Medienspiegel 12. April 2018

+++AARGAU
Eritreer in Flüchtlingsunterkunft mit Messer getötet – verdächtiger Landsmann verhaftet
In einem Mehrfamilienhaus in Gipf-Oberfrick ist am Mittwochabend die Leiche eines Eritreers aufgefunden worden. Der Mann war im Zuge eines Streites von einem im selben Haus wohnenden Landsmann niedergestochen worden.
https://www.aargauerzeitung.ch/blaulicht/eritreer-in-fluechtlingsunterkunft-mit-messer-getoetet-verdaechtiger-landsmann-verhaftet-132427783
-> https://www.srf.ch/news/regional/aargau-solothurn/kriminalfall-im-aargau-toter-mann-in-keller-gefunden
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/mittelland/toetungsdelikt-in-gipf-oberfrick-ag-mann-stirbt-in-aargauer-asylunterkunft-id8241115.html
-> https://www.derbund.ch/panorama/vermischtes/leiche-in-asylunterkunft-gefunden/story/29743146
-> https://www.telem1.ch/35-show-aktuell/23127-episode-donnerstag-12-april-2018/56060-segment-mordfall-in-gipf-oberfrick-46-jaehriger-eritreer-erstochen#mordfall-in-gipf-oberfrick-46-jaehriger-eritreer-erstochen
-> https://www.telezueri.ch/62-show-zuerinews#eritreer-in-asylunterkunft-erstochen
-> https://www.aargauerzeitung.ch/blaulicht/bestuerzung-nach-messerstecherei-schlimm-dass-sich-so-eine-schreckliche-tat-bei-uns-ereignet-hat-132430253

+++AUSSERRHODEN
Durchgangszentrum „Sonneblick“: Baudepartement heisst den Rekurs gut
WALZENHAUSEN ⋅ Die Gemeinde Walzenhausen muss das Gesuch für die Zweckänderung des ehemaligen Ferienheims „Sonneblick Walzenhausen“ in ein Asyl-Durchgangszentrum erneut prüfen. Das Baudepartement des Kantons Appenzell Ausserrhoden hat den Rekurs gegen die verweigerte Baubewilligung gutgeheissen.
http://www.tagblatt.ch/ostschweiz/appenzellerland/durchgangszentrum-sonneblick-baudepartement-heisst-den-rekurs-gut;art120091,5264978
-> http://www.tvo-online.ch/mediasicht/60661

+++SCHAFFHAUSEN
Heisse Flüchtlings-Romanze mit Folgen: Ex-Lover von Lügen-Betreuerin Tanja S. verurteilt
Die Sex-Affäre zwischen der Schaffhauser Lügen-Betreuerin Tanja S.* und dem Flüchtling Monir Khan sorgte für Schlagzeilen. Jetzt wurde der Afghane wegen Nötigung und Tätlichkeit verurteilt.
https://www.blick.ch/news/schweiz/zuerich/heisse-fluechtlings-romanze-mit-folgen-ex-lover-von-luegen-betreuerin-tanja-s-verurteilt-id8242753.html

+++SCHWEIZ
Sans-Papiers: Überprüfung der Thematik anstatt voreilige Gesetzesanpassungen
Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates ist der Ansicht, dass die komplexe Problematik der Sans-Papiers zunächst gründlich geprüft werden soll, bevor Gesetzesanpassungen vorgenommen werden. Sie lehnt deshalb eine entsprechende Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) ab und reicht ein Postulat ein.
https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-spk-n-2018-04-12.aspx?lang=1031

Kommission sagt Ja zu SVP-Initiative: Flüchtlinge sollen nicht mehr in die Heimat reisen dürfen
(Bern) Flüchtlinge sollen nicht in ihr Herkunftsland zurückreisen dürfen. Das verlangt die Staatspolitische Kommission des Nationalrates und befürwortet eine parlamentarische Initiative von Gregor Rutz (SVP/ZH) mit diesem Ziel. Der Bundesrat hat bereits ein härteres Durchgreifen in Aussicht gestellt.
https://www.blick.ch/news/politik/kommission-sagt-ja-zu-svp-initiative-fluechtlinge-sollen-nicht-mehr-in-die-heimat-reisen-duerfen-id8244854.html
-> https://www.watson.ch/Schweiz/Migration/997240790-Kommission-macht-Druck-bei-Heimatreisen-von-Fluechtlingen
-> https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-spk-n-2018-04-12.aspx?lang=1031

+++DEUTSCHLAND
Flucht aus Deutschland: Syrer gehen in die Türkei
Syrische Flüchtlinge, die mit einem gültigen Aufenthaltsstatus in Deutschland leben, verlassen offenbar zunehmend die Bundesrepublik. Viele reisen illegal in die Türkei. Das haben gemeinsame Recherchen von Panorama und von STRG_F, dem investigativen Reporterformat von funk, ergeben. Als Grund nennen viele Syrer die erschwerte Familienzusammenführung. Da die Flüchtlinge kein Visum für die Ausreise in die Türkei erhalten, reisen sie auf zum Teil riskanten Routen dorthin, oftmals mit Hilfe von Schleusern.
https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2018/Flucht-aus-Deutschland-Syrer-gehen-zurueck,umgekehrteflucht100.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1085151.asylsuchende-aus-syrien-fluechtlinge-verlassen-deutschland-wegen-ausgesetztem-familiennachzug.html

Flucht zurück: Warum Syrer Deutschland verlassen Teil 1 | STRG_F
Tausende syrische Flüchtlinge wollen weg aus Deutschland. Weil sie ihre Familien nicht nachholen können oder weil sie keine Perspektive sehen. Viele von ihnen wollen in die Türkei. Denn dort hoffen sie schneller arbeiten zu können und ihre Familien zu treffen. Das Problem: Die Ausreise ist nicht erlaubt. Für die Türkei brauchen sie ein Visum, und das bekommen sie meistens nicht. Also müssen sie noch einmal ihr Leben riskieren und zurück flüchten.STRG_F Reporter Alena und Nino haben die Flucht zurück begleitet. Und kamen dabei selbst an ihre Grenzen. Eine Reportage in zwei Teilen. Am 17.04 gibt´s den zweiten Teil…
https://www.youtube.com/watch?v=cfFUJ_jkdoc

Flüchtlinge: Gefangen in Europa
Hassan ist enttäuscht von Deutschland. Seine Familie darf nicht nachkommen. Nun geht der Syrer zurück – über die gleichen gefährlichen Routen, über die er einst kam.
http://www.zeit.de/gesellschaft/2018-04/fluechtlinge-syrien-deutschland-tuerkei-rueckkehr/komplettansicht

+++BALKANROUTE
Iranische Flüchtlinge verloren in Belgrad
Visumsfrei können Iraner als Touristen nach Serbien reisen. Über die Balkan-Route hoffen viele nach Nordeuropa zu gelangen. Für tausende Iraner endet dieser Traum in einem Flüchtlingskamp.
http://www.dw.com/de/iranische-fl%C3%BCchtlinge-verloren-in-belgrad/a-43346112?maca=de-RSS_deu_Feedly_News-10729-xml-mrss

+++EUROPA
Deal mit Libyen: Für Flüchtlinge die Hölle – für die EU ein Partner
In Libyen werden Flüchtlinge misshandelt, gefoltert, hingerichtet. Trotzdem will die EU nach SPIEGEL-Informationen in der Migrationspolitik enger mit dem Land zusammenarbeiten. Helfer äußern sich besorgt.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/libyen-die-hoelle-fuer-fluechtlinge-ein-partner-fuer-die-eu-a-1202364.html

Neuer UNHCR-Bericht zu Fluchtbewegungen nach Europa
Die Zahl der Flüchtlinge und MigrantInnen, die 2017 nach Europa kamen, ist gesunken, gleichzeitig haben sich aber die Gefahren auf Flucht- und Reiserouten teilweise erhöht. Der neue UNHCR-Report „Desperate Journeys“ zeigt auch eine Veränderung bei den Routen auf.
http://www.unhcr.org/dach/de/21955-neuer-unhcr-bericht-zu-fluechtlingsbewegungen-richtung-europa.html

Familienzusammenführung: EuGH stärkt Recht junger Flüchtlinge auf Familiennachzug
Auch wenn sie beim Asylverfahren volljährig werden, behalten junge Flüchtlinge ihr Recht auf Familiennachzug. Das liegt laut EuGH nicht im Ermessen der EU-Staaten.
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-04/familienzusammenfuehrung-fluechtlinge-minderjaehrige-eugh-urteil
-> http://taz.de/EuGH-zu-minderjaehrigen-Fluechtlingen/!5495702/

+++FREIRÄUME
Wieder kein Lunapark auf der Schütz
Auch diesen Frühling findet auf der Schützenmatte keine Chilbi statt. Die Stadt Bern spricht von mangelndem Interesse der Standbetreiber. Diese wiederum verweisen auf die bekannten Sicherheitsprobleme.
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/wieder-kein-lunapark-auf-der-schuetz/story/15315970

«Wir sind der Testfall»
Die Truppe des Jugendclubs Tankere erhebt die Stimme. Nach vier Jahren freiwilligen Engagements scheint ihr Projekt weiterhin auf lange Sicht blockiert.
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/wir-sind-der-testfall/story/11142282
-> https://stadtgespraech.derbund.ch/2018/04/11/wo-sind-die-freiraeume-fuer-die-berner-jugend/
-> https://www.derbund.ch/bern/stadt/tankerejugendliche-enttaeuscht-ueber-zahlreiche-einsprachen/story/29093864

Keine Wagabunten im Bleichenberg: Wagenburg wäre laut Kanton nicht zonenkonform
Der Kanton lehnt das Baugesuch der Wagabunten ab, sich vorübergehend auf dem Gelände eines Bauernhofes im Bleichenberg niederzulassen. Die Einsprecher bekommen recht.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/lebern-bucheggberg-wasseramt/keine-wagabunten-im-bleichenberg-wagenburg-waere-laut-kanton-nicht-zonenkonform-132425900

Villa Auf Musegg 1 weiterhin in Beschlag: Luzerner Hausbesetzer ignorieren Ultimatum – Stadt vertagt Entscheid
Die Hausbesetzer der Gruppe «Pulpa» auf der Musegg 1 bleiben. Das Ultimatum, das Haus freiwillig zu räumen, haben sie nicht genutzt. Die Hausbesetzer ziehen nun Experten heran. Doch die Debatte ist entfacht, besonders unter den Jungparteien. Bei der Stadt will man sich offenbar Zeit lassen – ferienbedingt.
https://www.zentralplus.ch/de/news/gesellschaft/5565859/Luzerner-Hausbesetzer-ignorieren-Ultimatum-%E2%80%93%C2%A0Stadt-vertagt-Entscheid.htm
-> http://www.luzernerzeitung.ch/nachrichten/zentralschweiz/luzern/hausbesetzung-musegg-aktivisten-bleiben-trotz-aufforderung-zur-raeumung;art92,1232750
-> https://www.nau.ch/news/luzerner-hausbesetzer-durfen-vorerst-bleiben-65322242
-> http://www.20min.ch/schweiz/zentralschweiz/story/Besetzer-wollen-weiter-in-der-Villa-bleiben-28499300
-> https://www.nau.ch/news/burgerliche-sauer-wegen-hausbesetzer-65322500
-> http://www.luzernerzeitung.ch/nachrichten/zentralschweiz/luzern/fatal-fuer-die-glaubwuerdigkeit;art9647,1232950
-> https://luzern.juso.ch/2018/04/12/juso-fordert-kompromissbereitschaft-von-stadtrat/
-> https://www.facebook.com/gundula101/
-> https://pulpao.noblogs.org/
-> https://www.youtube.com/watch?v=ofcY9TTuwgo
-> https://www.stadtluzern.ch/aktuelles/news/500807

+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Medienmitteilung Alternative Linke Bern 12.04.2018
POLIZEIEINSATZ GEGEN AFRIN-DEMO VOM 7.4.: AL GEGEN POLIZEIKESSEL UND DIFFAMIERUNGSKAMPAGNE + FÜR SPARMASSNAHMEN BEI DER POLIZEI

Die Alternative Linke Bern (AL) ist empört über den unverhältnismässigen Polizeieinsatz gegen die Afrin-Soli-Demonstration vom 7. April 2018 und die drauffolgenden diffamierenden Medienstatements der Polizeiverantwortlichen.
Das Ganze zeigt einmal mehr: Bei der Kantonspolizei gibt es ein grosses Sparpotential.

– Unwahrheiten und ein verbal übergriffiger Sicherheitsdirektor –

Für grosses Unverständnis sorgen bei der AL einige unwahren Aussagen der Polizeieinsatzleitung und die bizarren Aussagen des ferienabwesenden Sicherheitsdirektors Reto Nause in den Medien.

Polizeisprecher Christoph Gnägi behauptete gegenüber der Berner Zeitung, die Gummigeschosse gegen die Demospitze seien nicht auf Augenhöhe abgefeuert worden. Auf dem Video, das gestern von Juso und 20min.ch publiziert wurde, ist deutlich zu sehen, dass mehrere Polizisten aus geringer Entfernung auf die Köpfe der Demonstrant_innen zielen und schiessen, bevor sie mit der Einkesselung beginnen. Es kann weder von Notwehr, noch sonst einer unübersichtlichen Situation gesprochen werden, welche aus Sicht der Polizei ein solches Eingreifen rechtfertigen könnte. Wie auf den Bildern zu sehen ist, wird der vorgeschriebene Mindestabstand von 20 Meter beim Einsatz von Gummigeschossen deutlich unterschritten. Mit solchen Schüssen nehmen die Polizisten fahrlässig schwere Körperverletzungen in Kauf.
(http://www.20min.ch/schweiz/bern/story/-Die-Polizei-schoss-mit-Kanonen-auf-Spatzen–10321140)

Einmal mehr wurde auch Sicherheitsdirektor Reto Nause verbal übergriffig und zeigte mit seinen diffamierenden Statements aus seinem Feriendomizil wes Geistes Kind er ist. Seine skandalösen Behauptungen, „die ganze gewaltextremistische linke Szene“ sei an der Demo gewesen, die Teilnehmenden seien „nicht mit friedlichen Absichten“ gekommen, die Solidarität mit Afrin sei nur ein Vorwand oder gar die wahnwitzige Aussage, es sei nur darum gegangen „die Behörden zu attackieren“ (Telebärn 8.4.2018) lassen tief blicken.

Dies während die Türkei und ihre dschihadistischen Verbündeten dabei sind, die Demokratische Föderation Nordsyriens zu vernichten; während die europäischen Staaten, inklusive der Schweiz, die Türkei mit Waffen beliefern und Erdogan Milliarden zahlen, damit die Flüchtlinge in der Türkei nicht weiter in den Westen reisen.

Reto Nauses Aussagen sollen offensichtlich das solidarische Engagement von Berner Aktivist_innen mit Afrin diffamieren, eine Solidarisierung mit den von Polizeiwillkür Betroffenen verhindern, diese kriminalisieren, mundtot machen und von den Fehlleistungen der Kantonspolizei ablenken. Wer so mit Teilen der Bevölkerung umgeht, sollte vielleicht besser seine Amtstauglichkeit selbstkritisch hinterfragen.

– Missbrauch von öffentlichen Geldern? –

Nauses Aussagen und das fragwürdige Vorgehen der Kantonspolizei am 7.4. stehen nicht alleine da. Schon in den Monaten und Jahren zuvor sorgten öffentlichkeitswirksame Showeinlagen der Kantonspolizei für Schlagzeilen. Meist gegen Linksaussen-Demos, die im Vorfeld u.a. von Reto Nause gerne und regelmässig zur nahenden Apokalypse heraufbeschworen wurden. So zum Beispiel im Oktober 2017 als zur Verhinderung einer harmlosen Antifa-Demo von Jungpolitaktivist_innen gleich zweimal ein Polizeigrossaufgebot die Innenstadt besetzte. Zum stolzen Preis von 1 Million. Die Durchführung der verhinderten Demo hätte wohl (selbst bei Sachschäden) höchstens 20x weniger gekostet.

Es wird schon lange vermutet, dass die Kantonspolizei und politische Polizeihardliner wie Reto Nause, Hans-Jürg Käser, Philippe Müller oder Polizeigewerkschaftskreise solche martialischen Grossaufgebote für ihre politische Agenda nutzen, um Stimmung für repressive Gesetze und Gesetzesverschärfungen zu machen. Zum Beispiel für das neue kantonale Polizeigesetz oder die Strafverschärfungen bei Gewalt gegen Beamt_innen auf nationaler Ebene. Es wäre eigentlich höchste Zeit, die Frage zu prüfen ob es sich bei den regelmässig übertriebenen Polizeieinsätzen allenfalls um Missbrauch von öffentlichen Geldern handelt

– Zu Demo, Polizeikessel und Festhalteraum –

Obwohl es mehrere mildere und verhältnismässigere Mittel gegeben hätte (von Laufen lassen bis Druck ausüben), griff die Einsatzleitung gleich zum Vorschlaghammer und kesselte 239 Menschen mit einem gefährlichen Gummischrot-Einsatz ein, darunter auch unbeteiligte Passant_innen. Diese mussten stundenlang im Polizeikessel warten, bevor sie wie Schwerverbrecher in Handschellen abgeführt wurden, mit Kastenwagen abtransportiert, im Festhalteraum Neufeld eingesperrt und erst nach Stunden wieder freigelassen wurden

Als Vorwand für die Einkesselung und die Massenverhaftungen gab die Polizei Sprayereien auf der Demoroute an. Wieso für die Taten einiger weniger gleich 239 Demonstrant_innen büssen sollen und wieso deren Grund- und Freiheitsrechte massiv und bis zu 12 Stunden lang eingeschränkt wurden , kann die AL nicht nachvollziehen.

Auch nicht, wieso einmal mehr ein martialischer Polizeieinsatz den Öffentlichen Verkehr auf dem Bahnhofplatz beinahe ganz lahmlegte – im aktuellen Fall für etwa 5 Stunden. Der ca. 15-stündige Polizeieinsatz mit 300-400 Polizist_innen und die Blockierung des Bahnhofplatzes kosteten wohl einiges mehr als die Reinigungskosten für die Sprayereien entlang der Demoroute.

Dieses verpulverte Geld würde die Kantonspolizei besser in eine bessere Lautsprecher-Anlage für ihre Demoeinsatzfahrzeuge verwenden. Die von der Polizeieinsatzleitung in den Medien angeführten „Vorwarnungen“ und Demoauflösungsandrohungen vor dem erwähnten Polizeikessel waren nämlich für die meisten Demoteilnehmenden nicht verständlich oder gar nicht hörbar. Und somit war es für viele auch nicht möglich, den Polizeiwünschen nachzukommen. Ob unter solchen Voraussetzungen überhaupt eine Anwendung des Landfriedensbruchartikels möglich ist, ist zu bezweifeln. Dieser Gummiparagraph soll einmal mehr dazu benutzt werden, um vor allem junge politisch aktive Menschen einzuschüchtern und abzuschrecken.

Auch zu prüfen sind die Zustände im Polizeikessel, während dem Transport und im Festhalteraum Neufeld. Der Gummischrot-Einsatz auf Kopfhöhe wurde ja bereits erwähnt. Hier einige Impressionen:

Ein Betroffener, der nach Stunden im Polizeikessel einen Polizisten fragte, ob es möglich wäre, etwas Wasser zu bekommen, bekam zur Antwort „Mit wie viel Bar (aus dem Wasserwerfer) denn?“. Andere Eingekesselte wurden, nachdem Menschen vor ihnen einigermassen ruhig und „normal“ aus dem Kessel geholt wurden, gegen Ende der Einkesslung von einer Gruppe hereinstürmender Polizist_innen brutal aus dem Kessel gezerrt. Es gab auch eine Handvoll Verletzte durch mindestens einen knüppelwütigen und besonders gereizten Polizisten.

Gemäss den Angaben einiger Verhafteter, rasten die Polizeikastenwagen, die die Gefangenen abtransportierten zum Teil mit hohem Tempo, Blaulicht und halsbrecherischen  Fahrbahnwechseln durch die Länggasse. Ob dies auf Anweisung oder aus Actiongeilheit geschah ist unklar.

Einer der Festgehaltenen erzählte nach seiner Freilassung, im Innern des Festhalteraums Neufeld sei eine Notiz angebracht gewesen (mit Datum von Ende März), mit der Information für die anderen Nutzer_innen der Anlage, dass die Räumlichkeiten am 7. April für die Polizei reserviert sei. Daher stellt sich die Frage, von welchem Szenario die Polizei ausging und inwiefern Festnahmen schon im voraus als erwünscht einkalkuliert wurden.

Die Wartezeiten im Festhalteraum bis zur jeweiligen kurzminütigen Befragung dauerten jeweils stundenlang, was nicht für die Betroffenen, sondern auch für die involvierten Polizist_innen ein Tortur gewesen sein muss. Die letzten Gefangenen wurden erst gegen ca. 04.00 Uhr morgens entlassen.

Diese Aufzählung ist nur die Spitze des Eisbergs bzw. ein rudimentärer Einblick in die fragwürdigen Zustände vom letzten Samstag. Verschiedene Gruppen und Einzelpersonen sind daran, die Geschehnisse aufzuarbeiten. Die Antirep Gruppe Bern sammelt Erinnerungsprotokolle von Betroffenen (ea@immerda.ch) und bietet juristische Beratung an. Und auch die Juso ist weiterhin am Ermitteln.

– Sparen bei der Kantonspolizei –

Die AL Bern wird im Stadtrat und im Grossen Rat wie immer ausführliche kritische Fragen stellen und eine Untersuchung dieses und anderer sinnlosen und teueren Polizeieinsätze fordern. Die andauernden Grundrechtsverletzungen und die Steuergelderverschwendung unter dem Deckmantel der „Gefahrenabwehr“ müssen aufhören. Die AL Bern sieht bei der Kantonspolizei grosses Sparpotential.

Ebenso eingespart werden kann das neue kantonale Polizeigesetz. Die AL und verschiedene andere Parteien und Gruppierungen haben deshalb das Referendum gegen das Polizeigesetz ergriffen. Ab dem 18. April 2018 kann unter polizeigesetz-nein.be Referendumsbögen und Infomaterial bestellt werden.

Alternative Linke Bern

+++MENSCHENRECHTE
Todesstrafen-Bericht 2017 Zahlen und Fakten
Amnesty International erfasste im Jahr 2017 mindestens 993 Hinrichtungen in 23 Ländern. Die meisten Hinrichtungen wurden in China, im Iran, in Saudi-Arabien, im Irak und in Pakistan vollstreckt. Weltweit befinden sich mindestens 21’919 Menschen im Todestrakt. Zwei Länder – Guinea und die Mongolei – haben 2017 die Todesstrafe im Gesetz abgeschafft.
https://www.amnesty.ch/de/themen/todesstrafe/dok/2018/zahlen-und-fakten

+++BIG BROTHER
Verschlüsselte E-Mails machen dem Fedpol Sorgen – Rendez-vous
Mit wenig Aufwand können heute E-Mails von Hackern gelesen werden. Auch Strafverfolgungs-Behörden können Zugriff verlangen. Die Genfer Firma ProtonMail bietet aber verschlüsselte Mails an und speichert keine Kundendaten.
Das Bundesamt für Polizei versucht nun, ProtonMail von seinem Geschäftsmodell abzubringen.
https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=5311b1f9-7a55-4499-b53d-7c69c15d7fba
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/fedpol-auf-verbrecherjagd-anbieter-von-anonymen-mail-diensten-sorgen-fuer-aerger

Clement Guitton: Wie der Geheimdienst arbeitet
Die Schweiz hat einen obersten Staatsschützer: Der Bundesrat hat gestern den Waadtländer Jean-Philippe Gaudin zum Nachrichtendienstchef gewählt. Welche Herausforderungen der Neue anpacken muss, erklärt der Geheimdienstexperte Clement Guitton im Tagesgespräch bei Marc Lehmann.
https://www.srf.ch/sendungen/tagesgespraech/clement-guitton-wie-der-geheimdienst-arbeitet

derbund.ch 12.04.2018

Die Abhörmethoden der Berner Drogenfahnder

Die Berner Staatsanwaltschaft informierte in den letzten Wochen zweimal über Echtzeit-Telefonüberwachungen. Beide Meldungen stehen im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen albanische Heroinbanden.

Quentin Schlapbach

Die Frau, die am 5. Januar 2017 auf offener Strasse angehalten wurde, war geständig. Sie er­zählte der Polizei alles, was sie wusste: mit wem sie Kontakt hatte, wo die Treffen stattfanden, wie viel Heroin sie pro Botengang vertickte. 25 Gramm, zwei bis dreimal pro Woche. Die Bestellungen gab sie jeweils per SMS bei einem Mann auf, den sie nur mit Vornamen kannte: Florian *.

Die Polizei wurde hellhörig. Auch sie kannte Florian. Die Ermittlungen gegen ihn und seine albanische Drogenbande liefen zu diesem Zeitpunkt bereits seit zweieinhalb Jahren. Immer wieder tauchte sein Name auf, immer wieder führte die Spur aber bloss zu seinen Läufern und Hintermännern.

Nun musste alles schnell gehen. Das Telefon der Frau wurde ausgewertet, für die verdächtige Telefonnummer stellte die Polizei ein Überwachungsgesuch bei der Berner Staatsanwaltschaft. Noch am selben Tag hörten die Ermittlungsbehörden jedes Gespräch der verdächtigen Rufnummer mit. Auch der Daten­verkehr der letzten sechs Monate wurde ausgewertet. Mit wem er telefonierte, an wen er schrieb.

Aber es war alles umsonst. «Nach zehn Tagen stand (…) fest, dass es sich beim bis dahin nicht identifizierten Benutzer der Rufnummer 076 * nicht um den Heroinlieferanten Florian handeln kann, weshalb die Überwachung unverzüglich aufgehoben wurde.» So steht es in der Einstellungsverfügung.

Im Amtsblatt des Kantons Bern publizierte die Berner Staatsanwaltschaft letzte Woche unter dem Titel «Wissenslassung» zudem eine kurze Meldung. Sie informierte den un­bekannten Inhaber der Nummer, dass er überwacht wurde. Dazu ist sie gesetzlich verpflichtet.

Tausende Überwachungen

Dass die Polizei wie in diesem Fall bei der falschen Person mithört, ist selten – aber es kommt vor. Telefonüberwachungen sind bei Ermittlungen gegen den Drogenhandel nämlich keine Seltenheit.

Sie kommen zum Einsatz, wenn andere Ermittlungsmethoden nicht mehr weiterführen und schwere Delikte vorliegen. Neben dem Drogenhandel etwa auch bei Menschenhandel oder Gewaltverbrechen. In der Schweiz werden so jährlich Tausende Telefonnummern abgehört. 2016 waren es 2795 Echtzeitüberwachungen und 5756 rückwirkende Überwachungen.

Allerdings müssen diese Zahlen mit Vorsicht interpretiert werden. Eine einzelne Abhör­aktion kann gleich mehrere Gesuche nach sich ziehen, da die Bewilligungen zeitlich auf drei Monate begrenzt sind. Und: Bei grösseren Drogenfahndungen ist es üblich, dass gleich mehrere Telefonnummern abgehört werden, auch weil die Nummern von den Dealern so häufig gewechselt werden. Womit wir wieder bei den Heroinbanden sind.

Die Spur ist nur kurz heiss

Im Amtsblatt vom 21. März publizierte die Berner Staatsanwaltschaft eine weitere solche «Wissenslassung». Der grosse Unterschied: Dieser Fall liegt fünfzehn Jahre zurück.

«Dem unbekannten Benutzer der Rufnummer 079 * wird mitgeteilt, dass sein Mobiltelefon in der Zeit vom 12. Februar 2003 bis zum 13. März 2003 in Echtzeit überwacht worden ist.» Auch diese Meldung geht auf ein eingestelltes Verfahren gegen einen Heroindealer zurück, allerdings wegen Verjährung.

Hier hatte die Berner Polizei tatsächlich den richtigen Mann auf dem Radar, wie die Einstellungsverfügung zeigt. Aber der gesuchte «gebrochen Italienisch sprechende Albaner» ging den Behörden nicht in die Maschen. Stattdessen vier seiner Hilfs­männer, die dank der Abhör­aktion verhaftet wurden.

Die betroffene Mobilnummer gehört heute einer anderen Person. Wenn eine Nummer fünf Jahre nicht mehr in Betrieb ist, wird sie neu vergeben. Bei Mobilfunkanbietern wie der Swisscom, Salt oder Sunrise können die Ermittlungsbehörden die Identität der Nummerninhaber zwar jederzeit nachfragen.

Allerdings sind die Anbieter erst seit einigen Jahren gesetzlich dazu ver­pflichtet, die Identität ihrer Kunden genau abzuklären. Seit der neusten Gesetzesrevision vom März 2018 können die Mobilfunkanbieter gar gebüsst werden, wenn ihnen bei diesen Erfassungen Fehler unterlaufen.

So gibt es noch immer Tausende Schweizer Rufnummern, bei denen unklar ist, wem sie eigentlich gehören. Bemerkenswert ist, dass auch die Dealer, die vom Ausland aus ihre Geschäfte managen, in der Regel Schweizer Nummern benutzen. Sie wechseln diese Nummern aber so häufig wie andere Leute ihre Bett­wäsche.

Die Spur ist also nur für wenige Tage heiss. Danach wird die Telefonnummer nicht mehr benutzt oder weitergereicht. Und wenn das passiert, kann es sein, dass jemand zu Unrecht abgehört wird – so wie im ersten Fall.

100 Franken Schadensersatz

Hätte sich bei dieser ungerechtfertigten Überwachung per Zufall ein neuer dringender Tatverdacht ergeben, hätte dieser verwertet werden können. Allerdings sind die Hürden hier enorm hoch. Ein kleines Delikt reicht nicht.

Beim vorliegenden Fall hat der Mann deshalb Anspruch auf eine Genugtuung, da es sich bei einer Telefonüberwachung um einen «besonders schweren Eingriff in die persönliche Ver­hältnisse» handelt. 100 Franken Schadengeld gibts für die ungerechtfertigte Bespitzelung.

Hierzu müsste der betroffene Mann sich bei der Polizei aber ­zuerst melden, was unwahrscheinlich ist. Das Amtsblatt des Kantons Bern gehört wohl kaum zu dessen Lieblingslektüre.

* Angaben anonymisiert.

Albanische Banden dominieren den Schweizer Heroin-Markt

Der Kampf gegen die Dealer von harten Drogen ist für die Schweizer Behörden Sisyphusarbeit. Die kleinen Fische gehen ins Netz, die grossen Fische sind fast unmöglich zu fangen.

Kriminologen der Universität Lausanne und Experten der Organisation Sucht Schweiz ver­öffentlichten im Jahr 2017 eine Studie über den Schweizer Heroinmarkt. 100 bis 150 Millionen Franken werden jährlich mit der Droge umgesetzt. Es gibt 20 000 bis 30 000 Konsumenten, der Preis pro Gramm beträgt zwischen 20 und 40 Franken. Fast der gesamte Schweizer Markt wird von albanischen Banden kontrolliert.

Diese Banden sind kartell­mässig aufgestellt. Die Chefs organisieren das Geschäft von Albanien aus. In der Schweiz haben sie ihre Statthalter, die Transport und Lager managen. Die riskante Arbeit machen die Läufer. Sie kommen jeweils für drei Monate von Albanien in die Schweiz – für diese Zeit brauchen sie kein Visum – und erledigen Botengänge, sprich sie bringen die Heroinpäckchen an die Dealer.

Diese Dealer sind in der Regel selbst heroinsüchtig und finanzieren damit ihre Sucht. Gedealt wird nicht selten vor den staat­lichen Heroinabgabenstellen, weshalb Verhaftungen relativ einfach sind. Auch die Läufer gehen oft in die Maschen. Da aber weder Dealer noch Läufer viele Informationen über ihre Auftraggeber haben, ist es für die Behörden schwierig, an diese zu kommen.

Dennoch: Der Schweizer Heroinmarkt ist über all die Jahre verhältnismässig klein geblieben. Das ist letztlich als Erfolg zu werten.(qsc)
(https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/die-abhoermethoden-der-berner-drogenfahnder/story/20134014)

Sozialdetektive: Stümper am Werk?
Die Politik hat lange gestritten, wie weit Versicherungsspione in Zukunft gehen dürfen. Das Resultat: sehr weit. Doch was ist das eigentlich für ein Beruf, Detektiv? Wir haben nachgefragt – und wurden verblüfft. So diffizil das Metier, so einfach der Weg dahin.
https://tageswoche.ch/gesellschaft/sozialdetektive-stuemper-am-werk/

Wirrwarr um Sozialdetektive – Schweiz Aktuell
Der Kanton Zürich will bei Verdacht auf Sozialhilfemissbrauch nur Bildaufnahmen und keine GPS-Tracker erlauben. So steht es im neuen Sozialhilfegesetz, das heute präsentiert wurde. Das Zürcher Stadtparlament hatte gestern eine Verordnung beschlossen, die den Einsatz von GPS-Trackern an Autos erlaubt. Der Kanton fordert nun eine einheitliche Regelung.
https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=5069998b-3318-40bc-95ed-eda1728e2499
-> https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/enges-korsett-fuer-detektive/story/24885156
-> https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/mario-fehr-ueberholt-stadtzuercher-sp-links/story/26520230
-> https://www.telezueri.ch/62-show-zuerinews#zuercher-sozialhilfegesetz-soll-totalrevidiert-werden
-> http://www.toponline.ch/tele-top/sendungen/top-news/news/heute-auf-tele-top-0086193/
-> https://www.nzz.ch/zuerich/mario-fehr-ueberholt-den-zuercher-stadtrat-links-ld.1376916
-> https://www.nau.ch/politik-wirtschaft/sozialdetektive-im-kanton-zurich-sollen-weniger-kompetenzen-erhalten-als-auf-bundesebene-65321054
-> http://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/neues-zuercher-sozialhilfegesetz-kommt-nicht-ueberall-gut-an-0086209/
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/strengere-vorgaben-fuer-detektive-der-kanton-zuerich-plant-eine-totalrevision-des-sozialhilfegesetzes-132428581
-> http://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/kanton-zuerich-will-nicht-mehr-spielraum-fuer-sozialdetektive-0086181/

Sozialdetektive mit minimalen Auswirkungen
Das Bundesgericht hat den Einsatz von Sozialdetektiven letztes Jahr verboten. Nun zeigt sich: Ohne Detektive werden nicht weniger Betrugsfälle aufgedeckt.
https://www.telem1.ch/35-show-aktuell/23127-episode-donnerstag-12-april-2018#sozialdetektive-mit-minimalen-auswirkungen

+++KNAST
Stark veraltet – Ein seltener Blick ins Innere des Schaffhauser Gefängnisses
Ein Gefängnis-Neubau ist geplant. Die Verantwortlichen wollen aufzeigen, wieso er aus ihrer Sicht nötig ist.
https://www.srf.ch/news/regional/zuerich-schaffhausen/stark-veraltet-ein-seltener-blick-ins-innere-des-schaffhauser-gefaengnisses

Mehr Alte hinter Gittern
31 Häftlinge verbüssen im Basler Gefängnis Bostadel lebenslängliche Haftstrafen oder Verwahrung. Sie leben und arbeiten bis zum Lebensende im Gefängnis.
https://telebasel.ch/2018/04/12/mehr-alte-hinter-gittern/

Für Rentner war Gefängnis wie «Luxusferien»
700 Franken Busse zahlen wollte er nicht, deshalb zog ein 75-jähriger Thurgauer das Kantonalgefängnis Frauenfeld vor. Die sieben Tage waren für ihn offenbar wie Ferien.
http://www.20min.ch/schweiz/ostschweiz/story/Fuer-ihn-war-Gefaengnis-wie-Luxusferien-28156794
-> http://www.thurgauer-nachrichten.ch/stadt-frauenfeld/detail/article/rauchen-sogar-in-den-zellen-erlaubt-eine-woche-im-luxusknast-00138581/
-> https://www.watson.ch/Schweiz/Ostschweiz/700275795-Thurgauer-Rentner-geht-freiwillig-in-den-Knast——und-schildert-seine—Luxuswoche—-

+++POLIZEI BE
Berner Polizei will umstrittene Elektroschocker anschaffen
Die Polizei erhält eine zusätzliche Waffe: Für eine halbe Million Franken schafft sie Elektroschockpistolen an. Dieses sei ein effizientes, im Vergleich zur Schusswaffe aber milderes Mittel, begründet die Polizei.
https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/berner-polizei-will-umstrittene-elektroschocker-anschaffen/story/17717802

+++POLIZEI AG
Aargauer Kantonspolizei will Panzerwagen bei der Armee mieten
Schweizer Polizeikorps fädeln derzeit mit der Armee einen Deal zur Miete von 16 Panzerfahrzeugen ein. Die Wagen sollen primär bei Terror- und Amokattacken zum Einsatz kommen. Auch die Kapo Aargau könnte sie nutzen.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/aargauer-kantonspolizei-will-panzerwagen-bei-der-armee-mieten-132416202
-> https://www.landbote.ch/ueberregional/Kantonspolizei-mietet-MilitaerPanzer/story/18632714

+++POLIZEI ZH
Der unendliche Gerichtsfall des Wilson A. – ein Bericht
Vor dem Bezirksgericht Zürich standen diese Woche drei Polizisten. Sie sollen einen dunkelhäutigen Mann, der an einem Herzfehler leidet, brutal zusammengeschlagen haben. Der Vorfall ist neun Jahre her, dass es erst jetzt zur Verhandlung kommt, hat verschiedene Gründe. Bericht von einem ungewöhnlichen Prozess.
https://www.watson.ch/Schweiz/Z%C3%BCrich/496430527-Der-unendliche-Gerichtsfall-des-Wilson-A——ein-Bericht

Wilson A. – Gefährdung des Lebens – RaBe-Info 12.04.2018 (ab 09:36)
Die letzten zwei Tage mussten sich drei Polizeibeamte vor dem Zürcher Bezirksgericht verantworten, vorgeworfen wird ihnen Gefährdung des Lebens und Amtsmissbrauch. Im Herbst 2009 sollen sie den dunkelhäutigen Wilson A. bei einer Kontrolle brutal angegriffen haben, obwohl dieser versicherte, er habe ein Herzleiden, was das medizinische Gutachten später bestätigte.
Der Fall Wilson A. wirft hohe Wellen. Wilson A.s Anwalt spricht von offensichtlicher rassistischer Polizeigewalt und gleichzeitig wirft er der zuständigen Zürcher Staatsanwältin Befangenheit vor. Zwei Mal versuchte die Staatsanwältin das Verfahren einzustellen und vor Gericht plädierte sie vorgestern auf Freispruch, obwohl die Anklageschrift gegen die Polizeibeamten auf Gefährdung des Lebens und Amtsmissbrauch lautete. Haben sich die Vorwürfe gegen die Staatsanwältin während des Prozesses erhärtet? Eine Einschätzung von Tarek Naguib, Jurist und Aktivist der Allianz gegen Racial Profiling.
http://rabe.ch/2018/04/12/sozialhilfe-entwicklungsgelder-wilson-a-indymeida/

Kantonspolizei zahlt Geld an über dreissig Informanten
Der Regierungsrat gibt Auskunft über ein verschwiegenes Thema: den Umgang mit Spitzeln und deren Bezahlung.
https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/kantonspolizei-zahlt-geld-an-ueber-dreissig-informanten/story/12686826
-> http://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/Zuercher-Polizei-zahlt-17-000-Franken-fuer-Insider-Informationen-14490438
-> https://www.landbote.ch/ueberregional/polizei-zahlt-17-000-franken-fuer-insiderinformationen/story/21266441
-> http://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/zuercher-polizei-zahlt-17000-franken-fuer-insider-informationen-0086205/
-> Regierungsratsantwort auf Anfrage AL: https://www.kantonsrat.zh.ch/Geschaefte/Geschaefte.aspx?GeschaeftID=44ae90fc-29e4-4354-b26e-dd195394ad14

+++ANTIFA
Basler Gericht stoppt Riehener Internethetzer
Der Riehener Martin Widmer muss Teile seines Blogs löschen, und er darf gewisse Aussagen nicht mehr verbreiten. Das hat das Basler Zivilgericht superprovisorisch verfügt. Widmer diffamiert seit Jahren Politikerinnen im Netz.
https://tageswoche.ch/gesellschaft/basler-gericht-stoppt-riehener-internethetzer/

«Wenn ich von Tier-KZ rede, werde ich gehört»
Erwin Kessler sagt, er müsse provozieren, um etwas zu verändern. Ein Gespräch über Tierschutz und seine Grenzen.
https://bazonline.ch/schweiz/standard/wenn-ich-von-tierkz-rede-werde-ich-gehoert/story/25996072

Verschwörungstheorien
Nach Rauswurf an der Uni St. Gallen – Ganser an Fachhochschule wieder eingeladen
Die Fachhochschule St.Gallen setzt bewusst auf Provokation: Sie lädt den umstrittenen Historiker Daniele Ganser an ihren Networking-Tag ein. Die Universität St.Gallen hat seinen Lehrauftrag nicht verlängert.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/nach-rauswurf-an-der-uni-st-gallen-ganser-an-fachhochschule-wieder-eingeladen-132428360
-> http://www.tagblatt.ch/ostschweiz/fhs-st-gallen-gibt-verschwoerungstheoretiker-daniele-ganser-eine-buehne;art509574,5264035

Schawinski gegen die Verschwörer
«Die Verschwörungs-Szene wird grösser, aggressiver und beängstigender» – Roger Schawinski war nach dem TV-Auftritt mit Daniele Ganser in der Arena schockiert. Jetzt will er über die Verschwörungs-Szene Klarheit schaffen. Warum sie so gefährlich ist und was das für Menschen sind, die an Verschwörungstheorien glauben, erzählt er Markus Gilli heute live im «TalkTäglich».
https://www.telebaern.tv/121-show-talktaeglich/23101-episode-schawinski-gegen-die-verschwoerer
-> https://www.solothurnerzeitung.ch/schweiz/schawinski-verschwoerungstheoretiker-leben-in-einer-echokammer-sie-sind-nicht-mehr-erreichbar-132429438

tagesanzeiger.ch 12.04.2018

Alles, was du glaubst zu wissen, ist falsch

Verschwörungstheoretiker haben Konjunktur. Einer davon ist Daniele Ganser. Was treibt diesen Mann an?

Roger Schawinski

Es ist jeweils ein Highlight seiner Präsentation. An der Stirnseite des Auditoriums blendet er eine schematische Darstellung des World Trade Center ein. Mit dem Cursor deutet er auf die drei gut sichtbaren Türme, die mit WTC1, WTC2 und WTC7 bezeichnet sind. «Und wir Historiker haben die Kniffelaufgabe: drei Türme, zwei Flugzeuge. Feuer oder Sprengung – ich kann das für Sie nicht auflösen», erklärt er achselzuckend. Und dann kommt sein allgemeiner Appell: «Prüfen Sie, prüfen Sie, glauben Sie nicht blind.»

Daniele Ganser hat sich in die grosse Zahl von Wortmeldungen eingereiht, welche die offiziellen Ergebnisse zu 9/11 infrage stellen. Es ist vor allem dieses eine Thema, mit dem er durch volle Vortragssäle tingelt. Ausserdem kommuniziert er mit seiner riesigen Gemeinde permanent im Internet, publiziert Analysen und erzielt mit seinen Büchern Bestsellerauflagen. Und so ist er vor allem dank 9/11 – der seit Jahren global am weitesten verbreiteten Verschwörungstheorie – im gesamten deutschsprachigen Raum zu einem Star der Szene avanciert.

Raffiniertes Vorgehen

Sein raffiniertes Vorgehen legt er bereits in den wenigen oben zitierten Sätzen offen. Erstens bezeichnet er sich immer als «Historiker» mit Doktortitel, um damit seine wissenschaftliche Kompetenz zu unterstreichen. Dabei ist er mit seinen Kenntnissen als Doktor der Geschichte in keiner Weise qualifiziert, die «Kniffelaufgabe» – Sprengung oder Feuer beim WTC7 – zu lösen. Dazu wäre ein völlig anderes Fachwissen notwendig. Mit seiner Ausbildung wäre er bestenfalls in der Lage, die angeblich mysteriösen politischen Hintergründe der Attentate aufzudecken, nicht aber die technischen.

In der Präsentation der «Kniffelaufgabe» erwähnt er jeweils, dass zwei gleichwertige Möglichkeiten vorliegen, die er zwar hinterfragt, zu denen er aber nicht konkret Stellung nehmen möchte. Er stelle eben nur Fragen, lässt er seine Zuschauer wissen. Und dann fordert er sie auf, sich zu informieren und sich dann für eine der beiden Varianten zu entscheiden – das heisst entweder für die offizielle oder für die von ihm detailliert dargestellte konspirative Version. Gleichzeitig lässt seine Präsentation von 9/11 jedoch keine Zweifel daran, dass er die offizielle Erklärung des Einsturzes von WTC7 für unglaubwürdig hält.

Daniele Ganser lehnt den pejorativ benutzten Begriff «Verschwörungstheoretiker» für seine Person vehement ab. Der sei in seinem Fall schlicht diffamierend, erklärt er. Mit dieser Bezeichnung werde er von seinen Gegnern und Neidern in eine Schublade gesteckt, in die er nicht gehöre. Dieses Schubladendenken wird von ihm als «Framing» bezeichnet. Negative Berichterstattung über seine Person und seine Arbeit sei ein solches Framing. Mit diesem Ansatz werde er zu Unrecht in den «VT-Frame» (Verschwörungstheoretiker-Frame) gesteckt, beklagt er sich. Er sei Wissenschaftler. Punkt.

Hinter allem steckt die CIA

In der Einleitung zu seinem aktuellen Buch «Illegale Kriege» erläutert Ganser seine Mission gleich selbst. Sein Vater sei gebürtiger Deutscher, der in der Schweiz lebte und 1943 vom deutschen Generalkonsul in Zürich zum Wehrdienst einberufen wurde. «Mein Vater war damals 21 Jahre jung und wollte nicht an Hitlers Krieg teilnehmen. Diese Entscheidung meines Vaters gegen den Krieg hat mich als Sohn und Historiker bewegt», schreibt er. So teilte sein Vater dem deutschen Generalkonsul schriftlich mit: «Ich kann es heute noch nicht verstehen, dass unser hochchristliches Deutschland jedes Verantwortungsgefühl vor Gott verloren haben sollte.»

Der selbst ernannte «Friedensforscher» hat sich mit Bezug auf seinen Vater und dessen damalige Entscheidung zur Nichtteilnahme am Zweiten Weltkrieg in seinen Kampf gestürzt. Dies erläuterte er in einem Interview im Internetportal «NachDenkSeiten» so: «Friedensforscher und auch Friedensaktivisten, die sich aktiv gegen Gewalt und Kriegspropaganda aussprachen, wurden immer wieder angegriffen. Hans und Sophie Scholl von der Friedensbewegung Weisse Rose wurden enthauptet … Jemand, der auch in der Friedensforschung aktiv ist, hat mir kürzlich gesagt: ‹Weisst du, sie können uns gar nicht mehr alle umbringen, wir sind zu viele.›»

Schon während seiner Tätigkeit bei Avenir Suisse präsentierte sich Ganser seinen Kollegen mit Verschwörungstheorien – weshalb man ihn bald entliess. Für Ganser ist der amerikanische Geheimdienst CIA die kongeniale Nachfolgeorganisation der Gestapo. Deshalb wähnt er sich heute, gleich wie die damaligen heldenhaften Gegner des Naziregimes, im Epizentrum eines Krieges zur Verteidigung der Menschlichkeit, in dem er als opferbereiter Märtyrer – gleich wie die Geschwister Scholl – sein Leben einzusetzen bereit ist.

Geboren 1972 in Lugano, fand Daniele Ganser bereits in jungen Jahren sein Feindbild, gegen das er seinen bedingungslosen Widerstand zu leisten bereit ist: Er identifizierte die Nato und die dieses Militärbündnis dominierenden USA als «das Böse» schlechthin. In Basel besuchte Daniele Ganser die Rudolf Steiner Schule und tauchte dort in die Welt der Anthroposophie ein, eine Weltanschauung, die auf spirituelle, esoterische und übersinnliche Elemente aufbaut. Nach dem Gymnasium nahm er das Studium an der Philosophisch-Historischen Fakultät der Universität Basel auf. Er schrieb eine Lizenziatsarbeit über die Kubakrise und widmete sich dort in ausführlicher Form der Rolle der USA. Auch bei seiner Dissertation, die er 2001 bei Professor Georg Kreis einreichte, blieb er bei seinem grossen Thema. Diesmal beschrieb er die italienische Geheimoperation Gladio, bei der er die Nato als Drahtzieherin enttarnte.

Seine Doktorarbeit wurde zuerst auf Englisch, dann in sieben weiteren Sprachen und schliesslich auch auf Deutsch veröffentlicht – aktuell liegt bereits die 13. Auflage auf Deutsch vor. In ihr schildert Ganser die in Italien zwischen 1960 und 1980 politisch motivierten Terroranschläge, die von einem Netzwerk von Neofaschisten unter dem Namen Gladio ausgeführt wurden. Durch gezielte Irreführungen machte man dafür aber linksextreme Terroristen verantwortlich, vor allem die damals sehr aktiven Roten Brigaden. Involviert waren bei Gladio italienische Beamte, die mit dem amerikanischen Geheimdienst und der Nato in Verbindung standen, schreibt Ganser. Dies wurde 1990 in einem italienischen Untersuchungsbericht festgehalten. Die Ergebnisse wurden später jedoch mehrfach infrage gestellt.

Ein zentrales Beweisstück für Daniele Gansers Hauptthese der Nato-Beteiligung an diesen «Operationen unter falscher Flagge» war ein Dokument: das «United States Army Field Manual 30-31B», auch bekannt als «Westmoreland Field Manual», weil es angeblich von General William Westmoreland unterschrieben war. Dieses wurde jedoch vom Aussenministerium der USA und einer Untersuchungskommission des US-Repräsentantenhauses als sowjetische Fälschung bezeichnet. Dies habe ein KGB-Überläufer bereits bei einer Kongressanhörung 1982 bestätigt. Ganser hingegen erwähnt als Beleg für die Echtheit des Dokuments unter anderem Äusserungen von Licio Gelli, dem Ex-Chef der italienischen P2-Geheimloge, die im Zentrum des grössten Skandals der italienischen Nachkriegsgeschichte stand. Gelli hat gegenüber einem Reporter der BBC tatsächlich erklärt: «Die CIA gab mir das Dokument.» Philip H. J. Davies vom Brunel Centre for Intelligence and Security Studies ist der Überzeugung, dass Gansers Buch «durchsetzt ist von erfundenen Verschwörungen, übertriebenen Beschreibungen des Ausmasses und der Wirkung von geheimen Aktionen, einem fehlenden Verständnis des Managements und der Koordination von Operationen innerhalb und zwischen nationalen Regierungen und … einem beinahe vollständigen Versagen, Aktionen und Entscheidungen in einen richtigen historischen Kontext zu stellen».

Intelligent, aber …

Ganser trat 2001 eine Stelle bei der Denkfabrik Avenir Suisse an. Zwei Jahre später trennte man sich von ihm, weil er bei seinen Vorgesetzten mit Verschwörungstheorien Aufsehen erregte und weil man das Prestige und die Glaubwürdigkeit des Thinktanks nicht schädigen wollte. Anschliessend war er kurzzeitig an der ETH Zürich tätig. Sein damaliger Chef Kurt Spillmann, Professor für Sicherheitspolitik und Konfliktforschung, bezeichnet Ganser zwar als intelligenten Mitarbeiter, «aber ich konnte nicht akzeptieren, dass jemand, der wissenschaftlich in meinem Institut arbeitete, solch unsinnige Verschwörungstheorien verbreitet». Über Gansers spätere Aktivitäten urteilt er hart: «Für mich ist er ein Verführer und Geschäftemacher, der mit seinen Vorträgen Säle füllt. Mit seriöser Forschung hat dies nichts zu tun.» Die Entlassung von der ETH sei aufgrund einer direkten Intervention der amerikanischen Botschafterin in Bern erfolgt, erklärte Ganser sein Scheitern im akademischen Bereich, ohne dafür Beweise liefern zu können.

2006 veröffentlichte Ganser im «Tages-Anzeiger» einen Artikel zu den Anschlägen vom 11. September 2001, mit dem er sich beim seit Jahren meistdiskutierten Thema der Verschwörungstheoretiker einbrachte. «Die Version der Bush-Administration blind zu übernehmen, würde den grundlegenden Prinzipien der Wahrheitssuche widersprechen», lieferte er als Erklärung. «Wir brauchen eine offene, sachliche, wissenschaftliche Debatte über alle offenen Fragen zu 9/11.» Mit diesen Aktivitäten entfernte sich Ganser von der akademischen Welt. Dennoch verfolgte er weiter das Ziel einer wissenschaftlichen Karriere. Doch 2010 wurde seine Habilitationsschrift zum Thema Peak Oil zurückgewiesen – von einem Professorenkollegium, dem auch Professor Georg Kreis, sein Doktorvater und akademischer Mentor, angehörte; offenbar genügte sie den Kriterien für eine Habilitation nicht. Die Arbeit wurde gemäss Aussagen von Fachpersonen als eine weitgehend populärwissenschaftliche Darstellung beurteilt, die sich zudem auf eine Verschwörungstheorie stützte, die vollständig diskreditiert ist. Seine abgelehnte Habilitation veröffentlichte Ganser 2013 unter dem Titel «Europa im Erdölrausch: Die Folgen einer gefährlichen Abhängigkeit».

Sein Doktorvater Georg Kreis ist aufgrund von Gansers beruflichem Werdegang zunehmend besorgt, und dies nicht nur wegen dessen Faszination für die alternativen Thesen zu 9/11: «Er wirkte auf mich von der Idee besessen, Geheimaktivitäten aufdecken zu müssen, und nutzt wenig geklärte Vorkommnisse wie das Attentat auf ‹Charlie Hebdo›, um suggestiv bestimmte Vermutungen in die Welt zu setzen, und dafür hat er offenbar einen einfachen Schlüssel: die CIA», ist Kreis’ kritisches Fazit. Dass er das Vorwort zur deutschen Ausgabe von Gansers Dissertation geschrieben hat, scheint Professor Kreis extrem peinlich zu sein. «Zu meiner Rechtfertigung muss ich sagen, dass bei der Abnahme der Dissertation das Werk an sich und nicht die weitere Entwicklung des Doktoranden und die zu Beginn weit weniger offensichtliche Neigung massgebend war», erklärt er.

Die Ablehnung seiner Habilitation, hinter der Ganser vor allem politische Gründe vermutete, erschütterte ihn. Von da an entfernte er sich weitgehend aus der akademischen Welt und gründete in Basel das von ihm benannte Siper (Swiss Institute for Peace and Energy Research AG), eine Aktiengesellschaft, die sich praktisch allein mit der Vermarktung seiner Vorträge, Bücher und Interviews beschäftigt. Seit 2012 hat Ganser einen Lehrauftrag an der Universität St. Gallen, wo er jeweils im Herbstsemester als Teil der Vorlesung «Geschichte und Zukunft von Energiesystemen» als letztes verbliebenes akademisches Feigenblatt über erneuerbare Energien – aber nicht über sein Hauptthema 9/11 – referieren darf. Diese periphere Tätigkeit führt er auf seiner Homepage auf, um sich so seine wissenschaftliche Glaubwürdigkeit zu sichern.

Die Russen waren rechtens

In seiner abgelehnten Habilitationsarbeit widmete sich Ganser der These von Peak Oil, gemäss der die Förderung von Öl in naher Zukunft einen Höhepunkt erreichen werde, um danach stark abzufallen, was zu gewaltigen politischen Verwerfungen in Form von Ressourcenkriegen führen müsse. Doch die Ereignisse – unter anderem gewaltige neue Ölfunde, zusätzliche Fördermethoden und das Aufkommen der erneuerbaren Energien – widerlegten und diskreditierten diesen verschwörungstheoretischen Ansatz.

Daniele Gansers neues Buch «Illegale Kriege» liefert bereits im Untertitel die Antwort auf die Frage nach dem Bösen in der Welt. Er lautet: «Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren.» Um Gansers aktuelle Argumentation als Verschwörungstheoretiker richtig verstehen zu können, muss man auf die wichtigsten Thesen in diesem Buch eingehen. Der von ihm gewählte Ansatz ist erschreckend eindimensional: Kriege, die mit der Zustimmung der UNO geführt werden, seien legal, erklärt er, alle anderen hingegen illegal.

Angefangen von der Intervention der USA beim Sturz der Regierung Mossadegh in Iran im Jahr 1953 über ähnliche Einmischungen in Guatemala, Kuba und Nicaragua bis zu den Kriegen in Vietnam, Irak und Syrien dokumentiert er dies mit vielen, zum Teil aber auch fragwürdigen Quellen aus «Alternativmedien». So beschreibt er die für ihn ausnahmslos verabscheuungswürdigen Handlungen der USA und ihrer Nato-Partner. Seine These wackelt, etwa wenn er die Besetzung von Ungarn durch sowjetische Truppen im Jahr 1956 beschreibt. Noch akrobatischer werden seine Argumente bei der Besetzung der Krim durch Russland im Jahr 2014. «Da die russischen Soldaten nicht über ein Mandat des UNO-Sicherheitsrats verfügten, war die militärische Intervention der Krim illegal. Dieser illegalen russischen Intervention war jedoch ein illegaler amerikanischer Putsch in Kiew vorausgegangen, für den auch kein Mandat des UNO-Sicherheitsrats vorlag.»

Damit kann er die USA als Verursacher und damit als Hauptschuldigen bezeichnen. Auf diese Weise übernimmt Ganser – wie immer – die russische These der Vorgänge rund um den Maidan in Kiew. Und deshalb kommt er zu folgendem Schluss: «Auf der Basis der verfügbaren Daten bin ich der Ansicht, dass die Abspaltung der Krim als Sezession bezeichnet werden muss und dass der Begriff Annexion falsch ist und nur dazu dient, die Spannungen mit Russland zu schüren.» Mit dieser unbelegten Behauptung und der gleichzeitigen Exkulpation Putins verabschiedet er sich aus dem Kreis seriöser Historiker. Die internationale Gemeinschaft hat die Annexion der Krim durch Russland im Rahmen der UNO-Vollversammlung als eine besonders krasse Verletzung des Völkerrechts bezeichnet.

Noch fragwürdiger wird Gansers Position im Syrien-Krieg. «Weil die reguläre Regierung von Syrien die russischen Kampfflieger eingeladen hatte, lag kein Bruch der UNO-Charta vor.» In Vorträgen bestätigt er diese «Forschungsresultate», dass die Russen «auf Gesuch der gewählten syrischen Regierung» eingegriffen haben, und dies «ist gemäss Völkerrecht legitim». Den Einsatz russischer Bomber gegen die syrischen Städte rechtfertigt er mit dem Hinweis, dass die Amerikaner zuerst Bomben auf Syrien geworfen hätten, ohne darauf hinzuweisen, dass dies nicht gegen Assad, sondern allein im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geschah und damit kein direktes Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg war, wie es umgekehrt die Russen handhaben.

Deshalb fällt bei Ganser folgerichtig auch unter den Tisch, dass nach den grossen Giftgasangriffen im Jahr 2013 nicht das Eingreifen, sondern das Nichtangreifen der Amerikaner für den weiteren Kriegsverlauf entscheidend war. Obama hatte einen Giftgasangriff als das Überschreiten einer «roten Linie» bezeichnet, war dann aber zurückgezuckt und reagierte, anders als die Russen, nicht wie angedroht militärisch. Bei der Frage der Urheberschaft des wiederholten Einsatzes von Giftgas gegen die syrische Zivilbevölkerung lässt Ganser nur jene Argumente gelten, die eine Schuld Assads bestreiten und diese Verbrechen der Opposition zuschreiben. Dies macht er entgegen den Beweisen, die bei der UNO bereits 2013 vorgebracht wurden.

Damit stimmt er in den Chor vieler Verschwörungsplattformen aus mehreren Ländern ein, auf denen diese These vertreten wird. Wie immer lässt Ganser auch bei diesem Thema seine übliche Analogieschluss-Leier mit denselben Beispielen erklingen – vom Golf von Tonkin bis zum Irakkrieg –, um der Nato die Schuld zuzuschieben. Im September 2017 machten UN-Ermittler in ihrem Bericht Assad auch für die Giftgasangriffe im April 2017 in der Ortschaft Chan Schaichun verantwortlich, bei denen über 80 Menschen durch Sarin getötet wurden. «Das stellt ein Kriegsverbrechen dar», urteilt die Kommission. Es handle sich um «wahllose Angriffe auf Gegenden mit Zivilbevölkerung».

Und damit demaskiert sich der «Friedensforscher» Ganser als Propagandist Moskaus. Seine Definition der «illegalen Kriege» erweist sich beim Syrien-Krieg in besonders krasser Weise als untauglich. Eine Regierung, die die eigene Bevölkerung massakriert, Hunderttausende von Mitbürgern tötet, Millionen vertreibt und selbst vor dem Einsatz von Giftgas nicht zurückschreckt, führt gemäss Gansers Diktion also einen «legalen Krieg», wenn entsprechende Resolutionen im Sicherheitsrat von einem Mitglied und Hauptakteur mit Vetos verhindert werden – was in diesem Fall mehrfach geschehen ist. Noch grotesker wird diese Analyse, wenn dieses ständige Mitglied des Sicherheitsrats auf «Einladung» des Diktators direkt militärisch in diesen Konflikt eingreift, wie Ganser erklärt.«Prüfen Sie, prüfen Sie, glauben Sie nicht blind», ruft Ganser den Zuhörern seiner Vorträge immer wieder zu, denen er die Version seiner Geschichten jeweils in einem fulminanten, mit vielen Pointen, Anekdoten, Bilddokumenten und Daten angereicherten Potpourri präsentiert.

Die 9/11-Fixierung

Mit seinem geschichtlichen Abriss der «illegalen Kriege», der «Operationen unter falscher Flagge» und der weiteren sinistren Aktivitäten der Nato und der USA legt Ganser die Grundlage für seine langjährige Beschäftigung mit den Hintergründen der Attentate von 9/11. Dabei unterschlägt Ganser einen gewichtigen Unterschied zu den in seinem Buch aufgeführten «illegalen» Kriegen. Er kann sich bei seinen Darstellungen früherer Ereignisse auf einen Fundus öffentlicher Informationen stützen, wobei er sich zur Steigerung der Dramatik zusätzlich auch auf fragwürdige Quellen bezieht.

Ganz anders präsentiert sich die Ausgangslage bei 9/11. Zwar lassen die dazu publizierten Untersuchungsberichte einige Fragen offen, auf die sich die Kritiker vor allem berufen. Aber es gibt nicht einen einzigen Beweis einer Verschwörung durch die USA, kein einziges Mail, keine einzige glaubwürdige Aussage einer Person, die an dieser angeblichen Verschwörung beteiligt gewesen sein will. Wegen der Komplexität, die eine inneramerikanische Planung und Ausführung der Anschläge von 9/11 verlangt hätte, müsste es sich um eine Verschwörung riesigen Ausmasses gehandelt haben.

Die Erfahrungen der letzten Jahre mit Wikileaks, den Enthüllungen von Edward Snowden und den permanenten Hackerangriffen von staatlichen und nicht staatlichen Stellen in vielen Bereichen belegen, dass es heute kaum mehr möglich wäre, Geheimnisse dieser Bedeutung auf längere Zeit zu bewahren, bei denen eine Vielzahl von Personen involviert sein müsste. Dies hindert allerdings die Gemeinde der Verschwörungstheoretiker nicht daran, sich seit Jahren auf diesen einen Braten zu stürzen. Und natürlich ist Daniele Ganser ganz vorne mit dabei. Für Verschwörungstheoretiker ist die angebliche Beteiligung der US-Regierung bei 9/11 der durch nichts zu übertreffende Beweis für die Arglist der Imperialisten, die zur Durchsetzung ihrer Ziele nicht nur unzählige Menschen in anderen Ländern ermorden, sondern nicht einmal davor zurückschrecken, Tausende eigener Bürger zu opfern. Wenn diese These weltweit glaubwürdig vertreten werden kann, dann ist das ganz grosse Ziel, nämlich die Verteufelung und Verdammung Amerikas, auf viel eindrücklichere Weise gelungen, als es mit jedem anderen denkbaren Beweis möglich wäre. Und deshalb sind die antiamerikanischen Verschwörungstheoretiker fixiert auf 9/11 – und werden es noch sehr lange bleiben. Wer das infrage stellt, wird verunglimpft.

Auf Social Media bezeichnete Ganser meinen Hinweis in der Sendung «Arena», dass der Fall 9/11 aufgrund langjähriger wissenschaftlicher Untersuchungen definitiv gelöst sei, als «Frechheit». Und als ich ihn per Mail um ein Interview bat, um viele der erwähnten Punkte zu klären, sagte er mit der lapidaren Begründung ab, dass ich darüber «nach der ‹Arena› sicher nicht überrascht» sei.

Andere Meinungen oder gar kritische Fragen sind in der Welt der Verschwörungstheoretiker eben grundsätzlich nicht erwünscht. So richtig wohl fühlen sich diese Leute nur in endlosen Monologen vor ihrer Gemeinde oder im Austausch mit Gleichgesinnten. In ihren Echokammern beklagen sie sich über die bösartigen und unfairen Angriffe von Menschen, die mit Blindheit geschlagen sind und aus politischer Kurzsichtigkeit oder schlichter Dummheit die evidente Wahrheit nicht erkennen wollen. Solche Attacken auf ihre Tätigkeit sind für Verschwörungstheoretiker aber von grösster Wichtigkeit, denn schlimmer als alle Ablehnung ist für sie, von der Öffentlichkeit nicht beachtet zu werden. Nur wenn man sich gegen Feinde zu verteidigen hat, kann man sich vor der eigenen Gemeinde in der Märtyrerpose präsentieren. Nur so lässt sich in idealer Weise die eigene Community zusammenschweissen. Und dies tun sie in ihrer wuchernden Subkultur im Internet, in ihren Büchern und Veranstaltungen mit grossem Erfolg.

Roger Schawinski ist Journalist und Medienunternehmer. Dieser Text ist ein Auszug aus Schawinskis Buch «Verschwörung! Die fanatische Jagd nach dem Bösen in der Welt» (NZZ Libro), das ab 11. April erhältlich ist.
(Das Magazin)
(https://www.tagesanzeiger.ch/leben/gesellschaft/alles-was-du-glaubst-zu-wissen-ist-falsch/story/15537394)