Medienspiegel 30. Juni 2018

+++BERN
Bundesasylzentrum Kappelen-Lyss nimmt Betrieb auf
Das Bundesasylzentrum Kappelen-Lyss auf dem Areal des ehemaligen kantonalen Asylzentrums ist bereit: Anfang Juli wird es eröffnet. Etwa hundert Personen nahmen am Samstag an einem Tag der offenen Tür teil.
https://www.bernerzeitung.ch/region/seeland-jura/bundesasylzentrum-kappelenlyss-nimmt-betrieb-auf/story/30087244
-> http://www.lyss.ch/de/aktuelles/meldungen/Bundesasylzentrum-Kappelen-Tag-der-offenen-Tuer-30.06.2018.php
-> https://www.telebaern.tv/118-show-news/25458-episode-samstag-30-juni-2018#bundesasylzentrum-kappelen-bevoelkerung-zeigt-kurz-vor-eroeffnung-mut

+++SOLOTHURN
«Regiomech» rüstet mit Asysuchenden auf: Flüchtlingen eine Chance geben
In Zuchwil rüstet die «Regiomech» Asylsuchende für den Arbeitsmarkt. Mit Erfolg: Im letzten Jahr haben alle 40 Kursteilnehmer eine Lehrstelle gefunden. Für diesen Sommer sind aber noch einige auf der Suche.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/regiomech-ruestet-mit-asysuchenden-auf-fluechtlingen-eine-chance-geben-132751419

+++SCHWEIZ
Flüchtlinge aus Südeuropa werden nicht mehr aufgenommen: Schweiz erteilt EU-Programm eine Absage
In Südeuropa warten Zehntausende auf ein Asylverfahren. Doch die Schweiz nimmt keine Flüchtlinge aus Südeuropa mehr auf. Einem Umsiedlungsprogramm erteilte die Schweiz eine Absage.
https://www.blick.ch/news/politik/fluechtlinge-aus-suedeuropa-werden-nicht-mehr-aufgenommen-schweiz-erteilt-eu-programm-eine-absage-id8563234.html

Migrations-Staatssekretär: «Wir können die Grenzkontrollen verstärken»
Migrations-Staatssekretär Mario Gattiker sagt erstmals, wie die Schweiz reagieren würde, wenn Deutschland die Grenzen dichtmacht.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/migrations-staatssekretaer-wir-koennen-die-grenzkontrollen-verstaerken-132752195

Wie die Schweiz in den Sog des europäischen Asylstreits gerät
Die EU-Staaten leisten sich in der Asyl-Debatte eine Verschnaufpause. Auch die Schweiz ist von der Krise betroffen. Neue Zahlen zeigen: Sie muss verhältnismässig mehr Migranten übernehmen, weil andere Länder beim Dublin-Verfahren konsequenter vorgehen.
https://www.watson.ch/schweiz/international/652829476-wie-die-schweiz-in-den-sog-des-europaeischen-asylstreits-geraet
-> https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/wie-die-schweiz-in-den-sog-des-europaeischen-asylstreits-geraet-132752178

Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli kritisiert EU: «Das ist keine menschliche Asypolitik!»
In Brüssel haben die Staats- und Regierungschefs der EU um einen Kompromiss in der Flüchtlingsfrage gerungen. Für die Schweizerische Flüchtlingshilfe sind die beschlossenen Massnahmen inhuman. Und auch Grünen-Fraktionspräsident Balthasar Glättli kritisiert die Beschlüsse scharf.
https://www.blick.ch/news/politik/gruenen-fraktionschef-balthasar-glaettli-kritisiert-eu-das-ist-keine-menschliche-asypolitik-id8561863.html

+++ITALIEN
Fremdenfeindlichkeit kommt gut an: Salvinis Rechtsaussen-Lega auf Rekordhoch
Die saloppe fremdenfeindliche Politik von Innenminister Matteo Salvini kommt bei den italienischen Wählern gut an: Seine Lega ist in einer Umfrage auf einem Rekordhoch.
https://www.blick.ch/news/ausland/fremdenfeindlichkeit-kommt-gut-an-salvinis-rechtsaussen-lega-auf-rekordhoch-id8563141.html

+++MITTELMEER
Rettung im Mittelmeer Streit um Migranten von der „Open Arms“
Das spanische Schiff „Open Arms“hat 59 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet. Italien und Malta wollen es nicht anlegen lassen. Es dürfe den Hafen von Barcelona anlaufen, entschied Spaniens Regierung.
http://www.tagesschau.de/ausland/open-arms-101.html
-> https://www.tagesspiegel.de/politik/trotz-blockade-spanische-seenotretter-nehmen-migranten-an-bord/22754450.html
-> http://www.spiegel.de/politik/ausland/spanisches-rettungsschiff-nimmt-59-fluechtlinge-an-bord-a-1215988.html

The Inside Out. Zur Lage der Menschenrechte auf dem Mittelmeer.
Nina Gassmann, Rettungsschwimmerin, war bei Rettungseinsätzen auf dem Mittelmeer dabei und ist mit der Moonbird von Sea Watch Aufklärungs üge ge ogen. Sie berichtet von ihren Erfahrungen auf hoher See. Was bedeutet es, unter gefährlichen Bedingungen Menschenleben zu retten?

Jonas Rüegg, Mitglied von Watch the med Alarmphone, erläutert die Schichtarbeit der Alarmphone-Hotline und bringt diese in Zusammenhang mit der Forderung nach Bewegungsfreiheit und Alternativen zum europäischen Grenz- und Visaregime.

Johanna Lier, Mitglied von Watch the med Alarmphone, berichtet über das 2018 gegründete Schwesterprojekt Mare Liberum und ruft zum Spenden auf. Was kann ein Monitoring zur Erleichterung der angespannten Situation beitragen?
Männer, Frauen, Kinder üchten vor Kriegen und existenzbedrohenden Notlagen nach Griechenland. Die Menschenrechte der Migrant*innen werden jedoch verletzt. Unzähligen wird das Recht verwehrt, in Griechenland Asyl zu beantragen. Noch auf See werden sie in die türkischen Gewässer zurückgeschafft. Während die Zahl der Flüchtenden in der Ägäis erneut ansteigt, sind Angriffe und Unfälle an der Tagesordnung. Allein im Jahr 2017 sind in der Ägais 54 Menschen ertrunken.

Watch the med Alarmphone ist ein transnationales Netzwerk. Aktivist*innen beobachten und rapportieren Menschenrechtsverletzungen im Zuge der Europäischen Grenz- und Migrationspolitik. Watch the med Alarmphone betreibt eine 24h-Hotline für Migrant*innen, die auf dem Meer in Seenot geraten sind. Mare Liberum ist ein Schwesterprojekt von Alarmphone. Das Schiff ist in der Ägäis unterwegs und beobachtet die Lage der Menschenrechte. Unabhängige Beobachter*innen markieren Präsenz, dokumentieren die Such- und Rettungs- einsätze der griechischen und türkischen Küstenwachen. Dadurch soll Druck auf die Seenotrettung ausgeübt werden. Die erfahrene Crew von Mare Liberum ist aber jederzeit in der Lage eigene Rettungseinsätze durchzuführen.
https://www.facebook.com/events/244915676317464/

Flüchtlinge: Spanisches Schiff rettet 59 Menschen im Mittelmeer
Die „Open Arms“ hat Migranten an Bord und will einen sicheren Hafen ansteuern. Italiens Innenminister sprach den Helfern die Legitimation ab.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-06/fluechtlinge-seenotrettung-mittelmeer-spanische-hilfsorganisation

Trotz Blockade: Spanische Seenotretter nehmen Migranten an Bord
Die spanische Hilfsorganisation Proactiva Open Arms hat Dutzende Flüchtlinge aus dem Meer gerettet und an Bord genommen – trotz Hafenblockade.
https://www.nau.ch/nachrichten/europa/2018/06/30/trotz-blockade-spanische-seenotretter-nehmen-migranten-an-bord-65360671

Italien: Private Flüchtlingsretter nicht mehr legitim
Der italienische Innenminister Matteo Salvini hat Privatpersonen verboten, Flüchtlinge zu retten.
https://www.nau.ch/nachrichten/europa/2018/06/30/italien-private-fluchtlingsretter-nicht-mehr-legitim-65360701

Libysche Küstenwache durchkreuzt Telefon-Hilfe von Schweizern
Schweizer Aktivisten machen per Telefon Druck, damit Flüchtlinge in Seenot gerettet werden. Das neue Mittelmeer-Regime stellt sie vor ein Problem.
https://www.aargauerzeitung.ch/ausland/libysche-kuestenwache-durchkreuzt-telefon-hilfe-von-schweizern-132752218

Seenotrettung im Mittelmeer durch NGOs
Am Mittwoch, den 27. Juni, fand ein Vortrag mit anschließender Diskussion mit einem Aktivisten von Sea Eye im DGB-Haus Neumünster statt. Aus erster Hand wurden die Besucher*innen des Vortrags über die Situation der Flüchtlinge im Mittelmeer und Maßnahmen zu deren Rettung informiert.
In unserem wöchentlichen Infomagazin haben wir Hengist Gerdson als Studiogast interviewt.
https://www.freie-radios.net/89754

Wegen Ärger mit dem Rechtsstaat: JAN BÖHMERMANN SAMMELT GELD FÜR ANWALT!
https://youtu.be/W-Y3UEmcyoI
Lieber Internetfreaks, ich machs mal kurz und unkompliziert: Der Besatzung der „Lifeline“, die zur Zeit auf Malta festsitzt, wurden „rechtliche Konsequenzen“ angedroht, dafür, dass sie 230 Menschen das Leben gerettet haben. WER RECHTSSTAAT WILL, KANN RECHTSSTAAT HABEN! Lasst uns gemeinsam für die beste Verteidigung zusammenschmeißen, die man sich für Geld kaufen kann. Ich hab eine leetchi.com Sammelaktion für die Crew und den Kapitän der „Lifeline“ und die seebruecke.org Crew eingerichtet: https://www.leetchi.com/c/rechtskosten-fuer-die-lifeline-besatzung
Jeder gibt soviel er kann, nur nicht seinen Nebenmann. Und wir nehmens ganz genau: Auch nicht seine Nebenfrau!

Innenminister Salvini: „NGOs werden Italien nur auf Postkarte sehen“
Italien will in diesem Sommer seine Häfen für Schiffe von Flüchtlingshilfsorganisationen geschlossen halten. Währenddessen kommen aus dem Mittelmeer die nächsten Hiobsbotschaften.
http://www.tagesschau.de/ausland/mittelmeer-145.html

+++EUROPA
Migrationsvereinbarungen: Prag widerspricht Merkel bei Asylzusagen
Von 14 Ländern will Angela Merkel Zusagen über Gespräche zur Flüchtlingsrückführung haben. Doch mehrere Staaten widersprechen – vor allem Tschechien. Am Abend traf sich die Kanzlerin mit ihrem Widersacher Horst Seehofer.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/tschechien-und-ungarn-dementieren-zusage-ueber-fluechtlings-rueckfuehrungen-a-1215967.html

EU-Flüchtlingsdebatte: „Das sind aufgewärmte Faschisten“
Warum besinnt sich Horst Seehofer in der Flüchtlingsdebatte wieder auf Landesgrenzen? Die Philosophin Seyla Benhabib über die Bedeutung von Nationalstaaten, die Lega Nord – und die Last der Migration im Lokalen.
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/eu-fluechtlingsdebatte-seyla-benhabib-das-sind-aufgewaermte-faschisten-a-1215277.html

EU-Gipfel zur Flüchtlingspolitik: Auf einer Plattform im Nirgendwo
Die Beschlüsse des EU-Gipfels bestehen überwiegend aus Wunschdenken. Für die Rettung der Regierungskoalition werden bilaterale Abkommen wichtig.
http://taz.de/EU-Gipfel-zur-Fluechtlingspolitik/!5514193/
-> http://taz.de/Merkels-Massnahmenkatalog/!5517097/

Geplanter Frontex-Ausbau: Grenzfall Polizei
Mehr Personal, mehr Kompetenzen: Die EU-Länder wollen die Grenzschutzagentur Frontex stärken. Schon jetzt gibt es Probleme.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/eu-frontex-soll-wachsen-kann-das-funktionieren-a-1215365.html

EU-Gipfel zur Migrationspolitik: Menschenunwürdige Flüchtlingspolitik
Die Gipfelbeschlüsse erfüllten die Forderungen der CSU im Asylstreit, so Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem EU-Gipfel. Doch dafür zahle die EU einen hohen moralischen Preis, kommentiert Peter Kapern. Denn der EU gehe es nur noch um Abschottung und dabei sei ihr fast jedes Mittel recht.
„Was zum Teufel ist eine regionale Ausschiffungsplattform? Sie wissen es nicht? Kein Wunder! Sie sollen es auch nicht wissen. Denn in genau dieser Absicht ist dieses Wortungetüm gedrechselt worden. Es soll verunklaren, verschleiern und vernebeln. Und für den Fall, dass Sie trotz dieser Verschleierungsstrategie noch immer den Verdacht hegen sollten, in diesen regionalen Ausschiffungsplattformen könnten Dinge geschehen, die mit Anstand, Mitmenschlichkeit und Völkerrecht nicht im Einklang stehen, dann haben die Schöpfer dieser verbalen Beschönigung noch eine Beruhigungspille für Sie bereit. Regionale Ausschiffunsplattformen, das seien „Unterbringungsstätten, die Menschenwürde beinhalten“ – so hat es EU-Kommissar Öttinger erklärt. Na dann ist ja alles gut.“
https://www.deutschlandfunk.de/eu-gipfel-zur-migrationspolitik-menschenunwuerdige.720.de.html?dram:article_id=421646

Nach EU-Gipfel: 14 Staaten wollen Flüchtlinge zurücknehmen
Kanzlerin Merkel hat in einem Brief an CSU und SPD ihre Pläne für eine bessere Steuerung der Migration erläutert. Demnach sollen 14 Länder Zusagen zur beschleunigten Rückführung von Migranten gemacht haben, darunter auch Ungarn und Polen.
http://www.tagesschau.de/inland/eu-gipfel-reaktionen-103.html
-> https://www.zdf.de/nachrichten/heute/merkel-hat-zusagen-14-laender-nehmen-fluechtlinge-zurueck-100.html
-> http://www.spiegel.de/politik/deutschland/asylstreit-14-laender-sagen-angela-merkel-rueckfuehrungen-zu-a-1215933.html
-> https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-06/eu-asylpolitik-ergebnis-angela-merkel-ankerzentren-deutschland

«Ziel ist, dass Zentren fair, aber auch effizient sind»
Europas Staatschefs unterstützen erstmals die Errichtung von Aufnahmelagern ausserhalb der EU. Was das bedeutet, erklärt Migrationsexperte Mehrdad Mehregani.
http://www.20min.ch/ausland/news/story/-Lager-bla-bla–17655080

+++ISRAEL
Flüchtlingswelle aus Syrien: Israel lässt Grenzen geschlossen
Israel gibt sich knallhart gegenüber Geflüchteten aus Syrien. Man werde sich nicht in ein Land verwandeln, das Flüchtlinge aufnimmt, heißt es. Doch das Problem dürfte in den nächsten Wochen noch stärker werden.
https://www.deutschlandfunk.de/fluechtlingswelle-aus-syrien-israel-laesst-grenzen.1773.de.html?dram:article_id=421741

+++ALGERIEN
Algerien und die Flüchtlingskrise: Zum Sterben in die Wüste geschickt?
Während die Europäische Union Aufnahmelager in Nordafrika plant, sorgt dort eine Enthüllung der Nachrichtenagentur AP für Empörung. Algerien soll über Monate Zehntausende Flüchtlinge einfach in der Wüste Richtung Niger ausgesetzt haben. Überlebende berichtet von tagelangen Märschen und vielen Toten.
https://www.deutschlandfunk.de/algerien-und-die-fluechtlingskrise-zum-sterben-in-die.799.de.html?dram:article_id=421718

+++DROGENPOLITIK
Verbot nützt nichts: Basler FDP will Drogen legalisieren lassen
Verbote würden ohnehin nichts nützen. Das hätten Jahrzehnte der Prohibition gezeigt. Deshalb plädiert die Basler FDP dafür, dass Drogen legalisiert, kontrolliert und besteuert werden.
https://www.basellandschaftlichezeitung.ch/basel/basel-stadt/verbot-nuetzt-nichts-basler-fdp-will-drogen-legalisieren-lassen-132750635

+++REPRESSION G-20
https://twitter.com/matthimon/status/1012362597444747264
Sehr interessant: Für die #G20-Razzien in #Italien und #Frankreich wurden Europäische Ermittlungsanordnungen genutzt, #Bundespolizei und #BKA waren vor Ort anwesend. Das ist der erste (mir?) bekannt gewordene Einsatz der recht neuen EEA im linken Kontext. http://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/62875/europaweite-durchsuchungen-nach-dem-g20-gipfel.pdf

+++KNAST
Gefängnis-TVs: Ein Fall für die Schaffhauser Justiz
Das Bundesgericht zwingt das Schaffhauser Obergericht, sich mit der Miete von Fernsehern in Gefängnissen auseinandersetzen. Diese hatte eine Beschwerde eines Häftlings wegen zu teurer Miete abgelehnt.
http://www.toponline.ch/news/schaffhausen/detail/news/schaffhauser-justiz-muss-sich-mit-tv-mieten-in-gefaengnissen-auseinandersetzen-0091149/
-> Bundesgerichtsurteil: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://18-06-2018-6B_123-2018&lang=de&zoom=&type=show_document

Häftlinge nach Brand in Gefängnis aus Spital entlassen
Nach dem Gefängnisbrand in Widnau konnten alle Häftlinge aus dem Spital entlassen werden. Weil die Zellen unbewohnbar sind, mussten sie auf weitere Gefängnisse im Kanton St.Gallen verteilt werden. Die Ermittlungen zum Brand laufen noch.
http://www.toponline.ch/news/stgallen/detail/news/haeftlinge-nach-gefaengnisbrand-aus-spital-entlassen-0091181/

+++BIG BROTHER
Facebook will das Patent zum Abhören
Kann Facebook über das Smartphone-Mikrofon die Umgebung seiner Nutzer abhören? Ein Patentantrag deutet darauf hin.
https://www.bernerzeitung.ch/digital/social-media/facebook-will-das-patent-zum-abhoeren/story/10253453

+++POLIZEI CH
Sonntagszeitung 01.07. 2018

Die meisten Beamten kommen ohne Strafe davon

Die Zahl von Anzeigen wegen Amtsmissbrauchs steigt – jene der Verurteilungen ist tief wie nie. Zu Recht, finden Strafverfolger. Juristen widersprechen.

Roland Gamp

Niemand bestreitet, dass die Personenkontrolle ausartete. Das Wie unterscheidet sich aber je nach Version deutlich. Wilson A. sagt, die Polizisten hätten ohne Anlass Pfefferspray eingesetzt, ihn zu Boden gedrückt und mit Schlägen traktiert, als er schon in Fesseln lag. Die drei Beamten sagen, er habe sich aggressiv und mit aller Kraft gegen die Kontrolle gewehrt, laut Anwalt wie eine «Furie» und «Kraftmaschine».

Das Zürcher Bezirksgericht sprach die Beamten im April frei. Sie entgingen einer Strafe wegen Amtsmissbrauchs – so wie fast alle anderen Beschuldigten auch. Zwar steigt die Zahl der Anzeigen: 2017 wurden laut Bundesamt für Statistik 105 Personen gemeldet. Gleichzeitig erfolgten nur vier Urteile wegen Amtsmissbrauchs. Das sind so wenige wie noch nie. Im Schnitt kam also auf 4 Prozent aller Anzeigen eine Verurteilung. Nur bei zwei Delikten aus dem Strafgesetzbuch, das über 200 Taten auflistet, lag die Quote tiefer.

Anzeigen von Wutbürgern oder Kuscheljustiz für Beamte?

Warum? Auch hier gehen die Versionen diametral auseinander. «Die tiefe Verurteilungsquote belegt, dass Anzeigen wegen Amtsmissbrauchs in den meisten Fällen zu Unrecht erfolgen», sagt Patrick Guidon, Präsident der Schweizerischen Vereinigung der Richter.

Die Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten gelangt zum selben Schluss: «Beamte, darunter auch Polizisten, sind grundsätzlich in einem äusserst heiklen Bereich tätig», sagt Präsident Stefan Blättler. Teilweise müssten sie die persönliche Freiheit anderer einschränken, was nicht immer auf Verständnis stosse. «So kommt es vor, dass Betroffene mit Gegen­anzeigen reagieren.» Corinne Bouvard von der Zürcher Staatsanwaltschaft hält ebenfalls fest: «Müssen Behörden einen Entscheid fällen, der die Rechte des Betroffenen tangiert, wird der Fehler vielfach bei den staatlichen Institutionen gesucht, beziehungsweise diesen die Schuld mittels einer Anzeige zugeschoben.»

Tobias Singelnstein, Professor für Kriminologie an der Universität Bochum, hat die Aufklärung rechtswidriger Polizeigewalt in Deutschland untersucht. Er sagt: «Ein Teil der Anzeigen erfolgt tatsächlich ohne Anlass. Das ist aber nicht der Hauptgrund für die wenigen Verurteilungen.» Oft stehe Aussage gegen Aussage, ohne dass weitere Beweise vorliegen. «Dann ist der Polizist klar im Vorteil, weil er in der Glaubwürdigkeitshierarchie der Justiz ganz oben steht. Solche Verfahren werden dann meist mit einer Einstellung abgeschlossen.» Hinzu komme die Nähe von Polizisten zu Staatsanwälten und Richtern. «Die Institutionen haben täglich Kontakt. Da ergibt es sich von selbst, dass solche Beschuldigten mit anderen Augen gesehen werden», sagt Singelnstein.

Umgekehrte Quote, wenn es um Gewalt gegen Beamte geht

Greift ein Bürger seinerseits einen Amtsträger an, wird er viel eher schuldig gesprochen. 2017 lag die Verurteilungsquote wegen «Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte» bei 85 Prozent. «Ein krasser Unterschied zu den 4 Prozent beim Amtsmissbrauch», sagt Marc Thommen, Strafrechtsprofessor an der Universität Zürich. «Er lässt sich nicht nur damit erklären, dass es Wutbürger gibt, welche zu Unrecht Beamte anzeigen.» Thommen will den Staatsanwälten und Richtern nicht unterstellen, systematisch Polizisten zu schützen. «Es gibt jedoch sicher Gründe, ein Verfahren im Zweifelsfall eher einzustellen als bei normalen Bürgern. Zum Beispiel sind die Behörden untereinander auf ein gutes Klima angewiesen.»

Diesen Verdacht äussert auch Amnesty International Schweiz. «Die Loyalität unter Beamten und Institutionen ist enorm, da wird manches unter den Teppich gekehrt», sagt Juristin Denise Graf. Das sei schade. «Die allermeisten Polizisten machen einen guten Job. Es wäre für das öffentliche Bild der Korps viel besser, wenn sie konsequent gegen die wenigen schwarzen Schafe vorgehen.» Graf fordert unabhängige Stellen für Anzeigen gegen Polizisten. «Nur so wären wirklich faire Verfahren möglich.»

Die Staatsanwaltschaft Zürich betont, dass entsprechende Fälle schon jetzt gezielt an Amtsstellen vergeben werden, die eben nicht in engem Kontakt mit den beschuldigten Polizisten stehen. «Es wird deshalb entschieden in Abrede ­gestellt, dass weniger streng gegen Beamte vorgegangen wird», sagt Sprecherin Bouvard. Auch Patrick Guidon von der Vereinigung der Richter erachtet die Kritik als ungerechtfertigt: «Die Schweizer Gerichte sind unabhängig und allein dem Recht verpflichtet. Das gilt auch, wenn sich die Vorwürfe gegen Beamte richten.»

Wilson A. hofft auf einen unabhängigen Prozess; sein Anwalt Bruno Steiner zog den Freispruch der drei Polizisten weiter. «Verurteilt werden sie leider kaum», sagt er. «Der Reputationsschaden für das Justizsystem wäre gross. Deshalb wird es wohl zusammenhalten und sich selbst schützen.»
(https://www.derbund.ch/sonntagszeitung/die-meisten-beamtenkommen-ohnestrafe-davon/story/23119736)