Fluchtursache Europa bekämpfen!
Die herrschende europäische und schweizerische Migrationspolitik verortet die Ursachen von Flucht und Migration scheinheilig ausschliesslich in den Herkunftsländern der Geflüchteten. Dabei sind die akuten Notlagen, die Menschen zur Flucht zwingen in einer globalisierten Welt mitnichten allein in lokalen Umständen begründet. Ob mit schmutzigen Rohstoffgeschäften, mit subventionierten EU-Agrarprodukten, mit Rüstungsexporten oder mit Freihandelsabkommen – Europa ist ein Hauptgrund, wieso Menschen flüchten und auswandern. Dies zeigt sich auch in unbewältigten Konflikten deren Ursachen im Kolonialismus gründen und der sich heute auch als Neokolonialismus in ungleichen Machtverhältnissen manifestiert.
Einige Beispiele:
- Europa betreibt schmutzige Rohstoffgeschäfte mit autoritären und menschenrechtsverletzenden Regierungen: Aktuellstes Beispiel sind die Millionengeschäfte mit Gold, welche schweizerische Unternehmen mit der Militärdiktatur in Eritrea machen. Zur gleichen Zeit suchen viele eritreische Geflüchtete in der Schweiz Schutz. Freihandelsabkommen wie TTIP, CETA, EPA erschaffen für sich Vorteile und benachteiligen die Länder mit schwächeren Verhandlungspositionen.
- Die Ursache des unbewältigten Konfliktes zwischen der nigerianischen Regierung und Biafra gründet im Kolonialismus. Den Keim des Konfliktes legten die britische Kolonialmacht, als sie ihre Niger-Besitzungen 1914 zum künstlichen Einheitsgebilde „Kolonie und Protektorat Nigeria“ zusammenfügte.
- Rüstungsexporte: Die Schweiz und andere europäische Staaten profitieren, indem sie Kriegsgüter in den Nahen und mittleren Osten sowie in unzählige andere Staaten liefern, trotz der höchst angespannten Situationen. Dadurch werden die Konflikte angeheizt.
- Subventionierte EU-Agrarprodukte, die in Afrika zu Dumpingpreisen angeboten werden, zerstören dort die Lebensgrundlage von zahlreichen Kleinbäuer*innen.
Der Begriff der „Fluchtursachenbekämpfung“ wird seit einigen Jahren von der herrschenden Asyl- und Migrationspolitik instrumentalisiert und missbraucht. Was meinen die Schweiz und die EU wirklich, wenn sie von „Fluchtursachenbekämpfung“ schwadronieren und palavern? Sie nennen es Fluchtursachenbekämpfung – wir nennen es Bekämpfung von Fluchtmöglichkeiten.
Grenzen öffnen!
Die Schweiz und die EU verstärken seit einigen Jahren die Kontrolle der Migrationsbewegungen, indem sie in Ausschaffungen, respressive Asylgesetzverschäfungen aber insbesondere in die Aufrüstung der Aussengrenzen und in eine neue Dimension der Auslagerung von Grenzkontrollen in Transit- und Herkunftsländern investieren. Dies ist der aktuelle Schwerpunkt der neuen Migrationspolitik: die Verlagerung der Grenzkontrollen in Regionen ausserhalb Europas. Die EU und die Schweiz haben eine Reihe von Abkommen mit autoritären und menschenrechtsverletzenden Regierungen abgeschlossen sowie Kooperationen mit Herkunfts- und Transitländern vorangetrieben, um zu verhindern, dass flüchtende Menschen Europa erreichen.
Einige Beispiele:
- Der EU-Türkei-Deal: Die Türkei verpflichtet sich gegen Zahlung von Milliardenbeträgen dazu, Geflüchtete aus anderen Ländern auf dem eigenen Territorium festzuhalten. Dabei werden Menschenrechtsverletzungen unter der Regierung Erdogans systematisch hingenommen. Auch die Schweiz plant einen solchen Deal mit Erdogan.
- Kooperation mit Lybien: Zum einen sollen die Flüchtenden bereits vor der Überquerung der Wüste festgehalten werden: Gemäss EU möchte sie „Aufenthaltsmöglichkeiten in der Nähe der eigenen Heimat“ fördern. Sie investiert Millionen in lybischen Flüchtlingslagern, in denen Folter und Misshandlungen zum Alltag gehören. Zum anderen unterstützt die EU die lybische Küstenwache bei der Bekämpfung der so genannten „illegalen Migration“ und „Schlepperei“. Zeitgleich werden die NGOs, welche im Mittelmeer Menschen in Seenot retten, kriminalisiert und sind dort unerwünscht.
- Kooperation mit Eritrea: Es wurde ein Fond eingerichtet „zur Bewältigung der grundlegenden Ursachen irregulärer Migration in Afrika“. Hierbei geht die EU Partnerschaften mit einem der autoritärsten Regime ein: die Militärdiktatur in Eritrea erhält viele Millionen.
Ausschaffungen abschaffen!
Die herrschende Migrationspolitik betrachtet zynischerweise „Rückkehrhilfen“ und Ausschaffungen als Fluchtursachenbekämpfung, indem die Rückkehrenden zur Entwicklung in den Herkunftsländern beitragen sollten. In Wahrheit zwingt die Ausschaffungsmaschinerie Menschen an Orte zurückzukehren, an denen sie keinerlei Perspektive haben und sie der Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt sind.
Aktuelle Beispiele sind die Ausschaffungen nach Afghanistan und Ungarn.
Die sogenannte Fluchtursachenbekämpfung ist politische Strategie der EU und der Schweiz und wird für heuchlerische Partnerschaften, Rückübernahmedeals, für Entwicklungshilfen und Investitionsinitiativen missbraucht.
Während die EU und die Schweiz vordergründig und verlogen Fluchtursachen bekämpfen will, in Tat jedoch Fluchtmöglichkeiten bekämpft, rufen wir dazu auf, die Fluchtursache Europa zu benennen und zu bekämpfen!
Grenzen öffnen! Ausschaffungen abschaffen!