Medienspiegel: 3. Februar 2018

+++SOLOTHURN
Zweite Beschwerde abgewiesen: Asylzentrum im Schachen sorgt für Hochspannung
Deitingen blitzt mit Beschwerde gegen die Baubewilligung aus der
Gemeinde Flumenthal ab.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/zweite-beschwerde-abgewiesen-asylzentrum-im-schachen-sorgt-fuer-hochspannung-132160706

+++DEUTSCHLAND
Deutschland schiebt weiterhin Menschen nach Afghanistan ab
Zurück ins Kriegsgebiet
Trotz der miserablen Sicherheitslage in Afghanistan hält die
Bundesregierung an ihrer Politik der Abschiebungen in das
Bürgerkriegsland fest. Dagegen regt sich immer wieder Protest.
https://jungle.world/artikel/2018/05/zurueck-ins-kriegsgebiet

+++BELGIEN
Belgier engagieren sich für Migranten
In Belgien hat der harte Umgang mit Flüchtlingen einen Namen: Theo
Francken, Staatssekretär für Asylpolitik und Migration und Hardliner
der flämischen Nationalisten. Francken nutzt die Abhängigkeit der
belgischen Regierung von seiner Partei NVA für eine kompromisslose
Flüchtlingspolitik, dazu gehören Gewalt gegen Schutzsuchende,
Kriminalisierung von Migranten und schnelle Abschiebungen.
Aber besonders in Brüssel wehren sich immer mehr Bürger und zeigen
sich solidarisch mit den Schutzsuchenden. Wie das funktioniert, zeigt
die Reportage von Fannie Collette.
https://www.arte.tv/de/videos/080902-000-A/belgier-engagieren-sich-fuer-migranten/

+++GRIECHENLAND
Debatte um Familiennachzug Ratlos in Athen
In der deutschsprachigen Christusgemeinde in Athen verfolgt man die
Berliner Koalitionsverhandlungen aufmerksam. Denn hier leben
Flüchtlinge, die zu ihren Familien nach Deutschland wollen.
http://www.tagesschau.de/ausland/fluechtlinge-griechenland-187.html

+++MITTELMEER
Libyen: Flüchtlingszahlen auf dem Mittelmeer steigen wieder
Seit Anfang des Jahres steigt die Zahl der Menschen stark an, die von
Libyen aus versuchen, nach Europa zu kommen. Hilfsorganisationen
vermuten, dass Schmuggler immer mehr Migranten gleichzeitig auf See
schicken – was die Wahrscheinlichkeit, bei der Überfahrt zu sterben,
deutlich erhöhen würde.
http://www.deutschlandfunk.de/libyen-fluechtlingszahlen-auf-dem-mittelmeer-steigen-wieder.1766.de.html?dram:article_id=409912
-> http://www.tagesschau.de/ausland/libyen-fluechtlinge-117.html

+++ISRAEL
Prison Officials Warn: No Room to Jail All Asylum Seekers Who Refuse
to Leave Israel
With the expulsion of African asylum seekers set to begin in April,
it’s not clear where Israel will detain those refuse deportation
https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-prison-service-no-room-to-jail-all-deportees-who-refuse-to-leave-1.5787141

+++AFGHANISTAN
Krieg in Afghanistan: Afghanistan droht ein offener Bürgerkrieg
Die Taliban sind zurück, und es ist völlig unklar, wie sie bekämpft
werden können. Die westliche Gemeinschaft muss dringend eine Strategie
entwickeln, um Afghanistan zu helfen.
http://www.sueddeutsche.de/politik/global-betrachtet-der-krieg-in-afghanistan-ist-zurueck-1.3850644

+++FREIRÄUME
«Ich wohne seit 20 Jahren im Hotel»
Von Obdachlosen, Altersheimbewohnerinnen und Dauergästen im Hotel. Ein
szenischer Stattland-Rundgang gewährt dem Publikum Einblicke in
aussergewöhnliche städtische Wohnformen.
https://www.derbund.ch/bern/stadt/ich-wohne-seit-20-jahren-im-hotel/story/18765175

Berner Bäckerei Bohnenblust eröffnet neue Filiale: «Fast eine Tonne
Mehl verarbeiten wir jede Nacht»
In Bern kennt sie fast jeder: Die Bäckerei Bohnenblust. Nach den
Filialen im Breitenrain und der Länggasse eröffnet das
Traditions-Unternehmen heute eine dritte Filiale in der Lorraine.
Dies, obwohl nebenan gleich die Migros ist.
https://www.nau.ch/news/fast-eine-tonne-mehl-verarbeiten-wir-jede-nacht-65286671

Wo gehen meine Kinder in den Ausgang?
Alkohol, Drogen und Gewalt: Auf den ersten Blick gibt es viele Gründe
für die Sorge der Eltern. Doch ist das Berner Nachtleben wirklich so
schlimm?
https://www.telebaern.tv/118-show-news/21237-episode-samstag-3-februar-2018/51958-segment-wo-gehen-meine-kinder-in-den-ausgang#wo-gehen-meine-kinder-in-den-ausgang

+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Fellmarkt in Thun BE: Aktivisten protestieren gegen Pelz
Auf dem Thuner Messegelände findet heute zum 84. Mal der Pelz- und
Fellmarkt statt. Zeitgleich rufen die Aktivisten für das Tierrecht zur
Kundgebung in Thun BE auf.
https://www.nau.ch/people/leben-und-leben-lassen-65292992

Tausende auf der Strasse – Grosseinsatz gegen Revolutionären Aufbau
Gegen 4000 Kurden und Sympathisanten protestierten in Basel gegen den
türkischen Kriegszug in Syrien. Vor der Demonstration kam es zu einem
Polizeieinsatz im Kleinbasel – mit fragwürdigem Ausgang.
https://tageswoche.ch/politik/tausende-auf-der-strasse-grosseinsatz-gegen-revolutionaeren-aufbau/

https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=2062443367336597&id=1587352024845736
Pressemitteilung des „Bündnis gegen die Diktatur in der Türkei“ zur
Demonstration vom 3. Februar 2018 in Basel

Am heutigen Samstag demonstrierten mehrere tausend Menschen in Basel
gegen das diktatorische Regime in der Türkei. Aus aktuellem Anlass
richtete sich der Protest zentral gegen den völkerrechtswidrigen
Angriffskrieg der türkischen Armee gegen den Kanton Afrin in
Nordsyrien, Teil des emanzipatorischen Projekts „Rojava. Die
Begründung der Türkei lautet, dass die KurdInnen in Syrien einen
eigenen Nationalstaat errichten wollen. Dabei ist seit langem klar,
dass Rojava ein Demokratisierungsprojekt des Nahen Ostens ohne
nationalen Anspruch ist. Gegenwärtig finden täglich in vielen
europäischen Städten Solidaritätsbekundungen mit den sich
verteidigenden Menschen inAfrin statt.

Der Angriff der Türkei reiht sich ein in diverse repressive Schläge
gegen die kurdische Bewegung in der Türkei selbst, aber auch darüber
hinaus. Das AKP-Regime baut systematisch demokratische Rechte ab: Seit
dem gescheiterten, von Erdogan als Gottes Segen bezeichneten
Putschversuch regiert Erdogan mit der ultranationalistischen,
faschistischen MHP per Dekret.

Die Demonstration wurde vom „Revolutionären Bündnis gegen die Diktatur
in der Türkei“, das auch von diversen Schweizer Organisationen
getragen wurde, organisiert. Die Polizei versuchte, deren Teilnahme an
der Demonstration im Vorfeld und währenddessen zu verhindern. Um 12.30
wurde der Bläsiring mit mehreren Kastenwagen und vermummten
PolizistInnen in Kampfmontur abgeriegelt, während sich ebenfalls
vermummte PolizistInnen ohne Durchsuchungsbefehl Zutritt zum Lokal des
Revolutionären Aufbaus Basel verschafften. Obwohl die Demonstration
bewilligt war, beschlagnahmte die Polizei Demomaterial und brachte
drei Personen ohne Angabe von Gründen auf den Polizeiposten. Im
Vorfeld wurden Menschen auf dem Weg zum Besammlungsplatz verhaftet.
Auch während des Umzugs und im Anschluss griff die Polizei immer
wieder willkürlich einzelne Personen aus der Demonstration heraus.

Die Polizei argumentiert dabei wie folgt: Es hätten in der Stadt zwei
Demonstrationen stattfinden sollen, wovon nur die eine, die kurdische,
bewilligt gewesen sei. Die Polizei wusste aber ganz genau, und wurde
von den kurdischen Verbänden entsprechend informiert, dass es sich um
ein- und dieselbe Demonstration handelte. Die Verhaftungen sind Teil
eines Spaltungsversuchs, der sich gegen die gemeinsamen Kämpfe
kurdischer, türkischer und Schweizer AktivistInnen richtet. Die
Polizei provozierte mit dem Ziel, die Demonstration eskalieren zu
lassen und die linke Bewegung einmal mehr als gewaltbereit und
chaotisch zu diffamieren. Dieses Kalkül ging nicht auf und die
Bewegung demonstrierte geschlossen sowohl in Solidarität mit Afrin und
der von der Repression betroffenen türkisch-kurdischen Bevölkerung in
der Türkei.

Solidarität mit Afrin / Türkei-Syrien-Konflikt
https://telebasel.ch/telebasel-news/?channel=15881
->
https://telebasel.ch/2018/02/03/die-stimmung-ist-sehr-angespannt/?channel=105100
->
https://www.watson.ch/Schweiz/Basel/342666265-Zehn-Anhaltungen-bei-Kundgebung-in-Basel-gegen-tuerkische-Offensive

Zehn Anhaltungen im Umfeld einer bewilligten Kundgebung
Die Kantonspolizei Basel-Stadt hat am Samstagnachmittag im Umfeld
einer bewilligten Kundgebung mehrere Personen kontrolliert. Zehn
dieser Personen hielt sie an und unterzog sie auf einer Wache einer
genaueren Kontrolle – vorab, weil sich diese Personen nicht kooperativ
verhalten und die Polizisten so an einer Amtshandlung gehindert oder
weil sie verdächtige Gegenstände mitgeführt hatten.
http://www.polizei.bs.ch/nm/2018-zehn-anhaltungen-im-umfeld-einer-bewilligten-kundgebung-jsd.html

https://www.facebook.com/rjgbern/posts/1016254858527034
Heute fand in Basel eine weitere Grossdemo für Afrin und gegen Erdogan
statt. Mehrere tausend Menschen zogen auf die Strasse.
Erstaunlich brutal agierte die Polizei auf die bewilligte und äusserst
friedliche Kundgebung. Vermummte PolizistInnen nahmen bereits vor der
Kundgebung vorwiegen „nicht kurdisch“ aussehende Demonstrierende fest.
Auch wir wurden zu Beginn der Demo von der Polizei attackiert, mit dem
Ziel uns und unser Transparent aus der Demo herauszuholen. Dieser
Angriff konnte kollektiv abgewehrt werden! Weitere Genoss*innen wurden
nach der Demo noch grundlos verhaftet.
Die schweizer Polizei versucht mit diesem repressiven Vorgehen die
grosse Solidaritätsbewegung für Afrin zu spalten. Doch wir lassen dies
nicht zu, jeder Angriff von ihnen beantworten wir mit noch mehr
Widerstand!
Nächsten Samstag rufen wir dazu auf nach Bern zu kommen. Um 14Uhr wird
dort die nächste Grossdemo für den Widerstand von Afrin stattfinden.
Zusammen gegen Faschismus!
#DefendAfrin

Palästinenser demonstrieren in Bern gegen Trump-Entscheid
Die US-Botschaft in Israel soll nicht nach Jerusalem ziehen. Dies
forderten mehrere 100 Menschen am Samstag in Bern.
https://www.derbund.ch/bern/stadt/palaestinenser-demonstrieren-in-bern-gegen-trumpentscheid/story/12143717
->
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/palaestinenser-demonstrieren-in-bern-gegen-trumpentscheid/story/11159979

+++BIG BROTHER
Über 2000 Kameras in der Stadt – aber die Reglemente zur Überwachung
variieren erheblich
Ungefähr 2000 Kameras hat die Zürcher Stadtverwaltung im Einsatz. Die
Reglemente der verschiedenen Behörden zur Videoüberwachung variieren
dabei erheblich.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/ueber-2000-kameras-in-der-stadt-aber-die-reglemente-zur-ueberwachung-variieren-erheblich-132159906

+++ANTIFA
Zoff um den Landesstreik – Christoph Blocher will den Soldaten von
1918 danken: Angriff auf linken Mythos
Christoph Blocher will den Soldaten von 1918 danken. Anders als bei
den Genossen stehen für Blocher aber nicht die sozialen
Errungenschaften im Vordergrund. Er wolle «den tapferen Soldaten und
dem standhaften Bürgertum seinen Dank aussprechen».
https://www.blick.ch/news/politik/zoff-um-den-landesstreik-christoph-blocher-will-den-soldaten-von-1918-danken-angriff-auf-linken-mythos-id7932628.html

Tamara Wernlis Youtube-Video dreht im braunen Sumpf des Internets seine Kreise
Die Basler Moderatorin und Kolumnistin Tamara Wernli sorgt mit einem
Blog-Beitrag für Diskussionen. In konservativpopulistischen Kreisen
und gar in neofaschistischen Foren in Deutschland wird ein
Youtube-Video Wernlis geteilt.
https://www.basellandschaftlichezeitung.ch/basel/basel-stadt/tamara-wernlis-youtube-video-dreht-im-braunen-sumpf-des-internets-seine-kreise-132160812

Nervöse Verbindungsbrüder in der Schweiz ziehen Interview zurück
BURSCHENSCHAFTEN ⋅ Ein Mitglied der Altzofingia bezeichnet in einem
Interview den umstrittenen Wiener Akademikerball als «unpolitisches
Fest». Zu brisant, findet der Vorstand und zieht das Interview zurück.
http://www.luzernerzeitung.ch/nachrichten/schweiz/nervoese-verbindungsbrueder;art9641,1193590

Arena-Moderator Projer auf Twitter massiv bedroht
SRF-Moderator Jonas Projer sieht sich mit einer üblen Drohung
konfrontiert. Nach der «Arena» zur No-Billag-Abstimmung vom
Freitagabend wird der 36-Jährige von einem Unbekannten bedroht.
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/Arena-Moderator-Projer-auf-Twitter-massiv-bedroht-25870093

+++GEHEIM
Bund findet «extrem sensitive Akten» zur P 26 nicht mehr
Seit 1991 hält das VBS Akten zur Schweizer Geheimarmee P 26 unter
Verschluss. Nun sind sie verschollen.
https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/bund-findet-extrem-sensitive-akten-zur-geheimarmee-p-26-nicht-mehr/story/10453089
->
https://www.derbund.ch/schweiz/standard/bund-findet-akten-zur-geheimarmee-nicht-mehr/story/13124916
->
https://www.nzz.ch/schweiz/im-vbs-sind-wichtige-akten-zur-geheimen-widerstandsarmee-p-26-verschwunden-ld.1353893
->
https://www.blick.ch/news/politik/vbs-finden-sensitive-p-26-dokumente-nicht-geheimakten-ueber-geheimarmee-verschwunden-id7931035.html
->
https://www.srf.ch/news/schweiz/schlamperei-oder-absicht-bund-findet-akten-zur-geheimarmee-p-26-nicht-mehr
->
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/Bund-findet-Akten-zur-Geheimarmee-nicht-mehr-31330723
-> Tagesschau:
https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=072476dc-78a9-4e0e-9d4f-884413e1b454

tagesanzeiger.ch 03.02.2018

Verloren oder vernichtet?

Die Affäre um die verschollenen P-26-Akten zeigt den schwierigen
Umgang der Schweiz mit der Vergangenheit.

Markus Häfliger, Philipp Loser, Christoph Lenz

Die Rede von Ueli Maurer ist nirgends aufgeschrieben, sie ist
verschollen, für immer Geheimsache. Er habe sie mündlich gehalten,
liess der Bundesrat der WOZ ausrichten, die kürzlich über die wohl
seltsamste Museumseröffnung der Schweizer Geschichte geschrieben hat.
Medien waren keine geladen Ende November im Bunker «Schweizerhof» in
Gstaad, die Besucher mussten ihre Handys in «Sicherheitstaschen» am
Eingang abgeben. Das einzige Zeugnis des Akts sind zwei Seiten im
«Anzeiger von Saanen» vom 22. Dezember, verfasst vom Museumsleiter
Felix Nöthiger selbst.

Ein «rundum gelungener Anlass» sei das gewesen, schreibt Nöthiger über
die Eröffnung des «Museums des Widerstands». Ueli Maurer hielt nicht
nur eine Rede, sondern ehrte auch den «letzten Widerstandschef der
Region 70 Gstaad», Funkinstruktor «Volker» erklärte den 62 Ehrengästen
die Chiffriertechnik des «nicht knackbaren One-Time-Pad», und «Urs»
demonstrierte das «lautlose Sabotagegewehr G150».

Nach dem gemütlichen Teil wurde das Museum geschlossen. Bis zum Jahr
2041. Die Spione des Nachrichtendiensts dürfen noch rein, ehemalige
Mitglieder der P 26 und die nicht genannten Sponsoren. Sonst: niemand.
Das Museum zeigt Materialien, Akten und Personenverzeichnisse, die
1991 vom Bundesrat unter eine 50-jährige Schutzfrist gestellt wurden.
Diese Frist ist nun teilweise aufgehoben – aber nur für den exklusiven
Zirkel, der Eintritt ins Museum erhält.

Die geheime Armee

28 Jahre ist es her, seit die Geheimarmee P 26 enttarnt wurde. Die
Geheimnistuerei um die Schweizerinnen und Schweizer, die im Kalten
Krieg im Fall einer ­Besetzung durch die Sowjetunion den Widerstand
hätten organisieren sollen, hat seither kein Ende gefunden.

Über die Jahre rekrutierte die P 26 rund 400 Kämpfer. Im
«Schweizerhof» in Gstaad wurden die Mitglieder militärisch
ausgebildet. Das Hauptquartier lag in einem Bauernhof bei Burgdorf,
übers Land verteilt lagerte die P 26 in Depots Maschinenpistolen,
Panzerabwehrraketen, Sprengstoff, Funk- und Chiffriergeräte sowie
kiloweise Gold. Der Widerstand wurde in aller Stille organisiert. Der
Gesamtbundesrat und die jeweiligen Chefs des Militärdepartements
wurden von der Armeespitze höchstens rudimentär über die geheimen
Zellen informiert.

Dann, am 26. Februar 1990, der grosse Knall. Die «Schweizer
Illus­trierte» enthüllte, dass es in der Schweiz eine Geheimarmee
gebe. Es war einer der grössten Politskandale der
Nachkriegsgeschichte. Eine parlamentarische Untersuchungskommission
(PUK) kam Ende 1990 zum Schluss, dass die P 26 ohne Rechtsgrundlage
operierte und ohne echte politische Kontrolle.

Alles geheim. Auf jeden Fall für jene, die damals nicht mitgemacht haben.

Mehr Spionagefilm war seither in der Schweiz nie mehr. Entsprechend
gross ist das Interesse an den ehemaligen Untergrundkämpfern – bis
heute. Der «Blick» schleicht regelmässig an Beerdigungen von
ehemaligen Mitgliedern der P 26 herum (diese Woche beispielsweise in
Luzern), und ein Dokumentarfilm des Westschweizer Fernsehens RTS über
das Thema löste im Dezember in der Romandie eine Kontroverse aus.

Auch das historische Interesse an der P 26 ist nach wie vor gross. Im
Jahr 2016 stellte ein Forscher beim Bundesarchiv ein Einsichtsgesuch
in ein Schlüssel­dokument über die P 26: den sogenannten
Cornu-Bericht, den bisher nur ganz wenige Personen lesen durften. Doch
das Bundesarchiv teilte dem Forscher mit, dass es den Bericht gar
nicht hat. Darauf alarmierte der Historiker die oberste
Aufsichtsinstanz über alles, was geheim ist in der Schweiz: die
Geschäftsprüfungsdelegation der Eidgenössischen Räte (GPDel). Sein
Verdacht: Jemand hat die Akten vernichtet.

Das war im September 2016. Seither versucht die GPDel herauszufinden,
was mit dem Cornu-Bericht passiert ist. Diese Woche hat sie den
Zwischenstand ihrer Abklärungen veröffentlicht, weit hinten in ihrem
Jahresbericht. Dank diesem Eintrag kommt die Geschichte nun ans Licht.
Den Cornu-Bericht selbst, 117 Seiten dick, hat die GPDel zwar
inzwischen gefunden – allerdings nicht im Bundesarchiv, sondern im
Verteidigungsdepartement (VBS) selbst. Genauer: bei der Abteilung
Informations- und Objekt­sicherheit (IOS), bei der die Sicherheit
sensibler Akten offensichtlich nicht besonders hoch ist. Denn der
Cornu-Bericht ist nackt: Sämtliche Beilagen fehlen, insgesamt 7 Ordner
und 20 Dossiers. Die Geheimsache: verschollen.

Ein Jahr gesucht

Wo diese Akten verblieben sind, ist auch heute – nach über einjährigen
Abklärungen – immer noch unklar. Inzwischen hat die GPDel das VBS
mehrmals zu weiteren Suchaktionen aufgefordert. Verteidigungsminister
Guy Parmelin persönlich antwortete: Man tue, was man könne. Es nützte
nichts. «Die Akten werden noch gesucht», teilte das VBS auf Anfrage
mit. Wo die Dokumente verblieben seien, könne man auch «nach mehreren
Recherchen und Interviews mit damaligen Verantwortlichen noch nicht
erklären». Man suche weiter.

Schlamperei? Bewusste Entsorgung? Diebstahl? Auf jeden Fall: ein
Gesetzesbruch. Nur schon die Tatsache, dass die Dokumente damals im
VBS verblieben, ist laut dem GPDel-Präsidenten Claude Janiak
unzulässig. «Diese Akten gehören ins Bundesarchiv», sagt der
SP-Ständerat. Laut Ansicht der GPDel hätte der Bericht Cornu inklusive
Beilagen 1991 selbst nach damaligen Recht dem Bundesarchiv übergeben
werden müssen. «Dass die Akten nun auch noch verschwunden sein sollen,
wundert die GPDel sehr», sagt Janiak. «Das nährt natürlich
Spekulationen, und das ist nicht gut.»

Für Sacha Zala, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für
Geschichte, ist es «skandalös», dass solche Akten beim Bund einfach
verschwinden. «Es ist schwer vorstellbar, dass diese Dokumente, die
immerhin im Cornu-Bericht erwähnt sind, einfach verloren gehen. Eher
muss man vermuten, dass sie entwendet oder vernichtet wurden, weil es
darin um ausländische Nachrichtendienste geht.» Das müsse allerdings
nicht heissen, dass die Akten inhaltlich von grosser Bedeutung seien.
«Man darf die Paranoia der Geheimdienstler nie unterschätzen.»

Beziehungen zu britischen Diensten

Erstellt wurde der Cornu-Bericht im Jahr 1991. Eigentlich untersuchte
eine PUK die P-26-Affäre, doch als sie mit ihrer Arbeit schon fertig
war, wurde eine neue Frage akut: Welche Beziehungen hatte die P 26 zu
vergleichbaren Widerstandsorganisationen im Ausland, die – zum
Beispiel Gladio in Italien – sogar in Terroranschläge verwickelt
gewesen sein sollen? Die Zusatzuntersuchung übertrug der damalige
Militärminister Kaspar Villiger (FDP) einem Neuen­burger
Untersuchungsrichter namens Pierre Cornu. Als dieser seinen Bericht
mit Beilagen im Spätsommer 1991 im Bundeshaus ablieferte, hielt der
Bundesrat seinen Inhalt für derart heikel, dass er ihn sogleich für
geheim erklärte – für 50 Jahre.

Lediglich eine Zusammenfassung wurde veröffentlicht, in der Cornu zum
Schluss kam, dass die P 26 zwar nicht in ein Netzwerk mit
ausländischen Organisationen integriert war. Hingegen unterhielt die P
26 enge Beziehungen zu britischen Diensten. P-26-Leute wurden sogar in
Grossbritannien ausgebildet. Derart eng war die Kooperation der P 26
mit den Engländern, dass London über die P 26 mehr wusste als der
Bundesrat, wie Cornu damals sagte.Ist das wirklich alles, was Cornu
herausgefunden hat? Seinen Bericht darf die Öffentlichkeit bis heute
nicht lesen. Mehrmals lehnte der Bundesrat eine Aufhebung der
Schutzfrist auf – zuletzt 2009. In seiner Antwort auf eine Anfrage des
damaligen Nationalrats Jo Lang (Grüne) begründete der Bundesrat die
strikte Geheimhaltung mit dem Quellenschutz der Personen, die Cornu
Auskunft gegeben hätten. Zudem würde eine vorzeitige Publikation «die
Beziehungen der Schweiz zu mehreren befreundeten ausländischen Staaten
belasten», so der Bundesrat.

Welche Dokumente genau verschollen sind, verrät die GPDel in ihrem
Jahresbericht nicht. Recherchen dieser Zeitung haben aber ergeben,
dass es sich um «extrem sensitive Akten» handle, wie eine informierte
Person sagt. Unter anderem befinden sich darunter die Protokolle der
Einvernahmen, die der Untersuchungsrichter führte, Namen von
ausländischen Geheimdiensten und ihrer Agenten, Namen von Schweizer
­P-26-Mitgliedern sowie Originaldokumente der Geheimarmee.

Kampf um den Ruf

Gut möglich, dass die Akten nie mehr ans Tageslicht kommen. Es käme
den ehemaligen Mitgliedern vielleicht gar nicht so ungelegen. Wo
nichts ist, da kann auch nichts stören. Wo nichts ist, ist Raum für
Verklärung und Mythenbildung. Nach der Enttarnung waren die Mitglieder
der P 26 in der öffentlichen Meinung eine Gruppe von Schweizer
Biederrambos, bis an die Zähne bewaffnete kalte Krieger in
Einfamilienhäusern. «Die Diabolisierung von damals hat Spuren bei den
Mitgliedern hinterlassen», sagt Martin Matter, der ein Buch zum Thema
geschrieben hat.

2009 wurden die Mitglieder der P 26 von ihrer Schweigepflicht
entbunden – und erhielten für ihre «Verdienste in gefahrvollen Zeiten»
Worte des Dankes des damaligen Verteidigungsministers Ueli Maurer.
Seither bemühen sich die ehemaligen Kämpfer um ihren Ruf. Das Buch von
Matter war ein Schritt in diese Richtung («Sie waren überzeugt, sich
für eine gute Sache einzusetzen», sagt der Autor), und auch der
RTS-Dokumentarfilm war sehr versöhnlich gehalten. «Das waren
Patrioten, mutige Männer und Frauen», hiess es in der Anmoderation.

Und wie war es nun wirklich? In zwei Monaten erscheint eine über
500-seitige Dissertation zur Widerstandsorganisation, und
wahrscheinlich wäre auch ein Besuch im Bunker von Gstaad
aufschlussreich. Vielleicht liegen die Akten ja dort. Doch eben: alles
geheim. Auf jeden Fall für jene, die damals nicht mitgemacht haben.

(https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/die-verschollenen-geheimakten/story/11019167)

nzzas.nzz.ch 03.02.2018

Spekulationen über angeordnete Vernichtung von Akten der P-26

Der Geheimdienst hat einst Dokumente entsorgt. Ob auch von der
Kaderorganisation, ist derzeit unklar.

von Andreas Schmid

Der Bericht des damaligen Neuenburger Untersuchungsrichters Pierre
Cornu über die verborgen aufgebaute «Kaderorganisation Projekt 26» –
kurz P-26 – lagert im Bundesarchiv. Doch die Beilagen –
Einvernahmeprotokolle, Dokumente mit Personendaten und Aktennotizen –
sind unauffindbar, wie der «Tages-Anzeiger» am Samstag berichtete. Im
Verteidigungsdepartement (VBS) müssten die Ordner deponiert sein, aber
Vorsteher Guy Parmelin persönlich beschied der
Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments, die angeforderten
Unterlagen seien verschwunden. 1990 war die P-26 aufgeflogen.

Wie sich jetzt zeigt, wäre es nicht das erste Mal, dass Akten des
Nachrichtendienstes abhandengekommen wären: Im Jahr 2002 führte
nämlich Rechtsprofessor Rainer J. Schweizer für das VBS eine
Administrativuntersuchung über die Beziehungen des Nachrichtendienstes
zu Südafrika durch.

Er kam in seinem Bericht zwar zum Schluss, dass von vorgesetzter
Stelle keinerlei Anweisungen zur Vernichtung von Akten ergangen sei.
Schweizer hält aber auch fest, dass der Nachrichtendienst ungenügend
archiviert und mehrfach aus Eigeninitiative Dokumente vernichtet habe.
Dies sei wohl darauf zurückzuführen, dass eine parlamentarische
Untersuchungskommission (PUK) 1990 / 1991 den Aufbau der Organisation
P-26 im Jahrzehnt zuvor durchleuchtet habe, schreibt Schweizer auf
Seite 76 seines Berichts: «Es mag gut sein, dass man im
Nachrichtendienst nach der Erfahrung mit der PUK sensibel war für das
Aufbewahren von personenbezogenen Daten, insbesondere wenn diese nicht
mehr von aktuellem Nutzen waren – und man deshalb Vernichtungen
anordnete.»

Zu dieser 2002 in anderem Zusammenhang geäusserten Vermutung
Schweizers sagt Historiker Titus J. Meier, der sich in einer
Dissertation mit der P-26 befasst, es sei denkbar, dass die Dokumente
geschreddert worden seien; aus dem Grund, dass sie Informationen über
ausländische Partnerdienste enthielten, die man damals nach gängiger
Praxis nicht archiviert habe. Oder man habe, sagt Meier, Angaben zu
Personen nicht ablegen wollen, weil man nach der Fichenaffäre Ende der
Achtzigerjahre für den Datenschutz sensibilisiert worden sei.

Vielleicht seien die Unterlagen auch verloren gegangen, als das
Eidgenössische Militärdepartement (EMD) zum VBS umgebaut worden sei.
Während dieser riesigen Umstrukturierung sei der Archivierung
historischer Dokumente unter Umständen nicht die nötige Beachtung
geschenkt worden, nennt der Forscher eine weitere Möglichkeit. Die
Bedeutung der Materialien sei eventuell nicht erkannt worden.

Aufgrund seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse gehe er nicht davon
aus, dass die Cornu-Akten brisante Informationen enthielten, hält
Meier fest. «Der Originalbericht ist ja vorhanden.» Er sei
zuversichtlich, dass das VBS alles daran setze, die Beilagen zu finden
und hoffe nach wie vor, dass diese zum Vorschein kämen.

(https://nzzas.nzz.ch/schweiz/spekulationen-ueber-angeordnete-vernichtung-von-akten-der-p-26-ld.1353989)