Medienspiegel: 12. Februar 2017

+++AARGAU
Asylwesen: Wie weiter mit den Eritreern? Das fordern Aargauer Politiker
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die illegale
Ausreise aus Eritrea nicht mehr allein als Asylgrund gilt. Aargauer
Politiker fordern nun eine diplomatische Offensive.
http://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/wie-weiter-mit-den-eritreern-das-fordern-aargauer-politiker-130966855

Prepaid-Karten statt Bargeld: SVP-Grossrätin will verhindern, dass
Geld nach Eritrea geschickt wird
SVP-Grossrätin Martina Bircher will verhindern, dass ehemalige
Asylsuchende Sozialhilfegelder in ihre Heimat schicken.
http://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/prepaid-karten-statt-bargeld-svp-grossraetin-will-verhindern-dass-geld-nach-eritrea-geschickt-wird-130966852

+++URI
Asylbewerber und Einheimische bauen Treffpunkt
URI ⋅ In Altdorf entsteht ein Begegnungsort der besonderen Art.
Freiwillige Helfer verschiedener Ethnien arbeiten Hand in Hand mit
Einheimischen. Die Initiantin erklärt, warum ein solches Zentrum einem
grossen Bedürfnis entspricht.
http://www.luzernerzeitung.ch/nachrichten/zentralschweiz/uri/Asylbewerber-und-Einheimische-bauen-Treffpunkt;art9652,964245

+++DEUTSCHLAND
Integration ins Bildungssystem: Flüchtlingsschüler zu lange unter sich
Hamburg will zugewanderte Kinder in internationalen
Vorbereitungsklassen für die Schule fit machen. Doch besonders für
ältere Kinder wird Integration wird so eher verhindert. Wie es anders
geht, macht Bremen vor.
http://taz.de/Integration-ins-Bildungssystem/!5379543/

Verwaltungsgericht Osnabrück: Junge Flüchtlinge im Zweifel in Obhut nehmen
Behörden wird häufig vorgeworfen, das Alter von jungen Flüchtlingen
hochzuschätzen. Das Verwaltungsgericht Osnabrück schiebt dieser Praxis
jetzt einen Riegel vor. Im Zweifel muss Minderjährigkeit angenommen
werden.
http://www.migazin.de/2017/02/10/verwaltungsgericht-osnabrueck-junge-fluechtlinge-zweifel/

+++ÖSTERREICH
Asylberechtigte zahlen mehr ein, als sie den Staat kosten
In Österreich lebende Flüchtlinge zahlen mehr in die Sozialkassen ein,
als sie herausbekommen
Bilanzen scheren sich auch bei Asylberechtigten in Österreich nicht um
vorgefasste Meinungen. Es lohnt sich nachzurechnen. Dies ist das
Ergebnis einer groß angelegten Studie österreichischer
Arbeitsmarktforscher.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1041611.asylberechtigte-zahlen-mehr-ein-als-sie-den-staat-kosten.html

+++FRANKREICH
‚Get out of France‘: Paris police tear gassing refugees and stealing
blankets in freezing conditions, report reveals
Exclusive: ‚Alarming‘ research shows almost two thirds of migrants
‚violently‘ forced to move
Refugees sleeping on the streets in freezing conditions in Paris are
having their blankets and sleeping bags stolen by police while being
“violently” forced to move on, a report has found.
http://www.independent.co.uk/news/world/europe/refugee-crisis-paris-migrants-france-police-sleeping-bags-blankets-violence-refugee-rights-data-a7575376.html

+++BALKANROUTE
Hotel Belgrad
Es ist eine Hölle. Jeden Tag kommen rund 100 neue Menschen auf der
Flucht in Belgrad an. Die Grenzen zu Ungarn und Kroatien sind dicht,
weswegen sie zum Bleiben verdammt sind. Und weil Serbiens Camps
überfüllt sind, harren Hunderte bei Minustemperaturen in Ruinen aus –
mit Hoffnung vor Augen, aber stets auch mit der Angst im Nacken,
wieder abgeschoben zu werden. Gerade auch unbegleitete Kinder halten
den menschenunwürdigen Bedingungen tapfer stand.
Osteuropa-Korrespondent Krsto Lazarević und Fotograf Erik Marquardt
haben für uns Eindrücke aus Serbiens Hauptstadt gesammelt.
http://www.tageswoche.ch/de/blogs/bildstoff/742199/hotel-belgrad.htm

+++LIBYEN
Flüchtlingselend in Libyen: Ein Traum, der qualvoll endet
Libyen soll zum Bollwerk gegen Armutsflüchtlinge aufgerüstet werden.
Doch in dem Bürgerkriegsland am Mittelmeer werden Flüchtlinge unter
verheerenden Umständen weggesperrt.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-in-libyen-ihr-traum-endet-qualvoll-im-gefaengnis-a-1134010.html

Abschiebelager in Libyen: Ende eines Traums
Neben Öl sind Migranten aus Afrika in Libyen die derzeit heißeste
Ware, auch noch im Gefängnis. Wer sich freikaufen will, muss den
Wächtern umgerechnet 1000 Euro bezahlen. Ein Besuch in den Lagern von
Tripolis.
http://www.spiegel.de/video/libyen-migranten-im-abschiebelagern-in-zawiya-und-tripolis-video-1742188.html

+++TÜRKEI
Turkey: State paramilitaries are destroying Syrian refugees’ tent
homes in İzmir
Evimiz Neresi? – As of February 8th, refugees living in tents in the
Torbalı and Bayındır districts of İzmir are being evacuated in
accordance with district governorate decisions through the
intervention of its gendarmerie State paramilitary force. The tent
areas are being removed. Thousands of refugees, who left their
countries because of the civil war in Syria, have been struggling to
survive as seasonal agricultural workers and living in the tent camps,
constructed through their own efforts, in rural areas of İzmir.
http://harekact.bordermonitoring.eu/2017/02/11/turkey-state-paramilitaries-are-destroying-syrian-refugees-tent-homes-in-izmir/

+++ISRAEL
Asylum Seeking Sudanese stuck in Israel without jobs, social benefits
Forty-five thousand African asylum seekers live in Israel today. They
fled their home countries to escape persecution. However, Israel’s
government maintains they are job-seeking migrants, and refuses to
grant 99 percent of applicant’s asylum status. Barred from deportation
by international law, they live in limbo without jobs or social
benefits. CGTN’s Stephanie Freid has been following one Sudanese
asylum seeker since 2014. His traumatic story is typical of countless
others — but he is defying the odds
https://www.youtube.com/watch?v=WodFbzFe1Vo&app=desktop

+++GASSE
Ein selbstverwaltetes Haus für Obdachlose: „Sie wollen ihr eigenes Zuhause“
Das Leben auf der Straße ist härter geworden, sagt
Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. Er will mit Betroffenen
ein Haus bauen
http://taz.de/!5380307/

Deutliches Resultat: Zürcher sind für die SIP
SVP und AL unterliegen. Knapp 80 Prozent der Stimmenden haben der
neuen Vorlage zugestimmt.
http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/Deutliches-Resultat-Zuercher-sind-fuer-die-SIP/story/26489063
->
http://www.srf.ch/news/schweiz/abstimmungen/abstimmungen/abstimmungen-zuerich/grosse-unterstuetzung-fuer-die-sip

+++BIG BROTHER
Skifahrer, bitte lächeln!
Vielen Bergbahnen fotografieren ihre Kunden beim Passieren eines
Drehkreuzes. Im Engadin sind sogar Geräte im Einsatz, die automatisch
Gesichter vergleichen.
http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/sozial-und-sicher/skifahrer-bitte-laecheln/story/26866870

Pilotprojekt: Britische Lehrer tragen Body-Cams
Zwei Schulen in Großbritannien statten Lehrer testweise mit Kameras am
Körper aus, die ihre Schüler filmen sollen. Datenschützer sind empört.
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Pilotprojekt-Britische-Lehrer-tragen-Body-Cams-3622814.html

+++POLIZEI AUT
Folter in der Lagerhalle: Bakary Jasseys Bericht
Elf Jahre, nachdem er von Polizisten fast zu Tode misshandelt worden
war, meldet sich Bakary Jassey per Online-Buch zu Wort
Wien – Acht Kapitel umfasst der Erlebnisbericht Wie es sich zugetragen
hat – acht Kapitel, in denen der heute 43-jährige, in Wien lebende
Bakary Jassey schildert, was ihm 2006, während der 130 schlimmsten
Tagen seines Lebens, widerfuhr.
http://derstandard.at/2000052509522/Folter-in-der-Lagerhalle-Bakary-Jasseys-Bericht

+++ANTIFA
Pnos-Kampfkurs im Thurgau
Die rechtsextreme Partei Pnos hat sich am Samstag in Bettwiesen zu
einen Kampfsport-Kurs getroffen. Der Kurs wurde von einem bekannten
radikalen Russen durchgeführt.
http://www.fm1today.ch/pnos-kampfkurs-im-thurgau/422259

NZZ am Sonntag 12.02.2017

Pnos weicht in den Kanton Thurgau aus

Einen erst im Kanton Zürich geplanten Kampfsport-Kurs mit einem
radikalen Russen hat die rechtsextreme Pnos in Bettwiesen abgehalten.

Andreas Schmid

Mitglieder der Partei national orientierter Schweizer Pnos haben sich
am Samstag in Bettwiesen (TG) zu einem Selbstverteidigungskurs
getroffen. Rund 40 Teilnehmer fanden sich laut Pnos Chef Dominic
Lüthard in der 1000-Seelen-Gemeinde ein. Die Pnos Gefolgschaft – ein
Teil aus dem parteieigenen Sicherheitsdienst «Ahnensturm» – liess sich
vom russischen Kampfsportler Denis Nikitin instruieren. Dieser
vertreibt Kleider mit Neonazi-Symbolen. Bereits vor einem Jahr war er
bei der Pnos zu Gast, damals im Raum Winterthur.

Daniel Meili, Sprecher der Thurgauer Kantonspolizei, bestätigt, dass
sich Pnos Sympathisanten in der Turnhalle von Bettwiesen eingefunden
hätten. «Die Polizei war anwesend und kontrollierte die Anwesenden.»
Strafbare Handlungen seien nicht festgestellt worden, sagt Meili.

Ursprünglich hatte die Pnos den zweitägigen Anlass im Kanton Zürich
durchführen wollen, doch Elgg und Winterthur kündigten dem Vernehmen
nach Mietverträge für Turnhallen und Seminarräume. Auch in Münchwilen
im Thurgau soll die Pnos abgewiesen worden sein.

Die Partei behauptet, die Rückzüge seien auf Einwirken und Druck der
Zürcher und der Thurgauer Kantonspolizei erfolgt. In Bettwiesen sei
der Mietvertrag für die Turnhalle sogar während des laufenden Kurses
für nichtig erklärt worden, weil die Polizei die Gemeinde erst so spät
auf den Anlass aufmerksam gemacht habe, sagt Lüthard.

Die Kantonspolizei Zürich verneint nicht, dass die Anhänger der Pnos
auf ihrem Terrain nicht willkommen waren. «Wir wollen grundsätzlich
keine Anlässe links- oder rechtsradikaler Gruppierungen im Kanton»,
hält Sprecherin Carmen Surber fest. Zum konkreten Vorgehen gebe die
Polizei keine Auskunft.

Heute Sonntag will die Pnos ihr Treffen mit einer russischen
Kulturveranstaltung fortsetzen. Dabei soll auch ein Liedermacher aus
Russland auftreten. Für den zweiten Teil ihres Anlasses ziehen die
Rechtsextremen in unbekannte Richtung weiter.

NZZ am Sonntag 12.02.2017

Oskar Freysinger: Der Ausgrenzer

SVP-Vizepräsident Oskar Freysinger ist mit radikalen Rechten in ganz
Europa vernetzt. Doch den Wallisern ist das egal: Sie werden ihn
wieder mit einem Glanzresultat in die Regierung wählen.

Von Lukas Häuptli

Zehn Minuten hat er geredet, elf vielleicht. Dann hält Oskar
Freysinger inne, stützt die Hände auf das Rednerpult, schaut in den
Saal. Er sagt den nächsten Satz, den übernächsten, den
überübernächsten. Wird schneller und schneller, lauter auch, und
plötzlich fliegen seine Worte durch den Saal, als seien es Petarden,
die beim Aufprall knallen müssten. Die USA (unter Barack Obama):
«Brutale Schlächter». Die EU: «Eine Kopfgeburt». Der Islam:
«Gewalttätig». Und schliesslich als Finale seiner Accelerandos und
Crescendos: «Der zivilisatorische Anfangsfunke war noch nie so bedroht
wie heute.» Es ist der 5. November 2016, ein Sonntag in Berlin.
Geschätzte 200 Zuhörer sitzen im Saal, die meisten sind radikale
Rechte oder Verschwörungsanhänger oder beides. Ihr Applaus ist lang
und laut. Der nahe Untergang des Abendlands, das ist die Sprache, die
sie kennen.

Oskar Freysinger ist Staatsrat des Kantons Wallis. 2013 wurde er neu
gewählt, in drei Wochen wird er im Amt bestätigt, daran jedenfalls
zweifelt keiner. Am 5. März sind Wahlen, und die einzige Frage ist, ob
Freysinger wie vor vier Jahren das beste Resultat aller Kandidierenden
macht. Der SVP-Mann, Katholik und verheirateter Vater von drei Kindern
gilt vielen im Wallis als Held. Und als einer der Ihren, obwohl seine
Eltern aus Österreich zugewandert sind. Er steht nicht nur für die
Bewahrung des erzkonservativen Katholizismus, der im Kanton eine
jahrhundertealte Tradition hat, sondern auch für die Abwehr des
Fremden, hinter dem viele Bewohner hier das Böse wittern.

Im Wahlkampf lässt der 56-Jährige nichts aus. Er hat ein
rechtsbürgerliches Bündnis gegründet, dem nicht nur er und eine
Parteikollegin angehören, sondern mit Nicolas Voide auch ein
CVP-Grossrat. Dass dieser zusammen mit der SVP antritt, ist im Wallis,
in dem die Katholiken während Jahrzehnten das alleinige Sagen hatten,
ein Tabubruch. Und es ist gleichzeitig ein Frontalangriff auf
Christophe Darbellay, der ebenfalls für den Staatsrat kandidiert. Seit
bekannt ist, dass der frühere Nationalrat und CVP-Präsident neben drei
ehelichen auch noch ein uneheliches Kind hat, gilt er in konservativen
Walliser Kreisen als nicht mehr wählbar. Es ist kein Zufall, dass
Freysinger seither immer wieder den Wert der Familie preist.

«Antigone, kennen Sie?»

Aber er preist nicht nur die Familie. Er poltert auch gegen die EU,
den Islam, die Ausländer. Das vor allem, gegen die Ausländer.
Vorläufiger Tiefpunkt der Kampagne war ein Inserat, das in der
Walliser Zeitung «Le Nouvelliste» erschien und das für Freysingers
rechtsbürgerliches Bündnis warb. Darauf zu sehen war die Foto einer
weinenden Frau. Neben ihr stand: «Maria, Mutter, kann ihre Miete nicht
mehr bezahlen.» Und: «Der Staat zahlt 650 000 Franken pro Monat für
die Mieten von Migranten.» Und schliesslich: «Das Wallis zuerst.» Es
ist das Stereotyp der Rechtsnationalen, dass Ausländer das Schweizer
Sozialsystem aushöhlen und zum Einsturz bringen. Und natürlich lehnt
sich der Slogan «Das Wallis zuerst» an den Wahlspruch an, mit dem es
Donald Trump zum Präsidenten der USA geschafft hat: «America First».

Oskar Freysinger sitzt in seinem Büro an der Place de la Planta, dem
Hauptplatz von Sion. Im Radio läuft klassische Musik, aus dem Fenster
sieht man, wie Arbeiter Festzelte für die Fasnacht aufbauen.
Freysinger – Jeans, Jeanshemd, blauer Veston – ist in Fahrt. Er redet
und redet: der Zerfall, die falschen Werte, die richtigen Werte. Redet
und redet und zitiert eine Unmenge bildungsbürgerlicher Versatzstücke:
Rilke, Benn, Goethe, Sophokles, Antigone. «Antigone, kennen Sie?» Man
fühlt sich ertappt wie ein Schüler, der nicht aufgepasst hat, und
fragt zurück: «Griechische Mythologie?» Freysinger wechselt vom
Walliser Dialekt ins Hochdeutsche: «Ein Grundstein unserer Werte.» –
«Ein Grundstein? Aber, Herr Freysinger, warum sprechen Sie eigentlich
immer wieder Hochdeutsch?» – «Damit Sie es besser verstehen.»

Oskar Freysinger gibt sich volksnah, seine Website heisst «Oskar et
Vous», er selbst nennt sich «Staatsrat ohne Krawatte». Aber
eigentlicher Kern seiner Politik ist die radikale Ab- und Ausgrenzung.
Hier gut, da böse, hier wir, da die anderen. Das Böse, das sind für
ihn die USA und die EU, die Linken und die Medien, die Ausländer und
der Islam. Wenn es gegen dieses «Böse» geht, kennt Freysinger kein
Halten mehr. Exemplarisch zeigt sich das in einem Leserbrief, der in
der Zeitung «Walliser Bote» erschien: Freysinger beschimpfte darin ein
SP-Mitglied, das seine Amtsführung als Staatsrat kritisiert hatte, als
«Monomanen», der an «pathologischer Schreibwut» und «Selbsthass» leide.

Im Kampf gegen das «Böse» hat sich Freysinger mit allerlei Radikalen
am rechten Rand von Politik und Gesellschaft vernetzt. Die Rede vom
letzten November in Berlin hielt er auf Einladung von Jürgen Elsässer.
Dieser ist Herausgeber des deutschen Magazins «Compact», das der AfD
und der Pegida nahesteht und völkisches Gedankengut verbreitet. Die
deutsche Bundeszentrale für politische Bildung schreibt über ihn: «Er
versorgt seine Gefolgschaft . . . mit Feindbildern,
Verschwörungstheorien und Hassparolen.»

Ein Jahr zuvor, im Oktober 2015, war Freysinger in Nordrhein-Westfalen
bei der AfD zu Gast. Und im März 2010 verlas die Partei «Pro NRW» in
Köln eine Grussbotschaft von ihm. Darin rief Freysinger die
«abendländischen Freunde» dazu auf, sich wieder zu «unserer
mehrtausendjährigen Kultur» zu bekennen. «Pro NRW» ist gemäss
deutschem Verfassungsschutz eine rechtsextremistische Partei und steht
im Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit.

Von Putin begeistert

Die Liste radikaler Rechter aus Europa, mit denen Oskar Freysinger
verkehrte und verkehrt, lässt sich fast beliebig verlängern. Da ist
zum Beispiel der Franzose Pierre Cassen, der die
Rechtsaussen-Plattform «Riposte laïque» gründete. Oder der
Niederländer Geert Wilders, der eine Internationale von
Anti-Islamisten ins Leben rief. Oder Slobodan Despot, der für
Freysinger als Kommunikationsberater arbeitet und serbischen
Nationalisten das Wort redet. Und als ob das nicht genug wäre: Der
SVP-Staatsrat liess sich in Sicherheitsfragen von Piero San Giorgio
beraten, der in einem Video Menschenrechte als «Scheisse» bezeichnete,
Behinderte verunglimpfte und bei Gefahr den Einsatz von Waffen
empfahl. Mittlerweile verzichtet der Staatsrat auf die Zusammenarbeit
mit dem umstrittenen Berater.

Noch immer sitzt Oskar Freysinger in seinem Büro an der Place da la
Planta in Sion. Zweieinhalb Stunden sind vergangen, doch der
56-Jährige redet mit dem gleichen Furor wie am Anfang. Wenn ihm etwas
wichtig ist, gestikuliert er mit den Armen und beugt den Oberkörper
vor in Richtung seines Gegenübers. Rechtsextreme? «Mit Rechtsextremen
habe ich nie zu tun gehabt», sagt er, und in seiner Stimme schwingt
Trotz mit. Und die Grussbotschaft für die rechtsextremistische Partei
«Pro NRW», die noch immer auf Youtube zu finden ist? «Mit ‹Pro NRW›
habe ich nie Kontakt gehabt.»

Vielleicht liegt das Problem ja auch gar nicht in der mangelnden
Abgrenzung gegen Rechtsextreme, sondern in einer Politik, die von Häme
gegen Andersdenkende und Andersgläubige geprägt ist. «Oskar Freysinger
hat sich nie rassistisch geäussert, zumindest nicht im Sinne der
Rassismus-Strafnorm», sagt Publizist Hans Stutz, der die
rechtsextremen Strömungen in der Schweiz seit Jahren beobachtet. «Aber
er ist offen für völkisches Gedankengut. Und er ist getrieben von
einem stetigen Diskriminierungswillen.» Allerdings will der
SVP-Staatsrat auch das nicht gelten lassen: «Ich schüre weder
Fremdenfeindlichkeit noch Ausländerhass.»

Sowieso spricht Oskar Freysinger lieber von anderem. Von seinem
Werdegang: Mittelschullehrer in Sion, Nationalrat der SVP, Staatsrat
der SVP, Vizepräsident der SVP. Von seinen Verdiensten als Vorsteher
des Walliser Bildungs- und Sicherheitsdepartements; er hat sie zu
einer Liste mit 35 Punkten zusammengetragen, vom «Zigeuner-Konzept»
bis zur Empfehlung, an Schulen das Buch «Le Petit Prince» zu lesen.
Und lieber spricht er davon, wie das Abendland vor dem Untergang zu
retten ist. Mit der Rückbesinnung auf die christlich-griechischen
Werte (Antigone!). Und mit dem Vertrauen auf Russland. Russland?
Ausgerechnet der Staat, in dem es immer wieder zu
Menschenrechtsverletzungen kommt? Ja, das Land hat es ihm angetan.
Freysinger schwärmt von der «russischen Seele» und der «Demut der
orthodoxen Welt». «Russland weist in die richtige Richtung», sagt er.
Wladimir Putin gehe einen dritten Weg zwischen gewalttätigem
Islamismus und entfesseltem Kapitalismus. Und dieser Weg habe auch
eine geistige Dimension.

Wie hatte Freysinger doch schon in Berlin in den Saal gerufen? «Sollte
Russland unterliegen, ist unsere Zivilisation am Ende.»

Ein Feindbild: Ist er im Visier des IS?

53 000 Walliser (von 205 000 Stimmberechtigten) haben bei den letzten
Staatsratswahlen Oskar Freysinger gewählt. Das war das beste Resultat
aller Kandidaten. Am zweitmeisten Stimmen erhielt Jean-Michel Cina
(cvp.). Auch beim Urnengang vom 5. März ist Freysinger einer der
Favoriten. Neben ihm treten zwölf weitere Kandidaten und Kandidatinnen
an, unter ihnen drei der CVP, drei der «Linken Allianz» und zwei der
FDP. Der bekannteste von ihnen ist der frühere CVP-Chef Christophe
Darbellay.

Freysingers Wahlresultat täuscht darüber hinweg, dass er für viele im
Wallis ein Feindbild ist. «Ich habe für meine Meinungen und
Meinungsäusserungen hart bezahlen müssen», sagt er selbst. «Man hat
mein Haus angezündet, mich mit Eisbrocken beworfen und mich bespuckt.»
Der Brandanschlag auf Freysingers Haus war im Jahr 2002 verübt worden.

Weiter sagt Freysinger: «Ich stehe auch auf der Abschussliste der
Terrororganisation Islamischer Staat.» Ob dem tatsächlich so ist, ist
nicht klar. Weder der Nachrichtendienst des Bundes noch das Bundesamt
für Polizei oder die Walliser Polizei wollen sich dazu äussern. Die
These war im Jahr 2015 ein erstes Mal in den Medien aufgetaucht; eine
Bestätigung dafür gab es allerdings nie. (luh.)

»Blut und Boden« stylisch verpackt
Ein nd-Komplex zu den Identitären, der Neuen Rechten und der AfD
Die Identitären geben sich modern und stylisch – mit Nazis wollen sie
nichts zu tun haben. Doch ihre Aktionsformen haben sie oft von Linken
übernommen. Dabei verbreiten sie altes Denken in neuem Gewand und das
ist durchaus gefährlich.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1041512.blut-und-boden-stylisch-verpackt.html