antira-Wochenschau

28. Juni 2018 | Widerständiger Rückblick auf eine Woche voller Rassismus

Was ist neu? Was ist krass?

EU-Gipfel, 3 gruusige Szenarien: Im Zuge der Vorbereitungen des EU-Migrationsgipfels werden momentan mehrere menschenverachtende Strategien besprochen, wie geflüchtete Menschen in Zukunft noch effektiver von der Festung Europa ferngehalten werden sollen:

  1. wird der Vorschlag diskutiert, geflüchtete Menschen bereits im Mittelmeer abzufangen. Sie sollen in Lager in nordafrikanische Länder zurück gebracht werden, in denen entschieden wird, wer Anrecht auf Schutz und Bewegungsfreiheit hat und wer nicht. Setzt sich dieser Vorschlag, welcher die UNHCR gerade ausarbeitet, durch, würde Europa keine Seerettungen mehr durchführen, da der Europäische Gerichtshof 2012 entschied, dass gerettete Menschen ein Anrecht auf ein Asylverfahren nur in demjenigen Land haben, von welchem sie aufgegriffen wurden.
  2. Szenario stammt von Macron und Sanchez und sieht unter anderem geschlossene Lager in Europa vor, von wo aus Migrant*innen bei einem positiven Asylentscheid in die europäische Länder verteilt werden und bei einem Negativentscheid noch effizienter ausgeschafft werden. In diesem Szenario würden also Menschen, welche ihre Rechte in Anspruch nehmen (nämlich ein Asylgesuch zu stellen) in geschlossene Lager eingesperrt. Obwohl die europäische Kommission die Inhaftierung von Migrant*innen verbietet, verfolgt sie diesen Vorschlag weiter und erarbeitet momentan ein Konzept dazu.
  3. Szenario stammt von Österreich. Bundeskanzler Kurz sieht vor, dass Asylanträge nur in Lagern ausserhalb der EU gestellt werden dürfen. Zudem drängt Österreich darauf, Militär an den EU-Außengrenzen einzusetzen.

Auch Italien verfolgt eine unmenschliche Migrationspolitik: Präsident Salvini liess alle Häfen in Italien für Seenotrettungsorganisationen und Schiffe mit geretteten Flüchtenden schliessen. In Deutschland übertreffen sich rassistische Vorschläge zur Ausgestaltung des Asyl und Grenzregimes. Geht es nach den Vorschlägen von Innenminister Horst Seehofer sollen Geflüchtete künftig an der deutschen Grenze abgewiesen werden, wenn sie schon in Europa registriert sind oder keine Papiere haben.

Alle Positionen sind rassistisch und verfolgen eine menschenverachtende Politik der Abschottung. Einig sind sich alle Staaten, dass Frontex aufgestockt und die Rückführungspolitik effizienter gemacht werden soll.

Seenotrettung: Die Seenotrettung im Mittelmeer wird auch diese Woche staatlich blockiert und sabotiert. Zum einen verweigern Italien und mittlerweile auch weitere europäische Staaten den Schiffen mit geretteten Geflüchteten das Einlaufen in ihre Häfen. Zum anderen wird die Seenotrettung kriminalisiert. Den Besatzungen wird mit der Verhaftung und den NGO’s mit Beschlagnahmung ihrer Schiffe gedroht. Diese Woche durfte das deutsche Rettungsschiff «Lifeline» mit rund 230 Menschen an Bord zuerst tagelang nirgends einlaufen. Schliesslich war Malta bereit, das Schiff einlaufen zu lassen. Allerdings wurde heute bekannt, dass die Behörden das Schiff beschlagnahmt haben.

Was ist aufgefallen?

Faschos in Basel: In Basel trugen sich innerhalb kurzer Zeit einige sehr besorgniserregende Ereignisse mit klarem rechtsextremen Hintergrund zu. Freitag, 11. Mai um 01:00 Uhr – Angriff vor einem kollektiv geführten Lokal. Samstag, 19.Mai um 04:15 Uhr – versuchte schwere Körperverletzung aus rassistischen und homophoben Motiven. Samstag, 2. Juni 2018 um 21:00 Uhr – Bedrohung und versuchter Angriff in der Innenstadt mit rechtsextremen Motiven.

Damit wir uns dagegen organisieren können, haben Antifaschist*innen die Vorfälle der letzten Wochen in einem Text reflektiert. Hier geht es zum Artikel.

Was ist für den Widerstand wichtig?

Am Montag begannen die Bauarbeiten für das neue Bundeslager auf dem Duttweilerareal in der Stadt Zürich. Der Spatenstich wurde angeführt von drei (a)sozialdemokrat*innen Simonetta Sommaruga, Mario Fehr und Corinne Mauch. Für sie sind Lager Ausdruck einer glaubwürdigen Asylpolitik. Die Behörden wollen das Lager mit 360 Plätzen im Herbst 2019 in Betrieb nehmen. Zudem gab das Staatssekretariat für Migration bekannt in Vallorbe ein weiteres Bundeslager zu eröffnen. Damit sind alle 4 Standorte für die geplanten Bundeslager in der Romandie bekannt: Boudry (NE), Giffers (FR), Grand Saconnex (GE) und Vallorbe (VD). In diesen vier Lagern wollen die Behörden insgesamt 1280 Geflüchtete unterbringen.

Was steht an?

Am 30. Juni findet in der Genfer Gemeinde Grand-Saconnex ein antirassistischer Fussballcup mit 20 Teams und sonstigen Aktivitäten statt. In Grand-Saconnex wird zurzeit eines der Ausschaffungslager des Bundes gebaut. Von der Gemeinde wurde nun gedroht, die Austragung des Fussballcups mittels Polizeigewalt zu unterbinden, sollte dieses Lager am Fussballcup thematisiert werden. Der Fussballcup wird trotzdem wie angedacht durchgeführt. Solidarität im Widerstand gegen die totalitäre und rassistische Repression in Grand-Saconnex!

Demo 5. Juli Luzern: http://www.solinetzluzern.ch/demo.html : „Ich bin auch ein Mensch“ – Demo für die Rechte von geflüchteten Menschen

Wo gabs Widerstand?

Am Samstag 23. Juni fand in Lausanne eine Demonstration gegen Ausschaffung statt. Unter dem Motto ‘Ihre Politik ist nicht die unsere’ gingen rund 200 Personen auf die Strasse.