Medienspiegel 13. April 2018

+++BERN
(Am Sa 14.04.2018 um 17.00 auf Radio RaBe (Sendung „Bölz no eis“): http://www.rabe.ch)
Kinderrechte selbstbestimmt
Berufsbildung für Jugendliche und junge Erwachsene mit prekärem Aufenthaltsstatus
Das Pilotprojekt Kinderrechte selbstbestimmt unterstützt junge Menschen mit prekärem Aufenthaltsstatus bei der Suche nach einem Studienplatz, Praktikum oder einer Lehrstelle. Mithilfe von Workshops, Stammtischen und regelmässigen Treffen mit Freiwilligen erarbeiten sich die Teilnehmenden selbst das spezifische Wissen und die nötigen Unterlagen, welche sie brauchen, um ihren Berufswunsch zu verwirklichen.
https://wirallesindbern.ch/2018/04/07/kinderrechte-selbstbestimmt/
-> https://www.facebook.com/kinderrechteselbstbestimmt
-> http://www.sans-papiers-be.ch/index.php/aktivitaeten/projekt-kinderrechte-selbstbestimmt

Brief beim EJPD eingetroffen
Hondrich – Justizministerin Simonetta Sommaruga hat den Brief der Bäuert mit den 89 Unterschriften erhalten.
https://www.bernerzeitung.ch/region/oberland/brief-beim-ejpd-eingetroffen/story/25417572

+++AARGAU
Bei Eritreern auf Messersuche
Am Bahnhof Aarau kontrollierte die Polizei gezielt Asylsuchende auf Stichwaffen und Drogen. Gefunden hat sie nichts.
https://www.telem1.ch/35-show-aktuell/23152-episode-freitag-13-april-2018/56107-segment-bei-eritreern-auf-messersuche#bei-eritreern-auf-messersuche

+++BASEL
«Ich bin in Basel zu Hause» – Begegnung mit einer Sans-Papiers
Warum die Papierlose Inacia Pereira trotz allen Schwierigkeiten in der Schweiz bleiben möchte.
https://www.nzz.ch/schweiz/ich-bin-in-basel-zu-hause-ld.1376950

Swiss Press Award – SRF-Redaktor Matieu Klee für Journalistenpreis nominiert
Er deckte auf, dass Flüchtlinge für ein Bett im Massenschlag eines Zivilschutzbunkers 550 Franken pro Monat zahlen.
https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/swiss-press-award-srf-redaktor-matieu-klee-fuer-journalistenpreis-nominiert

+++NIDWALDEN
17-jähriger Asylbewerber aus Afghanistan packt bei den Stanser Musiktagen an
NIDWALDEN ⋅ Alle nennen ihn Habibi: Der 17-jährige Asylbewerber aus Afghanistan packt bei den Stanser Musiktagen als Helfer kräftig mit an.
http://www.luzernerzeitung.ch/nachrichten/zentralschweiz/nidwalden/ich-arbeite-gerne-im-team;art9649,1233226

+++SCHWYZ
Jugendliche Asylsuchende sollen im Bezirk bleiben
UNTERKUNFT ⋅ Die 42 unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden müssen Ende August aus dem «Haus der Jugend» in Immensee raus. Der Kanton sucht nun nach einer neuen Bleibe – und hegt bereits einen Wunsch.
http://www.luzernerzeitung.ch/nachrichten/zentralschweiz/schwyz/jugendliche-asylsuchende-sollen-im-bezirk-bleiben;art9651,1232957

+++ZUG
Drei Jahre Asylunterkunft Menzingen – was bleibt: «Wir hatten keine Duschen oder Handys. Die Gubel-Bewohner haben das alles»
Gubel Ende April geschlossen. Für die Gemeinde Menzingen endet damit eine Zeit, die einiges im Dorf bewegt hat. Jahre, vor denen man sich gefürchtet hatte. Jahre aber auch, die für weit weniger Zwischenfälle sorgten als angenommen. Nachbarn, Seelsorger und Bund ziehen Bilanz.
https://www.zentralplus.ch/de/news/gesellschaft/5564376/%C2%ABWir-hatten-keine-Duschen-oder-Handys-Die-Gubel-Bewohner-haben-das-alles%C2%BB.htm

+++SCHWEIZ
Asylpolitik: Sommaruga schafft aus
Im Oktober 2015, als sich der Flüchtlingstreck nach Europa auf dem Höhepunkt befand, wurde Simonetta Sommaruga auf dem Flughafen von Addis Abeba mit militärischen Ehren empfangen. Die SP-Justizministerin war nach Äthiopien gereist, um der Regierung einen Scheck über sechs Millionen Franken zu überreichen. Sie besuchte ein Flüchtlingslager und war in der Residenz des Präsidenten zu Gast, in deren Garten sich Mulatu Teschome zwei Löwen halten soll. Sommaruga erklärte, «das Schweizer Engagement am Horn von Afrika» verstärken zu wollen.
https://www.woz.ch/1815/asylpolitik/sommaruga-schafft-aus
-> https://www.woz.ch/1815/asylpolitik/jahrzehnt-der-schikanen

Kommission sagt Ja zu Automatismus
Wer in sein Herkunftsland reist, soll ausnahmslos den Asylstatus verlieren.
https://bazonline.ch/schweiz/standard/kommission-sagt-ja-zu-automatismus/story/17728644
-> https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-spk-n-2018-04-12.aspx

augenauf-Bulletin Nr. 96 März 2018

SEM ZEIGT KEIN INTERESSE AN FLUCHTGRÜNDEN
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) interessiert sich nicht für Gutachten, die Folter an Asylsuchenden bestätigen könnten. Offensichtlich sind nur Gründe für eine Ablehnung von Asylverfahren erwünscht.

Mitte März letzten Jahres reichte der grüne Nationalrat Balthasar Glättli eine Interpellation ein, die von einem Drittel der Ratsmitglieder mitunterzeichnet war. Es ging dabei um das sogenannte Istanbul-Protokoll (kompletter Titel: «Handbuch für die wirksame Untersuchung und Dokumentation von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder entwürdigender Behandlung oder Strafe»), das von der UNO als Standard zur Begutachtung von Foltervorwürfen empfohlen wird. Die Empfehlung wurde 2000 von der UNO-Vollversammlung per Resolution angenommen und 2003 nochmals bekräftigt. In der Interpellation wurde konkret gefragt, ob der Bundesrat den Beweiswert solcher Gutachten anerkennt, entsprechende Weisungen existieren und die Behörden angewiesen werden, bei umstrittenen Foltervorwürfen solche Gutachten anzufordern. Natürlich betrifft dies insbesondere das Staatssekretariat für Migration (SEM), das solche Vorwürfe regelmässig im Rahmen von Asylverfahren prüfen muss.

Erhöhter wissenschaftlicher Wert bleibt ohne Konsequenzen…

In der Antwort hat der Bundesrat diesen Gutachten einen «erhöhten wissenschaftlichen Wert» zuerkannt. Weisungen existieren jedoch keine. Weiter führt der Bundesrat aus: «Werden beim SEM Gutachten eingereicht, werden diese berücksichtigt, sofern diese für das Asylverfahren relevant sind. (…) Ergeben sich aus den Akten hinreichende Anhaltspunkte über eine Täterschaft, ist die Zusammenarbeit zwischen dem SEM und anderen Partnern (Bundesanwaltschaft, Nachrichtendienst des Bundes, Bundesamt für Polizei, Bundesamt für Justiz) gewährleistet. Es besteht eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des SEM, des Bundesamtes für Gesundheit und der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren, welche sich mit dem Istanbul-Protokoll befasst.»

… gilt stattdessen als Interpretation von Wahrscheinlichkeiten

Was das konkret bedeutet, haben wir schon im Bulletin Nr. 93 beschrieben: Im Asylverfahren für die baskische Aktivistin Nekane Txapartegi wurde ein Gutachten auf der Basis des Istanbul-Protokolls eingereicht, das ihre Foltervorwürfe bestätigte. Das SEM argumentierte im negativen Asylentscheid, das Gutachten sei «lediglich eine Interpretation von Wahrscheinlichkeiten und somit Ausdruck einer persönlichen Meinung». Eine Sachbearbeiterin des SEM meint also, sie könne Foltervorwürfe besser beurteilen als zwei europaweit anerkannte Spezialisten auf diesem Gebiet. Es ist schwierig, bei dieser unglaublichen Arroganz diplomatisch zu bleiben.

Anerkennung und Anwendung weiterhin ausstehend

Im November 2017 empfahl das UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) in einer Stellungnahme zu Änderungen der Asylverordnung noch einmal, dass klargestellt wird, «dass bei Personen, die vorbringen, Opfer von Folter oder Misshandlungen geworden zu sein oder die Anzeichen von Traumatisierung aufweisen, eine vertiefte Prüfung zur Begutachtung von erlittener Folter gemäss Istanbul-Protokoll vorgenommen wird.» Im Januar dieses Jahres wollte die OMCT (weltweite Organisation gegen Folter) vom Bund wissen, wie der Stand der Arbeit in der Arbeitsgruppe sei, die in der Interpellationsantwort erwähnt wurde. Die überraschende Antwort: Offensichtlich gab es eine Verwechslung mit der Istanbul-Konvention (zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt). Es existiert keine Arbeitsgruppe, die sich mit der Anwendung des Istanbul-Protokolls beschäftigt. Und übrigens hat die Schweiz das Istanbul-Protokoll nicht offiziell anerkannt. Die fehlende Anerkennung war auch im Asylverfahren von Nekane Txapartegi ein Argument. Es gibt keine offizielle «Anerkennung » der Schweiz für wissenschaftliche Methoden.

augenauf hat inzwischen direkt beim SEM angefragt, wie mit Gutachten gemäss Istanbul-Protokoll verfahren wird. Das Resultat: Es gibt weiterhin keine Weisungen, aber Gutachten werden «berücksichtigt» (das heisst arrogant ignoriert). Im letzten Jahr gab das SEM kein entsprechendes Gutachten in Auftrag. Die Antwort ist offensichtlich von der Interpellationsantwort kopiert worden. Auch der Satz über die Zusammenarbeit mit anderen Bundesbehörden findet sich exakt gleich in der Antwort. Als wir um ein Beispiel für diese Zusammenarbeit gebeten haben, kommt dann wenigstens hier eine Klärung: «Das SEM folgt der Entwicklung der Thematik mit Interesse und führt eine interne Diskussion, um sein Engagement zu definieren.»

Umstrittene Methoden werden angewandt – Hauptsache Ablehnung

Seit dem Jahr 2000 gibt es eine wissenschaftlich fundierte Methode, um Foltervorwürfe zu untersuchen. Bis heute gibt es dazu vom SEM nur Desinteresse und «Geschwurbel». Auch umstrittene Methoden wie das Handröntgen zur Altersbestimmung werden laufend angewandt, weil damit Asylanträge abgelehnt werden können. Gutachten, die zur Annahme von Asylgesuchen führen könnten, sind offensichtlich weniger beliebt. Sollte die Departementschefin Simonetta Sommaruga oder der verantwortliche Staatssekretär Mario Gattiker wieder einmal betonen, wie ihnen das Schicksal von Flüchtlingen am Herzen liegt, drängt sich eine Vermutung auf: Entweder sie sind inkompetent – oder sie lügen.

augenauf Zürich


Aus: augenauf-Bulletin Nr. 96 März 2018, S.6:
http://augenauf.ch/images/BulletinProv/Bulletin_96_Marz2018.pdf

+++GRIECHENLAND
Letzter Ausweg Selbstmord
Keineswegs alle Geflüchteten in den Lagern auf Lesbos sind deprimiert und ohne Hoffnung. Für manche bedeutet selbst das Leben in den Lagern Freiheit, im Vergleich zudem, was sie in der Heimat erlebt haben. Aber viele, die schon lange auf Lesbos festsitzen und denen die Rückführung in die Türkei oder in ihr Heimatland droht, die leiden extrem unter den Bedingungen, vor allem psychisch.
https://www.radioeins.de/programm/sendungen/modo1619/archiv/letzter-ausweg-selbstmord-.html

+++SPANIEN
Kommerzielle Normalisierung illegaler Migration
Illegale Arbeitsmärkte gelten als skandalöse und vermeintlich irreguläre Ausnahmeerscheinungen. Tatsächlich ist diese postkoloniale Arbeitsteilung längst gesetzlich normiert. In seiner Ethnografie der Treibhausindustrie von Almería zeichnet Felix Hoffmann die Taktiken und Strategien illegalisierter Menschen nach.
http://www.migazin.de/2018/04/13/buchtipp-wochenende-kommerzielle-normalisierung-migration/

+++BALKANROUTE
Belgrade, Serbia: A Case Study of Refugees in Towns
Before 2015, the prevailing representation of irregular migration to the European Union concerned the Mediterranean migration routes, but in the summer of 2015, the focus shifted to the Balkan Route (Beznec et al. 2016, p.4). The corridor established in early summer 2015 led to large groups of refugees and migrants becoming stranded in Serbia – often sleeping in parks in Belgrade. This case study looks at the legal status, social, and economic life, and opportunities of migrants and refugees two years later, in Belgrade, Serbia. Our findings are a result of five months of field research conducted during the summer and fall of 2017, and draw on one author’s experience with humanitarian service provision at an aid center in Belgrade.
https://reliefweb.int/report/serbia/belgrade-serbia-case-study-refugees-towns
-> https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Tufts%2BRIT%2BBelgrade%2C%2BSerbia.pdf

+++MITTELMEER
Solidaritätskrise im Mittelmeer
Florian Westphal findet es verstörend, in welchem Ausmaß die EU-Regierungen mit der libyschen Küstenwache in der Flüchtlingsabwehr zusammenarbeiten
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1085369.fluechtlingsabwehr-in-der-eu-solidaritaetskrise-im-mittelmeer.html

Vorwurf Menschenschmuggel – Salam Aldeen rettete Flüchtlinge, nun drohen zehn Jahre Haft
Weil Salam Aldeen Flüchtlinge aus dem Mittelmeer retten wollte, drohen dem Dänen zehn Jahre Haft. Denn der 35-Jährige wurde in Griechenland wegen Menschenschmuggels angeklagt
https://www.berliner-zeitung.de/politik/vorwurf-menschenschmuggel-salam-aldeen-rettete-fluechtlinge–nun-drohen-zehn-jahre-haft-30000810

+++JENISCHE/SINTI/ROMA
Der Kanton Solothurn weiss nicht wohin mit den Fahrenden
Seit Jahren findet der Kanton keinen geeigneten Platz für Fahrende. Standorte gibt es genug. Das eigentliche Problem sei der Widerstand vonseiten der Gemeinden, heisst es beim Kanton. Inzwischen haben sich Fahrende in Luterbach niedergelassen.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/der-kanton-solothurn-weiss-nicht-wohin-mit-den-fahrenden-132430485

Anerkennung statt Ausgrenzung
Am 8. April fand der Internationale Roma-Tag statt. Der Historiker Thomas Huonker blickt für P.S. auf die Geschichte der Roma in der Schweiz zurück und plädiert dafür, mit ihrer Anerkennung wie auch der Aufarbeitung der Vergangenheit endlich vorwärts zu machen.
http://www.pszeitung.ch/anerkennung-statt-ausgrenzung/#top

+++FREIRÄUME
Zum Umgang mit der Luzerner Besetzung – Hausbesetzung: Das Ultimatum, das keines war
Politik, Medien und Verwaltung lassen sich von einem Grüppchen Hausbesetzer eine Woche lang in Aufruhr versetzen. Die Stadt setzt eine Frist, bleibt dann aber tatenlos. Jetzt da Baudirektorin Manuela Jost aus den Ferien zurück ist, muss eine Strategie her. Denn die fehlte bisher.
https://www.zentralplus.ch/de/news/politik/5565969/Hausbesetzung-Das-Ultimatum-das-keines-war.htm

+++KNAST
Gefängnisaufseher angegriffen, Zelle unter Wasser gesetzt, Spezialeinheit bewacht ihn sogar beim Hofspaziergang: Carlos wütet wieder!
BERN/ZÜRICH – Der Schweizer Problemhäftling Nummer eins bringt den Strafvollzug an seine Grenzen und kostet weiterhin Hunderttausende von Franken. BLICK-Recherchen decken neue Exzesse auf. Für den Hofgang sind vier Polizisten eines Sondereinsatzkommandos nötig.
https://www.blick.ch/news/schweiz/gefaengnisaufseher-angegriffen-zelle-unter-wasser-gesetzt-spezialeinheit-bewacht-ihn-sogar-beim-hofspaziergang-carlos-wuetet-wieder-id8251333.html

derbund.ch 13.04.2018

Was es bedeutet, wie Pierin Vincenz in U-Haft zu sitzen

Seit mehr als 40 Tagen sitzt der frühere Chef der Raiffeisenbank im Gefängnis. Mögliche psychische Folgen einer Inhaftierung sind massiv.

Rafaela Roth

14. November 2012, Sitz der Amtsstelle, Staatsanwaltschaft I, Zürich: Ein mächtiger US-amerikanischer Eisbrecher bahnt sich einen Weg durch die Ant­arktis. Die Wolken türmen sich schwarz, dazwischen leuchtet eiskalt die Sonne. «Rosenrot» steht auf dem Bug aus Stahl. Im Video zum Song von Rammstein geht es um Selbstjustiz, Mord, Verführung, Schuld und Unschuld. «Rosenrot, o Rosenrot, tiefe Wasser sind nicht still . . .»

Iris Ritzmann, Titularprofessorin der Universität Zürich, richtet ihren Blick wieder auf den Staatsanwalt, der vor dem seltsam deplatzierten Rammstein-Plakat sitzt, versucht, sich nicht davon einschüchtern zu lassen. «Dazu mache ich keine Aussage.» «Keine Aussage.» «Dazu kann ich keine Aussage machen», antwortet sie auf seine Fragen. Jetzt nur nichts Falsches sagen.

Im Kanton Zürich sitzen gegenwärtig 400 U-Häftlinge; durchschnittliche Haftdauer: 2 Monate. Schweizweit sitzen rund 2000 Personen ein. Ein dringender Tatverdacht muss gegeben sein, damit Untersuchungshaft angeordnet werden kann, und mindestens ein «besonderer Haftgrund»: Fluchtgefahr. Wiederholungsgefahr. Verdunkelungsgefahr. Ausführungsgefahr.

Der prominenteste U-Häftling der Schweiz heisst Pierin Vincenz. Seit mehr als 40 Tagen sitzt er in U-Haft, Entlassung ungewiss. Der Ex-Raiffeisendirektor erfährt am eigenen Leib, was es heisst, von einem Tag auf den anderen aus einem bürgerlichen Leben gerissen zu werden. So wie Iris Ritzmann und ihr Ehemann Eberhard Wolff an diesem Morgen im November 2012. Als sie um 6.30 Uhr verhaftet werden, denkt Ritzmann erst, dass sich dieser Irrtum bald auflösen werde. Ihr wird vorgeworfen, im Zuge der «Mörgeli-Affäre» geheime Dokumente an Journalisten weitergegeben zu haben. Christoph Mörgeli verlor im Rahmen der Affäre seinen Job.

Später am Abend, alleine in einer Zelle des provisorischen Polizeigefängnis (Propog) in Zürich, zeichnet Ritzmann den Raum auf Gefängnispapier: Türe, Klappe, Knöpfe, Lavabo, WC, Bett. Sie klammert sich an die Masterarbeit einer Studentin, die sie fertig korrigieren muss. Es war das Einzige, was sie hierher mitnehmen durfte. Öffnet sie das Fenster, weht kalte Luft in die Zelle. Schliesst sie es, steigt ihr der beissende Geruch von Erbrochenem und Reinigungsmittel in die Nase. Ihr Mann Wolff, einen Bau weiter, denkt währenddessen nach. Denkt, denkt, denkt, ohne sich konzentrieren zu können. Geistig legt er sich einen Panzer um.

Dröhnen im Kopf

Cemil*, ein Mann in den Vierzigern, der ein paar Jahre später am gleichen Ort sitzen wird, kann das nicht, «einen Panzer umlegen». Er ist ausgeliefert. Der Familienvater drückt sich in der U-Haft so fest die Hand auf sein Kinn, dass sich seine Zähne schmerzlich nach hinten verschieben. «Warum? Warum ich?»

«Es ist wie ein Konzert, das mit einem Knall beginnt und dann immer lauter und schneller wird», sagt Ritzmann. Ihre Verhaftung ist über fünf Jahre her. Doch das Konzert hallt nach. Cemil, der Zürcher mit kosovo-albanischen Wurzeln, der letztes Jahr fälschlicherweise eines Raubüberfalls verdächtigt wurde, hat immer noch Krach im Kopf.

Alle drei waren vor ihrer Verhaftung noch nie in ein Strafverfahren verwickelt, alle drei wurden sie im Nachhinein für unschuldig befunden, alle drei erlitten sie nach ihrer Verhaftung einen sogenannten Haftschock. «Die Stressreaktion äussert sich in Orientierungslosigkeit und Bewusstseinsstörungen. Die Betroffenen erleben alles wie durch einen Nebel», erklärt Andreas Maercker, Psychologe an der Uni Zürich. Das Gefühl des Schocks halte meist nur Stunden an. In einer zweiten Phase fühlen die Betroffenen ein akutes Gefühl der Machtlosigkeit. Depression, Ängste oder Aggressivität können die Folge sein. In der dritten Phase, nach etwa einer Woche, bewältigen U-Häftlinge die Situation individuell. «Einige – ob schuldig oder unschuldig – beginnen, rational ihre Chancen abzuwägen, andere flüchten sich in Fantasien, wieder andere verdrängen ihre Tat.»

Am meisten wirkt die sogenannte Deprivation in U-Haft auf die Psyche: der totale Verlust stimulierender Reize – ohne Handy, Kontakt zu anderen, zur Aussenwelt, 23 Stunden pro Tag in einer leeren Zelle, allein, manchmal zu zweit, ohne Ende in Sicht. Ausgenommen sind jene, die es gewohnt sind, mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Unschuldigen und solchen, die ihre Tat verdrängen oder als legitim betrachten, geht es schlechter. Es gibt U-Häftlinge, die eine posttraumatische Belastungsstörung davontragen. Jene, die das alles zum ersten Mal erleben, trifft es härter. Wie Pierin Vincenz – und Iris Ritzmann.

Irgendwann bringt ihr ein Polizist zwischen den Einvernahmen ein Sandwich, eine seltene menschliche Geste: «Ihr Mann hat das nicht fertig gegessen, wollen Sie es noch?» Es beruhigt Iris Ritzmann, dass ihr Mann etwas essen konnte, seit Stunden hat sie ihn nicht mehr gesehen. Ihre Gedanken drehen sich um ihn und ihre Töchter, 10 und 12 Jahre alt. «Versucht nicht, uns anzurufen, wir sind weg», war einer der wenigen Sätze, die sie ihren Kindern noch sagen durfte, geweckt wurden sie von einer Polizistin. Jetzt ist Ritzmann ein Häftling mit einer Nummer. «Mitkommen», «ausziehen», «Füsse hierhin», «Fingerabdrücke abgeben» – währenddessen erzählt der Polizist seinem Kollegen von seinen letzten Ferien.

«Ich erlebte es wie eine schrittweise Entmenschlichung», sagt Eberhard Wolff. «Der normale menschliche Umgang fällt weg, man kriegt keine Antworten mehr auf Fragen, man verliert die Kontrolle.» Nach seiner Freilassung, nach nur eineinhalb Tagen in Polizeigewahrsam, verbringt Wolff mehrere Wochen in psychiatrischen Einrichtungen.

«Ich schwöre bei Gott, dass ich nichts damit zu tun habe», ruft Cemil. «Ich bin unschuldig», Cemils Stimme bricht. «Ich schwöre bei Gott, das bin nicht ich.» Es ist sein dritter Tag in Polizeigewahrsam, und er spürt, dass der Staatsanwalt ihm nicht glaubt. Cemil kann es nicht fassen. Der Staatsanwalt beantragt U-Haft, Verdunkelungsgefahr. Cemils Frau und Kinder erfahren erst jetzt, wo er ist. Cemil fürchtet sich vor seinen Mitinsassen. Er kann nicht schlafen. Schlafmittel will er nicht nehmen, weil er befürchtet, nie wieder aufzuwachen. Der grosse Mann, bis dahin im Sicherheitsdienst tätig, kann nicht mehr.

«Die Betroffenen befinden sich in einer unvorstellbaren Stresssituation», sagt Cemils Anwältin Ursula Lang. «Gleichzeitig müssen sie wichtige Aussagen machen, in denen jedes Wort zählt.»

Und bei den Befragungen wird Druck aufgesetzt. Als Cemil die Person nennt, die sein Alibi bestätigen kann, droht der Staatsanwalt, den Kollegen ebenfalls zu verhaften: «Was sagen Sie dazu?», fragt er. «Ich kann Ihnen zu 1000 Prozent garantieren, dass er nichts damit zu tun hat», sagt Cemil verzweifelt. «Sie können alles überprüfen!» Der Staatsanwalt prüft es erst nach 11 Tagen U-Haft.

Auch bei Ritzmann und Wolff gab es Druck. Zu Wolff sagte der Staatsanwalt laut Einvernahmeprotokoll: «Die Frage ist, ob Sie aufgrund Ihres unkooperativen Verhaltens bereit sind, Ihre Kinder alleinzulassen!» und «Ich als Vater kann für solch eine Aussageverweigerung überhaupt kein Verständnis aufbringen». Drohungen sind in Einvernahmen eigentlich gesetzlich verboten. Staatsanwälte müssen extrem objektiv sein. Sie sind verpflichtet, in gleichem Masse entlastende sowie belastende Beweise zu sammeln – egal, was ihre These ist.

Ewig in Untersuchungshaft

Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) kritisierte die Härte der Schweizer U-Haft in den vergangenen Jahren heftig. «In England beispielsweise ist das Verhältnis umgekehrt», sagt Sandra Imhof von der NKVF: «Lockereres Regime in der U-Haft, härteres Regime bei Vollzug der Gefängnisstrafe.» Seit den Berichten der NKVF denkt man auch in der Schweiz darüber nach, ob und wie man das Haftregime erleichtern könnte. Bestrebungen und Pilotprojekte sind im Gang.

Das ist die Zukunft, vielleicht. Die Gegenwart ist eine andere. Wie viele Verdächtigte unschuldig in U-Haft sitzen, ist unbekannt. Cemils Anwältin Lang sagt: «Ich habe die Erfahrung gemacht, dass schon wenige Tage Untersuchungshaft zu einer Destabilisierung der Betroffenen führen können, mit lang anhaltenden Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit und ihre psychische Verfassung.» Selbst wenn später ihre Unschuld festgestellt und eine Genugtuung bis zu 200 Franken pro Hafttag zugesprochen werde, könne dies die negativen Folgen der Haft in keiner Weise wettmachen.Cemil hat seinen Job als Sicherheitsangestellter noch in der U-Haft verloren. Heute, fast ein Jahr später, ist er vergesslich, hat paranoide Züge, ist arbeitslos und vom Schweizer Staat bitter enttäuscht. Bei Iris Ritzmann bleibt eine tiefschürfende Verunsicherung. Wolff surft nie mehr im Internet ohne das Gefühl, ein Dritter könnte mitlesen. Ihre U-Haft, sie dauert bis heute an.

* Name aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes geändert
(https://www.derbund.ch/schweiz/standard/versucht-nicht-mich-anzurufen/story/17574711)

+++BIG BROTHER
Mit dem Nachrichtendienstgesetz hat der NDB ein dickes Paket von Schnüffelbefugnissen bekommen. Jetzt jammern die SchnüfflerInnen, dass es zu kompliziert sei und @letemps sitzt dem Gejammere auf
Es dürfen übrigens noch Wetten abgeschlossen werden, wann die nächste Revision des Gesetzes kommt.
(https://twitter.com/Busch_Heiner/status/984731447272660993)
La grogne monte aux services secrets suisses, «ligotés» par des règles strictes
Le mécontentement des agents de terrain bouillonne au Service de renseignement de la Confédération. Les nouvelles mesures de surveillance, approuvées par le peuple en 2016, se révèlent difficiles à appliquer
https://www.letemps.ch/suisse/grogne-monte-aux-services-secrets-suisses-ligotes-regles-strictes

Die Box, die das iPhone knacken soll
Amerikanische Ermittler hegen grosse Hoffnungen: Ein Gerät namens Graykey soll ihnen Zugang zu verschlüsselten Daten verschaffen.
https://www.derbund.ch/digital/mobil/Die-Box-die-das-iPhone-knacken-soll/story/18433297
-> https://motherboard.vice.com/en_us/article/vbxxxd/unlock-iphone-ios11-graykey-grayshift-police

Unterstützung für Sybille Berg und Co.: Aargauer Justizdirektor ist gegen das Schnüffler-Gesetz
Als erster Regierungsrat bekennt der Aargauer Justizdirektor Urs Hofmann, dass er dagegen ist, das Sozialversicherungen ihre Kunden fast grenzenlos ausspionieren dürfen.
https://www.blick.ch/news/politik/unterstuetzung-fuer-sybille-berg-und-co-aargauer-justizdirektor-ist-gegen-das-schnueffler-gesetz-id8247397.html

+++POLICE BS
So kommt Dürr doch noch zu seinem Panzerfahrzeug
Der Basler Sicherheitsdirektor und der Leiter Spezialformationen der Kantonspolizei haben den «Massnahmenplan Radikalisierung und Terrorismus» vorgestellt. Das Paket wird zu reden geben.
https://tageswoche.ch/politik/380-maschinenpistolen-fuer-die-basler-polizei/
-> http://www.20min.ch/schweiz/basel/story/Basler-Polizei-ruestet-gegen-den-Terrorismus-auf-18359393
-> https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/terrorbekaempfung-sicherheitsdirektor-baschi-duerr-ruestet-basler-polizei-auf
-> https://bazonline.ch/basel/stadt/panzerfahrzeug-und-neue-pistolen-fuer-die-basler-polizei/story/30538670
-> https://www.basellandschaftlichezeitung.ch/basel/basel-stadt/panzer-maschinenpistolen-und-schutzwesten-basler-polizei-ruestet-auf-132432536
-> https://telebasel.ch/2018/04/13/basel-stadt-ruestet-gegen-terror/
-> http://www.onlinereports.ch/News.117+M51bad85b1e9.0.html
-> http://www.bs.ch/nm/2018-vorbereitet-auf-terroristische-bedrohungen-regierungsrat-stellt-massnahmenplan-radikalisierung-und-terrorismus-vor-rr.html

+++POLIZEI VD
24heures.ch 13.04.2018

Les soupçons de bavures s’accumulent sur la police

Sécurité – Les accusations de violences policières et de délits de faciès se succèdent. Au cœur de la critique: la police de Lausanne. Enquête.

Par Chloé Banerjee-Din

Depuis quelque temps, un nouveau genre de graffiti est apparu à Lausanne. Derrière les quatre lettres noires «ACAB» se cache un message lapidaire: «All cops are bastards.» En français: «Tous les flics sont des salauds.» Repéré en ville, l’un de ces tags s’accompagne d’un hommage à «Mike».

Mike Ben Peter est mort le 1er mars dernier au lendemain d’un contrôle de police qui s’est terminé par une interpellation musclée. Il avait 40 ans, une femme et des enfants. Il était aussi Nigérian, vivait dans un squat et vendait probablement de la drogue. Après qu’il a perdu connaissance, la police a retrouvé de la cocaïne sur lui et dans sa bouche. Est-ce pour cela qu’il est mort? Ou les agents sont-ils coupables d’avoir usé d’une force excessive? Une instruction pénale a été ouverte contre six policiers lausannois pour homicide par négligence. Selon l’avocat de la famille de Mike, les premiers rapports médicaux témoignent en tout cas de blessures importantes et pointent une responsabilité lourde des agents.

Multiplication des cas?

Ce n’est pas la première fois que des policiers vaudois font face à la double accusation de racisme et d’usage excessif de la force (lire l’encadré). En deux ans, les cas médiatiques se sont succédé, au point de pousser des centaines de manifestants dans la rue. En mars, trois rassemblements ont eu lieu à Lausanne pour Mike. L’automne dernier, c’est pour Lamine Fatty qu’on défilait, un jeune migrant gambien retrouvé mort dans une cellule de la police vaudoise. Idem un an plus tôt, pour Hervé Bondembe Mandundu, un jeune d’origine congolaise abattu à Bex par un policier désormais prévenu pour meurtre. Avec le slogan «À qui le tour?» les manifestants marchaient aussi pour Claudio, un Lausannois d’origine capverdienne, victime d’un contrôle d’identité qui aurait viré au passage à tabac.

Les bavures se seraient-elles multipliées dans le canton? Difficile à dire. Il n’existe aucune source pour connaître le nombre de plaintes déposées contre des policiers, ni auprès du Ministère public ni auprès de l’Ordre judiciaire vaudois. Les statistiques fédérales montrent, en revanche, qu’entre 2000 et 2016, la justice vaudoise a prononcé 30 condamnations pour abus d’autorité, un délit qui peut concerner les policiers mais aussi tout autre fonctionnaire ou membre d’une autorité. C’est autant qu’à Zurich (30) mais moins qu’à Genève (40), les deux autres cantons qui se distinguent en la matière. À mots couverts, des policiers lausannois ne cachent pas qu’il existe un malaise, mais aucun n’est prêt à en dire plus, qu’ils soient encore en service ou qu’ils aient rendu leur tablier. Quant à la police municipale, elle a refusé de répondre à nos sollicitations. Sans donner de chiffres, le dernier rapport de sa commission de déontologie indique toutefois que le nombre de procédures pénales dirigées contre des policiers n’a cessé de diminuer entre 2009 et 2016. Les doléances diverses du public sont, en revanche, restées stables.

Colère des migrants

L’instruction ouverte contre les six policiers n’en rappelle pas moins des souvenirs peu reluisants pour le corps lausannois. En 2012, la justice avait donné raison à un jeune d’origine érythréenne, sprayé au poivre et abandonné à Sauvabelin par des agents municipaux six ans plus tôt. En 2010, un autre agent avait largué un suspect, encore une fois d’origine étrangère et encore une fois dans le bois lausannois, de nuit et en plein hiver.

Aujourd’hui, la police de Lausanne cristallise de nouveau les tensions. Mike vivait à la Blécherette, dans le sous-sol d’un immeuble occupé par une centaine de migrants africains, pour beaucoup illégaux. Dans cette communauté, plus connue sous le nom de Collectif Jean Dutoit, les esprits sont chauffés à blanc et les témoignages d’abus policiers ne manquent pas, allant du profilage racial au passage à tabac. John*, qui a connu Mike, ne nie pas qu’il ait pu toucher au deal: «Mais s’il a été contrôlé avec de la drogue sur lui, il y a une peine pour cela. Pas la peine de mort!» Pour lui, la police est coupable, et rien n’empêche d’autres dérapages de se produire. «L’un d’entre nous peut sortir un jour et ne jamais revenir. On ne va pas supporter ça longtemps!»

John pointe surtout les contrôles d’identité à répétition et sans justification. «Les policiers peuvent nous fouiller et nous demander de nous déshabiller dans la rue. Il n’y a pas de respect. Si vous leur dites que c’est dégradant, ils vous répondent de la fermer.» En novembre dernier, le Collectif Jean Dutoit a diffusé sur Internet un rapport dénonçant le racisme des forces de l’ordre et au moins trois cas de violences commises à Lausanne, dont un tabassage qui se serait produit à l’Hôtel de police. Pour le Ministère public, ces cas, tels qu’ils sont présentés, ne permettent pas d’ouvrir une enquête.

John, lui, n’a jamais subi de violences, et il n’est pas le seul à l’admettre. Mais d’autres récits sont plus crus. Peter*, un autre résident de l’immeuble, affirme ainsi avoir été agressé à plusieurs reprises par le même agent lausannois. Comme John et les autres membres du collectif qui se disent victimes d’abus, Peter témoigne anonymement, et il n’a déposé aucune plainte. «Comment voulez-vous que je fasse confiance à la police?» lance-t-il.

Analyste des pratiques policières, Frédéric Maillard se montre à la fois prudent et critique concernant le canton de Vaud: «Les enquêtes sont en cours et nous ne disposons que de peu d’informations, mais je constate une succession de cas graves.» Il relève que les affaires médiatiques de ces deux dernières années concernent des corps distincts: «Le lien, c’est que toutes ces polices sont formées au même endroit. On ne peut pas parler simplement de relation de cause à effet, mais cela suscite l’inquiétude.»

L’expert a déjà plusieurs fois alerté sur le cursus jugé trop militarisé de l’Académie de police de Savatan, qui forme entre autres les policiers vaudois. Des critiques se sont d’ailleurs élevées tout récemment à Genève contre l’institution. Yannick Lema, un trentenaire lausannois qui milite sur le thème du profilage racial, a participé à deux formations internes données à des policiers lausannois après le décès d’Hervé Mandundu. «Les jeunes issus de Savatan, avec moins d’un an sur le terrain, ont été beaucoup moins réceptifs que les anciens, se souvient-il. Plusieurs nous reprochaient d’avoir terni l’image de la police en manifestant.»

Sur le terrain, Frédéric Maillard observe une dégradation des pratiques policières en Suisse romande: «Depuis 2015, il y a une recrudescence d’attitudes blessantes et d’une certaine fébrilité dans l’action de la police. Cela se traduit surtout par des violences verbales, parfois physiques.» Selon lui, cette détérioration relationnelle concerne aussi la police de Lausanne, notamment pour ce qui est des cas de délit de faciès: «De toutes les polices vaudoises, c’est la plus confrontée à ce type de discriminations. Les comportements inadmissibles des policiers concernés sont encore par trop banalisés par les pairs.»

Plaintes difficiles

Comment expliquer que les plaintes soient en baisse alors que la tension semble monter? Saisir la justice lorsque la police dérape ne fait pas peur qu’aux migrants sans papiers. D’autres personnes qui se disent victimes d’abus y renoncent. «Le fait de se plaindre d’un traitement policier entraîne manifestement une stratégie d’attaque de la part de la police», affirme Me Aline Bonard. Avocate à Lausanne, elle a déjà représenté six hommes qui ont porté plainte contre des policiers. Parmi eux, cinq étaient d’origine étrangère, dont trois d’origine africaine. Le dernier en date est le Lausannois d’origine capverdienne pris pour un dealer et molesté par la police municipale en 2016. «Chacun de mes clients s’est retrouvé lui-même inquiété pour violences et menaces contre les autorités et les fonctionnaires», appuie-t-elle.

«Le gros problème est celui des preuves permettant d’établir les faits, ajoute la femme de loi. À moins qu’il n’y ait des images de vidéosurveillance ou des témoins ayant prêté attention à l’entier de la scène, c’est la parole des uns contre celle des autres: le doute doit profiter à l’accusé, et il peut être difficile ne serait-ce que d’arriver à ce doute. Au moment des faits, les policiers sont rarement seuls, contrairement au plaignant, et leurs versions des événements sont souvent concordantes.»

Avocat de la famille du jeune tué à Bex en 2016, Me Ludovic Tirelli témoigne, lui aussi, de la complexité des affaires où la police est accusée: «D’abord, le policier est lui-même un «professionnel» du crime. Dans une procédure qui le vise, il est en terrain connu et sait ce qu’il doit faire et ne pas dire. Ensuite, en raison de leur fonction protectrice, les policiers bénéficient a priori d’une plus grande empathie, alors que la victime aura forcément quelque chose à se reprocher aux yeux du public et des procureurs. Finalement, pour qu’un policier usant de la force dans le cadre de ses fonctions soit condamné, tout l’enjeu d’un point de vue juridique est d’établir qu’il a agi de manière disproportionnée.»

Le procureur général du Canton de Vaud bat en brèche les critiques qui pourraient viser la justice: «Le Ministère public mène ses enquêtes en toute indépendance. Toutes les plaintes et dénonciations sont portées à sa connaissance. Les règles sur l’établissement des faits, la recherche des preuves, la présomption d’innocence sont appliquées dans toutes les affaires. En particulier, le policier ne bénéficie pas d’une présomption de véracité alors que la personne de couleur serait présumée mentir, ni inversement.»

Frédéric Maillard épingle, quant à lui, l’esprit de corps et son impact sur le traitement des plaintes: «C’est la police qui établit les faits. Nombre de rapports que j’ai vus dans ma pratique sont montés de manière à couvrir les collègues. Ensuite, le procureur doit faire avec ce qu’il a entre les mains.» Me Aline Bonard y voit, elle aussi, un enjeu important: «Le problème ne se situe pas vraiment au niveau de la justice et du Ministère public. Il faut que les cas leur parviennent et que les faits puissent être établis. Selon moi, il se situe plutôt au niveau de la culture d’entreprise qui règne au sein de la police ainsi que de la formation des policiers.»

La police municipale de Lausanne répète qu’elle ne peut s’exprimer sur des affaires qui sont entre les mains de la justice. Elle se montre néanmoins tout aussi silencieuse face aux critiques qui se multiplient à son encontre. Celles-ci vont pourtant bien au-delà de la mort de Mike, le 1er mars dernier.

* Prénom d’emprunt

Les affaires qui ont créé la colère

Dans la soirée du 28 février dernier, Mike Ben Peter, un Nigérian de 40 ans, a été contrôlé par un agent municipal de Lausanne. Selon la police, face à son refus de coopérer, des renforts ont été appelés pour l’interpeller par la force. Il est mort le lendemain au CHUV. Une instruction pénale a été ouverte contre six policiers pour homicide par négligence. Selon la police, de la cocaïne a été retrouvée dans la bouche de Mike. L’enquête est en cours, les résultats de son autopsie ne sont pas encore connus.

Lamine Fatty, un Gambien de 23 ans a été retrouvé mort dans une cellule de la gendarmerie vaudoise le 24 octobre 2017. Il avait été interpellé deux jours plus tôt par les gardes-frontières à la gare de Lausanne. Il s’agissait d’une méprise qui n’a été révélée qu’après son décès. Le jeune homme souffrait d’épilepsie et pourrait ne pas avoir eu accès à ses médicaments durant sa détention. L’autopsie n’a pas permis d’éclairer les causes de sa mort, mais a exclu l’intervention d’un tiers.

Hervé Mandundu, 27 ans, d’origine congolaise, a été atteint de deux balles, dont une mortelle, par un policier municipal à Bex le 6 novembre 2016. Ce soir-là, cinq agents sont intervenus pour une querelle de voisinage impliquant le jeune homme, installé en Suisse depuis son enfance. Il se serait précipité sur eux avec un couteau. Une instruction a été ouverte pour meurtre contre le policier auteur des tirs. Pour l’avocat de la famille, Me Tirelli, sa version des faits n’est pas corroborée par les résultats de l’autopsie. Une expertise portant sur la trajectoire des balles est en cours.

Claudio, un jeune Lausannois d’origine capverdienne, a été contrôlé par la police le 28 octobre 2016 alors qu’il faisait son jogging près de la place du Tunnel à Lausanne. Pris à tort pour un dealer, il affirme avoir subi une interpellation violente et a déposé une plainte. Selon son avocate, Me Aline Bonard, le Ministère public a requis le classement de l’affaire.

Délit de faciès sous la loupe

Depuis 2008, la police de Lausanne est dotée d’un comité d’éthique, composé en partie de membres extérieurs à la police, qui lui adresse des avis consultatifs. Difficile d’y voir une coïncidence, depuis l’an dernier, il s’intéresse à la question des contrôles d’identité et du profilage racial. «Pour moi, c’était le thème le plus urgent. C’était le bon moment de l’aborder», explique Guido Palazzo, professeur à l’UNIL, qui préside cet organe. Le comité d’éthique avait déjà émis un premier rapport sur la question en 2010, qui conclut entre autres que la «recherche ciblée» de personnes est acceptable, voire nécessaire dans certaines situations. Par exemple, quand «la plupart des personnes pratiquant un commerce illégal appartiennent au même sexe, à la même tranche d’âge, à la même origine ou fréquentent les mêmes lieux». À Lausanne, le deal de rue est ainsi connu pour être largement aux mains d’Africains. Le comité recommandait toutefois, entre autres, de faire en sorte «que les personnes interpellées comprennent le mieux possible que les contrôles effectués ne sont pas arbitraires».

Pour Guido Palazzo, les recommandations de 2010 sont trop théoriques. S’il n’en dit pas plus sur les travaux en cours au sein du comité, il annonce pour cet été un nouveau rapport et des propositions concrètes à destination de la police, mais aussi des autorités communales et cantonales, des milieux associatifs et du public.
(https://www.24heures.ch/vaud-regions/soupcons-bavures-s-accumulent-police/story/21938673)

+++POLIZEI ZH
«Bodycams können nur ein Puzzlestück sein»
Machen Körperkameras die Polizeiarbeit sicherer? Max Hofmann vom Verband Schweizerischer Polizei-Beamter (VSPB) dämpft die Erwartungen. Um gegen den Autoritätsverlust der Staatsvertreter anzukämpfen, müsse man anderswo ansetzen.
https://www.nzz.ch/zuerich/bodycams-koennen-nur-ein-puzzlestueck-sein-ld.1377322

Polizei setzt gegen den Trend auf Kameras
Zürichs Polizeivorsteher Richard Wolff will seine Leute definitiv mit Bodycams ausrüsten. Das wirke deeskalierend. Eine grosse Studie aus den USA stellt dies gerade in Frage.
https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/bodycams-bringen-wenig/story/31564634
-> https://www.stadt-zuerich.ch/pd/de/index/das_departement/medien/medienmitteilung/2018/april/180413a.html
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=c2054484-9d35-413f-bf22-cfab71fcb92c
-> http://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/Bodycams-21901609
-> https://www.srf.ch/news/regional/zuerich-schaffhausen/nach-testphase-zuercher-polizeivorsteher-will-bodycams-definitiv-einfuehren
-> https://www.nzz.ch/zuerich/zuercher-stadtpolizisten-sollen-kuenftig-koerperkameras-tragen-ld.1377038
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/polizeiarbeit-zuercher-stadtpolizisten-sollen-mit-bodycams-in-den-einsatz-id8247696.html
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/deeskalierende-wirkung-zuercher-stadtpolizisten-sollen-mit-bodycams-in-den-einsatz-132432862
-> https://www.zsz.ch/ueberregional/stadtpolizisten-sollen-mit-bodycams-in-den-einsatz/story/29220853
-> https://www.landbote.ch/ueberregional/stadtpolizisten-sollen-mit-bodycams-in-den-einsatz/story/29220853
-> http://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/zuercher-stadtpolizisten-sollen-mit-bodycams-in-den-einsatz-0086250/
-> https://www.nau.ch/news/bodycams-verhindern-50-ubergriffe-gegen-zurcher-stadtpolizisten-65322458
-> http://www.toponline.ch/tele-top/sendungen/top-news/news/heute-auf-tele-top-0086259/
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=11203b49-51f3-4ee9-afc8-adff724a1503
-> https://www.telezueri.ch/62-show-zuerinews#mit-bodycams-uebergriffe-an-beamten-verhindern
-> 10vor10: https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=d7f38d61-d085-473f-b600-961ce80061c0

+++POLICE CH
Pierre Maudet ist neuer KKJPD-Präsident
Der Genfer Sicherheitsdirektor wird Nachfolger von Hans-Jürg Käser
Die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und –direktoren (KKJPD) hat in der heutigen Frühjahrsversammlung den Genfer Sicherheitsdirektor Pierre Maudet zum Nachfolger des zurückgetretenen Berner Regierungsrats Hans-Jürg Käser gewählt, der das Amt in den letzten sechs Jahren ausgeübt hat.
https://www.kkjpd.ch/newsreader/pierre-maudet-wird-neuer-praesident-der-kkjpd.html
-> Medienmitteilung: https://www.kkjpd.ch/newsreader/pierre-maudet-wird-neuer-praesident-der-kkjpd.html?file=files/Dokumente/News/180412%20Medienmitteilung%20KKJPD.pdf
-> http://www.neo1.ch/news/news/newsansicht/datum/2018/04/13/hans-juerg-kaeser-als-praesident-der-kkjpd-abgeloest.html
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/nachfolge-fuer-kaeser-maudet-wird-oberster-sicherheitsdirektor
-> https://www.blick.ch/news/politik/genfer-folgt-auf-berner-pierre-maudet-ist-oberster-justizdirektor-id8246813.html

Baschi Dürr ist neues Vorstandsmitglied der KKJPD
Die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) hat anlässlich ihrer gestrigen Frühjahrsversammlung den Justiz- und Sicherheitsdirektor des Kantons Basel-Stadt Baschi Dürr als neues Mitglied des Vorstands der KKJPD gewählt. Er nimmt den Sitz des als Präsident und Vorstandsmitglied der KKJPD zurückgetretenen Berner Regierungsrat Hans-Jürg Käser ein.
https://www.kkjpd.ch/newsreader/baschi-duerr-ist-neues-vorstandsmitglied-der-kkjpd.html

+++ANTIFA
Veranstalter wirft rechtsextremen MMA-Fighter aus Zürcher Turnier
Rassisten fliegen aus dem Ring: Der Muotathaler Beizer und Kampfsportler Nick B. ist bekannt aus «SRF bi de Lüt». Jetzt holt ihn seine braune Vergangenheit ein.
https://www.watson.ch/Schweiz/Sport/960975725-Veranstalter-wirft-rechtsextremen-MMA-Fighter-aus-Zuercher-Turnier

Von Schuld und dunklen Mächten
Roger Schawinski über Verschwörungstheorien, Antisemitismus und Debatten rund um Fake News.
https://www.tachles.ch/artikel/schweiz/von-schuld-und-dunklen-maechten

+++ANTIRA
Stadt für alle!
Analysen und Aneignungen
Rassistische Polizeikontrollen, Ausschlüsse beim sozialen Wohnbau, Bettelverbote. In Städten wird ständig verhandelt, wer dazu gehört und wer nicht, wer Zugang zu Ressourcen hat und wer nicht. Dieser Sammelband liefert sowohl theoretische Überlegungen, wie auch konkrete Erfahrungen und Interventionen zum Thema gesellschaftliche Teilhabe sowie Ein- und Ausschlüsse in Städten. Wissenschafter_innen und Aktivist_innen aus antirassistischen und queer_feministischen Zusammenhängen analysieren Grenzpraktiken an verschiedenen Orten des täglichen Lebens (Wohnen, Lohnarbeit, öffentlicher Raum, …). Sie skizzieren aber auch, wie diese verändert und destabilisiert werden können, um an einer Stadt für Alle (weiter) zu bauen.
Mit Beiträgen von Katharina Morawek, Allianz gegen Racial Profiling, maiz (autonomes zentrum von und für migrantinnen), Prosa (Projekt Schule für Alle) und vielen mehr.
https://www.mandelbaum.at/buch.php?id=837

Rassismusvorfälle dokumentiert
Wie der aktuell erschienene Bericht des Beratungsnetzes für Rassismusopfer für das Jahr 2017 aufzeigt, findet ein bedeutender Teil der gemeldeten Fälle rassistischer Diskriminierung am Arbeitsplatz und im Bildungsbereich statt. Die am häufigsten vorkommenden Formen von Diskriminierung waren Benachteiligungen, Beschimpfungen und herabwürdigende Behandlungen. Das häufigste Tatmotiv war die Ausländerfeindlichkeit, gefolgt vom Rassismus gegen Schwarze. Die Beratungsfälle zu Muslimfeindlichkeit und Feindlichkeit gegen Menschen aus dem arabischen Raum nahmen wie im Vorjahr leicht zu.
https://www.tachles.ch/artikel/schweiz/rassismusvorfaelle-dokumentiert

Wochenende im Hotel Paradies
Vor Kurzem trafen sich junge jüdische Erwachsene im Hotel Paradies in Arosa. Sie diskutierten das Projekt Likrat Public und feierten gemeinsam mit Ruth Thomann, der Verwalterin des Hauses, Schabbat. Der Ort des Seminars ist bewusst ausgesucht worden. Ruth Thomann hatte im Sommer ein Plakat aufgehängt, das die jüdischen Gäste zum Duschen vor dem Schwimmen im Pool aufforderte (tachles berichtete). Ein Bild des Plakats ging um die Welt. Ruth Thomann erhielt zahlreiche Hassmails und Telefonanrufe, die Buchungsplattform booking.com sperrte das Hotel Paradies auf ihrer Website. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund und die Swiss Union of Jewish Students organisierten daher nun einen Anlass in Arosa.
https://www.tachles.ch/artikel/schweiz/wochenende-im-hotel-paradies

Ist das Wort «Zigeuner-Schnitzel» rassistisch?
Die Juso wollen den Begriff «Zigeunerschnitzel» verbannen. Einige Fahrende bezeichnen sich aber selbst so. Nun tobt die Debatte um das korrekte Wort.
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/daswortzigeuner-13239387