600 geflüchtete und antirassistische Aktivist*innen gegen die Fluchtursache Europa

Über 600 geflüchtete und antirassistische Aktivist*innen demonstrierten heute Nachmittag in Bern gegen die gewaltvolle und heuchlerische Migrations-und Asylpolitik Europas und der Schweiz. „Es sterben täglich flüchtende Menschen im Mittelmeer oder auf anderen Fluchtrouten. Sie werden täglich in lybischen, türkischen, ungarischen oder anderen Gefängnissen gefoltert. Sie werden schikaniert, verfolgt und abgeschoben. Es sind Europa und die Schweiz, die durch ihre wirtschaftlichen und ausbeuterischen Interessen Flucht und Migration verursachen. Gleichzeitig setzen sie ihre gewaltvolle Abschottungspolitik gegen Flüchtende, die nach Europa kommen wollen, durch.“

  

Fluchtursache Europa
Rohstoffgeschäfte, Rüstungsexporte oder mit Freihandelsabkommen – Europa ist ein Hauptgrund, wieso Menschen flüchten und auswandern. Dies zeigt sich auch in unbewältigten Konflikten deren Ursachen im Kolonialismus gründen. Ein Aktivist der Biafra-Bewegung verdeutlichte auf dem Bundesplatz die Zusammenhänge der aktuellen Auseinandersetzungen in Nigeria mit der kolonialen Vergangenheit: „Biafra has existed for over five thousand years before the coming of the British for the aim of exploration that eventually led to slavery, colonization and lastly the forceful amalgamation of the geographical location known today as Nigeria. I am here for a reason. There is war in Nigeria.“

Europas und schweizerische Abschottungspolitik gegenüber flüchtenden Menschen
Die über 600 demonstrierenden zogen gezielt zu Institutionen und Behörden, die für die Abschottung verantwortlich sind. Vor dem EJPD kritisierten Redner*innen die Ausschaffungspolitik der Schweiz, zum Beispiel die Deportationen nach Ungarn und Afghanistan. So erklärte ein Aktivist, dem die Ausschaffung nach Iran droht: „Das imperialistische System von Europa und der Schweiz verursacht Kriege und Krisen, so dass Menschen nach Europa fliehen müssen. Die Ankunft von vielen Geflüchteten Menschen in Europa stärkt rechtes und rassistisches Gedankengut. Dies wiederum bestärkt den Imperialismus.“
Auf Migrationsrouten, insbesondere im Mittelmeer, wird das tägliche Sterben sowie der Bruch von Völker- und Menschenrechten kaltblütig in Kauf genommen. Europa und die Schweiz sind nicht bereit, für sichere Fluchtrouten einzustehen und sich ernsthaft mit Fluchtgründen auseinanderzusetzen. Stattdessen rüsten sie in Transitstaaten wie Libyen und der Türkei gewalttätige Grenzwachen und menschenverachtende Lager mit hunderten Millionen Euro auf, um sich die flüchtenden Migrant*innen vom Hals zu schaffen. Ein Aktivist von Itif (Konföderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in der Schweiz) verurteilte den schmutzigen Deal der EU mit der Türkei und die politischen Absichten der Schweiz, einen ebenso schmutzigen Deal mit einer Diktatur zu machen, um geflüchtete Menschen fernzuhalten. So setzte sich Bundesrätin Sommaruga beispielsweise beim Treffen der EU-Innenminister vergangenen Mittwoch in Luxemburg dafür ein, dass die EU-Länder Lybien bei der Unterbringung geflüchteter Menschen mehr unterstützen.
Diese Ausrichtung ihrer Politik ist an Heuchelei kaum zu überbieten. Denn die EU und die Schweiz unterstützen Lybien und die Türkei mit Millionen von Euro um Lager aufrecht zu erhalten, damit die zur Flucht gezwungenen Menschen Europa nicht mehr erreichen können. Die organisierenden Gruppen verurteilen mit der Demo diese Heuchelei, die kaltschnäuzige Gewalt, Gleichgültigkeit und Gewissenlosigkeit im Umgang mit flüchtenden Menschen.

Isolation durchbrechen – gemeinsam kämpfen
Die Demonstration endete vor dem Bundesasyllager beim Zieglerspital. Damit wurde versucht, die Isolation der geflüchteten Menschen im Lager zu durchbrechen und wurde damit gleichzeitig Kritik an der Verfahrens- und Unterbringungspolitik der schweizerischen Behörden geübt. Die Demonstrierenden forderten die Abschaffung von Ausschaffungen, denn diese verhindern gewaltvoll, dass Menschen in der Schweiz ihre legitime Perspektive auf ein Bleiberecht erlangen können.

 

Folgende Gruppen haben die Demonstration gemeinsam organisiert.

IHDD – Verein für Menschenrechte und
ITIF – Konföderation der ArbeitnehmerInnen in der Schweiz
IPOB – Indigenous People of Biafra
HDK – Demokratischer Kongress der Völker – Schweiz
Mizgin-Frauenrat
Réfugié-e-s de Syrie en Suisse
Gruppe Geflüchteter aus Afghanistan
Bleiberecht Kollektiv Bern
JUSO Stadt Bern
Solidaritätsnetz Bern
Antifa Baden
PDA Bern