ersten Halbjahr 2018 hat Frontex 6400 geflüchtete Migrant*innen gewaltsam in Länder ausserhalb der Festung Europa verschleppt. Dafür ist sie 165 Sonderflüge geflogen. Im Jahr 2005 kostete der Einsatz von Frontex die Schweiz 7,4 Millionen Franken. Bis 2015 hat die Schweiz 600 Millionen Franken an die Frontex bezahlt. Die EU-Kommission will die Ausgaben für Frontex verdreifachen. Von bisher 13 Milliarden Euro werden die Ausgaben der EU auf 35 Milliarden Euro erhöht. Die Kosten der Grenzschutzagentur wurden seit der Gründung verfünfzigfacht.

Was ist für den Widerstand wichtig? Was wollen wir im Auge behalten?

Dublin-Verordnung
Am 20. November 2017 wurde dem Bundesrat eine Petition mit 33’000 Unterschriften überreicht. Die Behörden sollen die Dublin-Verordnung weniger krass durchsetzen und bei besonders verletzlichen Personen die sogenannte Souveränitäts-Klausel anwenden, d.h. Asylanträge von Personen behandeln, obwohl diese gemäss Dublin-Verordnung abgeschoben werden könnten. Gemäss dem rückblickenden Bericht von SOSF wollen die Behörden nicht einmal auf solche Minimalforderungen eingehen. Einzig bei verletzlichen Personen, die auf intensive Unterstützung eines breiten Netzwerks zählen konnten, war es möglich, die Behörden dazu zu bringen, die Klausel zu nutzen. Die Petition wurde unter anderem von Amnesty International und der SFH getragen und zeigt beispielhaft, dass diese nur im Einzelfall einen Einfluss auf die Behörden entfalten.

Wo sehen wir Handlungsspielräume für Widerstand?
Einmal mehr verschärft die Schweiz ihre Praxis gegenüber geflüchteten Menschen aus Eritrea (s. oben “Was ist neu”). Üben wir Widerstand dagegen!

Was steht an?
14. Juli | Demo in Zürich | Nieder die Zäune, hoch die Fäuste! Die Demonstration gegen die europäische Migrationspolitik startet um 14 Uhr auf dem Limmatplatz.

City Card für Zürich: Petition unterschreiben!
Eine neue Petition auf Avaaz versucht die Einführung einer City Card für Zürich voranzutreiben. Die Karte soll von allen Behörden als städtische Identitätskarte anerkannt werden. Dies würde Sans-Papiers Zugang zu basalen Rechten verschaffen und eine Teilnahme am politischen, sozialen und kulturellen Leben ermöglichen.
Die derzeitige Situation verunmöglicht den Sans-Papiers die Erfüllung grundlegender Bedürfnisse. Für viele ist es etwa nicht möglich ins Spital zu gehen, eine Wohnung zu mieten oder ein Handy-Abo abzuschliessen. Eine City Card wurde schon in den Städten New York, Los Angeles und San Francisco eingeführt und führte dort bereits zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensbedingungen vieler Sans-Papiers.

Wo gabs Widerstand?
In der norditalienischen Lombardei beginnen die Behörden mit einer Zählung der in der Region lebenden Roma und Sinti. Als Antwort auf diese rassistischen Massnahmen haben Schweizer Roma-Vertreterinnen und Vertreter vor dem italienischen Konsulat in Zürich eine Mahnwache abgehalten.

Direkte Aktion gegen das Bundeslager in Grand-Saconnex. Mit zerbrochenem Glas und an die Fassade gesprayten Sprüchen haben Aktivist*innen gegen das Architekturbüro Berrel Berrel Kreutler in Basel protestiert. Dieses beteiligt sich am Lagerregime mit Plänen und Entwürfen.

In Berlin und in 12 deutschen Städten demonstrierten tausende Menschen. Unter dem Motto „Seebrücke statt Seehofer“ kritisierten sie die deutsche und die europäische Abschottungspolitik und forderten ein Ende der Sabotage von Seenotrettungsorganisationen.