Medienspiegel 15. Juni 2018

+++BERN
Anhaltend tiefe Asylgesuchszahlen: Schliessung der Kollektivunterkunft Viktoria in der alten Feuerwehrkaserne Bern
Die Asylgesuchszahlen verbleiben auf einem tiefen Stand und der Kanton Bern verfügt zurzeit über genügend oberirdische Unterbringungsplätze für die ihm zugewiesenen Asylsuchenden. Die Kollektivunterkunft Viktoria in der alten Feuerwehrkaserne an der Viktoriastrasse in Bern wird deshalb frühzeitig per Ende September 2018 geschlossen.
http://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.mm.html/portal/de/meldungen/mm/2018/06/20180615_0938_schliessung_der_kollektivunterkunftviktoriainderaltenfeuerwehrka
-> https://www.derbund.ch/bern/stadt/fluechtlingsunterkunft-in-der-alten-feuerwehr-viktoria-schliesst/story/26749038
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/asylunterkunft-viktoria-schliesst-vorzeitig/story/14927272

+++SOLOTHURN
«Zu teuer»: Kanton kürzt Deutsch-Lektionen für Asylsuchende nun doch
Asylsuchende mit Status N dürfen nur noch in halb so viele Deutschlektionen wie bisher: Statt 20 sind es nun deren 10. Damit wird umgesetzt, was bereits 2017 geplant und darauf heftig kritisiert wurde.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/zu-teuer-kanton-kuerzt-deutsch-lektionen-fuer-asylsuchende-nun-doch-132689979

+++ZÜRICH
Stadionbau auf dem Juch-Areal: Eishockey verdrängt Asylsuchende
Bald beginnt der Bau des neuen Eishockeystadions. Asylsuchende müssen von Altstellen in die Messehalle 9 umziehen.
https://www.srf.ch/news/regional/zuerich-schaffhausen/stadionbau-auf-dem-juch-areal-eishockey-verdraengt-asylsuchende
-> https://www.nzz.ch/zuerich/das-bundesasylzentrum-muss-dem-neubau-des-eishockeystadions-weichen-ld.1395093
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/kapazitaetsengpass-asylsuchende-ziehen-voruebergehend-in-zuercher-messehalle-132692214
-> http://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/asylsuchende-ziehen-voruebergehend-in-zuercher-messehalle-0090189/
-> https://www.stadt-zuerich.ch/sd/de/index/ueber_das_departement/medien/medienmitteilungen_aktuell/2018/juni/180615a.html

+++SCHWEIZ
ÄthiopierInnen in der Schweiz: Legal hier leben: Unmöglich. Bei Rückkehr: Knast
Oppositionelle ÄthiopierInnen in der Schweiz sind bedroht. Eine geheime Vereinbarung zwischen der EU und Äthiopien werde zwar nicht angewendet, Ausschaffungen seien aber trotzdem möglich, heisst es beim Bund.
https://www.woz.ch/-8d9f

La Suisse n’est pas le pays d’accueil et de traditions humanitaires qu’elle prétend être
Ne nous leurrons pas, les centres fédéraux sont bel et bien des lieux d’enfermement contemporain.
https://renverse.co/La-Suisse-n-est-pas-le-pays-d-accueil-et-de-traditions-humanitaires-qu-elle-1586

+++DEUTSCHLAND
EU-Gesetze begrenzen Seehofers Forderung, bestimmte Asylsuchende nicht einreisen zu lassen
Offiziell will sich die EU-Kommission nicht in den Konflikt zwischen Merkel und Seehofer rund um Abweisungen von Asylsuchenden an der Grenze einmischen. Verschiedene EU-Gesetze zeigen aber, dass Seehofers Plänen rechtliche Grenzen gesetzt sind.
https://www.nzz.ch/international/das-eu-recht-setzt-seehofer-grenzen-ld.1395358

Medizinische Versorgung von Asylbewerbern: Schmerzmittel und Warten
Asylbewerber werden erst nach 15 Monaten medizinisch normal versorgt. Dabei bräuchten viele dringend Hilfe – und die Diskriminierung kostet am Ende mehr, als sie spart.
https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2018-06/medizinische-versorgung-asylbewerber-behandlung-rassismus/komplettansicht

Wo Markus Söder das Wort „Asyltourismus“ her hat
Der Bayern-Chef hat ein Wort aus dem Müllhaufen der Geschichte gezogen.
https://www.vice.com/de/article/nek5yk/csu-asylstreit-wo-markus-soeder-das-wort-vom-asyltourismus-her-hat

+++FRANKREICH
Oxfam: Minderjährige Flüchtlinge an italienisch-französischer Grenze misshandelt
Die Flüchtlingspolitik in Europa gerät immer mehr in die Diskussion. Jetzt hat sich auch die Entwicklungsorganisation Oxfam zu Wort gemeldet und einen skandalösen Bericht veröffentlicht.
http://www.dw.com/de/oxfam-minderj%C3%A4hrige-fl%C3%BCchtlinge-an-italienisch-franz%C3%B6sischer-grenze-misshandelt/a-44233766
-> https://www.oxfam.de/ueber-uns/aktuelles/2018-06-15-oxfam-bericht-minderjaehrige-fluechtlinge-erleiden-schlaege-schikane
-> Oxfam-Bericht: https://www.oxfam.org/en/research/nowhere-out
-> https://www.theguardian.com/world/2018/jun/14/french-border-police-accused-of-cutting-soles-off-migrant-childrens-shoes?CMP=twt_gu
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1091283.italienisch-franzoesische-grenze-oxfam-prangert-misshandlung-minderjaehriger-fluechtlinge-an.html

+++SPANIEN
Spanien: 809 Boat-people auf ca 70 Booten in 24 h angekommen, 5 Tote
Im Lauf der letzten 24 Stunden sind mindestens 809 Boat-people auf ca. 80 Booten von Marokko (über die Meerenge von Gibraltar) und aus dem marokkanisch-algerischen Grenzgebiet (Nador oder Oran) abgefahren und in Spanien angekommen. Sie wurden mehrheitlich durch das spanische Salvamento Marítimo gerettet. Die marokkanische Marine war den ganzen Tag über wegen Aid-El-Fitr, des Feiertags nach dem Ramadan, nicht aktiv. – Bei den Flüchtlings-Booten in der Meerenge von Gibraltar soll es sich um gewöhnliche aufblasbare Freizeitboote handeln, wie sie am Strand üblich sind. – Mindestens 6 Tote wurden registriert. Weitere Überfahrten sind anscheinend im Gange. Die Berichterstattung ist noch unübersichtlich.
http://ffm-online.org/2018/06/15/spanien-809-boat-people-auf-ca-80-booten-in-24-h-angekommen-6-tote/

+++BALKANROUTE
In Südosteuropa soll eine verstärkte Grenzsicherung die Migration über die neue Balkan-Route bremsen
Angst schüren vor der neuen Balkan-Route
Immer mehr Migranten versuchen, über Bosnien-Herzegowina in die EU zu kommen. In Südosteuropa soll nun die Grenzsicherung wieder einmal verstärkt werden. Gewaltsame Zurückdrängungen sind Teil dieser Strategie.
https://jungle.world/artikel/2018/24/angst-schueren-vor-der-neuen-balkan-route

+++MITTELMEER
Rettungsschiff „Aquarius“: „Die Zustände an Bord sind nicht gut“
Das Rettungsschiff „Aquarius“ wird am Samstagabend in Valencia erwartet – wenn das Wetter mitspielt. Nach Tagen auf hoher See ist die Situation für Besatzung und Geflüchtete schwierig, wie ein Helfer berichtet.
http://www.tagesschau.de/ausland/aquarius-141.html

Frankreich will Geflüchtete von der »Aquarius« aufnehmen
Recht auf Asyl soll in Spanien geprüft werden / Streit mit Italien wegen blockierter Häfen
Frankreichs Regierung ist bereit, Geflüchtete von der »Aquarius« aufzunehmen, falls sie ein Recht auf Asyl haben. Das soll nun in Spanien geprüft werden. Unterdessen harren die 629 Flüchtlinge immer noch im Mittelmeer aus.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1091284.seenotrettung-im-mittelmeer-frankreich-will-gefluechtete-von-der-aquarius-aufnehmen.html

+++EUROPA
Conte und Macron für europäische Asylzentren in Herkunftsländern
Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte hat sich bei seinem Antrittsbesuch in Paris für die Bearbeitung von Asylanträgen in den Herkunftsländern von Flüchtlingen ausgesprochen. «Wir sollten europäische Zentren in den Herkunftsländern schaffen», sagte Conte.
https://www.luzernerzeitung.ch/newsticker/international/conte-und-macron-fur-europaische-asylzentren-in-herkunftslandern-ld.1029592
-> https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=c3b7b673-3e4f-4096-9461-67150a1117f1
-> http://de.euronews.com/2018/06/15/macron-und-conte-wollen-dublin-verordnung-andern
-> http://www.spiegel.de/politik/ausland/emmanuel-macron-annaeherung-an-giuseppe-conte-a-1213305.html
-> https://www.nzz.ch/international/macron-und-conte-fordern-reform-der-dublin-regeln-ld.1395351

Populisten in der EU: Gemeinsame Alleingänge im Migrationsstreit
In der EU schließen sich einzelne Regierungen zu neuen Bündnissen zusammen. Sie wollen Alleingänge in der Migrationspolitik starten. Meist sind Populisten in diesen Regierungen an der Macht.
http://www.tagesschau.de/ausland/eu-fluechtlingspolitik-115.html

Asyl und ZuwanderungItalienisch-Französischer Zwist
Guiseppe Conte und Emmanuel Macron treffen sich heute in Paris. Italien und Frankreich streiten seit langem über den Umgang mit Flüchtlingen. Zuletzt eskalierte der Ton, als Italien seine Häfen für das Schiff „Aquarius“ schloss und in Paris von „Zynismus“ die Rede war. Conte forderte von Macron eine Entschuldigung. Es wurde telefoniert, heute gibt es einen Händedruck, aber der Zwist bleibt.
http://www.deutschlandfunk.de/asyl-und-zuwanderung-italienisch-franzoesischer-zwist.795.de.html?dram:article_id=420448

Türkei: NGOs unter Druck
Um Flüchtlinge davon abzuhalten nach Europa zu kommen, haben sich die EU und die Türkei im März 2016 auf einen Deal geeinigt: Finanzhilfen in Höhe von insgesamt 6 Milliarden Euro. Brüssel gibt Ankara Geld, damit syrische Flüchtlinge in der Türkei, nahe ihrer Heimat, versorgt werden. Im Gegenzug kontrolliert die Türkei stärker ihre Grenzen zur EU.
https://www.arte.tv/de/videos/083449-000-A/tuerkei-ngos-unter-druck/

+++FREIRÄUME
Vereine statt Polizei
Der Stadtrat will in der Kapo-Einsatzzentrale Ringhof in der Lorraine ein «Haus der Vereine» einrichten. Darin sollen sich Vereine und NGOs kostengünstig einmieten können.
http://www.journal-b.ch/de/082013/politik/3089/Vereine-statt-Polizei.htm
-> Motion (AL/GAP/PDA): https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=04c39f328472472db8f7e95ffd20b7bc
-> https://www.facebook.com/hausververeine/?fref=mentions

Bauherr entschuldigt sich, weil er Graffiti wegputzt
Auf der Brache Warmbächli in Bern sollen günstige Wohnungen entstehen. Weil das Entfernen von Graffitis teuer ist, bitten die Bauherren auf Facebook darum, dort auf das Sprayen zu verzichten.
http://www.20min.ch/schweiz/bern/story/-Wir-moegen-Graffitis–Entfernen-ist-aber-sauteuer–10035541
-> https://www.facebook.com/brache.warmbaechli/posts/1022892267869893

Bern, möbliert
Neu öffnet die Turnhalle-Bar auch zur Hodlerstrasse hin, und seit Freitag ist die Mittelstrasse donnerstags und freitags am Abend autofrei. Hinter beiden Projekten steckt Ursula Wyss.
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/bern-moebliert/story/20637982

+++GASSE
Musical «Menschen am Bahnhofplatz»: Gassenleute schildern ihre Not
Kein regelmässiges Einkommen, kaum Freunde: Das Musical «Menschen am Bahnhofplatz» gibt einen Einblick in das Leben von Menschen am Rande der Gesellschaft.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/baden/musical-menschen-am-bahnhofplatz-gassenleute-schildern-ihre-not-132689243

Facebook-Pranger: Die Macht von Bildern und Worten
Ein renommierter Regisseur postet auf Facebook Fotos von angeblichen Drogendealern. Und löst damit in der Romandie eine hitzige Debatte aus.
https://www.woz.ch/-8d70

Beschimpft und mit dem Tod bedroht
Dokumentarfilmer Fernand Melgar stellte Fotos von Drogendealern auf Facebook. Seither wird er verfolgt.
https://www.derbund.ch/kultur/diverses/beschimpft-und-mit-dem-tod-bedroht/story/11845339

+++DROGENPOLITIK
Cannabis benebelt Bundesbern
Das Parlament sollte sich an den 2004 gescheiterten Revisionsvorschlag zum Betäubungsmittelgesetz erinnern und diesen an die heutige Situation anpassen.
https://www.nzz.ch/meinung/cannabis-benebelt-bundesbern-ld.1391720

+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Interfraktionelle Motion Fraktionen GB/JA!, SP/JUSO, AL/GaP/PdA (Leena Schmitter, GB/Seraina Patzen, JA!/Yasemin Cevik, SP/Christa Ammann, AL): Keine Kostenüberwälzungen auf OrganisatorInnen von nicht-kommerziellen, ideellen oder politischen Veranstaltungen
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=5fc9ddc9a9a14fa59ba603f267adacc3

Interfraktionelle Interpellation Fraktionen GB/JA!, SP/JUSO, AL/GaP/PdA (Seraina Patzen JA!/Leena Schmitter, GB/Yasemin Cevik, SP/Christa Ammann, AL): Übertragung von Polizeikosten auf OrganisatorInnen von Veranstaltungen
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=b6fe5c7ec5b546789dbcb6242e9b4f7a

+++AUSLÄNDER_INNEN-RECHT
McDonald’s-Managerin Ljaura Recepi muss nach Scheidung Schweiz verlassen:  Ausgeschafft, weil sie sich nicht unterdrücken liess
ST. GALLEN – Ljaura Recepi (28) hat seit sechs Jahren eine Arbeitsstelle, besuchte Deutschkurse und hat sich nie was zu Schulden kommen lassen. Dennoch wird sie aus der Schweiz ausgewiesen. Grund: Sie liess sich von ihrem Mann scheiden, der sie unterdrücken wollte.
https://www.blick.ch/news/schweiz/mcdonald-s-managerin-ljaura-recepi-muss-nach-scheidung-schweiz-verlassen-ausgeschafft-weil-sie-sich-nicht-unterdruecken-liess-id8503788.html

+++JUSTIZ
Fall Bodum: zentralplus-Redaktorin freigesprochen – Ein Urteil auch für die Pressefreiheit
Nach der Hausbesetzung der Villa Bodum wurden 27 Personen wegen Hausfriedensbruchs verurteilt. Unter ihnen auch eine Journalistin von zentralplus. Nun wurde das Verfahren, bei dem Multimillionär Jørgen Bodum als Privatkläger agierte, in zweiter Instanz eingestellt. Auch aus presserechtlichen Gründen.
https://www.zentralplus.ch/de/news/gesellschaft/5571128/Ein-Urteil-auch-f%C3%BCr-die-Pressefreiheit.htm
-> https://www.tele1.ch/artikel/151432/verfahren-gegen-zentralplus-journalistin-eingestellt

Längeres „Lebenslänglich“: Luzi Stamm und Andreas Glarner reichen Vorstösse ein
Bis zu 30 bzw. 60 Jahre wollen die SVPler Schwerstverbrecher ins Gefängnis stecken lassen. „Absurd“, meint dazu der Strafrechtsprofessor.
https://www.telem1.ch/35-show-aktuell/24976-episode-freitag-15-juni-2018/59916-segment-laengeres-lebenslaenglich-luzi-stamm-und-andreas-glarner-reichen-vorstoesse-ein#laengeres-lebenslaenglich-luzi-stamm-und-andreas-glarner-reichen-vorstoesse-ein
-> https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/aargauer-svp-nationalraete-glarner-und-stamm-wollen-lebenslaenglich-verlaengern-132694884

Ein Richterspruch mit Zündstoff
Die Tamil Tigers sind keine kriminelle Organisation: Der grösste Prozess, der je am Bundesstrafgericht stattgefunden hat, endet mit Freisprüchen und bedingten Freiheitsstrafen.
https://www.derbund.ch/schweiz/standard/ein-richterspruch-mit-zuendstoff/story/31533736
-> https://www.derbund.ch/schweiz/standard/schlappe-fuer-die-bundesanwaelte/story/19794610

Bundesgericht wird von einfachen Fällen entlastet, der Grundrechtsschutz gewahrt
In Fällen von grosser rechtlicher Bedeutung soll künftig immer eine Beschwerde an das Bundesgericht möglich sein. Im Gegenzug soll das Bundesgericht vermehrt von einfachen Fällen entlastet werden, die keiner höchstrichterlichen Beurteilung bedürfen. Das Bundesgericht soll seine Kapazitäten damit gezielter einsetzen können, ohne dass der Rechtsschutz eingeschränkt wird. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 15. Juni 2018 die Botschaft für eine entsprechende Revision des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) verabschiedet.
https://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/aktuell/news/2018/2018-06-15.html

+++BIG BROTHER
derbund.ch 15.06.2018

Wenn die Migros dein Gesicht scannt

Intelligente Werbebildschirme erkennen Gesichter und schalten Werbung. Zu Nutzern der Technologie gehört auch die Migros Aare – sie testete im Westside.

Carlo Senn

Sie betreten ein Geschäft und treten vor einen Bildschirm. Das Gesicht wird gescannt, die Daten sofort verarbeitet. Das System erkennt Ihr Alter und Geschlecht. Sie werden kategorisiert, und Ihnen dann auf Ihre Merkmale zugeschnittene Werbung angezeigt. Zukunftsmusik? Mitnichten. Diese Software hat die St. Galler Firma Advertima bereits entwickelt.

Zahlreiche Unternehmen testen die neue Technologie zurzeit. Die Zürcher Kantonalbank hat einen Bildschirm am Hauptbahnhof. Wer unter 30 ist, dem erscheint Werbung für den Online-Bezahldienst Twint. Wer über 40 ist, erhält Empfehlungen für die Vorsorge, über 60-Jährige werden auf die Rabatte im Alter hingewiesen. Deklaration, dass das Gesicht gefilmt wird, ist keine vorhanden.

Auch die Migros Aare hat in das Projekt investiert. Wie der «Bund» herausgefunden hat, standen auch im Berner Einkaufszentrum Westside solche intelligente Screens. Die Migros bestätigt das. Man erwünschte sich dadurch einen «höheren Kundennutzen» und «erweiterte Möglichkeiten» im personalisierten Marketing, teilt die Migros auf Anfrage mit.

Letzten Winter organisierte die Migros auf dem Screen ein Weihnachtsspiel, bei dem die Software zum Einsatz kam. Auch hier fehlte eine Deklaration. Die Fragen zum Thema scheinen dem Detailhändler unangenehm zu sein. Eine Fotoaufnahme vom Bildschirm zu machen, war dem «Bund» nicht gestattet.

«Person wird nicht erkannt»

Der Grund dürften Fragen um den Datenschutz sein. Eine Sprecherin des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) teilt auf Anfrage mit, dass man die Technologie von Advertima nicht kenne. «Es ist ohne angemessene Information aber nicht erlaubt, Menschen aufzunehmen und ihre biometrische Daten zu erfassen.» Man müsse die Möglichkeit haben, den Kameras auszuweichen.

Die Migros räumt ein, dass es in Bezug auf den Datenschutz noch «zahlreiche offene Fragen» gebe. Deshalb zeige der Screen im Moment programmierte Werbung, die Kameras sowie die Software seien «vollständig ausgebaut worden».

Der CEO und Mitgründer von Advertima, Iman Nahvi, sagt dazu: «Wir haben uns von Anfang an am Schweizer Datenschutz orientiert.» Das Produkt sei sowohl mit der strengen Europäischen Datenschutzverordnung wie auch mit dem Schweizer Bundesgesetz über den Datenschutz konform. «Mit der entwickelten Software ist es unmöglich, auf die Identität der Person zu schliessen», betont Nahvi.

Grund sei unter anderem das Edge-Computing, welches man statt der herkömmlichen Cloud-Technologie gewählt habe. Bei der Edge-Technologie landen die Daten, die das System erfasst – in diesem Fall die Aufnahmen des Gesichts – nur im flüchtigen Speicher des lokalen Computers. «So können die Daten nicht in die falschen Hände gelangen», sagt Nahvi.

Die Identität der Personen könne so nicht entschlüsselt werden. Allerdings findet für die Weiterentwicklung der Software ein gewisser Austausch mit der Cloud statt (siehe Kasten). Diese sogenannten Learnings würden aber anonymisiert und könnten zu keinem Zeitpunkt das Bild der Umgebung rekonstruieren, sagt Nahvi. Die Skepsis der Leute versteht er dennoch. «Es braucht immer eine gewisse Zeit, bis die Menschen neue Technologien akzeptieren.»

Wo führt das hin?

Jorgo Ananiadis, IT-Ingenieur und Mitglied der Piratenpartei, sagt, dass das sogenannte Edge-Computing nicht heissen muss, dass «der Datenschutz dann gewährleistet ist». Ob die Daten tatsächlich nur lokal verarbeitet würden, sei unklar. Zudem werde das System immer besser und genauer, «je mehr biometrische Daten es auswertet». Letztlich sei man den Beteuerungen der Anbieter ausgeliefert. «Eine Kontrolle ist praktisch unmöglich», sagt Ananiadis.

Ananiadis stellt bei zahlreichen Firmen fest, dass mit Daten fahrlässig umgegangen wird. «Der Kunde erhält zwar die Möglichkeit zu verhindern, dass seine Daten durchleuchtet werden, dafür muss er aber selbst aktiv werden.» So stehe beispielsweise in der Datenschutzverordnung von Swisscom: «Durch den Einsatz von Datenanalyseverfahren gewinnen wir statistische und analytische Informationen (…), die wir in anonymisierter Form kommerziell veräussern.»

Die Daten würden meist anonymisiert, so Ananiadis. «Wenn aber zahlreiche Datenströme zusammenlaufen, kann am Ende trotzdem die Person ausfindig gemacht werden.»

Wo führt das hin? Iman Nahvi von Advertima sagt: «In 5 Jahren wird unsere künstliche Intelligenz wissen, wie eine Person angesprochen werden muss.» Sie werde mehr Muster erkennen, als ein Mensch jemals fähig sei zu erkennen.

Das dürfte aber nicht alles sein: Nach eigenen Angaben war Advertima auch mit der St. Galler Kantonspolizei im Gespräch, um tatverdächtige Personen zu erkennen – nur über Merkmale wie Kleidung und nicht über die Gesichtserkennung. «Das ist aber nun nicht mehr geplant», sagt Nahvi.

Start-up aus der Ostschweiz

Das System der Firma Advertima funktioniert beispielsweise folgendermassen: Eine Gruppe von jungen Männern tritt vor den Bildschirm. Das System erkennt mit seiner 3-D-Sensorik das Alter und das Geschlecht. Nun zeigt es ein Video über das Verhalten von Löwen in der Wildnis. Nach wenigen Sekunden wenden sich alle ab: Das Produkt von Advertima analysiert, dass bei Gruppen dieses Alters dieses Video nicht gut funktioniert und gibt das weiter. Das nächste Mal zeigt es bei einer ähnlichen Gruppe ein Video über die Fussballweltmeisterschaft. Da die jungen Männer nun länger verweilen, zeigt er das nächste Mal einer ähnlich zusammengesetzten Gruppe dasselbe.

Advertima ist ein Senkrechtstarter. 2014 stellte das damalige St. Galler Start-up einen ersten Prototyp seines Produkts vor. Es analysierte auf Basis künstlicher Intelligenz die Umgebung und löste daraufhin eine Reaktion aus. Im Jahr 2015 investierten 18 Partner rund 4,8 Millionen Franken in das Start-Up, darunter auch die Migros Aare. CEO und Mitgründer der Firma ist der ehemalige HSG-Student Iman Nahvi. Zu den Kunden gehören die Migros Aare, die Zürcher Kantonalbank und der Zürcher Flughafen.

2017 erhielt Advertima die Auszeichnung «coolstes Start-up» am «Worldwebforum». Beim «Startfeld Diamant», dem Jungunternehmerpreis der St. Galler Kantonalbank, schaffte es die Firma ins Finale.

Das interne System der Firma ist keine Hierarchie, sondern eine Holokratie. Sie wurde vom Unternehmer Brian Robertson entwickelt. Anstatt von oben herab Grundsatzentscheide zu fällen, sollen sich die einzelnen Organisationsstrukturen selbst mit kleinen Korrekturen ständig verbessern. So sollen schwerfällige bürokratische Prozesse eliminiert werden.
(https://www.derbund.ch/bern/stadt/der-bildschirm-beobachtet-dich/story/24751502)

Guck, Maschine, das bin nur ich
Sollten Firmen wie Amazon aufhören, der Polizei Technologie zur Gesichtserkennung zu verkaufen?
https://www.derbund.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/guck-maschine-das-bin-nur-ich/story/28685963

+++KNAST
InfoLoraFreitag – Anarchistisches InfoRadio – Sendung vom 15. Juni – Wege durch den Knast 1.Teil
Wir wollen euch das Buch Wege durch den Knast vorstellen und auf die Situation und den Altag in der Isolierung eingehen. Dazu werden wir Ausschnitte aus dem Buch vorlesen und hoffen damit auch Tipps und Anregungen für Menschen im Knast zu geben. Weiter gibt es verschiedene Grussbotschaften und gleich zwei neu komponierte Songs für Menschen im Knast.
Kurznews: Basel – Weg mit dem Bässlergut; Basel Sauvage unter der Dreirosenbrücke; Zürich – Farbe statt Zement; Calais Frankreich, Ein CRS-Beamter am Kopf verletzt; Athen Griechenland; Zuspitzung im Hungerstreik von Dimitris Koufodinas.
https://infolorafr.noblogs.org/post/2018/06/15/sendung-vom-15-juni-wege-durch-den-knast-1-teil/

bernerzeitung.ch 15.06.2018

Experte gibt Berner Gefängnissen gute Noten

In zwei von vier Berner Justizvollzugsanstalten beklagen sich die Häftlinge über die Bedingungen. Ist der Berner Strafvollzug so schlecht? Ein Experte attestiert den Berner Gefängnissen einen guten Standard.

Philippe Müller

In Witzwil gebe es hauptsächlich Konfitüre zu essen. Früchte fehlten im Nahrungsangebot fast gänzlich. Das monierte ein Teil der Insassen Anfang Juni in einer Beschwerde an den Direktor.

Fast das gleiche Bild auf dem Thorberg: Dort beklagten sich letzte Woche Dutzende Häftlinge ebenfalls über das angeblich schlechte Essen sowie mangelnde Freizeit- und Arbeitsmöglichkeiten.

Dazu kommt, dass auf dem Thorberg auch das Personal unzufrieden ist und viele Abgänge zu verzeichnen sind. Deshalb hat die Finanzkommission des Grossen Rates bei der kantonalen Finanzkontrolle eine Sonderprüfung in Auftrag gegeben.

Wenn gleichzeitig in zweien der vier Berner Justizvollzugsanstalten (JVA) Häftlinge lautstark ­reklamieren, stellt sich unweigerlich die Frage nach der Qualität des Strafvollzugs im Kanton Bern. Ist diese tiefer als in anderen Kantonen? Oder sind die Insassen zu anspruchsvoll?

«Bern hat guten Standard»

Einer, der es wissen muss, ist Benjamin Brägger. Als Sekretär des Strafvollzugskonkordats Nordwest- und Innerschweiz kennt er die Situation in den elf Mitgliedskantonen. Auch Bern gehört dem Konkordat an. Er sagt: «Der Kanton Bern hat gesamtschweizerisch gesehen einen guten Standard im Strafvollzug und ist zum Teil sogar sehr fortschrittlich.»

Als Beispiel nennt er Witzwil, wo Insassen mit einer reellen Freilassungsperspektive in WGs wohnen dürfen. Zudem würden dort die Häftlinge befähigt, eine Arbeit zu erlernen, die ihnen entspreche. Auch in den anderen Berner JVA gebe es gute Arbeitsangebote.

Für die Anstalt auf dem Thorberg macht Brägger Einschränkungen: «Der Thorberg verfügt über eine veraltete, kleinräumige Infrastruktur. Zudem hat die Restrukturierung für Unruhe bei Insassen und Personal gesorgt.» Die Forderungen der Häftlinge seien deshalb zwar ernst zu nehmen und zu prüfen, gleichzeitig aber auch in gewisser Relation zu sehen.

«Es ist bis zu einem gewissen Grad normal, dass es in Gefängnissen zu Frustrationen kommt und dass die Insassen mal den Koller bekommen», sagt Brägger. Das hänge auch damit zusammen, dass seit 2007 praktisch nur noch «schwere Jungs» hinter ­Gitter kommen, kleinere und mittlere Delikte werden seit der Revision des Strafgesetzbuches mit Geldstrafen, gemeinnützigen Arbeitseinsätzen oder elektronischen Fussfesseln geahndet.

«Wir müssen uns bewusst sein, dass wir immer mehr Insassen in unseren Gefängnissen haben, die kaum mehr eine Perspektive für Urlaube oder auf eine Freilassung haben.» Das sei kriminal- und gesellschaftspolitisch so gewollt. Brägger glaubt, dass diese Spannungsphänomene in Zukunft noch häufiger auftreten werden. «Es wird noch anspruchsvoller, eine Anstalt zu führen.»

«Das Essen ist ein Evergreen»

Die Kritik an der Qualität des ­Essens ist für Brägger typisch und Ausdruck einer allgemeinen Unzufriedenheit. «Das Essen ist ein Evergreen und wird oft bemängelt.» Zu Unrecht, wie Brägger findet. «In den Schweizer Anstalten essen Sie überall ausgewogen und gut. Davon habe ich mich selber schon oft überzeugt. Klar könnte man teilweise etwas liebevoller kochen, das trifft aber auch auf die eine oder andere Schulkantine zu.»

Schweizer Qualität ist gut

So wie der Kanton Bern im nationalen Qualitätsvergleich der ­Justizvollzugsanstalten gut abschneidet, so gut steht der Schweizer Strafvollzug im internationalen Querschnitt da.

Daniel Fink, Lehrbeauftragter für Kriminalstatistik und Kriminalpolitik an den Universitäten Lausanne und Luzern, streicht etwa den guten Zustand der ­Gefängnisbauten heraus: «In der Schweiz wurden 60 Prozent der Gefängniszellen in den letzten dreissig Jahren erbaut. In Frankreich beispielsweise sind noch Gefängnisse aus dem vorletzten Jahrhundert in Betrieb. Überflutete Zellen sind dort keine Seltenheit.» In Portugal sei in den letzten fünfzehn Jahren kein einziges neues ­Gefängnis entstanden.

Fortschrittlich sei der Schweizer Strafvollzug auch, wenn es um die Arbeitsplätze für die Insassen gehe. «Hierzulande gibt es für die Anstalten eine Verpflichtung, für alle Häftlinge eine Arbeit anzubieten, die ihren Fähigkeiten und Neigungen entspricht.» In anderen europäischen Ländern gebe es abgesehen von den internen Reinigungs- und Küchenarbeiten teilweise kaum Arbeit für die ­Insassen.

Als dritte Sparte, in der die Schweiz vorne dabei ist, streicht Fink den offenen Vollzug heraus. Jenen Bereich also, der Häftlinge aufnimmt, die minderschwere Delikte begangen haben, eine niedere Rückfallgefahr aufweisen und kurz vor der Freilassung stehen. «Frankreich etwa ist gerade daran, unser Modell mit den offenen Anstalten zu kopieren. Dort gibt es diese Art von Einrichtungen wie in Witzwil, Bellechasse oder Saxerriet kaum.»
(https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/experte-gibt-berner-gefaengnissen-gute-noten/story/22414364)

bernerzeitung.ch 15.06.2018

«Das Angebot im Justizvollzug entspricht dem Gesetz»

Thomas Freytag, Leiter des Amtes für Justizvollzug, ist nicht besorgt über die Reklamationen in den Anstalten Thorberg und Witzwil.

Philippe Müller

Herr Freytag, ein Teil der Häftlinge der JVA Thorberg und Witzwil fordert besseres Essen sowie bessere Freizeit- und Arbeitsbedingungen. Wie reagieren Sie darauf?

Thomas Freytag: Das Vollzugsangebot in den Justizvollzugs­anstalten des Kantons Bern im Allgemeinen sowie die Freizeit- und Arbeitsbedingungen im Speziellen entsprechen den gesetz­lichen Anforderungen und den geltenden Standards. In der Justizvollzugsstrategie 2017–2032 weist das Amt für Justizvollzug auf die künftigen Herausforderungen hin, insbesondere auf den teilweise schlechten bau­lichen Zustand der Infrastrukturen. Mängel in diesem Zusammenhang sollen mittel- und langfristig behoben werden.

Beunruhigt es Sie, dass gleichzeitig in zwei der vier Berner JVA Unruhe herrscht?

Nein. Die Geschehnisse in der einen JVA haben mit der anderen nicht viel gemeinsam. Es handelt sich in beiden Fällen um operative Aufgaben, die durch die zuständigen Direktionen der JVA vor Ort professionell behandelt werden.

Gerade der Thorberg scheint nicht zur Ruhe zu kommen. Macht Ihnen die hohe Fluktuation beim Personal dort Sorgen?

Personalfluktuationen müssen differenziert analysiert werden. Handelt es sich um erhöhte Fluktuationen aufgrund von gehäuften Pensionierungen oder wegen eines veränderten Ar­beitsumfeldes oder weil sich die Direktionsvorgaben geändert haben? Sind es andere Gründe? Das Amt für Justizvollzug möchte auf diese Fragen möglichst repräsentative Antworten erhalten und wird aus diesem Grund eine Personalumfrage durchführen.

Entspricht die Restrukturierung mit dem umstrittenen Schichtmodell auf dem Thorberg Ihren Vorstellungen?

Die Organisation des Schicht­modells in der JVA Thorberg – so wie sie heute gelebt wird – ist breit abgestützt und anerkannt.

Bis wann sollte sich Ihrer
Ansicht nach der Unmut über die Reorganisation gelegt und die Personalsituation stabilisiert haben?

Motivierte und engagierte Mitarbeitende sind das A und O bei der Arbeit mit verurteilten Straftätern. Das Amt für Justizvollzug und damit auch die JVA Thorberg setzen sich dafür ein, dem Personal möglichst gute Arbeitsbedingungen anbieten zu können. Gleichzeitig besteht die ­Erwartung an die Mitarbeitenden, dass der strategischen Ausrichtung nachgelebt und den Führungsvorgaben entsprochen wird. Bei den Angestellten hat sich inzwischen ein gewisser Grad an Akzeptanz gegenüber der Neuorganisation eingestellt. Wir werden aber erst im Anschluss an die Personalumfrage Genaueres dazu sagen können.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/das-angebot-im-justizvollzug-entspricht-dem-gesetz/story/11431107)

kontertext: Am Beispiel Bässlergut
Was kann, was könnte Lokalberichterstattung leisten? Ein paar Gedanken, während wir auf die neue Basler Zeitung warten.
https://www.infosperber.ch/Artikel/Medien/Am-Beispiel-Basslergut

Hugo Portmanns Kampf gegen den Justizvollzug – Schweiz Aktuell
Der ehemalige Bankräuber Hugo Portmann ist bald ein freier Mann, nach 35 Jahren hinter Gittern. Nun kritisiert er die Psychiatrie im Justizvollzug. Einer seiner Vorwürfe lautet: Hätte er sich therapieren lassen, wäre er früher wieder aus dem Gefängnis entlassen worden. Der Zürcher Strafvollzug nimmt keine Stellung, dafür aber jener Mann, der Portmanns Gutachten geschrieben hat.
https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=f8b28043-9824-47dc-bf86-ab88ea8333a4

+++PRIVATE SICHERHEITSFIRMEN
Broncos-Sicherheitsmann wurde zu Recht schuldig gesprochen
Ein Mitarbeiter der Broncos-Security ist gemäss Urteil des Bundesgerichts zu Recht schuldig gesprochen worden. Der Mitarbeiter hatte in Aarberg bei der Kontrolle eines Jugendlichen dessen Ausweis fotografiert.
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/broncossicherheitsmann-wurde-zu-recht-schuldig-gesprochen/story/26922862
-> Bundesgerichtsurteil: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://04-06-2018-6B_1298-2017&lang=de&zoom=&type=show_document
-> https://www.watson.ch/!130592139
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/bern/wegen-amtsanmassung-verurteilt-security-mitarbeiter-fotografiert-ausweis-id8501531.html
-> http://www.20min.ch/schweiz/news/story/Security-Mitarbeiter-fotografiert-Ausweis-10963829
-> https://www.derbund.ch/bern/kanton/securitymitarbeiter-duerfen-keinen-ausweis-verlangen/story/22677570

+++POLICE BE
Abbau von Grundrechten
Beim Bund und in den Kantonen werden verschärfte Polizeigesetze vorbereitet für die restriktivere Überwachung und Verfolgung von Unschuldigen, Feiernden, Fahrenden, Demonstrierenden, Randständigen und «Gefährder-Innen». Für das Referendum gegen das bernische Polizeigesetz wird gesammelt.
http://www.vorwaerts.ch/inland/abbau-von-grundrechten/

+++POLIZEI SZ
Schwyzer Waffenfall: Heftige Kritik am Vorgehen der Justiz
Es dauerte zu lange, bis der Polizeibeamte wegen Verdachts auf Waffenhandel verhaftet wurde, sagt ein Spezialist. Politiker sind empört.
https://www.derbund.ch/schweiz/standard/schwyzer-waffenfall-kritik-am-vorgehen-der-justiz/story/23175521
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/schwyz/waffendeal-affare-sorgt-fur-kritik-ld.1029296
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=93d14ba9-0795-4111-9bb9-bc23e94dffde
-> https://www.tele1.ch/sendungen/1/Nachrichten#437006_2

+++POLIZEI DE
Initiative gegen Racial Profiling in Berlin: Polizei unter Rassismusverdacht
Ein Gutachten der Initiative „Ban Racial Profiling“ zweifelt die Rechtmäßigkeit verdachtsunabhängiger Polizeikontrollen an.
https://www.taz.de/Initiative-gegen-Racial-Profiling-in-Berlin/!5510630/

+++ANTIFA
Das mörderische Netz der Holocaustleugner
In einem Verband von Holocaustleugnern sammelten sich Rechtsextreme aus ganz Europa. Die Verbindungen reichen bis zu einem mutmaßlichen Polizistenmörder – und nach Deutschland.
https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2018/06/15/das-moerderische-netz-der-holocaustleugner_26533

Wie Erdogan vor der Wahl die Schweizer Türken bearbeitet
Die Kurden in der Schweiz tun alles, um Erdogan eine Abfuhr zu erteilen. Der türkische Präsident verschickt derweil einen Propaganda-Brief.
https://www.watson.ch/international/schweiz/236358153-wie-erdogan-vor-der-wahl-die-schweizer-tuerken-bearbeitet
-> https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/woher-hat-die-apk-meine-adresse-so-kaempft-erdogan-um-die-stimmen-der-schweizer-tuerken-132689822

+++ANTIRA
Motion Fraktion SP/JUSO (Halua Pinto de Magalhães/Fuat Köçer, SP): Ganzjähriges Aktionsprogramm gegen Rassismus – Neuauflage der Aktionswoche gegen Rassismus zum zehnjährigen Jubiläum
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=7362386a93ed460a8d3988f03b4038a6

vorwärts.ch 15.06.2018

Die Arroganz der Gerichte

Für eine Personenkontrolle reichten laut Basler Justiz «ausländisches Aussehen» für den Verdacht auf illegalen Aufenthalt aus. Der Jurist Tarek Naguib von der Allianz gegen Racial Profiling kommentiert im Gespräch drei neue Urteile zu rassistischen Polizeikontrollen.

Heiner Busch

Mohamed Wa Baile hat sich im Februar 2015 einer Polizeikontrolle im Bahnhof Zürich verweigert. Am 6. März 2018 hat das Bundesgericht seine Verurteilung wegen Nichtbefolgens einer polizeilichen Anordnung bestätigt. Hat Sie das Urteil erstaunt?

Nicht das Ergebnis. Erstaunlich war der ignorante, ja arrogante Umgang mit der zentralen Rechtsfrage, nämlich ob der Anlass der Kontrolle gegen das verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot verstösst. Laut Polizeirapport hat Mohamed Wa Baile die Aufmerksamkeit der Polizisten auf sich gezogen und ist kontrolliert worden, weil er den Blick abwandte. Das Bundesgericht hat sich nicht die Frage gestellt, ob die Polizei bei einer nicht-dunkelhäutigen Person genauso gehandelt hätte, ob also ihr Vorgehen nicht den Anschein der Diskriminierung erweckt und welche Fakten die Polizei vorbringt, um diesen Anschein zu entkräften. Das zu tun, verlangt nicht nur der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Wenn die Gerichte einen bestimmten Entscheid nicht möchten, dann gehen sie auch nicht in die Tiefe. Im Fall Mohamed Wa Baile, aber auch in anderen Fällen wie Wilson A. hätte dies nämlich bedeuten müssen, die Polizei des Rechtsbruchs wegen Rassismus zu bezichtigen.

Im Fall Wilson A. wurde über ein Ereignis vom Oktober 2009 verhandelt. Es ging nicht nur um willkürliche Kontrollen, sondern auch um handfeste Gewalt. Was ist da passiert?

Wilson A. war mit einem ebenfalls dunkelhäutigen Freund auf dem Heimweg, als zwei Polizisten und eine Polizistin ins Tram einstiegen und von ihnen verlangten, sich auszuweisen. Die beiden haben nachgefragt: «Warum nur wir? Weil wir die einzigen Dunkelhäutigen sind?» Sie wurden dann recht grob zum Aussteigen gezwungen. Wilson A. hat die Polizei informiert, dass er eine Herzoperation hinter sich hat und einen implantierten Defibrillator trägt, und forderte den Polizisten auf, ihn deshalb loszulassen. Das ist dann schnell eskaliert. Er wurde auf den Boden gerissen und ein Polizist rammte ihm sein Knie in den Rücken, auf der Seite, wo sein Defibrillator liegt. Er bekam Pfefferspray ins Gesicht. Man hat ihn am Hals gepackt. Die Polizei nahm ihn in desolatem Zustand zunächst mit auf die Wache, wo der wegen eines Alkohol- und Drogentests hinzugezogene Arzt eine schnelle Überstellung ins Krankenhaus anordnete. Dort wurden seine Verletzungen dokumentiert und die lebensgefährliche Situation bestätigt. Er wurde angezeigt wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte. Und er hat dann selbst über seinen Anwalt Anzeige erstattet – wegen Amtsmissbrauchs und Gefährdung des Lebens.

Warum kam es erst im April 2018 zur Verhandlung?

Die Staatsanwältin wollte das Verfahren mehrfach einstellen und hat auch versucht, die Anklage auf leichte Körperverletzung zu reduzieren. Dagegen gab es verschiedene Beschwerden. Das ging dann bis zum Bundesgericht hoch. In der Verhandlung im April zeigte sich erneut, dass die Staatsanwaltschaft in ihrer täglichen Arbeit zu nahe an der Polizei ist. Aber auch das Gericht liess kein unabhängiges Gutachten erstellen, ob die Verletzungen am Hals von Wilson A. von einem Würgegriff stammen oder nicht. Den Polizisten wird geglaubt und nicht dem Gewaltopfer. Das Gericht hat auch das Racial Profiling verneint, weil die Polizei in der Tat einen dunkelhäutigen Mann mit etwa dieser Haarlänge und dieser Postur gesucht hat. Wilsons Anwalt hat das klar widerlegt: Wenn in einer Polizeimeldung ein dunkelhäutiger Mann mit dieser Haarlänge und Statur beschrieben wird, dann darf die Suche auf diese Personengruppe eingegrenzt werden. Wenn aber ohne weitere Verdachtsmomente irgendwelche dunkelhäutigen Männer mit kurzen Haaren herausgegriffen werden, dann kann das auch rassistisch sein. Darauf ist das Gericht – arrogant – nicht einmal eingegangen.

Kommen wir zu Marc Oestreicher, der eine rassistische Polizeikontrolle beobachtet hat und am 6. März 2018 wegen «Dienst-erschwerung» verurteilt wurde. Was sollen Aussenstehende tun? Wegsehen?

Die Botschaft des Basler Strafgerichts lautet: Man ist nur dann vor einer Busse sicher, wenn man der Anweisung der Polizei folgt und weitergeht. Marc Oestreicher hat die Kontrolle aus ein paar Metern Abstand beobachtet. Er hat die kontrollierte Person angesprochen, ob das in Ordnung sei. Die Polizei forderte ihn zum Weitergehen auf und nahm schliesslich seine Personalien auf. Der Richter hat hier sogar das Racial Profiling klar legitimiert. Die Polizei benötige «keinen Tatverdacht für eine Personenkontrolle», das «ausländische Aussehen» reiche neben Tageszeit und Ort für den Verdacht auf illegalen Aufenthalt aus.

Was ist nun die Lehre aus diesen Urteilen?

Es mag paradox erscheinen. Aber die Fälle stehen für einen sowohl schwierigen als auch ermutigenden Kampf gegen die Ignoranz von Polizei und Justiz und für mehr gesellschaftliche Verantwortung. Einerseits zeigen sie, wie der verankerte Rassismus dazu führen kann, dass rassistische Polizeikontrollen von einer weitgehend gleichgültigen Gesellschaft als normal und gerecht wahrgenommen werden. Sie zeigen Polizeikorps, die nicht bereit sind, ihre eigene Praxis auf diskriminierende Effekte zu untersuchen. Und Gerichte, die sich der Auseinandersetzung mit den rechtlichen Fragen der rassistischen Diskriminierung verweigern und die Polizei, soweit es geht, schützen. Andererseits zeigen die Fälle auch, dass zunehmend mehr Menschen nicht mehr bereit sind, den Rassismus widerstandslos zu akzeptieren
(http://www.vorwaerts.ch/inland/die-arroganz-der-gerichte/)

+++PSYCHIATRIE
Nur noch Fachärzte sollen Fürsorgerische Unterbringungen verordnen können: Zu viele landen unfreiwillig in der Psychiatrie
BERN – Die Zahl der Fürsorgerischen Unterbringungen nimmt in der Schweiz zu. Sie würden teils zu leichtfertig angeordnet, finden Gesundheitspolitiker und Mediziner im Nationalrat. Sie unterstützen eine Motion, die verlangt, dass künftig nur noch Fach- und Amtsärzte die Unterbringungen anordnen können.
https://www.blick.ch/news/politik/nur-noch-fachaerzte-sollen-fuersorgerische-unterbringungen-verordnen-koennen-zu-viele-landen-unfreiwillig-in-der-psychiatrie-id8500914.html